Urtheil und Seyn
Hi Thomas
leider sehe ich dieses Posting erst jetzt.
Ich nehme an, das Ganze bezieht sich auf die auf Rück- und Vorderseite des Titelblatts eines Buchens geschriebene Notiz von Hölderlin „Urtheil und Seyn“:
„Urtheil. ist im höchsten und strengsten Sinne die ursprüngliche Trennung des in der intellectualen Anschauung innigst vereinigten Objects und Subjects, diejenige Trennung, wodurch erst Object und Subject möglich wird, die Ur-Theilung … „Ich bin Ich“ ist das passendste Beispiel zu diesem Begriff der Urtheilung …“
Tatsächlich findet sich diese falsche Etymologie auch bei Hegel, und zwar u.a. im Urteil-Kapitel der „Wissenschaft der Logik“.
Daß sie falsch ist, konnte man damals allerdings noch nicht erkennen, weil die indogermanischen Sprachzusammenhänge noch nicht erkannt waren.
Diese weisen eindeutig (nachzulesen bei Walde-Pokorny) auf ein Präfix bzw. eine Präposition *ud „hinauf, empor, hinaus“. Sie findet sich in lat. us-que, got. ut, ahd. uz (ahd. uzar „außer“) und unter anderem als Präp. ahd. ur, ar, ir, er mit der Bedeutung „aus, von“.
Die „Er“-Klärung, wie es zu dieser falschen Etymologie kommt, sehe ich darin, daß man, wie hier bei Hölderlin deutlich zu erkennen, das „Ur-“ des Urteils, analog zu „Urzeit“, „Urwelt“, sekundär wiederum aus Wörtern wie „Ursprung“, ableitete, so, daß sie als Prototyp eines „Ur-“ verstanden wurden („gesprungen aus einem Ur“).
Die begriffslogische Bestimmung als „fundamentale“ Teilung Subjekt - Objekt, die später bei Hegel in der Form „Subjekt - Prädikat“ als „das Einzelne ist Allgemeines“ usw. dialektisch genauer bestimmt wurde, ist ja von der falschen Etymologie unberührt.
Gruß
Metapher