Servus,
es geht bei der Fragestellung tatsächlich um ein Kleinbetrieb im Sinn der Bp-Größenklassen. Diese Größenklasse wird von anderen Prüfern und mit anderen Schwerpunkten geprüft als der Großbetrieb, von dem Du sprichst.
In der Größenklasse 10 Mio Umsatz hab ich auch mit anderen Schwerpunkten gearbeitet als jetzt, wo wir bei 4,5 Mio Umsatz als Mittelbetrieb geprüft werden. Und die Kleinbetriebe mit intern oder extern verbuchten eigenen Aufzeichnungen, bei denen Barvorgänge eine wesentliche Bedeutung für das betriebliche Geschehen haben, sind wieder eine ganz andre Liga.
Im vorgelegten Fall geht es nicht um eine Barvorlage (Einzelunternehmer tritt für sich selbst in Vorlage?), bei der beiläufig eine zeitnahe Aufzeichnung nach Verwaltungsauffassung wenige Tage nach Quittungsdatum erfolgen muss, falls nicht in dem Betrieb regelmäßig z.B. in Monatsabschnitten Auslagen und Reisekosten abgerechnet werden. Dein Vorschlag führt dazu, dass der Zusammenhang zwischen tatsächlichen Bargeldbewegungen und den gebuchten Kassenvorgängen verloren geht; im Zweifelsfall führt der Betrag, der nicht oder anders geflossen ist, zu einem rechnerisch negativen Kassenbestand: Der wird bei Bp im Klein- und Mittelbetrieb innerhalb von drei Sekunden auf Knopfdruck identifiziert und führt allermindestens zu einer lästigen Tz im Bericht.
Mit dem Thema Kassenbuchführung, GoB und Zu-/Vollschätzung hab ich mich im Sommer 2006 in einer Fachanwaltskanzlei beschäftigt, wo naturgemäß der Zugang zu geeigneten Quellen sehr viel einfacher war als hier vom häuslichen Schreibtisch. Du wirst mir, so hoffe ich, nachsehen, wenn ich Dir hier bloß ein paar Stichworte zum Selbststudium gebe - nicht punktgenau zur vorliegenden Einzelfrage, sondern vor allem, um eine Idee vom Thema „Mängel in den Kassenaufzeichnungen und Schätzung“ zu kriegen:
BFH v. 17.11.1981 - VIII R 174/77
BFH v. 25.01.1990 - IV B 140/88
BFH v. 21.02.1990 - X R 54/87
und zur Verwaltungsauffassung:
BMF v. 09.01.1996 - IV A - S0310 - 5/95
Ein zusammenfassendes Aufsätzlein zu dem Thema ist in BBK v. 21.01.2000 (BBK Fach 4 - 1793) von Michael Heil veröfffentlicht. Dort auch noch mehr Verweise auf einschlägige Rechtsprechung.
Wieauchimmer: Ich such keine Streiterei mit Dir - es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass eine „Kasse“, die nur so bezeichnet wird und nicht die ordnungsgemäß und zeitnah die im Kassenbericht zu einer sturzfähigen Kasse aufgezeichneten Bargeldbewegungen wiedergibt, in der FiBu enormen Sprengstoff enthält: Je kleiner der Betrieb, desto bedeutender die Bargeldbewegungen und desto größer das Risiko.
Aus dem berühmten täglichen Leben kenne ich zwar keinen einzigen Fall von den vermutlich über hundert Minibetrieben aus der Kante Taxi-Gastwirtschaft-Frisör-Trockenbau-Kurierdienst etc., die ich auf dem Tisch hatte, wo Phantasiekassenberichte zu schweren Konsequenzen geführt hätten. Das hängt aber auch damit zusammen, dass hier so gut wie keine Bp stattfinden, und auch damit, dass den Prüfern in der Vergangenheit vor der elektronischen Bp viel weniger geeignete Werkzeuge zur Verfügung standen als heute. Sprich: Was in der Vergangenheit „immer nochmal gut gegangen ist“, ist kein Präjudiz für Gegenwart und Zukunft.
Zu der Frage, ob die hier geäußerten Meinungen für Leser verlässlich sein sollten oder nicht, sag ich nichts weiter - ich denke, Dir ist selber klar, worum es geht.
Ein sonniges Augustwochenende wünscht
MM