Ach Helmut, Helmut,
Heike hat eine ganz konkrete Frage gestellt und nicht um Nachhilfe im Taufverständnis gebeten. Ich bin einer der naiven Menschen, die grundsätzlich erstmal vermuten, daß die Menschen über das nachdenken, was sie tun. Unter diesem Vorbehalt finde ich das, was du hier von Dir gibst, irgendwie unangebracht.
Wenn Du die Patenschaft ernst nimmst, dann übernimmst Du eine
große Verantwortung für die geistige Erziehung des Kindes!
Kannst und willst Du das wirklich leisten?
Ist es nicht viel besser die Wassertaufe erst dann erfolgen zu
lassen, wenn das Kind erwachsen und für sich selbst fähig ist,
für die Heiligung seiner Seele zu sorgen?
Was heißt hier „besser“? Wenn Du etwas als „besser“ darstellst, mußt Du auch den Vergleichspunkt angeben, in Bezug zu dem es besser sein soll, das „tertium comparationis“ im Fachjargon. Das tust Du nicht; daraus schließe ich, daß als Maßstab allein Dein Taufverständnis dienen soll. Dies will als etwas zu mager erscheinen. Wir können füglich über Kinder- und Erwachsenentaufe diskutieren, und da gibt es auf beiden Seiten viele gute und weniger gute Argumente. Aber es gibt Argumente!
Wenn die Kindstaufe aber in jedem Fall stattfindet und Du doch
eine Segensbitte vortragen willst, hier mein Vorschlag:
Lieber Jesus, Dir sind alle Verhältnisse auf der Erde bekannt
und so auch das, dass ich nun für dieses Kind Taufpatin sein
werde. Ich bekenne, dass ich selbst beim besten Willen nicht
in der Lage bin die große Verantwortung für die geistige
Erziehung des Kindes zu tragen. Deshalb, lieber Jesus, nimmt
Du bitte diese Aufgabe auf Dich, auf dass das Kind tatsächlich
im Herzen zu Dir findet. Amen!
Auch hier bin ich anderer Meinug, denn - mindestens in der evangelischen Kirche - lautet die Frage an Eltern und Paten (mit kleinen Abweichungen von Landeskirche zu Landeskirche): "Versprecht Ihr Eltern und Paten, das Eure dazu zu tun, daß dieses Kind im Glauben an unseren Herrn Jesus Christus erzogen wird, so antwortet: „Ja, durch Gottes Hilfe.“
Darin steckt schon die Einsicht und das Anerkenntnis, daß nicht unsere Fähigkeiten, nicht unsere Macht, auchz nicht unser Glaube das Kind zum Glauben bringen können, sondern daß dies dem Heiligen Geist vorbehalten ist. Aber der Heilige Geist handelt eben nicht ohne die Eltern und Paten! Er handelt an ihnen, mit ihnen und durch sie; diese Verantwortung sollen sie annehmen, wahrnehmen und - soweit es geht - wahrmachen.
Davon finde ich in Deinem Gebet nichts; darum halte ich es - verzeih mir den Ausdruck - für frommes Gewäsch.
Und Du, liebe Heike, lies doch einfach mal ein paar Psalmen. Den 91. zum Beispiel (den Vers 11 habe ich als Taufspruch für mein Patenkind ausgesucht), oder das Buch Jesaja vom 40. Kapitel ab.
Gruß - Rolf