Hallo Raimund,
sollte eigentlich gar kein „Angriff“ meinerseits sein. Tut mir leid, dass das so rübergekommen ist.
Ich gebe Dir mit fast allem, was Du schreibst, recht. Aus Gründen, die sich mir bis heute verschlossen haben, sind grosse Teile der islamischen Welt irgendwann in ihrer Entwicklung stehengeblieben - schlimmer noch, sie haben einen Niedergang erlebt. Jahrhundertelang waren uns die Muslime in allen Bereichen der Wissenschaft, Kunst und Kultur himmelhoch überlegen. Man schaue sich nur mal die phantastischen Bauwerke z. B. der Alhambra an, die Arbeiten des Mathematikers al-Khawarizimi oder den Arzt Abu Ali Ibn Sina (Avicenna).
Ich trete zwar auch für eine strikte Trennung von Staat und Religion ein (die in Deutschland nicht nur wegen der Kirchensteuer noch lange nicht vollzogen ist. Immerhin werden bei uns Kinder und Jungerwachsene bis in die Berufsschulen gezwungen, einem wie auch immer gearteten Religionsunterricht beizuwohnen und das Kreuz ist in Klassenzimmern und Krankenhäusern zumindest in Bajuwarien obligatorisch), einen direkten kausalen Zusammenhang zwischen Staatsreligion und „Fundamentalismus“ sehe ich aber nicht gegeben. Immerhin ist im aufgeklärten Europa in Dänemark und Norwegen der Protestantismus Staatsreligion, in Schweden war er es bis Anfang dieses Jahres, in Malta, Argentinien und einigen anderen südamerikanischen Ländern ist der Katholizismus staatlich verordneter Glaube. Nicht, dass solche Länder jetzt Brutstätten für bombenlegende Religionsterroristen wären. Daneben Irland: obwohl hier keine Staatsreligion besteht, nimmt die (katholische) Kirche unverholen massiven Einfluss auf die Politik. So sind Abtreibung und Scheidung per Gesetz bzw. Verfassung verboten, das Verbot der Homosexualität muss jetzt wegen eines Urteils des Europäischen Gerichts für Menschenrechte zurückgenommen werden, es findet eine strenge Zensur statt, Erziehung und Gesundheitswesen stehen unter kirchlicher Kontrolle. Und in Irland müssen noch heute Menschen sterben, weil sie zufällig der falschen Konfession angehören.
Geistige Tiefflieger haben wir eigentlich auch schon genug an Schlüsselpositionen sitzen. Menschen, die mit dummdreisten Äusserungen Öl ins Feuer der Rechtsradikalen giessen, sitzen bei uns schon in Bundes- und Landtagen. Menschen, deren christlich-fundamentalistische Moralapostelei direkt aus der Scharia stammen könnte, führen bei uns politisch das grosse Wort. Menschen, die hemmungslos lügen und sich selbst über das Gesetz stellen, haben uns bereits regiert. Da würde ein Moslem-Fundi gar nicht mehr weiter auffallen.
Trotz allem - und darum ging es mir eigentlich:
Die Gleichung Islam=Fundamentalismus=Terrorismus ist überzogen. Viele Muslime werden sich als Fundamentalisten verstehen und verstehen trotzdem etwas völlig anderes darunter wie wir. Die terroristischen Muslime, so gefährlich sie auch sein mögen, sind in der Minderheit und finden in der Masse der Muslime sicher auch keine Unterstützung und kein Verständnis. Der normale Muslim schätzt ein friedliches Leben genauso wie es der normale Christ und Sonstwiegläubige tut. Der Koran per se ist ein genauso „positives“ Buch, wie es die Bibel oder der Talmud ist. Und er wird genauso missachtet und fehlinterpretiert.
Gruss
Peter