Störtebeker und sein Todesgang

Hi Historiker (endlich mal keine Hysteriker…),

was ist dran an der Legende um die Hinrichtung Klaus Störtebekers?

http://de.wikipedia.org/wiki/Klaus_St%C3%B6rtebeker

„Der Legende nach soll Störtebeker vom Bürgermeister der Hansestadt Kersten Miles gestattet worden sein, dass all jene Männer überleben durften, an denen er nach seiner Enthauptung noch vorbeizugehen vermochte. An elf Männern schritt der Geköpfte vorbei, bevor ihm der Henker den Richtblock vor die Füße warf (lt. einigen Quellen ihm ein Bein stellte). Nach dem Sturz des Piraten brach der Bürgermeister allerdings sein gegebenes Versprechen, und alle 73 Seeräuber wurden enthauptet.“

Gruß

Horst

Das ist nichts als eine Legende, Horst, denn das ist physiologisch undanatomisch unmöglich.

Gruß - Rolf

Hallo

was ist dran an der Legende um die Hinrichtung Klaus
Störtebekers?

es handelt sich um ein Wandermotiv. Eine sehr ähnliche (volkstümliche und selbstverständlich unhistorische) Anekdote wird in meiner Gegend (Nordpfalz / Soonwald) noch über Johannes Bückler (‚Schinderhannes‘, hingerichtet am 21.11.1803(!)) berichtet. In diesem Fall soll es Philipp Klein (der ‚Husaren-Philipp‘) gewesen sein, der - als 10. in der Reihe der zum Tod Verurteilten stehend - ihm ein Bein stellte, weil er mit einem seiner Komplizen, der nach ihm in der Reihe stand, noch eine Rechnung offen hatte …

Das Motiv ist auch schon vor Störtebeker belegt - in einer Sage aus dem 13. Jahrhundert, wo der ‚Kopflose‘ ein verurteilter Raubritter ist. Genaueren Beleg habe ich momentan jedoch nicht zur Hand.

Freundliche Grüße,
Ralf

Über Hühner und Königsmörder
Hi Rolf.

Das ist nichts als eine Legende, Horst, denn das ist
physiologisch undanatomisch unmöglich.

Es mag ja eine Legende und nicht mehr sein, aber unmöglich? Es ist weithin bekannt, und als Kind habe ich es auch selbst gesehen, dass Hühner nach dem Abschlagen ihres Kopfes noch mehrere Meter laufen können.

Es gibt auch einen Augenzeugenbericht (ich glaube, der Polizeipräfektvon Paris), der besagt, dass der Königsmörder Ravaillac (Heinrich IV.) nach seiner extrem grausamen Hinrichtung und Köpfung noch die offenen Augen bewegen konnte und dabei den Zeugen anschaute.

Aber ok, nehmen wir das mit Störtebeker als Legende, die scheint ja - wie Ralf sinngemäß andeutet - „archetypisch“ zu sein.

Gruß Horst

Hallo,

Es gibt auch einen Augenzeugenbericht (ich glaube, der
Polizeipräfektvon Paris), der besagt, dass der Königsmörder
Ravaillac (Heinrich IV.) nach seiner extrem grausamen
Hinrichtung und Köpfung noch die offenen Augen bewegen konnte
und dabei den Zeugen anschaute.

Die Augen sind am Kopf. Die Ohren auch. Da sie für den Gleichgewichtssinn notwendig sind, fehlen sie dem Körper zum Laufen. Beim Huhn ist das offensichtlich anders.
Gruß
loderunner

Es
ist weithin bekannt, und als Kind habe ich es auch selbst
gesehen, dass Hühner nach dem Abschlagen ihres Kopfes noch
mehrere Meter laufen können.

Hallo Horst,
ein enthauptetes Huhn zappelt orientierungslos mit Füßen und Flügeln. Dabei bewegt es sich auch. Von Laufen oder gar zielgerichteten Laufen kann keine Rede sein.
Grüße
Ulf

Hi.

Die Augen sind am Kopf. Die Ohren auch. Da sie für den
Gleichgewichtssinn notwendig sind, fehlen sie dem Körper zum Laufen. Beim Huhn ist das offensichtlich anders.

Das wird unter folgender Adresse diskutiert:

http://www.paraportal.de/ftopic4077-15.html

Aber wie du ja weißt, bin ich Esoteriker und von der Existenz eines Astralleibs überzeugt. Von daher halte ich es für möglich, dass jemand sehr wohl auch ohne Augen sehen kann und ohne Ohren hören.

Aber ok, das mit Störtebeker will ich jetzt, solange die Quellen das nicht näher belegen, bis auf weiteres als Legende nehmen.

Gruß

Über kopflose Hühner
Hi Ulf.

ein enthauptetes Huhn zappelt orientierungslos mit Füßen und Flügeln. Dabei bewegt es sich auch. Von Laufen oder gar zielgerichteten Laufen kann keine Rede sein.

Doch, es kann. Ich selbst und ein Freund von mir haben es, unabhängig voneinander, in unserer Kindheit gesehen. Die Oma meines Freundes schlachtete regelmäßig Hühner, die liefen dann kopflos herum. Ich selbst sah das als Kind nur ein- oder zweimal, dann war ich bedient.

Im Net findest du Verweise darauf z.B. unter „Hühner + kopflos + laufen“.

Natürlich ist das grenzwertig offtopic, das gebe ich zu. Ich wollte das aber nur klarstellen.

Gruß

Moin Horst,

ich hab in meinem Leben schon einige Hühner geschlachtet und kann Dir versichern, daß von einem zielgerichteten Laufen keine Rede sein kann.

Gandalf

Material zum Thema
Material zum Thema:

http://www.optikur.de/gesundheit/mythen/koerper/kopf…

"Der Störtebeker-Mythos

Der Mythos geht zurück auf den hanseatischen Seefahrer Klaus Störtebeker, der in der Lage gewesen sein soll, sich nach seiner Enthauptung noch minutenlang zielgerichtet ohne seinen Kopf fortzubewegen. Die Hintergründe sind schnell erzählt: Als Pirat bereiste er die Weltmeere und beraubte andere Schiffe – vor allem die der Handelsorganisation der Hanse – ihrer kostbaren Beute. Im Jahr 1401 schließlich wurde Störtebeker von der Hamburger Flotte festgesetzt und verhaftet. Das Urteil war zügig gefällt: Tod durch Enthauptung. Kurz vor seiner Hinrichtung versuchte der Pirat seinen Gefängniswärtern einen letzten Gefallen abzuringen. Störtebeker wurde schließlich zugesichert, dass diejenigen Kameraden vor dem Tod verschont würden, an denen er nach seiner Enthauptung noch vorbeigehe könnte. Der Moment rückte näher, der Henker, der für seine verantwortungsvolle Aufgabe 12 DM erhielt, tat seine Arbeit und Störtebeker gelang es, an einem halben Dutzend seiner Freunde vorbeizugehen, bevor ihn das Bein des Henkers stoppte. Andere Quellen berichten, dass es ein hastig dahin geworfener Richtblock gewesen ist, der Störtebeker in seiner Lebensrettungsmission aufhielt…

(…)

Eigenleben des Kopfes

Eng verbunden mit der Vorstellung des kopflos herumirrenden Körpers ist das Überleben des abgetrennten Kopfes. Viele der Berichte stehen im Zusammenhang mit der Französischen Revolution. Hier, in der Hochzeit der Guillotine, häufen sich die Berichte scheinbar lebender Köpfe, die selbst nachdem sie vom Körper getrennt waren, noch einfacher Dinge fähig waren. Sogar Ärzte erzählen von seltsamen letzten Bewegungen abgetrennter Köpfe. So sollen Köpfe versucht haben zu sprechen, auch, wenn man diese zum Licht drehte, zeigten sich deutliche Reaktionen…

Gehirn ohne Körper überlebensfähig?

Das Gehirn hat Ärzten zufolge nach dem Aussetzen des Herzschlags noch eine Überlebenszeit von etwa sieben Sekunden. Dies ist möglich durch den im Kopf gespeicherten Sauerstoff, der die Hirnzellen noch versorgen kann. Aber selbst, wenn das Gehirn weiter lebt, setzt nach der Enthauptung fast augenblicklich der Zustand des Komas ein. Es sind zwar Fälle bekannt, in denen Patienten nach einem Herzstillstand noch bis zu einer Minute bei Bewusstsein und ansprechbar waren, die Regel ist es aber nicht…

Warum wir unseren Kopf brauchen

Auch das Überleben des Körpers ohne Kopf ist wenig wahrscheinlich. Aus medizinischer Sicht wäre Störtebeker nicht mehr in der Lage gewesen, selbst einfache Bewegungen auszuführen, da die Blut- und Sauerstoffversorgung nicht mehr gewährleistet war. Bei einer Enthauptung werden die großen Schlagadern am Hals durchtrennt, rapider Blutverlust setzt ein. Da alle Bewegungen vom Gehirn gesteuert werden, ist jeder Versuch einer zielgerichteten Regung zum Scheitern verurteilt. Auch die Atmung – die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff – die ja bekanntlich über Nase und Mund ausgeführt wird, ist nicht mehr möglich. Die Ernährung, mittels der die einzelnen Zellen mit Nährstoffen versorgt werden, endet.

Wilde Hühner

Das Phänomen, dass man auch kopflos noch bewegungsfähig ist, kennt man auch aus dem Tierreich. Hühner und anderes Federvieh wird geschlachtet, indem man ihnen in einer einzigen schnellen Bewegung den Kopf abtrennt. Bauernhof Besitzer berichten immer wieder, dass die Tiere nach der Enthauptung noch Stunden lang orientierungslos herumgeirrt sind und wild mit den Flügeln geschlagen haben."

Gruß

Horst

Stundenlang herumirrende Hühner - kopflos
Hi Gandalf.

ich hab in meinem Leben schon einige Hühner geschlachtet und
kann Dir versichern, daß von einem zielgerichteten Laufen
keine Rede sein kann.

Ich selbst sage ja nicht „zielgerichtet“. Aber lies mal den letzten Absatz im Posting „Material zum Thema“, da ist von „stundenlangem Herumirren“ die Rede.

Gruß Horst

Moin Horst,

da ist von
„stundenlangem Herumirren“ die Rede.

da kann stehen was will, das kann ich trotzdem nicht bestätigen.
Zudem, was sind das für Bauern, die tote Vögel so lange rumlaufen lassen? Irgendwann kann man die nicht mehr verwerten.

Gandalf

MOD *hüstel* Kann es…
…sein, daß das jetzt schon sehr weit vom Thema Geschichte abweicht?

Bei weiterem Interesse, ob Hühner nun kopflos durch die Gegend rennen oder nicht, würde ich doch vorschlagen ein anderes Brett aufzusuchen :wink:

Gruß
Edith

ot: Mike the Headless Chicken
Hallo,

Das Phänomen, dass man auch kopflos noch bewegungsfähig ist,
kennt man auch aus dem Tierreich. Hühner und anderes Federvieh
wird geschlachtet, indem man ihnen in einer einzigen schnellen
Bewegung den Kopf abtrennt. Bauernhof Besitzer berichten immer
wieder, dass die Tiere nach der Enthauptung noch Stunden lang
orientierungslos herumgeirrt sind und wild mit den Flügeln
geschlagen haben."

ich habe in meiner Kindheit selbst nicht nur kopflose Hühner herumrennen sehen, sondern auch die Aufgabe gehabt, selbige wieder einzufangen …

Nun musste sich mein Großvater vor jedem Schlachten Mut antrinken, und wer weiß, vielleicht hat er da mit der Axt nicht mehr so ganz richtig getroffen … ;o)

Zumindest ist ein Gockel, der ‚falsch‘ geköpft wurde, nicht nur wild herumgerannt, sondern hat noch anderthalb Jahre lang ohne Kopf weitergelebt: http://de.wikipedia.org/wiki/Mike_%28Hahn%29

Keinesfalls kopflose Grüße

=^.^.=

Eine sehr ähnliche
(volkstümliche und selbstverständlich unhistorische) Anekdote
wird in meiner Gegend (Nordpfalz / Soonwald) noch über
Johannes Bückler (‚Schinderhannes‘, hingerichtet am
21.11.1803(!)) berichtet. In diesem Fall soll es Philipp Klein
(der ‚Husaren-Philipp‘) gewesen sein, der - als 10. in der
Reihe der zum Tod Verurteilten stehend - ihm ein Bein stellte,
weil er mit einem seiner Komplizen, der nach ihm in der Reihe
stand, noch eine Rechnung offen hatte …

Das ist aber schon ein gewaltiger Unterschied. Schinderhannes wurde durch das Fallbeil enthauptet, war also in einer (halb)liegenden Haltung und möglicherweise noch festgezurrt.
Störtebeker dagegen könnte durch das Schwert im Lauf enthauptet worden sein. Dann wäre nicht auszuschließen, daß er noch einige Schritte weitergegangen ist.

Grüße,
Ostlandreiter

Hallo,

Das ist aber schon ein gewaltiger Unterschied. Schinderhannes
wurde durch das Fallbeil enthauptet, war also in einer
(halb)liegenden Haltung und möglicherweise noch festgezurrt.

dem Urheber der Schinderhannes-Anekdote (und auch denen, die sie verbreiteten) war natürlich bekannt, dass Johannes Bückler guillotiniert wurde. Entsprechend heisst es, Bückler sei nach der Enthauptung von seinen Henkern auf die Füße gestellt worden und dann losgelaufen (Rainer Thielen - Schinderhannes, Charme und Schabernack, Ergötzende Anekdoten gesammelt und neu erzählt, Höma Verlag o.J.). Dass die Anekdote nachweislich unhistorisch ist, dürfte klar sein.

Störtebeker dagegen könnte durch das Schwert im Lauf
enthauptet worden sein. Dann wäre nicht auszuschließen, daß er
noch einige Schritte weitergegangen ist.

Eine Hinrichtung „im Lauf“ ist ebenso unwahrscheinlich wie die kopflose Parade. Technisch zu schwierig und unzuverlässig, auch wenn Meister Rosenfeld (der Scharfrichter) ein Könner seines Fachs gewesen soll. Ein solches Detail (eine spektakuläre sportliche Leistung des Henkers) wäre derart ungewöhnlich gewesen, dass es in der Legende sicher besonders erwähnt worden wäre.

Überdies völlig abwegig, warum eine solche Gunst überhaupt gewährt worden sein soll - der Hamburger Rat hatte nicht die geringste Veranlassung, mit den Piraten auch nur die geringste Nachsicht zu üben.

Freundliche Grüße,
Ralf

Moin,

zwischendurch ist mir eingefallen, dass Albert Camus einen Essay über "Die Guillotine. Gedanken zur Todesstrafe2 geschrieben hat.
Der ist in dem Band seiner Werke „Fragen zur Zeit“ aus dem Rowohlt-Verlag abgedruckt.

Darin erwähnt er den Bericht zweier Ärzte, die an den Gesichtern Enthaupteter noch nach deren Dekapitation schreckliche Veränderungen wahrnahmen - so, als würden die Gehirne sich ihres eigenen Todes bewusst und als malte dieses Erschrecken sich dann in den Gesichtern.

Ich fand diesen Essay, als ich ihn vor Jahrzehnten las, äußerst eindrucksvoll (Deswegen erinnere ich mich sogar an das Buch, in dem er steht), weiß aber nicht, was ich von den Behauptungen der dort angeführten Ärzte halten soll.

Gruß - Rolf

Hi!

Hi Historiker (endlich mal keine Hysteriker…),

was ist dran an der Legende um die Hinrichtung Klaus
Störtebekers?

Ob Störtebeker tatsächlich ohne Kopf an seinen Männern vorbeigegangen ist - keine Ahnung. Aber es gibt einen sehr nachvollziehbaren Grund, warum Störtebeker dem Bürgermeister diesen recht eigenartig anmutenden Deal vorgeschlagen hat:

Zur Hinrichtung standen 73 Männer an. Das ist eine Menge Arbeit für den Scharfrichter - und für dessen Schwert. Nun war die Qualität eines solchen Schwertes nicht gerade die Beste, und auch die Kondition und damit Treffgenauigkeit des Scharfrichters dürfte im Laufe der Hinrichtungen nachgelassen haben. Bei solchen Massenenthauptungen kam es nicht selten vor, dass der Scharfrichter zwei oder gar drei Mal zuschlagen musste, bis der Kopf des Opfers abgetrennt war.

Genau das wollte Störtebeker bei sich verhindern. Er zog einen präzisen einmaligen Schlag bei sich vor. Also bot er dem Bürgermeister jenen bekannten Deal an und hatte somit die Garantie, als erster hingerichtet zu werden - von einem da noch ausgeruhten Scharfrichter und einem da noch scharfen Schwert.

Der wahre Mann denkt an sich, selbst zuletzt! :smile:)

Grüße
Heinrich