Tagesmütter/Väter

Hallo!

Ich bin nun schon seit vielen Jahren Tagesmutter, nehme regelmäßig an Schulungen oder Infoseminaren teil.
Als Tagesmutter hat man zwar mehr oder weniger die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen, doch leider sind die Seminare nicht lang genug um alles zu reden, was von Nöten wäre. Klar, wir werden in rechtlicher, steuerlicher, sowie erzieherisch Hinsicht geschult, aber es wäre auch einmal interessant, die Seite der „abgebenden“ (also die der Eltern) zu kennen.
Leider gibt es keine Stelle, wo beide Parteien sich mal austauschen könnten. Eltern, die ihre Seite erzählen oder erklären (vielleicht auch mal ihren Frust und Ärger los werden können) oder die der Tagesmütter, die ihre Schützlinge vielleicht auch Privat aufgenommen haben und die keine Anlaufstelle haben, wo sie ihre Fragen stellen können.
Wo liegen die Probleme? Wer hat welche Erfahrungen gemacht?
Es wäre interesant, beide Seiten (Eltern und Tagesmütter/Väter) zu hören. Vielleicht kann man sogar das eine oder andere Problem beseitigen.

Gruß

Suse

Tagesmütte - Kommentar einer abgebenden Mutter

Hallo Suse!

Ich weiss nicht genau, ob du so etwas gemeint hast, aber ich möchte hier ein absolutes Lob an meine beiden Tagesmütter aussprechen, ohne die unsere Familie in vielerlei Hinsicht nicht so wäre, wie sie heute ist.

Wir haben einen Sohn (heute 9) bei einer Tagesmutter gehabt vom 1. Geburtstag bis zum Kindergartenalter (genau 2 Jahre) und einen zweiten Sohn (heute dreieinhalb) vom 2. Lebensmonat bis zum Kindergartenalter.

Beide Tagesmütter waren übrigens „private“ Tagesmütter, die ich über eine Anzeige gefunden habe. Sie waren jeweils die einzigen aus einer großen Menge (mehr als drei Dutzend jeweils), die mir auf Anhieb gefallen haben.

Beide haben diese Erfahrung als Tagesmutter nur ein einziges Mal gemacht, nicht weil sie so negativ gewesen wäre, sonder weil sie sich der großen Verantwortung bewußt waren und später - nach der eigenen Familienpause - dann anderweitig berufstätig sein wollten und inzwischen auch wieder sind.

Die eine war noch sehr jung (Mitte 20) und Mutter zweier Kinder (eines gleichaltrig mit unserem Sohn (1 Jahr), eines ein Jahr älter, hinzu kamen später 4 Kinder ihrer Schwester von 1 bis 10 Jahren. Die andere war etwas älter als ich (Ende 30) und hat vier Kinder von (damals) 4 bis 14.

Beide sind grundverschieden, aber beide auf ihre Weise absolut SUPER, GIGANTISCH, FANTASTISCH.

Wir werden ihnen ewig dankbar dafür sein, dass sie uns ein harmonisches Familienleben ermöglicht haben, weil ich zu den Kindern einen Ausgleich im Beruf haben konnte und deshalb selbst einfach ausgeglichen, tolerant, belastbar mit den Kindern war, und meine Kinder so gut aufgehoben wusste, dass mich nie ein schlechtes Gewissen geplagt hat.

Außerdem habe ich zwei wundervolle Söhne, ausgeglichen, fröhlich, sozial verträglich etc., was sie zu einem großen Anteil ihren Tagesmüttern verdanken.

Ich selbst verdanke ihnen ebenfalls sehr viel. Ich habe einen Traumjob, den ich nur annehmen konnte, weil meine zweite Tagesmutter da war und ich meinen zweiten Sohn bei ihr absolut bestens aufgehoben fand. Ich habe zwar einen relativ flexiblen Job im öffentlichen Dienst, dennoch wäre ich manches Mal schlecht dran gewesen, wenn meine Tagesmütter, soweit ihnen möglich, nicht absolut flexibel reagiert hätten.

Wesentlich erscheinen mir für die Kooperation Mutter/Tagesmutter übrigens folgende Punkte (erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkiet).

  1. Die Chemie muss stimmen.

Ich als Mutter muss die Tagesmutter leiden können, selbst wenn ich im Detail vielleicht anders bin (z.B. chaotischer als die Tagesmutter).

Das habe ich bei meinen Tagesmüttern bereits beim ersten Treffen gemerkt, z.B. daran, wie die Tagesmütter mit ihren eigenen Kindern umgegangen sind (bei Geschwisterstreit, Unterbrechung von Gesprächen durch ein Kind o.ä.) oder daran, dass sich unsere zweite Tagesmutter nicht gleich auf unser Kind gestürzt hat, sondern mir und dem Kind in sehr ruhiger, ausgeglichener Art erst einmal ein „Beschnuppern“ ermöglicht hat.

  1. Eifersucht ist fehl am Platz.

Meine Tagesmütter haben gewusst, dass sie nicht die Mütter unserer Söhne sind, haben sie aber im täglichen Leben so behandelt wie die eigenen Kinder.

Ich als Mutter habe nie ein schlechtes Gewissen gehabt, weil ich eventuell bestimmte „Meilensteine der Entwicklung“ verpasse (dadurch, dass ich halbtags arbeiten gehe, habe ich, glaube ich, auch nicht allzu viel verpasst).

Ich war auch nicht entsetzt, als meine Kinder zeitweilig ihre Tagesmütter „Mama“ o.ä. genannt haben. Weil ich ganz genau wusste, dass das nur daran liegt, dass die Kinder von ihren Pflegegeschwistern als Name deren Mutter eben immer „Mama“ hören und daher nicht wissen, dass diese für alle außer für ihre eigenen Kinder einen anderen NAmen als „Mama“ hat. Ich aber auch genau wusste, dass meine Kinder unterscheiden können zwischen ihrer leiblichen Mutter und der zweiten Hauptbezugsperson, die Teilfunktionen einer Mutter übernimmt. Die Tagesmütter haben den Kindern aber auch altersgerecht klargemacht, dass Tagesmama nicht gleich Mama.

  1. Toleranz ist angesagt!!!

Die Tagesmutter ist davon wahrscheinlich weniger betroffen als die abgebende Familie.

Tagesmütter und wir waren uns über Grundsätzliches einig (Süßigkeiten nicht als Hauptnahrungsmittel, keine Schläge, wenig bis gar kein Fernsehen etc.), im Detail habe ich mit den Tagesmüttern ständig im Gespräch gestanden, aber nie in der Art, wie hast du denn heute wieder mein Kind behandelt oder wieso erlaubst du ihm nicht noch ein Stück Schokolade, es kommt doch nicht so darauf an, bei uns gibt es aber jeden Tag Fleisch, also musst du meinem Kind bei dir auch jeden Tag Fleisch geben etc.

Bei der Tagesmutter hatte die in Erziehungsfragen das Sagen (was uns leichtgefallen ist, weil im Grundsatz Konsens bestand). Die Kinder haben das gewußt und nie Kompetenzprobleme gehabt. Sie wussten, wenn sie bei der Tagesmutter z.B. Süsses haben wollten, mussten sie sich an die Tagesmutter halten (auch wenn ich anwesend war), nicht an mich. Regeln, die dort galten, galten dort und konnten manchmal im Detail von unseren abweichen, wenn sie im großen und ganzen auch in dieselbe Richtung gingen.

Soviel heute dazu, meine Mutterpflichten in Form meines dreijährigen „Mama, spielst du mit mir“ rufen!

Susanne

Liebe Susanne!

Danke für dein „herrliches“ Posting.
Mir als Tagesmutter hat es richtig gut getan, deine offene Meinung zu lesen und ich finde es prima, wie reibungslos zwischen dir und den Tagesmüttern funktioniert hat.
Ich finde es schade, dass das nicht immer so gut klappt, aber ich habe mir dein Posting ausgedruckt und werde es als „gutes Beispiel“ beim nächsten Seminar vorlesen (sofern du nichts dagegen einzuwenden hast).

Liebe Grüße

Suse