Hallo Micha,
hier die Geschichte eines Vaters, der sich auch von seiner damaligen Frau in eine für ihn und seine Kinder nicht gute Situation hat drängen lassen:
PAS: nicht immer nur werden Kinder dazu gebracht ihre Eltern und/oder Geschwister abzulehnen, nein auch Eltern können dazu gebracht werden ihre Kinder abzulehnen. Hier meine Geschichte:
Ich bin 1955 geboren und habe 1979 das erste Mal geheiratet, also mit 24 Jahren. 1981 wurde unsere Tochter Katharina geboren. Es war, das kann ich mit Sicherheit auch für meine Frau Maria sagen, eine harmonische Ehe. Doch leider verstarb sie im Sommer 1986 plötzlich an einer Lungenembolie, zwei Monate bevor sie 29 Jahre alt wurde.
Ende Mai 1988 lernte ich meine zweite Frau Alice kennen, sie war zwei Jahre jünger, lebte in Scheidung und hatte einen Sohn, der bei seinen Vater lebte. In der Anfangszeit verlief auch alles normal, meine Tochter freute sich, wenn wir am Wochenende zu Alice und ihrer Familie fuhren (circa 45 km entfernt). Auch der Kontakt zu meinen ersten Schwiegereltern war bis dahin in Ordnung.
Irgendwann wurde der Entschluss gefasst, dass wir zusammenziehen und heiraten wollten. Bei meiner ersten Schwiegermutter traten Verlustängste auf. Obwohl ich versuchte mit ihr darüber zu reden, spitzte sich die Lage zu. Ich machte ihr den Vorschlag, dass ich meine Tochter regelmäßig am Wochenende zu ihr bringen würde. Es gab ja genügend Gelegenheiten, zum Beispiel wenn wir einmal rausgehen wollten. Es half nichts.
Der Umzug fand im Sommer 1989 statt und im Dezember 1989 haben wir geheiratet.
Am Anfang waren es nur Kleinigkeiten die ich von Alice zu hören bekam, wenn ich Nachmittags von der Arbeit kam: Katharina macht die Hausaufgaben nicht ordentlich. Sie hat das Butterbrot weggeworfen und so weiter. Ich führte das Ganze darauf zurück dass sie nach dem Tod meiner Frau von allen Seiten – auch von mir – verwöhnt worden war. Deshalb schenkte ich dem an Anfang auch keine große Bedeutung.
Im Laufe der Zeit wurden die Vorwürfe durch Alice immer mehr: Katharina hat heute nichts gegessen, sie hat ins Bett gemacht – was meine Tochter bestritten hatte.
Gleichzeitig hat meine erste Schwiegermutter das JA mit eingeschaltet. Auf Anraten vom Arzt (nicht JA!) habe ich einen Kinderpsychologen zur Rate gezogen. Mindestens 12 Mal bin ich mit meiner Tochter zu dem 50 km entfernten Kinderpsychologen gefahren.
Im Sommer 1991 machte das JA den Vorschlag, meine Tochter (gerade 10 Jahre alt) in Pflege zu den Großeltern zu geben. Innerlich stellte ich mir immer die Frage, was ist das Richtige? Bringe ich meine Tochter zu den Großeltern und sie hat Ruhe, oder versuche ich es weiter, dass sie bei mir bleibt – und trage die Verantwortung dass sie ein psychologisches Wrack wird.
Von Seiten meiner Frau und deren Eltern wurde mir förmlich die Pistole auf die Brust gesetzt: „Entweder Katharina geht zu den Großeltern, oder du kannst ausziehen“. Das Ganze wurde noch dadurch unterstrichen, das Alice sagte: „Herr Mayer (JA) hat gesagt, wenn du nicht auf seinen Vorschlag eingehst, macht er dich so schlecht, das man dir das Sorgerecht entzieht!“ Hatte Herr Mayer das wirklich gesagt, oder war es wieder eine von vielen Lügen?
Mit dem Glauben, das es für meine Tochter das Beste ist, habe ich sie in den Sommerferien zu den Großeltern gebracht und dort in der Schule angemeldet. Mein Gedanke war, dass ich sie regelmäßig in der Woche besuchen werde (Die Großeltern wohnten auf dem Weg zur Arbeit). Es war leider nur ein Wunschdenken.
Ab hier beginnt die Entfremdungstaktik!!
Als erstes wurden von Alice ohne mein Wissen, die persönlichen Sachen, wie Malarbeiten aus dem Kindergarten, Bastelsachen oder alte Schulhefte meiner Tochter „entsorgt“.
War es eine innere Eingebung von mir, auf jeden Fall hatte ich zu diesen Zeitpunkt die Fotoalben aus meiner ersten Ehe zu meinen Eltern gebracht. Andere Sachen aus der Zeit vor meiner 2. Ehe mit Alice sind spurlos verschwunden.
Sämtliche Gegenstände, sei es Möbel, Porzellan oder sonstige persönliche Sachen wurden mit der Zeit ausgetauscht oder entsorgt. Erst im Nachhinein fiel mir auf, das noch nicht einmal ein Foto meiner verstorbenen 1. Frau im Kinderzimmer meiner Tochter stand – warum nicht, wie konnte ich das zulassen, es war doch ihre Mutter.
Wollte ich nach der Arbeit bei meiner Tochter einmal vorbeischauen, so lag immer etwas Wichtiges an, wir müssen dort hinfahren, das muss noch erledigt werden… Wurde im Familienkreis der Name meiner Tochter erwähnt, wurde sie von meiner Frau schlecht gemacht: Die konnte nicht die Uhr ablesen, hat sich den Hintern nicht richtig abgeputzt… Es waren alles Vorwürfe, die ein Außenstehender nicht kontrollieren konnte. Aber einmal ausgesprochen, bleiben solche Aussagen für immer im Gedächtnis der Anderen haften. Mit der Zeit vermied ich es den Namen von Katharina auszusprechen, aus Angst das weitere haltlose oder übertriebene Vorwürfe von meiner Frau ausgesprochen wurden.
Briefe die meine Tochter geschrieben hatte, wurden vorher geöffnet. Bevor ich sie zu lesen bekam, wurde dementsprechend vorher ein Kommentar abgegeben „So schreibt doch kein Mädchen von 12 Jahren, ist ja richtig kindisch…“.
Trotz allen habe ich ihr zurück geschrieben, am Anfang mit Wissen meiner Frau, später heimlich, und das mit damals 38 Jahren. Den letzten Brief den ich mit Wissen meiner Frau schrieb, war 1993 als meine zweite Tochter geboren wurde. Kommentar: „Wie kann man nur so was Geschnörkeltes schreiben“.
Regelmäßig rief meine Tochter noch bei uns zu Hause an. Da war ich schon so weit, dass ich am Telefon „kurz angebunden war“. Nur ein paar Sätze, sonst nichts. Später rief meine Tochter mich im Büro an. Da war ich gesprächiger vor allen Dingen freier.
Mitunter dauerten die Gespräche 20 – 30 Minuten. Wir hatten uns ja so viel zu erzählen! Nicht ich hatte den Kontakt aufrechterhalten, sondern meine Tochter.
Zu Hause(?) wurde die Situation immer unerträglicher. War es dass meine Frau ahnte dass ich heimlich Kontakt zu Katharina hatte oder war es ihre Mentalität? Ich fuhr Morgens frohgelaunt zur Arbeit, aber mit Bauchschmerzen nach Hause. Wenn ich so richtig fertig war, nahm ich mir heimlich einen Tag Urlaub, und fuhr in die nächste Großstadt. Den ganzen Tag machte ich einen Bummel durch die Fußgängerzone.
Obwohl ich den Namen meiner Tochter nicht mehr aussprach, fing meine Frau ohne dass es ein Grund dafür gab, wieder an sie schlecht zu machen.
Im Frühjahr 1996 fragte mich Katharina, ob sie nach der Hauptschule die Hauswirtschaftsschule besuche dürfte. Die Noten waren entsprechend gut, dass ich zustimmte. Auf die Frage wann die Anmeldung ist, schlug ich ihr vor, dass ich zur Anmeldung mitfahre.
Diesmal habe ich zu Hause mit offenen Karten gespielt, und es meiner Frau gesagt. Als dann von ihr und meiner Schwägerin so Aussagen kamen: „Was willst du denn da, du hast hier deine Familie, das ist Verrat“, war mir auf einmal bewusst, das ich jetzt endlich das Richtige tue – ich bin mit meiner Tochter zu Anmeldung gefahren.
Auf einmal war ich der Taugenichts, der nichts kann, jede Arbeit von mir wurde lächerlich gemacht, also ich war auf einmal so schlecht wie meine Tochter Katharina. Harmonie (Umarmung) gab es nicht mehr, wenn ich den Versuch machte sie zu umarmen, bekam ich als Antwort „ So wie du dich benommen hast, will ich nicht“,
Im April 1997 drei Tage vor meinem Geburtstag, bekam ich morgens die Vorhaltung:
„Wenn du dich nicht änderst, kannst du dein Geburtstag alleine feiern“ An diesen Tag bin ich aus dem Haus ausgezogen.
Gut zwei Monate später lernte ich meine jetzige Frau Christine kennen. Ich war nicht auf der Suche nach einer neuen Beziehung, sondern wollte mich nur unterhalten, unter Menschen sein. Am Anfang war es nur Unterhaltung, dreimal haben wir uns durch Zufall wieder gesehen. Später war es Kameradschaft, bist du nächste Woche auch wieder hier? Dann kam die Freundschaft, sie war auf einer Geburtstagsfeier eingeladen und wollte nicht alleine hingehen.
Mit der Zeit wurde es „Liebe“. Ihr Mann war ein Jahr vorher durch einen Autounfall verunglückt, und sie hat vier Kinder. Februar 1998 sind wir zusammengezogen, und im Juni 2000 haben wir geheiratet. Es ist zwar manchmal hart mit vier Kindern, aber es wird keines abgeschoben! Ich habe aus Fehlern gelernt.
Meine älteste Tochter versteht sich sehr gut mit Christine und sie hat noch weitergelernt und ist Erzieherin im Kindergarten. Meine zweite Tochter ist am Anfang auch gerne gekommen, aber als abzusehen war, dass es mit der neuen Frau etwas Ernstes wurde, möchte (darf?) sie nicht mehr kommen.
Wenn ich mit meiner zweiten Tochter alleine war, so war es noch vor ein paar Monaten, hat sie viel gelacht. Das Thema über ihre Mutter war für mich Tabu. Ich habe ihr vielmehr aus meiner Kindheit erzählt und sie hat gerne zugehört. Doch wenn wir telefonierten, war sie ganz anders. Vermutlich wurde sie wieder darauf aufmerksam gemacht, das ich „abgehauen“ war.
Ich kann nicht böse auf sie sein, denn ich habe selbst erfahren, wie man in diesen Sog hineingezogen wird. Wenn ein Mann wie ich von 38 Jahren, nicht in der Lage war früh genug zu erkennen dass man isoliert wird, wie sollen es denn dann die Kinder erkennen.
Die Entfremdungstaktik kommt nicht von heute auf morgen, sondern wird stufenweise aufgebaut. Beim ersten Widerspruch wird man klein diskutiert.
Einen Dank an meine älteste Tochter, die immer den Kontakt zu mir aufrechterhalten hat. Einen Dank an meine Frau Christine und den Kindern die zeigen wie schön Familie ist.
Peter
April 2005