Wie bringt man Analphabeten Sprache bei?

Guten Nachmittag!

Ich beginne gerade, mich ehrenamtlich in einem Flüchtlingsheim zu betätigen und stehe dort schon jetzt vor einem Problem: ich hatte vor, etwas Deutschunterricht zu geben, aber ein großer Teil der Bewohner vermag gar nicht zu lesen! Weder in der eigenen noch in der deutschen Sprache. Wie kann ich Sprechkenntnisse verbessern, ohne dass ich jemals ein Buch oder ein geschriebenes Wort benutzen kann?

Ich wäre über didaktische Hilfestellungen sehr erfreut, H.

Da habe ich keine Ahnung.
Vielleicht suchen unter Fachdidaktik Sprachen.

Sehr geehrter Herr Hinrichs,

Hinweise zu dieser wahrlich nicht leichten Aufgabe finden Sie z.B. im Konzept zur Lehrwerk AlphaPlus auf der Homepage vom Cornelsen Verlag.

Viele Grüße
Peter Hubertus

Lieber H???,
ja ich denke, da wirst du mehr als Schauspieler arbeiten muessen. Als Mime: Woerter, Ausdruecke, nuetzliche Saetze muendlich einfuehren, vorspielen und ueben, wiederholen und „drillen“.
So einen muendlichen Ansatz verfolgen uebrigens viele wissenschaftliche Sprachlehrmethoden. (Google mal zu „direkte Methode“ oder „audiolinguale Methode“.)
Das Schreiben wird dann erst danach behutsam eingefuehrt.

Also viel Spass beim Deutsch-Lehren!
Joerg

Hallo Herr Hinrichs,
Sie sollten versuchen den TN auch die Buchstaben beizubringen. Das die TN nicht lesen können ist NORMALITÄT, keine Ausnahme. Ich arbeite als Alpha-Lehrerin und möchte Ihnen die Lehrwerke Hamburger Alphabet ans Herz legen. Der Grundkurs und die Wort-Bild-Karten wären fürs Erste ausreichend. Achten Sie darauf, dass die TN Hefte für die 1. Klasse und Bleistifte benutzen (für alle kaufen) und erinnern Sie sich an Ihren Schreibunterricht in der Grundschule und das Häuschen auf der Linie mit dem Dach und dem Keller. Selbstverständlich wird nur Druckschrift unterrichtet, das ist das Maximum, was die TN je erlernen werden! Achten Sie darauf, dass Sie die „Namen“ der Buchstaben NUR anlauten (lautieren), d.h. Sie sagen für T nicht TE, sondern „TTT“, für B nicht BE, sondern „BBB“, nur die Musik, die der Laut macht, sprechen lassen, sonst lesen die Tn nicht BANANE, sondern BEAENAENE. Machen Sie sich darauf gefasst, dass es bei TN ohne Schulbesuch 4-5 Wochen dauern kann, bis sie 3-4 Buchstaben auseinanderhalten können!!! Diese visuellen Kompetenzen wurden ja vorher nie geschult. Machen Sie auch Motorikübungen und Handgymnastik mit den TN, sie sind sonst zu verkrampft und achten Sie auf eine korrekte Sitzhaltung, sonst hören Sie bald nur noch: „Ich Kopfschmerzen, Schreiben Lesen, immer krank!“ :wink:
Sprechübungen müssen so einfach gehalten werden wie möglich, d.h. jedes Mal x-Wiederholungen. Die TN sind als Analphabeten (vermutlich auch im Heimatland Syrien, Irak etc. oft auch des Arabischen schriftunkundig)und sind es aber gewohnt, Sätze zu memorieren!!! (Vorteil)
In meinem Kurs sitzen TN, die bis zu 25 Jahre in D. sind, trotzdem üben wir Fragen wie: Wie heißen Sie? und vor allem die korrekten Antworten, seit 3 Wochen. Lernen Sie zuerst mit den TN Fragen und Antworten zur Biographie, das wird Wochen, Wochen, Wochen in Anspruch nehmen. Vor allem sollten Sie auf korrekte Aussprache und Grammatik achten, weil das, was falsch gelernt wurde, nur sehr schwer wieder umzulernen ist.
Die didaktischen Hinweise in den Lehrbüchern (nicht teuer, machen Sie Kopien für die TN) werden Ihnen weiterhelfen. Hier die Adresse, da die Bücher von einer Intiative angeboten werden:
Arbeitsgemeinschaft Karolinenviertel e.V. Grabenstr. 28, 20357 Hamburg Tel. 040-4392582 Mail: [email protected]
Mit freundlichem Gruß
Wilhelmine
P.S. Eigentlich braucht man zum Unterrichten eine Qualifizierung und Zertifizierung des Bundesamtes für Migration, Ehrenamtliche sind schön, aber es sollten die Fachleute, die fast alle freiberuflich arbeiten, vernünftig für Ihre Arbeit bezahlt werden!

Hallo Hr. Hinrichs,

das ist keine so einfache Aufgabe und vor allem ist es sehr schwer eine didaktisch-methodische Unterrichtsgestaltung per E-Mail zu schreiben. Ich gehe davon aus, dass Sie gar keine Erfahrung haben mit dem Unterrichten, vor allem mit Deutsch als Fremdsprache?
Ich kann aus Ihrer E-Mail nicht entnehmen, was Ihre Zielsetzung ist? Sie sollten sich stets vor Augen halten, welches Ziel Sie verfolgen! Wollen Sie die Schüler das ABC beibringen oder nur das Sprechen, sodass sich Ihre Schüler mit einfachen Deutschkenntnissen durchschlagen können?

Das Einzige, was ich Ihnen empfehlen kann, ist sich entsprechende einschlägige Literatur zu beschaffen. Dort werden Sie sicherlich eine Lösung Ihres Problems finden. Hier können Fernstudieneinheiten des Langenscheidtsverlags helfen (Didaktik) oder Bücher über Alphabetisierung von ausländischen Schülern.

Leider kann ich Ihnen nicht helfen, weil eine Hilfestellung per E-Mail für mich unprofessionell wäre.

Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Glück und Erfolg.

Taki

Hallo,

ich würde an Ihrer Stelle mit Rollenspielen und Bildern anfangen. Solche anschaulichen Hilfsmittel sind ohnehin gut geeignet, eine Sprache zu lernen, selbst wenn die Lernenden lesen können.

Geeignete Bilder findet man z.B., wenn man im Internet nach Wimmelbildern sucht (http://www.andreas-wehrheim.de/myspace/sz-wimmelbild…), aber auch Sprachlernbücher enthalten viele solcher Bilder, die Gesprächsanlässe bieten.

Für Rollenspiele würde ich dann vielleicht geeignetes Zubehör mitbringen (z.B. Spielgeld für Einkaufssituationen, Gegenstände, die benannt werden müssen, etc.).

Hallo, Hr. Hinrichs,

interessant und rühmenswert, was Sie sich da aufgegeben haben …

Zur Sache: es macht natürlich einen Unterschied, ob Sie sich Kindern oder Erwachsenen widmen. Und einen Weiteren, ob Sie die Sprache der zu Unterrichtenden beherrschen oder nicht.

Es sind also mindestens 4 Varianten offen. Welches ist die Ihre?

Wenn Sie doch ein paar Einzelheiten preisgeben könnten, auch über die Muttersprache der Menschen, die Sie unterrichten möchten. die Herangehensweise ist sicher unterschiedlich, wenn es sich um verschiedene syntaktische Systeme, etwa eine synthetische oder agglutinierende Sprache handelt.

Lassen Sie uns doch mehr über Ihre Pläne und die Gegebenheiten wissen, dann kann Ihnen sicher Hilfe werden.

Gruss
ThoWi

Gute Tipps gibt es bei
http://www.ciao.de/Analphabetismus_Tipps_Tricks__104…

Lieber Teilnehmer, bei Menschen, die keine Schriftsprache lesen können, bieten sich nur Bilder und Gesten als Veranschaulichungsmittel an, Beginnen würde ich mit dem Namen der Lernenden, sich vorstellen, die Wörter „Ich“ „Du“ „Wir“ etc. Den Wortschatz aus Handlungen ableiten - von der eigenen Sprache kommend. Das könnte dann ein „Voneinander Lernen“ sein. Einfach Lieder können einen emotionalen Zugang zur Sprache eröffnen. Hernzliche Grüße!

Sehr geehrter Herr/Frau H.

leider kann ich Ihnen keinen Alphanet-Newsletter weiterleiten. Aber es gibt ein Alphabetisierungsnetz in Rheinland-Pfalz unter der Trägerschaft der evangelischen Landesarbeitsgemeinschaft Erwachsnenbildung,(ELAG), Mainz. Frau Syren ist hier inhaltlich verantwortlich und müßte auf diesem Gebiet inzwischen Expertin sein.
Hier ihre Mail.

[email protected]

Ich hoffe, das hilft Ihnen weiter.

Mfg

Andreas Mohs

Hallo H. Hinrichs,

vielen Dank für deine Frage.

Ich weiß dass sie schon vor Längerem gestellt wurde; bin jedoch in dem Glauben gewesen, sie beantwortet zu haben.

Sollte sie noch akut sein, melde dich bitte erneut.

Vielen Dank
Axel

Liebe Wilhelmine.
Ich las gerade Ihren sehr fundierten Hinweis und die wertvollen Tipps. Bitte, könnten wir in Verbindung treten? Ich wäre unendlich dankbar. Ich soll demnächst Alphabetisierungskurse geben, bin qualifiziert, aber ohne direkte Erfahrung auf diesem speziellen Gebiet.
Herzliche Grüße von Julia.