Wieso wird mir in bestimmten Situationen schlecht?

Guten Tag,

Ich habe ein riesen Problem.
Als Kind habe ich schlechte Erfahrungen gemacht, als es darum ging im Restaurant zu essen. Meine Eltern und ich saßen bei unserem Lieblingsitaliener. Das Essen war immer gut und mir hat es auch immer geschmeckt. Doch einmal musste ich mich nach dem Essen übergeben. Natürlich hab ich es gerade noch auf die Toilette geschafft und meine Mutter kam mir hinterher.

Jedenfalls ist es seit dem so, dass ich jedes Mal, wenn ich im Restaurant Essen muss, mir schlecht wird. Ganz besonders schlimm ist es, wenn mich Leute dabei ansehen.

Es ist aber nicht nur im Restaurant. Ich habe dieses Jahr meine Ausbildung angefangen. Ich arbeite in einer Praxis und es herrscht ein ziemlich gutes Verhältnis zwischen Angestellten und Chef.

Unsere Chefin kocht des öfteren für uns zu Mittag. Bis jetzt bin ich immer irgendwie drum rumgekommen nicht am Essen teilzunehmen. Doch jetzt hatte ich vor kurzem Geburtstag und bekomme ein Geburtstagsessen. Ich habe jetzt schon die totale Panik davor, mit all den Leuten an einem Tisch zu sitzen und zu Essen. Ich kann das nicht.
Das löst in mir gerade ein richtiges Panikgefühl aus.
Dazu kommt noch, dass wir am 22ten Dezember zum Italiener (Weihnachtsessen) gehen. Alle zusammen!

Meine Mutter meinte schon, dass ich einen Psychater aufsuchen sollte. Aber ich weiß nicht, was der bewirken kann?!

Ich sag mir selbst immer „Mädchen, essen ist das normalste der Welt, andere Leute tun das doch auch, wieso kannst du das nicht?“

Ich bin nicht magersüchtig oder fühle mich zu dick oder hässlich oder sonst was. Ich habe keine Komplexe was meine Figur angeht.

Nur mittlerweile ist es wirklich krankhaft wie ich mich anstell. Das kann doch so nicht weitergehn.

Ich hoffe mir kann jemand helfen, oder vllt geht es jemandem ja ähnlich.

Ich brauch wirklich dringend hilfe. So kann ich doch nicht mein ganzes Leben weiter machen. Ich bin jetzt 19!

Ich danke jetzt schon mal für die Antworten und eure Aufmerksamkeit.

Sowas nennt man eine Prägung.

Und Mami hat recht (haben Mütter ja meistens): Ab zum Psychologen oder Psychiater.

Hi

Das mag jetzt etwas übertrieben klingen, aber was du da als Kind durchgemacht hast, hat dich traumatisiert. Das kann schon bei den „albernsten“ Sachen passieren - es hängt immer davon ab, was man als Kind darüber denkt und wie mit der Situation umgegangen wird.

Jedenfalls ist es seit dem so, dass ich jedes Mal, wenn ich im
Restaurant Essen muss, mir schlecht wird. Ganz besonders
schlimm ist es, wenn mich Leute dabei ansehen.

Du weißt also, woher es kommt, das ist ein guter Ansatzpunkt! Ich habe eine ähnliche Angststörung gehabt, jedoch niemals ein schlechtes Erlebnis in der hinsicht - ich konnte nur allgemein daran arbeiten, nicht im speziellen an einer Situation.

Es ist aber nicht nur im Restaurant. Ich habe dieses Jahr
meine Ausbildung angefangen. Ich arbeite in einer Praxis und
es herrscht ein ziemlich gutes Verhältnis zwischen
Angestellten und Chef.

Wenn dem so ist, dann wird es vielleicht langsam Zeit, ihnen zu offenbaren, warum du nicht „in der Öffentlichkeit“ essen kannst. Wenn sie es wissen und verstehen, dann kannst du wahrscheinlich schon automatisch mit ihnen essen.

Meine Mutter meinte schon, dass ich einen Psychater aufsuchen
sollte. Aber ich weiß nicht, was der bewirken kann?!

Psychiater halte ich für übertrieben, Psychologe sinnvoller. Die können z.B. das erlebte aufarbeiten und mit bestimmten Denkstrategien den Schrecken aus dieser Situation nehmen (und nein, sie sagen nicht „das ist doch alles halb so wild“ - das, was schon zig Freunde und Verwandte gesagt haben, ich weiß genau, das wirkt nicht, auch wenn es gut gemeint ist).

Was der Psychologe genau macht, hängt auch von dir ab.

Ich sag mir selbst immer „Mädchen, essen ist das normalste der
Welt, andere Leute tun das doch auch, wieso kannst du das
nicht?“

Frag mal einen Klaustrophobiker ob Fahrstuhlfahren normal ist… das ist zwar schön logisch alles, aber solche Angststörungen lassen sich weder logisch erklären noch mit Logik lösen.
Auch wenn dein Verstand selbst weiß „Mir passiert nichts“

Nur mittlerweile ist es wirklich krankhaft wie ich mich
anstell. Das kann doch so nicht weitergehn.

Du darfst den Druck auf dich selbst nicht erhöhen, das macht die Sache nicht besser. Steh zu deinem Problem, sag den Leuten, was geht und tue Dinge, die dein Selbstbewusstsein stärken. Auch wenn man sagt, vor den Situationen weglaufen bringt nichts, du darfst auch nichts überstürzen. Setze dir kleine Ziele. Geht z.B. ein Pausenbrot essen vor den anderen? Vielleicht einen kleinen Salat? Wenn du es geschafft hast, sei stolz auf dich. Wenn nicht, dann verteufel es nicht.

Ich hoffe mir kann jemand helfen, oder vllt geht es jemandem
ja ähnlich.

Es ist ein langer Weg, das kann ich aus Erfahrung sagen, diese Ängste gehen nie komplett weg, aber man lernt damit sehr gut zu leben. Vorallem dann, wenn man es akzeptiert hat. Ich seh es ein bisschen so wie Brille tragen. Man kann es nicht ändern, dass man schlechte Augen hat, aber deshalb geht es mir mit ner Brille nicht schlechter.

Ich brauch wirklich dringend hilfe. So kann ich doch nicht
mein ganzes Leben weiter machen. Ich bin jetzt 19!

Wenn es dir hilft, dann rede mit den Leuten. Und melde dich jetzt schonmal beim Psychologen an, am besten bei mehreren (ich bin mit meinem ersten auch überhaupt nicht klargekommen)

Und lass dir keine Pillen verschreiben - das hilft nur kurz, das ist wie ne Droge… man wird abhängig und darum geht es dann am Ende nicht. Das ist nur eine Verlagerung des Problems.

Ich danke jetzt schon mal für die Antworten und eure
Aufmerksamkeit.

Grüße

Laralinda

Guten Tag,

Sowas nennt man eine Prägung.

Und Mami hat recht (haben Mütter ja meistens): Ab zum
Psychologen oder Psychiater.

Danke für die Antwort(en) war mir wirklich hilfreich oder ist mir hilfreich bin auch auf jede neue Antwort froh.

Auf jeden Fall werde ich mal zum Psychologen gehen. Am besten so schnell wie möglich.

Danke für diese ausführliche Antwort und deine Mühe. Hätte nie gedacht, dass es eine Art Traumatisierung sein könnte. Jetzt wo ich das weiß, weiß ich wenigstens wo ich ansetzen sollte.

Wie ich schon sagte, werde ich sobald wie möglich beim Psychologen einen Termin vereinbaren.

Ich bin wirklich dankbar für jede Antwort und dass man es hier nicht ins Lächerliche zieht.
Mit sowas ist dann auch wirklich nicht zu spaßen.

Ich danke euch.

1 Like

keine traumatisierung
hi,

„eine art traumatisierung“ könnte man quasi aus dem volksmund sagen, okay.

es handelt sich nicht um eine wirkliche traumatisierung, da müsste es dir viel schlechter gehen und es müssten noch mindestens 3 andere symptome (heftiger art) hinzukommen. dennoch ist das kindheitserlebnis sicher ein wichtiger auslöser oder wenigstens ein bedeutendes ereignis.

du hast sehr wahrscheinlich eine sich entwickelnde angststörung. dabei handelt es sich vermutlich um die „soziale phobie“. es steht dabei im mittelpunkt, angst vor mega-peinlichen situationen, zum beispiel erbrechen in der öffentlichkeit, zu haben.

das kannst du mit einer ambulanten verhaltenstherapie gut behandeln lassen.

bis dahin (wartezeit) nimm auf jeden fall an dem eihnachtsessen teil und bestelle dir eine kleinigkeit. wenn leute fragen, warum du so wenig ißt, sage einfach so was wie: „mein heilpraktiker hat mir im moment von fleisch abgeraten, ich soll auch nur kleine portionen essen.“ so kannst du dich vom fress-druck befreien, aber dennoch die soziale situation meistern. wenn es gar nicht geht, gehe zwischendurch 5 minuten raus (wie die raucher) und setz dich dann wieder dazu.

wenn du anfängst, der angst aus dem weg zu gehen, wird´s immer heftiger. so viel ist sicher! deswegen nicht vermeiden, sondern schrittweise mit hilfs-ideen drangehen. dabei hilft auch ein therapeut.