Sicherung und Resozialisierung
Hi,
Warum werden in Haftanstalten für Männer auch Frauen als Wachpersonal
eingesetzt?
Ein Argument, neben der Gleichstellungsdebatte, ist die Tatsache, dass der Strafvollzug neben den Sicherungsaspekten immer, wenn möglich, auch dem Resozialisierungsgedanken folgt (en sollte).
Wer ein „Problem“ mit Frauen zb. hinsichtlich Autöriät hat, entsprechend viele Jahre ausschließlich in der Gesellschaft von Männern verbringt, wird auch nach dem Ende der Haftstrafe weiterhin dieses Problem aufweisen.
Problematisch ist das insbesondere dann, wenn diese Problematik in irgendeiner Weise deliktnah ist. Der Rückfall ist dann fast schon vorprogrammiert, weil einfach null lerneffekt zu verbuchen ist.
Das kann man sicher diskutieren, ist aber nicht außer Acht zu lassen.
Sind die nicht grundsätzlich unterlegen und dadurch gefährdet?
Insgesamt gibt es - toi toi toi- relativ (!) wenig Übergriffe auf Vollzugsbeamte. Was ua. damit zu tun hat, dass man dem Unterlegenen (unabhängig vom Geschlecht) vielleicht noch eine „reindrücken“ kann- die Konsequenzen daraus aber zumeist äußerst hart sind.
Der Effekt der sich dabei (praktischerweise) einstellt, ist, dass ich Konflikte, auch wenn mein Gegenüber mir körperlich unterlegen ist, lerne anders zu lösen. (Wesentlich für den Großteil der KV-Delite)
Außerdem werden die Beamten weitgehend akzeptiert.
Zudem gibt es „Arbeitsanweisungen“, wann in welchen Situationen Hilfe zu holen ist (zb. über den Notrufpieper), die m.E. (zur eigenen Sicherheit) auch empfindlich eingehalten werden. In dem Augenblick wo es einen Konflikt gibt, sollte theoretisch kein Beamter alleine sein- unabhängig vom Geschlecht. Dafür gibt es ua. Fortbildungen
Wer sich hier aufgrund subjektiver körperlicher Überlegenheit selbst überschätzt ist grundsätzlich falsch im Vollzug und hat binnen kurzer Zeit meist ein Problem.
Sicherlich funktioniert dieses System nicht immer so wie gedacht- und in solchen Augenblicken kommen körperliche Unter-/Überlegenheiten sicherlich zum tragen (zb. unverhoffte Angriffe als Teil eines Fluchtplans). Allerdings sind diese Momente mW derart selten, dass die Vorteile überwiegen und ein Ausschluss von Frauen nicht gerechtfertigt ist. In vielen Anstalten wird insofern darauf Rücksicht genommen, dass insbesondere die Personalgestaltung der Eingangsstationen besonders bedacht wird, und der Frauenanteil dort idr deutlich geringer ist.
Zudem ist es üblich, dass das Verhältnis pro Schicht mind. 50:50 ist.
Grüße frosch
weiblich
im Vollzug auf einer Männerstation tätig
noch nie den Pieper benötigt
EXKURS
vor einiger Zeit hatten wir einen jungen Mann der im Freigang mit seiner Freundin in die Diskothek ging. Diese wurde auf der Tanzfläche von einem Dritten „angetanzt“ und an den Hintern gefasst, woraufhin der junge Mann von seinem Stuhl aufsprang und ihm eine Flasche über den Kopf zog. Zum einen natürlich ein klarer Verstoß und strafrechtlich relevantes Verhalten.
Die Reaktion der männlichen Mitarbeiter (in Vollzug und Therapie) folgte dem Motto
„falsches Mittel, aber grundsätzlich ehrenhaftes Motiv“.
Männlich, beschützend- aber für meinen Geschmack zu kurz gedacht.
Keiner von ihnen stellte die Frage, wie besagte Freundin überhaupt auf diesen Übergriff reagierte und ob sie nicht auch in der Lage gewesen sei, die Situation eigenständig zu bewältigen/ gerade zu rücken (insbesondere dann, wenn sie über die drohenden Folgen für ihre Begleitung informiert ist, was sie war. Also bevor mein Freund wieder einwandert würd ich mich doch mit aller Kraft dazwischen werfen).
Die Schlussfolgerung für den jungen Mann war demnach
„es ist okay und notwendig dazwischen zu gehen- aber entweder lass ich mich dabei nicht erwischen oder eben nicht mit einer Flasche.“
=> finde ich persönlich unbefriedigend.
Die Welt kennt nun mal beide Geschlechter und der gesellschaftliche Umgang ist von beiden geprägt. Und wir schauen unterschiedlich auf verschiedene Situationen. Wer nachweislich Probleme mit gesellschaftlichen Normen und Werten hat (mal unabhängig von Strafrecht) und dann nur eine Seite/ Perspektive „gezeigt“ bekommt, läuft große Gefahr immer und immer wieder anecken. Das Ziel „Resozialisierung“ ist somit entsprechend auch gefährdet.