Vorsilbe 'ent'

täuschen - ent-täuschen
Man kann sich in jemandem täuschen und irrtümlicher Weise Gutes von ihm annehmen.
Wenn dann das „Doppelleben“ bekannt wird, ist man ent-täuscht und sieht die Wahrheit.
So weit, so klar.

Kann man alle Verben mit „ent“ ins Gegenteil verkehren?
Wie verhält es sich mit leeren und ent-leeren?
Darf man erben und ent-erben, gehen und ent-gehen, füllen und ent-füllen?

Sagt mir jetzt nicht, dass die deutsche Sprache unlogisch ist!

Hanna
*diemitmathematischerlogikandiespracheherantrittunddaranverzweifelt*

Hallo Hanna,

Sagt mir jetzt nicht, dass die deutsche Sprache unlogisch ist!

Das war meine erste Antwort, aber jetzt dieses:

Liebe Hanna, hier zwei Artikel zu diesem Thema.

Der erste aus dem Universalwörterbuch:

>ent- [mhd. ent-, ahd. int-, Gegensatz od. Trennung bezeichnendes Präfix, durch Abschwächung in unbetonter Stellung entstanden aus mhd., ahd. ant-, Antlitz]:

  1. drückt in Bildungen mit Verben aus, dass etw. wieder rückgängig gemacht, in den Ausgangszustand zurückgeführt wird: entbürokratisieren, entnuklearisieren, entproblematisieren.
  2. drückt in Bildungen mit Substantiven und einer Endung aus, dass etw. entfernt wird: entmotten, entrußen.
  3. drückt in Bildungen mit Verben ein Weggehen, ein Entfernen aus/weg-: enteilen, entschweben.
  4. drückt in Bildungen mit Verben ein Herausgelangen, ein Wegnehmen aus: entreißen, entsteigen.
  5. drückt in Bildungen mit Verben den Beginn von etw. aus: entbrennen, entzünden.
  6. drückt in Bildungen mit Adjektiven und einer Endung aus, dass eine Person oder Sache so wird, wie es das Adjektiv besagt: entblößen, entleeren.
  7. a) drückt den Gegensatz zu Verben auf ver- aus: entkrampfen, entzaubern;
    b) drückt den Gegensatz zu Verben auf be- aus: entkleiden, entwaffnen;
    c) drückt in Bildungen mit Verben den Gegensatz zu diesen Verben aus: entsichern, entwarnen.
    © Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2001

Hier siehst du also die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten der Vorsilbe ent-.

Und dazu noch die etymologische Herleitung der Vorsilbe nach Pfeifers Etymologischen Wörterbuchs:

ent- Präfix bei Verben (und bei deverbativen Ableitungen), das Hinwendung zu einem Gegenüber, den aufhebenden Gegensatz einer Handlung sowie ein Entfernen ausdrückt.
Die gemeingerm. Vorsilbe ahd. (8. Jh.), mhd. e- ant-, asachs. and; ant-, mnd. mnl. nl. ant-, in aengl. anord. and; got. and(a)- (selbständige Präpositionen sind noch got. and ‚entlang, über. …hin, auf. …hin‘, asachs. ant ‚bis zu‘), die bei Nomina unter dem Hauptton ihren Vokal bewahrt (s. Antlitz, Antwort und anheischig), ergibt unbetont bei Verben ahd. int; in- (8. Jh.), mhd. ent; en-, nhd. ent-; in einigen Fällen steht im Nhd. vor einem mit f- anlautenden Simplex die assimilierte Form emp- (s. empfangen, empfehlen, empfinden). Das vorauszusetzende germ. *and(a)- gehört mit aind. ánti ‚gegenüber, vor, nahe‘, griech. Anti (anti) ‚angesichts, gegenüber, anstatt‘, lat. ante ‚vorn, vor‘ und lit. añt ‚auf, zu, gegen‘ (älter anta) zu ie. *ant- ‚Vorderseite, Stirn‘ (ebenfalls verwandt ist dt. Ende, s. d.). Die ursprüngliche Bedeutung ‚gegen, entgegen‘ (vgl. got. andstandan ‚entgegenstehen, widerstreiten‘) ist heute im Dt. nur noch in wenigen Fällen erkennbar (z. B. entbieten, entsprechen).
Häufiger sind trans. Präfixbildungen zur Bezeichnung einer Handlung, die das mit dem einfachen Verb Ausgesagte rückgängig macht (z.B. entfalten, entladen, entspannen, enttäuschen), wobei dieses Verb auch eine denominative Ableitung sein kann (z.B. entadeln, entehren, entwaffnen, entwürdigen).
Solchen Vorbildern folgen präfigierte Verben, die unmittelbar auf ein Substantiv (Privativa wie entlarven, entrinden, entseelen, entvölkern) oder ein Adjektiv (entmündigen, entsittlichen) zurückgehen.
Schließlich weist ent-. bei trans. und intrans. Verben auf eine Trennung, einen vom Ausgangspunkt wegführenden Vorgang hin (z. B. entfernen, entnehmen, entreißen, entfliehen, entgehen, entweichen), gelegentlich im Sinne eines Hervortretens, Sichtbarwerdens (z. B. entsprießen, entspringen). Wahrscheinlich anderer Herkunft als in den bisher genannten Bildungen und mit deren Präfix erst durch formalen Ausgleich zusammengefallen ist nhd. ent- in Verben, die das Eintreten in einen Zustand angeben (Inchoativa oder Ingressiva, z.B. entbrennen, entflammen, entzünden); hier kann ahd. In mhd. in-, en- ‚in, ein‘ als Vorstufe angenommen werden (vgl. den Lautwandel der Prä. ahd. mhd. in bei entgegen, entzwei, s. d., auch entlang). Auf Sonderentwicklungen beruht ent- in entbehren (s. d.) und in entweder (s. d.).

Solltest du noch Teilfragen haben: Du weißt, wo ich bin.

Und lass die mathematische Logik weg, damit kommst du nicht weit bei Sprachen.

Gruß
Fritz