Die Kirche, das Dorf, die Butter und die Fische

Hallo Zusammen,

ich bin auf der Suche nach der Herkunft bzw. Bedeutung zweier Sprichwörter.

  1. „Die Kirche im Dorf lassen“ - Wo kommt das her?

  2. Gerade im Rechtsbrett gelesen: „Nun mal Butter bei den Fischen“. Wat heißt dat denn? Dem Kontext nach scheint die Bedeutung der des Spruchs mit der Kirche und dem Dorf zu ähneln(?).
    Wie ist das entstanden?

Vielen Dank schon mal für Antworten!

Schöne Grüße
Yasmin

Hallo, Yasmin!

Die Kirche im Dorf lassen meint: Nichts tun, was unnötig, ungewöhnlich, unsinnig ist.

Butter zu den Fischen geben meint: Zum wesentlichen, zum eigentlichen Thema, zur Sache kommen.

Röhrich schreibt dazu:

_ Die Kirche im Dorf lassen :

sich an das Gegebene halten, an Gebräuchen nichts ändern, nichts übertreiben. Wie die Kirche ihren rechten Platz mitten im Dorf hat, so soll man auch mit seinen Ansichten (Preisen und Forderungen) im Rahmen bleiben. Welch große Ordnungsfunktion die Kirche besaß, spiegeln vor allem die zahlreichen mundartlichen Wendungen, z.B. luxemburgisch ‚maach, daß d’Kürche am Duerf blift‘; westfälisch ‚maken, dat de kerk im dorpe blitt‘; mecklenburgisch ‚blif man mit de Kirch int Dörp‘; schweizerisch ‚luegen, daß d’Chilche (z’mitzt) im Dorf blibt‘. Obersächsisch oft: ‚Ich wer’sch schon machen, daß de Kärche in Durfe bleibt‘, ich werde dafür sorgen, daß alles zur Zufriedenheit geregelt, daß niemand übervorteilt wird. Vgl. niederländisch ‚de kerk in’t midden (van het dorp) laten‘.

Auch literarisch ist die Redensart bezeugt, u.a. bei H. Böll im Titel seiner Erzählung: ‚Die Kirche im Dorf‘ (1965). Darüber hinaus hat sie aber auch in der Parodie ihren Platz gefunden. so heißt es z.B. in einer neuzeitlichen Erweiterung: ‚Man muß die Kirche im Dorf lassen. Nur die Steuern gehen nach Rom‘.

Im Volksmund heißt es auch scherzhaft:
Die Kirche hat einen guten Magen,
kann ungerechtes Gut vertragen.
Mephisto erklärt dies ausführlicher in den Worten des Pfaffen (‚Faust‘ I, Spaziergang)
Die Kirche hat einen guten Magen,
Hat ganze Länder aufgefressen,
Und doch noch nie sich übergessen;
Die Kirch allein, meine lieben Frauen,
Kann ungerechtes Gut verdauen.

Mit der Kirche ums Dorf gehen: verkehrt, umständlich handeln.

Nach Wander (II, Spalte 1345) ist hierbei unter Kirche die
Kirchengemeinde zu verstehen, die bei ihren Prozessionen einen langen Weg um das Dorf wählt. Daraus habe sich dann die Bedeutung, einen Zweck auf dem umständlichsten Weg erreichen, entwickelt. Die Redensart ist mundartlich im Vorarlbergischen, im Schwäbischen und in der Schweiz verbreitet, wo es heißt: ‚Mit der Chilche um’s Dorf ummen‘ gan’. Die Kirche ums Dorf tragen: unnötige Umwege und Umstände machen; elsässisch sprichwörtlich ‚De Kirch is ka Frosch, die huppt net wack‘; rheinisch ‚Wann de den Weg gehscht, drägscht die Kirch um’s Dorf erum‘.

Seltener ist die gleichbedeutende Wendung Ums Dorf in die Kirche gehen.

[Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten: Kirche, S. 2. Digitale Bibliothek Band 42: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, S. 3326 (vgl. Röhrich-LdspR Bd. 3, S. 840-841) © Verlag Herder]

Butter bei den Fischen haben :

gut leben, Geld haben (niederdeutsch ‚Hat dai ok bueter bi de fische?‘, hat er auch Geld?). Die Buttertunke gehört zum Fischgericht hinzu. Wer sie ausläßt, läßt etwas Wesentliches aus; daher die Aufforderung Butter bei die Fische!: mach keine halben Sachen; an der Mosel bedeutet die gleiche Wendung: Der Wein geht nur gegen Bezahlung aus dem Keller. Vgl. auch französisch ‚mettre du beurre dans les épinards‘ (wörtlich: Butter zum Spinat tun): seine finanzielle Lage bessern.

[Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten: Butter, S. 3. Digitale Bibliothek Band 42: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, S. 1108 (vgl. Röhrich-LdspR Bd. 1, S. 286) © Verlag Herder]_

Gruß Fritz

vielen Dank! (k.T.)