Regeln für das Geschlecht

Hallo!

Welche Regeln gibt es im deutschen für das Geschlecht von Substantiven? Ich weiß, dass Wörter mit der Endung –heit, -keit, -ung oder –tion weiblich sind und Verkleinerungen (Endungen –chen, -lein oder ähnliches) sächlich. Wörter, die auf –e enden sind wohl meistens weiblich. Gibt es noch mehr Regeln?

Vielen Dank, Martina

Hallo! Martina!

Ei, gugge domoldo!

[FAQ:188]

Fritz

Hallo Martina,

ich hatte hier mal ein paar Regeln zusammengestellt:

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

Gruß
Roland

@Fritz: Vielleicht sollten wir daraus auch mal eine FAQ basteln? Oder die 188 ergänzen?

@Fritz: Vielleicht sollten wir daraus auch mal eine FAQ
basteln? Oder die 188 ergänzen?

Etwa so?

Einige Regeln über die Wahl des Artikels

Diese Regeln sind hierarchisiert: je weiter oben im Schema sich eine Regel befindet, desto „sicherer“ ist sie.

Semantische Kategorien

Maskulina (männlich, Artikel „der“) sind:
Tage, Monate, Jahreszeiten, Niederschläge, Alkoholische Getränke, Autos, männliche Personen

Feminina (weiblich, Artikel „die“) sind:
Schiffe, Luftschiffe, Motorräder, weibliche Personen

Neutra (sächlich, Artikel „das“) sind:
Sprachen, Länder, Städte

Maskuline mehrsilbige Wörter mit den Endungen:

Lehr-er
Feig-ling
Lux-us
Mot-or
Blick(ohne Endung)
Kund-e und andere Wörter der n-Deklination => unten

Feminine mehrsilbige Wörter mit den Endungen:

Tass-e
Freund-in
Frei-heit
Wirklich-keit
Freund-schaft
Zeit-ung
Toler-anz
Ess-enz
Mus-ik
Nat-ion
Pie-tät
Nat-ur
Dos-is
Mecker-ei
Schokol-ade

Neutrale mehrsilbige Wörter mit den Endungen:

Tisch-chen
Tisch-lein
Deriv-at
Jogg-ing
Kli-ma
Muse-um
Abonne-ment
Niv-eau
Mott-o
Und auch die mit der Vorsilbe:
Ge-tränk

Einsilbige maskuline Wörter

Kor-b
Mun-d
Ru-f
Ta-g
Dru-ck
Ty-p
Ti-sch
Rau-ch
Rei-s
Ru-ß
Ha-lm (l+ Konsonant)

n-Deklination

Die Deklinationsliste:

Singular
Nominativ: der Bauer; der Elefant
Akkusativ: den Bauern; den Elefanten
Dativ: dem Bauern; dem Elefanten
Genitiv: des Bauern; des Elefanten

Plural
Nominativ: die Bauern; die Elefanten
Akkusativ: die Bauern; die Elefanten
Dativ: den Bauern; den Elefanten
Genitiv: der Bauern; der Elefanten

Zur sogenannten „n-Deklination“ gehören:

Maskuline Substantive auf –e, die Lebewesen bezeichnen.
Beispiele:
Bote, Erbe, Gatte, Insasse, Junge, Kollege, Genosse, Geselle, Gefährte, Kunde, Laie, Nachkomme, Neffe, Schöffe, Sklave, Zeuge, etc.
und auch Tiere:
Affe, Bulle, Hase, Löwe, Falke, Rabe, etc. (es gibt gar nicht so viele cetera)
Maskuline Angehörige verschiedener Völker.
Beispiele:
Bulgare, Däne, Finne, Russe, Schwede, Franzose, Grieche, Pole, Chinese, etc.
und Berufsbezeichnungen auf –oge:
Biologe, Geologe, Pädagoge, Psychologe, Paläontologe, etc.

Maskuline Substantive mit konsonantischem Auslaut (auch einige Einsilbler); auch diese bezeichnen in der Mehrzahl Lebewesen.
Beispiele:
Bauer, Nachbar, Bär, Christ, Fürst, Held, Narr, Mensch, Prinz, Zar, etc.
Maskuline Fremdwörter auf –ant, -ent, ist, -at, -om, -et. Auch hier meist Berufsbezeichnungen.
Beispiele:
Diamant, Emigrant, Elefant, Demonstrant, Konsonant, etc.
Absolvent, Präsident, Referent, Dissident, etc.
Artist, Optimist, Polizist, Kommunist, etc.
Bürokrat, Demokrat, Diplomat, Kandidat, Automat, etc.
Agronom, Astronom, Ökonom, , etc.
Athlet, Planet, Prophet, Prolet, etc.
Und:
Doktorand, Stenograph, Philosoph, Patriot, Pilot, Chirurg, Katholik, Bandit, Vagabund, etc.

Einige Maskulina auf –e erhalten zusätzlich im Genitiv ein –s
also:
Nominativ: der Name,
Akkusativ: den Namen,
Dativ: dem Namen,
Genitiv: des Namens

Beispiele:
Friede, Glaube, Gedanke, Wille, Funke, Buchstabe

Ganz was Eigenes ist das Herz
Nominativ: das Herz,
Akkusativ: das Herz,
Dativ: dem Herzen,
Genitiv: des Herzens

2 Like

Mark Twain schreibt in seinem Buch „Bummel durch Europa“ über die „schreckliche deutsche Sprache“.
Nachfolgend der Abschnitt über die Geschlechter:

Jedes Substantiv hat ein Geschlecht, und in dessen Verteilung liegt kein Sinn und kein System; deshalb muß das Geschlecht jedes einzelnen Hauptwortes für sich auswendig gelernt werden. Es gibt keinen anderen Weg. Zu diesem Zwecke muß man das Gedächtnis eines Notizbuches haben. Im Deutschen hat ein Fräulein kein Geschlecht, während eine weiße Rübe eines hat. Man denke nur, auf welche übertriebene Verehrung der Rübe das deutet und auf welche dickfellige Respektlosigkeit dem Fräulein gegenüber. Sehen wir mal, wie das gedruckt aussieht. Ich übersetze das aus einer Unterhaltung in einem der besten deutschen Sonntagsschulbücher:
Gretchen: „Wilhelm, wo ist die Rübe?“
Wilhelm: „Sie ist in die Küche gekommen.“
Gretchen: „Wo ist das gebildete und schöne englische Mädchen?“
Wilhelm: „Es ist in die Oper gegangen.“
Um mit deutschen Geschlechtern fortzufahren: Ein Baum ist männlich, seine Knospen sind weiblich, seine Blätter sind sächlich; Pferde sind geschlechtslos, Hunde sind männlich, Katzen sind weiblich; jemandes Mund, Hals, Busen, Ellbogen, Finger, Nägel, Füße und Leib gehören dem männlichen Geschlecht an, und sein Kopf ist männlich oder sächlich, je nach dem Wort, das zur Bezeichnung gewählt wird, und nicht nach dem Geschlecht der Person, die ihn trägt - denn in Deutschland tragen alle Frauen entweder männliche oder geschlechtslose Köpfe; jemandes Nase, Lippen, Schultern, Brust, Hände, Hüften und Zehen gehören dem weiblichen Geschlecht an; und seine Haare, Ohren, Augen, Kinn, Beine, Knie, Herz und Gewissen haben überhaupt kein Geschlecht. Der Erfinder der Sprache hat wahrscheinlich das, was er vom Gewissen wußte, vom Hörensagen erfahren.
Nun wird der Leser aus der oben angeführten Aufteilung erkennen, daß in Deutschland ein Mann vielleicht glaubt, er sei ein Mann, aber wenn er darangeht, die Sache eingehender zu betrachten, müssen ihm Zweifel kommen; er stellt fest, daß er in nüchterner Wahrheit eine überaus lächerliche Mischung ist; und wenn er sich schließlich mit dem Gedanken zu trösten versucht, er könne sich wenigstens darauf verlassen, daß ein Drittel des Durcheinanders männlich und maskulin ist, wird der erniedrigende zweite Gedanke ihn schnell daran erinnern, daß er in dieser Beziehung nicht besser dran ist als jede Frau oder Kuh im Lande.
Es ist wahr, daß im Deutschen durch irgendein Versehen des Erfinders der Sprache eine Frau weiblich ist, aber ein Weib nicht - was bedauerlich ist. Ein Weib hat hier kein Geschlecht; sie ist neutrum; und so ist nach der Grammatik ein Fisch er, seine Schuppen sind sie, aber ein Fischweib ist keines von beiden. Eine Frau als geschlechtslos zu bezeichnen, mag man Untercharakterisierung nennen, das ist schlimm genug, aber Übercharakterisierung ist gewiß schlimmer. Ein Deutscher spricht von einem englischen Mann als einem „Engländer“; um das Geschlecht zu ändern, fügt er ,-in" hinzu, und das bedeutet englische Frau -„Engländerin“. Das scheint eine ausreichende Kennzeichnung zu sein, aber für einen Deutschen ist es immer noch nicht exakt genug; also setzt er vor das Wort den Artikel, der darauf hinweist, daß das folgende Geschöpf weiblich ist, und schreibt es so hin: „die Engländerin“. Ich finde, daß diese Person übercharakterisiert ist.

mfg Fritz Weinel

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Perfekt gemacht, lieber Fritz!

Danke für die ausführliche Darstellung.

Gruß
Roland

P.S.: Bald ist Frühling :wink: