Abprüfung (!) ,gibt´s die ?

Hallo , Sprachkenner !

Seit einiger Zeit bemerke ich , dass immer mehr Verben mit der Vorsilbe " ab " versehen werden ( z.B. : abtanzen, abverkaufen ,abfeiern etc . ).

Heute las ich sogar , daß im Abitur Fächer " abgeprüft " werden .

  1. Woher / von wem stammt dieser Unsinn ?

  2. Kennt jemand Abhandlungen über dieses Thema ?

Gruss

Jürgen Berger

Seit einiger Zeit bemerke ich , dass immer mehr Verben mit der
Vorsilbe " ab " versehen werden ( z.B. : abtanzen,
abverkaufen ,abfeiern etc . ).

abtanzen und abfeiern sind natürlich slangwöorter, aber was den abverkauf betrifft: siehst du keinen inhaltlichen unterschied zwischen verkaufen und abverkaufen?

Heute las ich sogar , daß im Abitur Fächer " abgeprüft "
werden .

auch zwischen prüfen und abprüfen gibt es einen inhatlichen unterschied, aber dazu kommt noch ein grammatikalischer: das objekt von prüfen sind die schüler, das von abprüfen ist der stoff, die fächer oder die kenntnisse der schüler. so ähnlich sieht es zb. mit fragen und abfragen aus.

  1. Woher / von wem stammt dieser Unsinn ?

verbalpräfixe sind in der regel dazu da, dem verb bedeutungsnuancen hinzuzufügen. und das funktioniert auch ganz gut.

so oder so: nur weil es das verb abprüfen gibt, heißt es noch lange nicht, daß das mit -ung daraus gebildete nomen abprüfung bereits existiert. man sagt ja auch nicht abfragung.

Hallo,

  1. Woher / von wem stammt dieser Unsinn ?

  2. Kennt jemand Abhandlungen über dieses Thema ?

Das ist kein Unsinn. Die Deutsche Sprache ist absichtlich so aufgebaut, dass man aus Präfixen und anderen Wortarten neue Wörter bilden kann, wenn man will. Diese sind dann, zumindest wenn man die entstehenden Wörter richtig anwendet und vorher gebildet hat, genauso „richtig“ wie jedes andere Wort.

Grüße,

Anwar

[ot] Abfragung
Hi gyuri,

man sagt ja auch nicht abfragung.

warum eigentlich nicht? Spricht irgend etwas dagegen? Ich frage, weil ich schon länger daran herumbeiße, wann ein Verb durch Anhängen eines ung an den Stamm zum Substantiv erhoben werden kann und wann nicht.

Gruß Ralf

warum eigentlich nicht? Spricht irgend etwas dagegen?

gute fragung…

es gibt zum beispiel eine _befrag ung _, aber keine _befrag e _. im gegensatz dazu gibt es keine _anfrag ung _, _umfrag ung _ oder eben _abfrag ung _.

ich würde spontan sagen, daß das darauf hindeutet, daß manche dieser wörter direkt aus dem nomen frage gebildet wurden (und zuerst als nomen exisitert haben), während bei anderenzunächst das verb in gebrauch war, aus dem dann ein verbalnomen gebildet wurde.

das drückt sich auch in der bedeutung aus: wörter mit -ung bezeichnen eine tätigkeit, die durchgeführt wird, während die anderen eine sache meinen. andererseits kann man aber die durchführung einer tätigkeit auch mit dem nominalisierten infinitiv ausdrücken…

ich glaube, manches hat sich einfach so und nicht anders eingebürgert und könnte rein theoretisch auch anders sein… da kann dir sicher fritz mehr erzählen. ich bin sowieso eher ein fan der deskriptiven grammatik.

Auslassung 1

Das ist kein Unsinn. Die Deutsche Sprache ist
absichtlich so aufgebaut, dass man aus Präfixen und
anderen Wortarten neue Wörter bilden kann, wenn man will.

Das ist richtig!

Aber nicht alle Derivationen oder Neubildungungen erhalten die höheren Weihen und dürfen dann in den Sprachgebrauch, sprich in den Duden, eingehen.

„abprüfen“ findet sich da nicht.

Was nicht gegen die Verwendung des Verbs spricht, aber es ist ein Wort 2. Klasse, sozusagen.

Achja, Guten Tag, ihr lieben Sprachinteressierten.
Und Gruß Fritz

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Auslassung 2

abtanzen und abfeiern sind natürlich
slangwöorter,

Gut, das sehen wir gleich, Gyuri, und auch hier

aber was den abverkauf betrifft: siehst du keinen inhaltlichen unterschied zwischen verkaufen und abverkaufen?

meint Abverkauf ja wohl den Verkauf in der Fabrik, ohne Zwischenhandel.

Heute las ich sogar , daß im Abitur Fächer " abgeprüft "
werden .

auch zwischen prüfen und abprüfen gibt es einen
inhatlichen unterschied,

Hier aber muss ich fragen: Ist dir „abprüfen“ als Verb geläufig? Benutzt du es? Hast du es in einem Wörterbuch gefunden?

Google gilt hier nicht, trotz 24 000 Belegen; goggle ist voll von unwissenden Leuten!

grammatikalischer: das objekt von prüfen sind die
schüler, das von abprüfen ist der stoff, die fächer
oder die kenntnisse der schüler. so ähnlich sieht es zb. mit
fragen und abfragen aus.

Das ist eine richtige Parallelisierung; dennoch bleibt meine Frage: Ist „abprüfen“ ein „offiziell“ anerkanntes Wort der deutschen Sprache, oder doch bloß eine spontane Privatbildung, die inzwischen natürlich schon etwas herumgekommen ist.

so oder so: nur weil es das verb abprüfen gibt, heißt
es noch lange nicht, daß das mit -ung daraus gebildete nomen
abprüfung bereits existiert. man sagt ja auch nicht
abfragung.

Genau hier springt der Punkt! Nochmals: Ist das Verb „abprüfen“ ein anerkanntes Verb?
Erst dann kann man über „Abprüfung“ reden. Gibt es „abprüfen“, so ist auch „Abprüfung“ zu akzeptieren.

Für mich gibt es „abprüfen“ bisher nicht! Würde ich nic verwenden!

Gruß Fritz

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Auslassung 3
Also, ihr lieben Grammatiker, generell und grundsätzlich:

Die deutsche Sprache bietet mehrere Möglichkeiten, aus einem Verb ein Nomen zu machen.

fragen könnte als Nomen lauten:

der Frag, = Substantivierung des Wortstamms mit maskulinem Geschlecht;
die Fragung, = Substantivierung durch Anfügen von -ung an den Wortstamm mit femininem Geschlecht;
das Fragen, = Substantivierung des Infinitivs mit neutralem Geschlecht;
die Fragt, = Substantivierung durch Anfügen von -t an den Wortstamm mit femininen Geschlecht;
die Frage = Substantivierung durch Anfügen eines e an den Wortstamm mit femininen Geschlecht.

Eine mehr als tausendjährige Geschichte des Sprachgebrauchs der deutschen Sprache hat dazu geführt, dass wir heute nur

die Frage und das Fragen

verwenden.

Wenn wir also geklärt haben, ob „abprüfen“ ein akzeptables Verb der deutschen Sprache ist, können wir darüber spekulieren, ob

der Abprüf
die Abprüfe
die Abprüfung
das Abprüfen
die Abprüft

in den Duden einkehren darf.

Da gibt es auch regionale Besonderheiten:

die Abzweigung heißt ín manchen Gegenden „der Abzweig“;
die Unterbrechung kann auch als „der Unterbruch“ auftreten.

Sprache ist was Wunderbares!

Gruß Fritz

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Moin, Fritz,

danke Dir für Deine Ausführungen, sie bestätigen endlich meinen Verdacht, dass hier keine Logik herrscht, sondern nur die Macht der Gewohnheit: Ein Wort erblüht, steigt auf, vergeht oder findet Einlass in den Duden. Somit habe ich wohl keinen Anlass mehr, mich über die Würzung, die Beschneidung von Bäumen oder die Rührung, die das Anbrennen des Grießbreis verhindert, lustig zu machen. Schade, eigentlich. Aber sag, warum sträubst Du Dich so gegen das Abprüfen? Warte nur ein Weilchen, dann findest auch Du im Duden

die Abprüft

wobei ich mir nicht sicher bin, ob Du uns mit dieser Endung aufs Glatteis führst :wink:

Gruß Ralf

Servus, Ralf:smile:

Aber sag,
warum sträubst Du Dich so gegen das Abprüfen? Warte nur ein
Weilchen, dann findest auch Du im Duden.

Immerhin findet es sich schon auf solch illustren Webseiten wie denen der Universitäten Heidelberg, Tübingen, Hamburg, Leipzig, Köln, Dresden, etc…*lach*

Auch ich finde das Wort nicht berauschend! Ich glaube, dass sich da langsam zwei Verben vermischen: " ab fragen" und „prüfen“. Dabei habe ich auf den erwähnten (ernstzunehmenden!) Seiten festgestellt, dass „prüfen“ eher im Sinne der „Prüfung“ - also von etwas „Finalem“, gebraucht wird, und „abprüfen“ tatsächlich so wie „abfragen“ (immer wieder zwischendurch den Wissensstand „abprüfen“).

Schaumermal, ob „abprüfen“ den Weg in den Duden „schafft“…*gg*

Lieben Gruß aus Wien, jenny

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hallo Jürgen,
ich mache ähnliche Beobachtungen wie Du, und vor längerer Zeit kam nun auch eine mich verblüffende Benutzung des Präfix`„auf“ hinzu in Form von „aufnotieren“. „Könnten Sie das bitte aufnotieren“ - statt notieren. Ich sehe in diesen Veränderungen nicht durchweg eine Bereicherung der deutschen Spache, eher eine Vertrocknung. Gruß, I.

Sprache und Logik
Auch dir ein herzlichen Moin, Ralf!

dsie bestätigen endlich meinen Verdacht, dass hier keine Logik herrscht, sondern nur die Macht der Gewohnheit:

Aber das wissen wir doch schon lange, dass Sprache und Logik nur sehr weitläufige Verwandte sind. Es gibt eine gewisse Systematik, mit der man ein Stück weit manche Sachen erklären kann - wie etwa die Derivationsregeln - , aber weshalb sich eine bestimmte Möglichkeit realisiert und die andere nicht, ist Sachen des „Sprachgebrauchs“, und das ist auch ein windiger Geselle.

Ein Wort erblüht, steigt auf, vergeht oder findet Einlass in den Duden.

Genau so ist es. Schau dir die Fluktuation dort an; zu Bumbum-Beckers Zeiten tauchte Lop, Rückhand etc. auf und verschwanden wieder.

Ich erzähle bei der Gelegenheit stets und immer wieder gern die Geschichte, wie „düsen“ in den Duden kam! Erinnerst du dich?

„Codo III., aus der Sternenmitte bin ich der dritte von links …“

Somit habe ich wohl keinen Anlass mehr, mich über die Würzung, die Beschneidung von Bäumen oder die Rührung, die das Anbrennen des Grießbreis verhindert, lustig zu machen.

Das kannst du nach wie vor. Sprachmarotten sind nach wie vor angreifbar.

Aber sag, warum sträubst Du Dich so gegen das Abprüfen?

Ich sträube mich nicht; ich konstatiere. Dass es mir nicht gefällt, spielt dabei keine Rolle.

Warte nur ein Weilchen, dann findest auch Du im Duden

Ich werde es wohl noch erleben. :wink:

die Abprüft

wobei ich mir nicht sicher bin, ob Du uns mit dieser Endung
aufs Glatteis führst :wink:

Wie käme ich dazu?

Die Nominalisierung mit „-t“ am Wortstamm finden wir bei
Schrift, Kunst, Ankunft, Tat …

Einen schönen Sonntag noch.
Fritz

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nachprüfen, abfragen
Servus, Jenny!

Ich glaube, dass sich da langsam zwei Verben vermischen: " ab fragen" und „prüfen“.

So sehe ich das auch.

Schaumermal, ob „abprüfen“ den Weg in den Duden „schafft“…*gg*

Es wird wohl doch noch zu unseren Lebzeiten da auftauchen.

Lieben Gruß nach Wien,
Fritz

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" ab prüfen" tatsächlich so wie „abfragen“

Hallo Jenny,
ich finde schon, dass das vorangestellte „ab“ den Bedeutungsgehalt des Verbs
weiter differenziert, man sagt ja auch " ab checken" und " ab testen"
weils eben keine undifferenzierte Prüfung oder Befragung ist, eher nach einer
Prüfungs-, Fragen-, Check-Liste, quasi Punkt für Punkt abgefragt & abgehakt

Warum heißts eigentlich Ab stimmung, wenn (für oder gegen was) gestimmt wird?

Gruß aus Wien,
Michl

die Abprüft

wobei ich mir nicht sicher bin, ob Du uns mit dieser Endung
aufs Glatteis führst :wink:

Wie käme ich dazu?

Die Nominalisierung mit „-t“ am Wortstamm finden wir bei
Schrift, Kunst, Ankunft, Tat …

Ha, ein bisschen glatt ist es doch. ;o) Nur das Anhängen des t reicht scheinbar nicht.
schreiben - Schrift
können - Kunst (nehm ich zumindest an)
ankommen - Ankunft
tun - Tat

Aber die Regel dahinter ist mir nicht klar …

Bis denne
Schnoof

Ha, ein bisschen glatt ist es doch. ;o) Nur das Anhängen des t
reicht scheinbar nicht.
tun - Tat

In der Tat!

Richtig ist, dass diese Derivation die unproduktivste der deutschen Sprache; und ich glaube nicht, dass man hundert Beispiele dafür nennen kann.

Aber die Regel dahinter ist mir nicht klar …

Was diese Ableitung noch verwirrenden macht, ist, dass die Verben, von denen die Nomen abgeleitet sind, oft unregelmäßig sind.

Das heißt, dass so ein Verb nicht nur einen Wortstamm, sondern wenigsten zwei, manchmal sogar vier Wortstämme hat und das Verb nicht vom Präsensstamm, sondern von den anderen abgeleitet wurde.

Man muss bis ins Althochdeutsche zurückgehen, um zu sehen, wie das im Einzelfall geht.

Fritz

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Also, hierbei, bester Michli,

weiter differenziert, man sagt ja auch " ab checken" und
" ab testen"

muss ich doch anmerken, dass abchecken eher Jugendjargon ist und abtesten halte ich für eine sehr unglückliche Variante zu abprüfen.

Beide kaum verwendbar für mich.

Warum heißts eigentlich Ab stimmung, wenn (für oder gegen was) gestimmt wird?

Dazu bemerkt schon Grimm, dass dieses „ab-“ falsch ist.

_ ABSTIMMEN [Lfg. 1,1],

dissonare, repugnare, mit dem dat., gegensatz von bei oder zustimmen: dieser artikel ist falsch, abstimmend den heiligen lerern und dem rechten verstand der schrift. LUTHER 1, 544a; dasz ein beistimmendes oder abstimmendes gespräch eben da anfangen musz wo ich aufhöre. GÖTHE 38, 141; dasz gegner ihn streng behandelt, freunde sogar ihm abgestimmt. 39, 118. auch von einem abstimmen.

Auszerdem ist abstimmen mit der praep. über vota emittere, stimmen abgeben, der reihe nach abstimmen, und einen abstimmen, durch mehrheit oder gewicht der stimmen besiegen, fällig machen._

Bis zu Goethes Zeiten hieß „abstimmen“ = gegen etwas stimmen. Heute hat sich die zweite Bedeutung durchgesetzt.

Gruß Fritz

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ich finde schon, dass das vorangestellte „ab“ den
Bedeutungsgehalt des Verbs
weiter differenziert,

Servus, Michl,

genauso hab ich es auch gemeint - ich dachte, ich hätte das klar rausgearbeitet.

„Ab-checken“ und „ab-testen“ finde ich allerdings wirklich schrecklich - check beinhaltet als Wort alles, was man nach-, über- und sonstwie prüfen könnte, sowie zusätzlich auch noch das Wort Kontrolle - warum man also vor „check“ noch ein „ab“ stellen sollte, bleibt mir schleierhaft. Ähnliches gilt für „testen“

Bei „abstimmen“ hat sich m.E. eine Präposition aus dem Sprachgebrauch rausgeschwindelt - nämlich das Wörtchen „über“. Entstanden ist es vermutlich (sehr vermutlich…*g*) aus einer Vermischung aus ab-geben (nämlich die Stimme für/gegen etwas) und stimmen (ebenfalls für/gegen etwas).

Keine Ahnung, ob ich damit richtig liege, Wissendere werden uns belehren:smile:

Gruß auch aus Wien, jenny

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Richtig ist, dass diese Derivation die unproduktivste der
deutschen Sprache; und ich glaube nicht, dass man hundert
Beispiele dafür nennen kann.

spontan fallen mir immerhin wart, wacht und macht ein, bei denen es zumindest so aussieht, als seien sie vom jeweiligen präsensstamm abgeleitet. es dürfte also noch ein paar mehr geben.

Ha, ein bisschen glatt ist es doch. ;o) Nur das Anhängen des t
reicht scheinbar nicht.
tun - Tat

In der Tat!

Aber auch dafür gibt es ein Beispiel:

fahren - Fahrt

hier reicht es, ein t an den Stamm anzuhängen…

(was aber kein Widerspruch zu dem von Fritz Gesagten sein soll, nur eine weitere Illustrierung der Möglichkeiten)

Grüße
Uschi

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