Hallo te.k, hallo Christopher,
„Ich wollte ihn noch angerufen haben.“
… ist ein korrekter deutscher Satz.
… mit subjektiver Bedeutung des Modalverbs.
Sehe ich genau so! Für sich alleine stehend ist er sicherlich
verwirrend, aber hättest du gesagt „Ich wollte ihn vor der
Abreise noch rechtzeitig angerufen haben, um ein Treffen (vor
der Abreise) zu vereinbaren.“ wäre das ja auch kein Problem.
Nein, in nicht-subjektiver (die Aussage nicht nur als bloße Behauptung in Zweifel ziehende, sondern als Tatsache akzeptierender) Bedeutung würde man einfach sagen: „Ich wollte ihn vor der Abreise noch rechtzeitig anrufen , um ein Treffen (vor der Abreise) zu vereinbaren.“
Wenn du mit das Modalverb „wollen“ hier mit einem Infinitiv Perfekt kombinierst, könnte man den Satz so verstehen, dass nicht der Zeitpunkt deines damals noch nur beabsichtigten Anrufs vor seiner Abreise , sondern der Zeitpunkt deiner nicht verifizierbaren Behauptung, ihn bereits vor seiner Abreise tatsächlich angerufen zu haben, irgendwo in der Vergangenheit liegt. Das wäre zumindest missverständlich.
http://www.dietz-und-daf.de/GD_DkfA/Gramminfo/txt_MI…
Ebenso wird übrigens auch das Futur im Deutschen nicht benutzt, wenn damit ausschließlich Zukunft ausgedrückt werden soll. Es ist dann immer auch eine subjektive Komponente dabei:
„Er wird es schon schaffen“
heißt, dass du daran glaubst , dass er es (irgendwann in der Zukunft) schafft.
Noch stärker wird dies im Futur II deutlich:
„Mach dir keine Sorgen, du wirst die Prüfung schon bestanden haben!“
Dies ist sogar eine Vermutung über die Vergangenheit und hat mit Zukunft gar nichts zu tun.
Wenn ich nur (ohne subjektive Komponente) über die Zukunft spreche, mache ich das im modernen Deutschen, um Missverständnissen vorzubeugen, mit einem Zeitadverb und die Zeitform des Verbs ist dabei ziemlich egal:
-
„Nächstes Mal schaffst du es!“
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„Nächstes Mal wirst du es schaffen!“
-
„Morgen hast du es geschafft!“
-
„Morgen wirst du es geschafft haben!“
Der Unterschied zwischen den jeweils ersten und zweiten Sätzen besteht nur darin, dass du mit der Zeitform Futur (I bzw. II) stärker zum Ausdruck bringst, dass es sich um subjektive Zuversicht deinerseits handelt. Die Zeit , auf die sich deine subjektive Vermutung bezieht, kommt nur durch das Zeitadverb „nächstes Mal“ bzw. „morgen“ zum Ausdruck.
Eine solch komplizierte Consecutio Temporum wie im Lateinischen gibt es im Deutschen gottseidank nicht (mehr).
Gruß Gernot