Genetik

Eigentlich sollte ich’s wissen, trotzdem wollte ich hier in die Runde fragen, um sicher zu sein.

Über wie viele Gene läuft die Vererbung der Haarfarbe genau? Ist nur ein Gen beteiligt?

Dunkle Haarfarben scheinen dominant zu sein. Ebenso rote vor blonden Haaren.

Nun bekommt man seit Jahren eingebläut, dass die Häufigkeit eines Allels in einer Population von seiner Dominanz unabhängig ist.
Für mich bedeutet das, dass Allel für ‚blonde Haare‘, von demographischen Effekten abgesehen, in seiner Häufigkeit konstant bleibt und dass deshalb die Haarfarbe blond nicht verschwinden kann bzw. wird.

Nun liest man aber in verschiedensten Zeitschriften, dass in einigen Jahrhunderten die Haarfarbe blond verschwunden sein wird. Selbst Biologielehrer unterstützen diese These, ohne sie jedoch zu begründen.

Wie sieht es nun wirklich aus? Läuft die Vererbung der Haarfarbe anders oder komplizierter? Können rezessive Allele doch aussterben?!?

Mit bestem Dank für eure Antworten

Ebi

Hallo,

Über wie viele Gene läuft die Vererbung der Haarfarbe genau?
Ist nur ein Gen beteiligt?

Es sind aber mind. zwei, nämlich die Melaningene (für Eu- und Phaeomelanin) und die zugehörigen Regulationsgene / Regulationselemente, welche die Genaktivität der Melaningene in den Haarwurzeln bestimmen.

Um die große Farbpalette herzustellen, benötigt unser Körper nur diese zwei Farbvarianten der Melanine.

Eumelanin ist von seiner Struktur her relativ grobkörnig. Als Farbpigment ist es vor allem für die Schwarz- und Braunfärbung der Haare verantwortlich.

Phaeomelanin ist ein sehr fein strukturierte Pigment und für das Rot in unseren Haaren zuständig. Hellblonde, blonde und rote Haare verdanken diesem Melanin seine Färbung.

Jetzt kommt es nur noch auf das Mischungsverhältnis an, welches genetisch bedingt ist:

Schwarzes Haar: sehr viel Eumelanin und fast gar kein Phaeomelanin.
Braunes Haar: viel Eumelanin und wenig Phaeomelanin.
Rotes Haar: sehr wenig Eumelanin, sehr viel Phaeomelanin.
Blondes Haar: wenig Eumelanin und viel Phaeomelanin.

Läßt die Produktion der Melanine im Alter nach, entfärben sich die Haare und sie werden grau bis weiß. Diese Farbgebung wird noch durch Einlagerung von Luftbläschen in dem Haarschaft, also dem sichtbaren Teil der Haare, unterstützt.

Dunkle Haarfarben scheinen dominant zu sein. Ebenso rote vor
blonden Haaren.

Aus der Aufstellung oben und der Tatsache, das Eumelanin intensiver färbt als Phaemelanin, kannst du entnehmen, warum die Anlagen für dunkle Haare gegenüber denen für hellen dominant sind.

Nun bekommt man seit Jahren eingebläut, dass die Häufigkeit

eines Allels in einer Population von seiner Dominanz
unabhängig ist.

Ja, in einem idealen Genpool ohne Selektion und Gendrift (=zufälliger Verlust von Allelen aus dem Pool).

Nun liest man aber in verschiedensten Zeitschriften, dass in
einigen Jahrhunderten die Haarfarbe blond verschwunden sein
wird. Selbst Biologielehrer unterstützen diese These, ohne sie
jedoch zu begründen.

Die Allel-Dichte ist nicht in allen Regionen der Welt gleich. Im Norden gibt es mehr blonde als im Süden. In Europa mehr als in Asien. Die Europäer werden weniger, die Asiaten mehr. Also nimmt auch die mittlere Dichte der Allele für dunkle Haare zu.

Wie sieht es nun wirklich aus? Läuft die Vererbung der
Haarfarbe anders oder komplizierter?

Nein.

Können rezessive Allele doch aussterben?!?

Ja, wenn die Träger des Allels

  • negativ selektiert werden oder
  • Oper einer Naturkatastrophe werden oder
  • eine Subpopulation bilden, die ausstirbt

Grüße
Jochen

Dankeschön
Ganz herzlichen Dank für die umfassende Antwort