Was ist eine Theorie? (FAQ)

Hallo zusammen!

Da ich es leid bin, immer wieder aufs Neue erklären zu müssen, was eine naturwissenschaftliche Theorie ist (und vor allem was sie nicht ist), habe ich mich mal hingesetzt und eine FAQ zu diesem Thema verfasst. Ich möchte sie hier zur Diskussion stellen, also her mit Euren Verbesserungsvorschlägen und Ergänzungen! :wink:

Wenn dann in ein paar Tagen eine konsensfähige Fassung steht würde ich Kubi oder Gandalf bitten, sie in die FAQs („Naturwissenschaften allgemein“) aufzunehmen.

Gruß, Michael

_Was ist eine Theorie?
Eine Theorie ist in der Naturwissenschaft ein Gedankengebäude, das einen definierten Teilbereich der Natur zu beschreiben versucht. In der Regel bedient sie sich dabei mathematischer Mittel. Sie stellt Regeln auf (so genannte Naturgesetze). Aufgrund dieser Regeln lassen sich Voraussagen machen, die sich durch Beobachtung und Experimente überprüfen lassen. Stimmt eine Beobachtung mit den Voraussagen der Theorie nicht überein, dann muss die Theorie angepasst oder – falls dies nicht möglich ist – verworfen werden. Noch so viele experimentelle Bestätigungen der Theorie führen jedoch niemals zu einem endgültigen Beweis.

Häufige Missverständnisse:

  1. Das Gegenteil von „Theorie“ ist nicht „Praxis“. Kirchhoff sagte: „Es gibt nichts praktischeres als eine gute Theorie“. In der Umgangssprache hört man häufig: „In der Theorie ist das so und so, in der Praxis sieht es ganz anders aus.“ Da aber die Theorie die Natur zu beschreiben versucht, stimmt sie entweder mit der Natur überein – oder sie ist schlicht und ergreifend falsch.
  2. Das Wort „Theorie“ sagt überhaupt nichts über die Gewissheit der Erkenntnis aus. Viele Menschen glauben, man sei sich nicht sicher, ob die Evolutionstheorie richtig sei, weil sie ja „nur eine Theorie“ sei. Tatsächlich wird in der Naturwissenschaft jedes Erklärungsmodell, das so funktioniert wie oben beschrieben, als Theorie bezeichnet, auch wenn es schon lange als quasi unumstößlich gilt (z. B. die spezielle Relativitätstheorie). Wenn ein Wissenschaftler sagt, dass eine Beobachtung „in der Theorie“ verstanden sei, so ist das nicht einschränkend gemeint, sondern bekräftigend, weil man sie dadurch in einen weiteren Zusammenhang stellen kann. Behauptungen, die noch als ungesichert gelten, werden nicht als Theorie, sondern als „Hypothese“ bezeichnet.
  3. Dass eine bestimmte Theorie nicht bewiesen werden kann, ist kein Mangel dieser Theorie, sondern es ist ein Wesenszug aller naturwissenschaftlichen Theorien.
  4. Theorien erklären nicht, sondern sie beschreiben. Z. B. stellt die Urknall-Theorie fest, dass sich das Universum seit einer Singularität an seinem Anfang fortwährend ausdehnt. Diese Singularität wird Urknall genannt. Warum es einen Urknall gegeben hat, beantwortet die Urknalltheorie jedoch nicht._

Hallo Michael.

  1. Das Gegenteil von „Theorie“ ist nicht „Praxis“. Kirchhoff
    sagte: „Es gibt nichts praktischeres als eine gute Theorie“.

Wie wahr.
Eine Theorie ist weder richtig noch falsch. Eher brauchbar oder nicht.
Gerhard Vollmer stellte eine Samlung von notwendigen Kriterien zusammen die eine Theorie erfühlen muss. Hinreichende zu suchen/erwarten ist unmöglich, führt in das Münchausen Sindrom:smile:

Ich krame das Buch mal raus.

Gruß

Balázs

Hallo,

Eine Theorie ist weder richtig noch falsch. Eher brauchbar
oder nicht.

Weder das eine noch das andere ist IMO so richtig :wink:

Theorien sind nicht schwarz-weiss und deshalb nicht entweder brauchbar/unbrauchbar oder richtig/falsch. Theorien liegen meistens irgendwo zwischen richtig und falsch, brauchbar und unbrauchbar.

Die Newtonsche Mechanik ist zwar nicht ganz richtig, und „fälscher“ als die Allgemeine Relativitätstheorie, aber sie ist deswegen dennoch in vielen Situationen brauchbar, ja oft sogar brauchbarer als die ART weil sie schlicht viel einfacher ist. Niemand würde für die Flugbahn einer Kanonenkugel die ART bemühen, da sie dazu viel zu kompliziert ist und ihr „mehr“ an Genauigkeit in keinem Verhältnis zum höheren Aufwand stände. In anderen Situationen wie z.B. beim Navigationssystem GPS ist Newton dagegen völlig unbrauchbar, weil zu ungenau.

Ob und wie sehr eine Theorie also richtig/falsch ist, ist etwas universelles. Wie gut eine Theorie aber brauchbar oder unbrauchbar ist, hängt vom speziellen Problem ab, das man beschreiben möchte.

vg,
d.

P.S.
Vielleicht sollte man diese „Graustufen“-Sache auch noch irgendwie in der FAQ integrieren, die ich ansonsten exzellent finde. Lob und Dank an Michael!

Ich möchte sie hier zur Diskussion

Eine Theorie ist ein (mehr oder weniger)logisches „Gedankengebäude“
aufgrund von Annahmen.
Die „Qualität“ der Theorie ist von der Qualität der Logik in diesem
Gebäude abhängig, die Gültigkeit vom Beleg für die Annahmen.
Das gilt für alle Theorien.

Noch so viele
experimentelle Bestätigungen der Theorie führen jedoch niemals
zu einem endgültigen Beweis.

So ist es wohl (meist),doch verlangt jede naturwissenschaftliche
Theorie nach „Beweisen“ (Belegen, Bestätigung).

In der Umgangssprache hört man häufig: „In der Theorie ist das
so und so, in der Praxis sieht es ganz anders aus.“

Dies willst Du aber hier doch nicht diskutiert haben.

entweder mit der Natur überein – oder sie ist schlicht und
ergreifend falsch.
Das Wort „Theorie“ sagt überhaupt nichts über die
Gewissheit der Erkenntnis aus.

So ist es.

Wenn ein Wissenschaftler sagt, dass eine
Beobachtung „in der Theorie“ verstanden sei, so ist das nicht
einschränkend gemeint, sondern bekräftigend

Eigentlich nicht- siehe vor - Gewissheit sei damit noch nicht gegeben.

Theorien erklären nicht, sondern sie beschreiben.

Bewerten sie auch „Experimente“ ?(Beobachtungen)

stellt die Urknall-Theorie fest, dass sich das Universum seit
einer Singularität an seinem Anfang fortwährend ausdehnt.

Ja, sie müssen Bewertungen über Beobachtungen einschließen.
Und diese Bewertungen von Beobachtungen sind oft die die Ursache
unterschiedlicher Auffassungen über spezielle Theorien.
(zbsp. über die SRT oder die Urknalltheorie)
Gruß VIKTOR

Huhu!

Super Idee!
Hier meine Anmerkungen:

Was ist eine Theorie?
Eine Theorie ist in der Naturwissenschaft ein Gedankengebäude,
das einen definierten Teilbereich der Natur zu beschreiben
versucht.

Rein wissenschaftstheoretisch versucht eine Theorie einen Teilbereich der Natur nicht zu beschreiben sondern zukünftige Zustände vorherzusagen.
Newtons Mechanik beschreibt gar nichts, Vorhersagen kann man mit ihr trotzdem treffen.

Ein Autor, der auf dem Gebiet Naturwissenschaftliche Theorien viel geleistet hat ist Thomas S. Kuhn („Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen“). Er beschreibt sehr schön, was eine Theorie als Ergebnis wissenschaftlicher Prozesse ausmacht.

Hmmm, und irgendwie sollte man noch das Wort „Modell“ einbringen, ich bin aber gerade zu müde, um das sinnig zu tun.
Falls mir noch was einfällt, schreibe ich es später.

Häufige Missverständnisse:

  1. Das Gegenteil von „Theorie“ ist nicht „Praxis“sondern „Hypothese“(s.u.).

Mehr fällt mir gerade nicht ein.

Viele Grüße!
Ph.

Noch so viele
experimentelle Bestätigungen der Theorie führen jedoch niemals
zu einem endgültigen Beweis.

So ist es wohl (meist),doch verlangt jede
naturwissenschaftliche
Theorie nach „Beweisen“ (Belegen, Bestätigung).

Nein, das Wort „Beweis“ würde ich hier vermeiden.

Empirische Befunde (Daten, Beobachtungen oder Ergebnisse von Experimenten) stehen im mehr oder weniger gut im Einklang mit einer Theorie. Je mehr sie im Einklang stehen, desto mehr spricht für die Richtigkeit der Theorie. Stehen Daten aber im eindeutigen Widerspruch zur Theorie, so ist die Theorie damit falsifiziert.

Das Wort „Theorie“ sagt überhaupt nichts über die
Gewissheit der Erkenntnis aus.

So ist es.

Auch das sehe ich etwas anders. Wie Michael später schreibt, werden unsichere Annahmen als „Hypothesen“ bezeichnet. Erst gut gesicherte Hypothesen werden nach und nach in zu einer Theorie „zusammengebaut“. Damit liegen einer Theorie viele gut gesicherte Hypothesen zugrunde. Eine Theorie ist eine empirisch gesicherte Beschreibung von Zusammenhängen. Da keine Hypothese in ihrer Richtigkeit endgültig beweisbar ist, kann auch eine Theorie immer noch als „falsch“ entlarvt werden. Das geschieht oft durch neue Daten neuer Experimente, die neue Aspekte „testen“ (zB. in neue Größenordnungen von Raum, Zeit und Energien vordringen). Stehen diese Beobachtungen dann nicht im Einklang mit der Theorie, stürtzt das nicht die ganze Theorie, sondern es definiert den Gültigkeitsbereich. Beispiel: Es gibt Experimente, deren Ergebnisse nicht im Einklang mit Newtons klassische Mechanik stehen. Newtons Mechanik ist deshalb aber nicht „komplett falsch“, sondern sie ist - für ihren Gültigkeitsbereich - nach wie vor eine gute(!) Theorie. Daneben gibt es die Quantenmechanik und die Relativitätstheorie, jede mit ihrem eigenen Gültigkeitbereich.

Ich würde daher sagen:

Eine Theorie basiert auf der logischen Verküpfung vieler empirisch gut belegter Hypothesen. Im Prinzip ist jede Theorie falsch. Ob sie richtig oder falsch ist, ist aber nicht relevant. Wichtig ist, ob eine Theorie gut ist. Eine Theorie ist gut, wenn sie mit möglichst wenigen Annahmen möglichst viele möglichst korrekte Vorhersagen machen kann.

Wenn ein Wissenschaftler sagt, dass eine
Beobachtung „in der Theorie“ verstanden sei, so ist das nicht
einschränkend gemeint, sondern bekräftigend

Eigentlich nicht- siehe vor - Gewissheit sei damit noch nicht
gegeben.

Ja, doch. Siehe meine Antwort hier drüber.

Theorien erklären nicht, sondern sie beschreiben.

Bewerten sie auch „Experimente“ ?(Beobachtungen)

Aus Theorien können sich neue Fragestellungen/Experimente ableiten. Theorien können verschiedene Annahmen treffen (Beisp. „Higgs-Teilchen“). Aus der Theorie kann man ableiten, wie diese Annahmen experimentell überprüfbar sind. Sprechen die Daten dann aber gegen die Annahme, wackelt die ganze Theorie!

stellt die Urknall-Theorie fest, dass sich das Universum seit
einer Singularität an seinem Anfang fortwährend ausdehnt.

Ja, sie müssen Bewertungen über Beobachtungen einschließen.
Und diese Bewertungen von Beobachtungen sind oft die die
Ursache
unterschiedlicher Auffassungen über spezielle Theorien.
(zbsp. über die SRT oder die Urknalltheorie)

??

Gruß Jochen

Hallo,

Eine Theorie ist weder richtig noch falsch. Eher brauchbar
oder nicht.

Weder das eine noch das andere ist IMO so richtig :wink:

[…]

Theorien sind nicht schwarz-weiss und deshalb nicht entweder
brauchbar/unbrauchbar oder richtig/falsch. Theorien liegen
meistens irgendwo zwischen richtig und falsch, brauchbar und
unbrauchbar.

zu Richtig und Falsch gibt es keine Graustufen.

Jede Theorie ist falsch.

Selbst, wenn eine Theorie richtig wäre, könnten wir es nie beweisen.

Eine Theorie kann aber mehr oder weniger brauchbar sein. Das bemißt sich daran, wie viele Vorhersagen mit welcher Präzision gemacht werden können, für vieviele Nebenbedingungen das gültig ist und wie gut sich anhand der Theorie weitere Experimente planen lassen, um die Theorie weiterzuentwickeln (bzgl. Präzision und Gültigkeitsbereich).

VG
Jochen

1 Like

Hi,

Eine Theorie kann aber mehr oder weniger brauchbar sein. Das
bemißt sich daran, wie viele Vorhersagen mit welcher Präzision
gemacht werden können, für vieviele Nebenbedingungen das
gültig ist und wie gut sich anhand der Theorie weitere
Experimente planen lassen, um die Theorie weiterzuentwickeln
(bzgl. Präzision und Gültigkeitsbereich).

Man könnte daraus eine W’keit für deren Gültigkeit in Bezug auf die Randbedingungen ableiten. Mitunter ist das sehr schwer, aber man kann zumindest zwischen theoreien unterscheiden deren Gültigkeit sehr unwahrscheinlich oder sehr wahrhscheinlich ist.

Grüße,
JPL

Hi Michael,
spannendes Thema!

Was ist eine Theorie?
Eine Theorie ist in der Naturwissenschaft ein Gedankengebäude,

ich würde statt Gedankengebäude schreiben: Eine Sammlung von Beschreibungen.

das einen definierten Teilbereich der Natur zu beschreiben
versucht. In der Regel bedient sie sich dabei mathematischer
Mittel.

Konkret: Logik und Statistik.

Sie stellt Regeln auf (so genannte Naturgesetze).

Naturgesetze würde ich vermeiden, denn das suggeriert etwas endgültig richtiges.

Aufgrund dieser Regeln lassen sich Voraussagen machen, die
sich durch Beobachtung und Experimente überprüfen lassen.
Stimmt eine Beobachtung mit den Voraussagen der Theorie nicht
überein, dann muss die Theorie angepasst oder – falls dies
nicht möglich ist – verworfen werden. Noch so viele
experimentelle Bestätigungen der Theorie führen jedoch niemals
zu einem endgültigen Beweis.

Sondern nur zu einer höheren W’keit, dass die Theorie richtig sein könnte.

Häufige Missverständnisse:

  1. Das Gegenteil von „Theorie“ ist nicht „Praxis“. Kirchhoff
    sagte: „Es gibt nichts praktischeres als eine gute Theorie“.
    In der Umgangssprache hört man häufig: „In der Theorie ist das
    so und so, in der Praxis sieht es ganz anders aus.“ Da aber
    die Theorie die Natur zu beschreiben versucht, stimmt sie
    entweder mit der Natur überein – oder sie ist schlicht und
    ergreifend falsch.

Der erste satz stimmt zwar, ich finde aber dass das folgendene keine Erklärung dazu ist, sondern nur ein Wortspiel.
Ich würde schreiben: Theorie ist nicht […] Praxis; beide gehören aber zusammen. Das klassische Bsp ist die theoretische und experimentelle Physik. Die Folgerungen aus der Theorie ziehen praktische Versuche nach sich, diese wiederum verfeinern die Theorie oder führen zu deren Verwerfeung.

  1. Das Wort „Theorie“ sagt überhaupt nichts über die
    Gewissheit der Erkenntnis aus. Viele Menschen glauben, man sei
    sich nicht sicher, ob die Evolutionstheorie richtig sei, weil
    sie ja „nur eine Theorie“ sei. Tatsächlich wird in der
    Naturwissenschaft jedes Erklärungsmodell, das so funktioniert
    wie oben beschrieben, als Theorie bezeichnet, auch wenn es
    schon lange als quasi unumstößlich gilt (z. B. die spezielle
    Relativitätstheorie).

D’accord.

:Wenn ein Wissenschaftler sagt, dass eine

Beobachtung „in der Theorie“ verstanden sei, so ist das nicht
einschränkend gemeint, sondern bekräftigend, weil man sie
dadurch in einen weiteren Zusammenhang stellen kann.
Das finde ich zu sehr aus dem Alltag gegrifen, bzw zu speziell.

Behauptungen, die noch als ungesichert gelten, werden nicht
als Theorie, sondern als „Hypothese“ bezeichnet.

Woran würde man ungesichert fest machen? Für mein Dafürhalten ist eine Hypothese eine Theorie, die noch gar nicht praktisch überprüft wurde.

  1. Dass eine bestimmte Theorie nicht bewiesen werden kann, ist
    kein Mangel dieser Theorie, sondern es ist ein Wesenszug aller
    naturwissenschaftlichen Theorien.

Das sehe ich anders. Es ist ein Aspekt der Erkenntnistheorie (*g*), die auf Falsifizierung beruht (Popper). Mit der zu überprüfenden Theorie selber hat das nichts zu tun.

  1. Theorien erklären nicht, sondern sie beschreiben. […]

Hm, kann man das so sagen?
wenn ich die theorie habe, dass beim umlegen des Schalters das Licht angeht, dann habe ich doch auch eine Erklärung warum (weil ich den schalter umgelegt habe). Es stimmt aber, dass sie nicht erklärt, warum die Lampe unter Strom Licht abgibt, erklärt also nicht den gesamten Prozess (aber unter bestimmten Randbedingungen).
Ich halte die Unterscheidung von erklären und beschreiben wichtig, denn man ist an erklärungen interessiert - wo kommen die dann her wenn nicht von der Theorie?

Viele Grüße,
JPL

Hallo,

ich würde statt Gedankengebäude schreiben: Eine Sammlung von
Beschreibungen.

Es geht IMHO über eine blose Sammlung hinaus. Die Logische Verknüpfung ist ein wesentliches Element, und mitunter ergibt sich aus einer Theorie eine Vorhersage oder eine Annahme, die nicht in den Beschreibungen zu finden ist. Kurz: Eine Theorie ist mehr als die Summe ihrer Teile :smile:

Sondern nur zu einer höheren W’keit, dass die Theorie richtig
sein könnte.

Hey, JPL, hast Du die Vorlesung „Statisik“ nicht gehört?! :wink:

Eine Theorie ist, wie eine (Null-)Hypothese entweder richtig oder nicht. Wir wissen das nicht und wir können es nicht herausfinden.

Was wir haben sind Daten, und wir können nur die W’keit der Daten unter der Annahme der Richtigkeit einer Theorie beurteilen. Der Umkehrschluß ist nicht zulässig. Man könnte die W’keit dafür, dass unsere Einschätzung über die Richtigkeit zutrifft, nur abschätzen, wenn wir die Prävalenz von „richtigen Theorien“ kennen würden. Tun wir aber nicht :wink:

Ich würde schreiben: Theorie ist nicht […] Praxis; beide
gehören [in den Naturwissenschaften] aber zusammen. D
Das klassische Bsp ist die theoretische
und experimentelle Physik. Die Folgerungen aus der Theorie
ziehen praktische Versuche nach sich, diese wiederum
verfeinern die Theorie oder führen zu deren Verwerfeung.

Find ich gut so.

:Wenn ein Wissenschaftler sagt, dass eine

Beobachtung „in der Theorie“ verstanden sei, so ist das nicht
einschränkend gemeint, sondern bekräftigend, weil man sie
dadurch in einen weiteren Zusammenhang stellen kann.

Das finde ich zu sehr aus dem Alltag gegrifen, bzw zu
speziell.

Ja. Besser wäre vielleicht: …„dass eine Beobachtung durch eine Theorie (korrekt) vorhergesagt wird“… Da taucht dann das Wort „verstanden“ nicht mehr auf, womit auch das ursprüngliche Problem verschwindet. Das führt wieder zu dem Punkt: Theorien erklären nichts; sie beschreiben nur. Sie „erklären“ nicht, „warum“ oder „wie“ etwas funktioniert, sonden sie sagen: „Wenn das so ist, dann ist das so“ und sie quantifizieren diese Zusammenhänge (Wenn mann einen Apfel über der Erde losläßt, dann wir er mit 9.81 m/s² in Richtung Erdmittelpunt beschleunigt. - Das „erklärt“ nicht die Gravitation)

Behauptungen, die noch als ungesichert gelten, werden nicht
als Theorie, sondern als „Hypothese“ bezeichnet.

Woran würde man ungesichert fest machen? Für mein Dafürhalten
ist eine Hypothese eine Theorie, die noch gar nicht praktisch
überprüft wurde.

Das ist es doch. Eine Idee ohne empirische Absicherung.

IMHO baut eine Theorie auf vielen Hypothesen auf, nicht nur auf einer.

  1. Dass eine bestimmte Theorie nicht bewiesen werden kann, ist
    kein Mangel dieser Theorie, sondern es ist ein Wesenszug aller
    naturwissenschaftlichen Theorien.

Das sehe ich anders. Es ist ein Aspekt der Erkenntnistheorie
(*g*), die auf Falsifizierung beruht (Popper). Mit der zu
überprüfenden Theorie selber hat das nichts zu tun.

Wie sollte man anhand empirischer Daten eine Theorie *beweisen* können? Alle Daten können immer auch mit einer beliebigen anderen Theorie vereinbar sein. Im doofsten Fall mit einer Theorie, die eine zusätzliche Annahme macht, die keinen Effekt auf die Daten hat. So eine Theorie ist wissenschaftlich nicht akzeptiert, weil Theorien immer möglichst wenige Annahmen machen müssen. Diese Prämisse ist aber willkürlich!

  1. Theorien erklären nicht, sondern sie beschreiben. […]

Hm, kann man das so sagen?

[…]

Ich halte die Unterscheidung von erklären und beschreiben
wichtig, denn man ist an erklärungen interessiert - wo kommen
die dann her wenn nicht von der Theorie?

„Erklärungen“, die du hier meinst, sind Erkenntnisse über Zusammenhänge. Das sieht man wohl oft so. Dennoch erklären sie nicht das Wesen dessen, was passiert, sondern sie beschreiben nur Zusammenhänge. Ich kann natürlich auch den Zusammenhang zwischen Schalter und Strom und Licht usw. beschreiben und kommen auf immer feinere „Erklärungsebenen“ (Beschreibungsebenen!), und ende irgendwo mit „unerklärten“ Annahmen, zu denen noch keine weiteren „tieferen“ Zusammenhänge beschrieben sind (Elementarladung oder Quarks, Zeit, Raum, Energie :wink:)

Viele Grüße,
Jochen

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Moin auch,

So ist es wohl (meist),doch verlangt jede naturwissenschaftliche
Theorie nach „Beweisen“ (Belegen, Bestätigung).

Das würde ich so nicht schreiben. Wie oben schon gesagt wurde, kann eine Theorie nicht bewiesen, sondern lediglich widerlegt werden. Dann sollte man den Begriff „Beweis“ nicht verwenden, um Mistverständnisse zu vermeiden.

My five cents.

Ralph

Hi

Zitat von Gerhard Vollmer:

"Kriterien für Theorienbewertung sind nun durch die Wissenschhaftheorie entwickelt worden. Notwendige Eigenschaften sind dabei:

Interne Konsistenz:
Eine Theorie muß frei von Widersprüchen sein (ein formales Kriterium, das einzige übrigens, das auch für formale Disziplinen gilt).

Externe Konsistenz:
Eine Theorie muß mit anderen anerkannten (faktischen oder normativen) Theorien verträglich sein. (Natürlich können wir auch unsere bisherige Anerkennung älterer Theorien widerrufen; aber auch dies ist nur eine andere Strategie, um die notwendige externe Konsistenz zu erreichen.)

Prüfbarkeit:
Eine faktische Theorie muß durch empirische Befunde testbar sein. (Und natürlich muß sie - wenn sie wahr sein soll - auch alle Tests erfolgreich bestehen.)

Erklärungswert:
Eine faktische Theorie muß relevante Fakten erklären (voraussagen oder retroduzieren). Für normative Theorien reduzieren sich die beiden letzten Kriterien auf die Forderung nach einem angemessenen
Problemlösungs Potential. Jede Theorie muß einschlägige Probleme lösen."

Guß

Balázs

2 Like

Hallo!

:Wenn ein Wissenschaftler sagt, dass eine

Beobachtung „in der Theorie“ verstanden sei, so ist das nicht
einschränkend gemeint, sondern bekräftigend, weil man sie
dadurch in einen weiteren Zusammenhang stellen kann.

Das finde ich zu sehr aus dem Alltag gegrifen, bzw zu
speziell.

Ja. Besser wäre vielleicht: …„dass eine Beobachtung durch
eine Theorie (korrekt) vorhergesagt wird“… Da taucht dann
das Wort „verstanden“ nicht mehr auf, womit auch das
ursprüngliche Problem verschwindet.

Ich verstehe Euren Einwand. Es ging mir aber bei meinem Text gerade um die alltäglichen Missverständnisse. Wenn Otto-Normalverbraucher „in der Theorie“ sagt, meint er damit „vermutlich, vielleicht auch nicht“, z. B. in dem Satz: „In der Theorie hast Du ja Recht, aber …“
Wenn ein Wissenschaftler „in der Theorie“ sagt, meint er damit „inklusive aller Wechselbeziehung zu anderen Themen“, z. B. in dem Satz: „Das wissen wir nicht nur empirisch, sondern wir haben es sogar in der Theorie verstanden.“

Michael

Erst einmal Danke für Eure rege Mitarbeit. Das freut mich wirklich.

Hier mal meine erste korrigierte Fassung. Änderungen habe ich fett geschrieben. Ich habe nicht alle aufgegriffen. Manche haben sich ja auch gegenseitig widersprochen. Andere unterschieden sich von meinem Text nur in der Wortwahl und da habe ich dann halt das genommen, was mir selbst besser gefallen hat. Wenn Ihr auf Änderung besteht, dann sagt das gerne nochmal.

_Was ist eine Theorie?
Eine Theorie ist in der Naturwissenschaft ein Gedankengebäude,
das einen definierten Teilbereich der Natur zu beschreiben
versucht. Sie muss in sich widerspruchsfrei und mit anderen
Theorien verträglich sein
. Eine Theorie bedient
sich in der Regel mathematischer
Mittel. Sie stellt Regeln auf (so genannte Naturgesetze).
Aufgrund dieser Regeln lassen sich Voraussagen machen, die
sich durch Beobachtung und Experimente überprüfen lassen.
Stimmt eine Beobachtung mit den Voraussagen der Theorie nicht
überein, dann muss die Theorie angepasst oder – falls dies
nicht möglich ist – verworfen werden. Noch so viele
experimentelle Bestätigungen der Theorie führen jedoch niemals
zu einem endgültigen Beweis.

Häufige Missverständnisse:

  1. Das Gegenteil von „Theorie“ ist nicht „Praxis“. Kirchhoff
    sagte: „Es gibt nichts praktischeres als eine gute Theorie“.
    In der Umgangssprache hört man häufig: „In der Theorie ist das
    so und so, in der Praxis sieht es ganz anders aus.“ Da aber
    die Theorie die Natur zu beschreiben versucht, stimmt sie
    entweder mit der Natur überein – oder sie ist schlicht und
    ergreifend falsch.
  2. Das Wort „Theorie“ sagt überhaupt nichts über die
    Gewissheit der Erkenntnis aus. Viele Menschen glauben, man sei
    sich nicht sicher, ob die Evolutionstheorie richtig sei, weil
    sie ja „nur eine Theorie“ sei. Tatsächlich wird in der
    Naturwissenschaft jedes Erklärungsmodell, das so funktioniert
    wie oben beschrieben, als Theorie bezeichnet, auch wenn es
    schon lange als quasi unumstößlich gilt (z. B. die spezielle
    Relativitätstheorie). Wenn ein Wissenschaftler sagt, dass eine
    Beobachtung „in der Theorie“ verstanden sei, so ist das nicht
    einschränkend gemeint, sondern bekräftigend, weil man sie
    dadurch in einen weiteren Zusammenhang stellen kann.
    Vorläufige Behauptungen, die noch als ungesichert gelten,
    werden nicht als Theorie, sondern als „Hypothese“ bezeichnet.
    Wurde eine Hypothese hinreichend oft empirisch bestätigt,
    kann sie selbst in den Rang einer Theorie erhoben werden.
  3. Dass eine bestimmte Theorie nicht bewiesen werden kann, ist
    kein Mangel dieser Theorie, sondern es ist ein Wesenszug aller
    naturwissenschaftlichen Theorien.
  4. Theorien erklären nicht, sondern sie beschreiben. D. h.
    das Thema einer Theorie ist nicht der Urgrund eines Phänomens,
    sondern seine Eigenschaften und die Zusammenhänge zu anderen
    Phänomenen.
    z. B. stellt die Urknall-Theorie fest,
    dass sich das Universum seit
    einer Singularität an seinem Anfang fortwährend ausdehnt.
    Diese Singularität wird Urknall genannt. Warum es einen
    Urknall gegeben hat, beantwortet die Urknalltheorie jedoch
    nicht.
    5) Theorien sind streng genommen weder wahr noch falsch.
    Ihre Qualität äußert sich darin, dass sie auf konkrete Probleme
    anwendbar sind und zutreffende Vorhersagen machen.

    6) Eine Theorie, die sich in einem bestimmten Bereich als
    zuverlässig erwiesen hat, verliert nicht automatisch ihre Gültigkeit,
    wenn neuere Beobachtungen außerhalb dieses Bereichs ihr zu
    widersprechen scheinen. Bsp.: Die Newtonsche Mechanik wurde nicht
    falsch, als man die Quantenmechanik und die Relativitätstheorie
    aufstellte. Für makroskopische Körper und geringe Geschwindigkeiten
    gilt sie wie eh und je.
    _

Huhu!

Erst einmal Danke für Eure rege Mitarbeit. Das freut mich
wirklich.

Bitte gerne :smile:
Gleich noch eine Anmerkung:

Sie muss in sich widerspruchsfrei und mit anderen
Theorien in ihrem Bereich verträglich sein.

Sonst hast du mit dieser Definition Quantenmechanik und Relativitätstheorie (die einander widersprechen) aus dem erlauchten Kreis der Theorien geworfen und sie zu Hypothesen degradiert.

Viele Grüße!
Ph.

Hallo Michael!

Das

Häufige Missverständnisse:
Das Gegenteil von „Theorie“ ist nicht „Praxis“. Kirchhoff
sagte: „Es gibt nichts praktischeres als eine gute Theorie“.
In der Umgangssprache hört man häufig: „In der Theorie ist das
so und so, in der Praxis sieht es ganz anders aus.“ Da aber
die Theorie die Natur zu beschreiben versucht, stimmt sie
entweder mit der Natur überein – oder sie ist schlicht und
ergreifend falsch.

würde ich weglassen. Es dient weniger der Spezifizierung des Begriffes „Theorie“ als es die Leute vielmehr verwirrt oder vielleicht sogar zu Mißverständnissen führen könnte.
Die beiden Ansichten „ich habe eine schlüssige Theorie“ und „in der Praxis sieht es anders aus“ sind ja in Wahrheit gar keine Gegensätze, sondern kommen nur durch die falsche Anwendung irgendwelcher Prämisse zustande.

Alles andere finde ich sehr gut !

Grüße
Peter

Sie stellt Regeln auf (so genannte Naturgesetze).

Ist es nicht eher so, dass die Naturgesetze existieren und von der Theorie beschrieben, aber nicht von ihr aufgestellt werden?
Die Naturgesetze bestehen ja auch ohne irgendeine Theorie.

Oder habe ich dich oben falsch verstanden?

Gruß TL

Hallo!

Es ist eine außerordentlich interessante philosophische Frage, ob die Naturgesetze an sich existieren und wir Menschen sie nur zu ergründen und beschreiben versuchen, oder ob das Naturgesetzt erst durch unsere Formulierung einer Theorie entsteht. Diese Frage möchte ich gar nicht beantworten - das ist mir zu kompliziert.

Ich meinte es so: J.C. Maxwell stellte seine Theorie der Elektrodynamik auf, indem er die vier berühmten Gleichungen formulierte. Nun kann man sich darum streiten, ob die Theorie diese vier Formeln hervorgebracht hat, oder ob die vier Formeln sich praktisch zu der neuen Theorie konstitutieren. Das ist aber letztlich nicht entscheidend. Es kommt darauf an, dass Gesetze integrale Bestandteile von Theorien sind.

Michael

Hallo!

Ich verstehe Euren Einwand. Es ging mir aber bei meinem Text
gerade um die alltäglichen Missverständnisse. Wenn
Otto-Normalverbraucher „in der Theorie“ sagt, meint er damit
„vermutlich, vielleicht auch nicht“,

Ich weiß nicht. Ist das so?

z. B. in dem Satz: „In
der Theorie hast Du ja Recht, aber …“

Dieses „aber“ zeigt eigentlich nur, dass die Theorie nicht gut genug war, meist weil sie wichtige Aspekte außer acht läßt. Oft werden auch Theorien außerhalb ihres Gültigkeitsbereichs bemüht. So ist mit „Theorie“ schon gemeinst, dass es -wie man glaubt- tatsächlich eigentlich so sein müsste, und nicht, dass es vermutlich so sein könnte.

Das Missverständnis ligt m.E. weniger in der Definition von „Theorie“, sondern in der im Alltag mehr als großzügigen Anwendung schlechter/sehr unvollständiger Theorien (auch) auf Probleme außerhalb ihres Gültigkeitsbereichs bzw. ohne Abschätzung von Vorhersagefehlern.

Wenn ich einen Motor repariere, ihn dann starten will und er läuft nicht, und dann ganz alltäglicher Weise sage „Tja, theoretisch sollte er jetzt laufen…“ meine ich damit NICHT, dass ich nur vermute, dass die Theorie stimmt (und hier wohl falsch ist), sondern -im Gegenteil- dass ich ganz offensichtlich etwas vergessen habe oder falsch gemacht habe. Ich nutze den Abgleich von realen Beobachtungen (sind alle Kabel angeschlossen etc.) mit der Theorie, um herauszufinden, wo der Fehler liegen kann.

Wenn ein Wissenschaftler „in der Theorie“ sagt, meint er damit
„inklusive aller Wechselbeziehung zu anderen Themen“, z. B. in
dem Satz: „Das wissen wir nicht nur empirisch, sondern wir
haben es sogar in der Theorie verstanden.“

Ich bin mit nicht sicher, ob es einen Unterschied gibt in den Aussagen „dazu haben wir Daten“ und „dazu haben wir eine Theorie“. Sicher stellen Theorien Zusammenhänge zwischen verschiedenen Beobachtungen her, aber schließt das aus, dass eine Theorie sich auch auf ganz bestimmte Daten beziehen kann (Bsp: „phänomenologische“(?) Theorien wie die Chaostheorie, die besagt: chaotisches Verhalten ist eine Systemeigenschaft; eine logische Verbindung zu anderen Themen darüberhinaus existiert m.W. nicht - aber ich bin dankbar für Gegenbeispiele!).

VG
Jochen

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Das ist aber letztlich nicht entscheidend. Es kommt darauf an,
dass Gesetze integrale Bestandteile von Theorien sind.

Oder Theorien nur sinnvoll formuliert werden können, wenn man von der Existenz solcher Gesetze ausgeht?

Jochen