Neue Antisemitismusvorwürfe gegen Martin Walser

Seit einigen Wochen wird eine Doktorarbeit diskutiert, die den Beweis führen will, dass Martin Walser nicht erst mit „Tod eines Kritikers“ antisemitisch geschrieben habe, sondern eigentlich vom ersten Federstrich an. Im Spiegel springt man voll drauf an:
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,372962,00.html
Was haltet ihr davon? Ist doch schon komisch, da schreibt Walser seit den 50er-Jahren ein Buch nach dem anderen, Essays, Romane, Dramen, doch erst knapp 60 Jahre später fällt es einem 32-jährigen Doktoranden auf, dass Walser schon immer ein unverbesserlicher Antisemit gewesen ist… Unter anderem wird folgendes Zitat aus einem Walser-Hörspiel als Beleg für seinen Antisemitismus gewertet:

Natürlich. Klar. Ich habe gearbeitet. Also habe ich für die Nazis gearbeitet. Wer damals Brot gebacken hat, hat für die Nazis gebacken. Und wer für die Nazis bäckt, ist ein Nazi.

Ohne Kommentar

André

Hallo,

ist doch wie damals bei der Rede, Bubis sass da und musste aufpassen das er nicht einschläft. Ich hab die damals, warum auch immer live gesehen. Bubis hat ja auch erst 3 Tage später erfahren das die Rede antisemitsch gewesen sein soll und erst da hat er sich empört. Genauso wie alle anderen die dort waren.

Und was den Spiegel angeht, der sollte doch besser mal seine eigene Geschichte aufarbeiten. Da haben am Anfang mehr als genug Ex Nazis gearbeitet. Diese arrogante, sich selbst ständig beweihräuchernde BILD Zeitung für Großkopferte, kann man doch nicht mehr ernst nehmen.

Ein Nachrichtenmagazin sollte soweit möglich neutral berichten und nicht mit einem besserwisserischen Tonfall von oben herab. Ausserdem geht mir das ständige jammern und schwarzsehen in dem Blatt mächtig auf den Keks.

Gruss Jan

Hallo,

ist doch wie damals bei der Rede, Bubis sass da und musste
aufpassen das er nicht einschläft. Ich hab die damals, warum
auch immer live gesehen. Bubis hat ja auch erst 3 Tage später
erfahren das die Rede antisemitsch gewesen sein soll und erst
da hat er sich empört. Genauso wie alle anderen die dort
waren.

Bubis hat sich zwar erst später empört an die Presse gewandt, aber bei der Rede selbst war er der einzige, der beim Applaus sitzen geblieben ist. Vielleicht war er aber auch einfach zu müde zum stehen.

Und was den Spiegel angeht, der sollte doch besser mal seine
eigene Geschichte aufarbeiten. Da haben am Anfang mehr als
genug Ex Nazis gearbeitet. Diese arrogante, sich selbst
ständig beweihräuchernde BILD Zeitung für Großkopferte, kann
man doch nicht mehr ernst nehmen.

Ein Nachrichtenmagazin sollte soweit möglich neutral berichten
und nicht mit einem besserwisserischen Tonfall von oben herab.
Ausserdem geht mir das ständige jammern und schwarzsehen in
dem Blatt mächtig auf den Keks.

Ich mag den Spiegel auch nicht mehr, allerdings eher aus stilistischen Gründen und wegen der ständigen Hitler-Titel. Klar, Nachrichten sollen neutral formuliert sein (siehe Tagesschau). Aber der Spiegel will nun mal meinungsbildend sein, da darf er - und soll er - wertend sein. Das stört mich nicht. Sein wir ehrlich. Wir haben alle überhaupt nix gegen kommentierenden Journalismus, solange er nur unserer Sichtweise entspricht.

Gruß
André

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Bubis hat sich zwar erst später empört an die Presse gewandt,
aber bei der Rede selbst war er der einzige, der beim Applaus
sitzen geblieben ist. Vielleicht war er aber auch einfach zu
müde zum stehen.

Tja wer weiss, richtig fit und gesund kam er mir an dem Tag nicht vor.

Wir haben alle überhaupt nix gegen
kommentierenden Journalismus, solange er nur unserer
Sichtweise entspricht.

Ich bin grosser Wiglaf Droste(TAZ) Fan, aber der kennzeichnet seine Artikel auch klar als Kolumne. Aber ich würde es einfach schrecklich finden wenn plötzlich alle TAZ Autoren im Droste Stil und Ton schreiben würden, so wie beim Spiegel im Augenblick alles nach Aust klingt. Aust ist finde ich auch die völlige Fehlbesetzung, gegen Erich Böhme wirkt der völlig blass und aalglatt.

Nochmal zurück zu Martin Walser, ich fand einiges von dem was er gesagt hat völlig ok. Bei mir ist es wirklich so das ich durch die ständige Berieselung einen Filter für die KZ Bilder mit den Toten habe und das die mich überhaupt nicht mehr berühren.

Was mich zuletzt wirklich zum nachdenken gebracht hat waren die Fotos einer guten Bekannten, die sie in Auschwitz gemacht hat http://baerb.parhelic.de/copper/displayimage.php?pos… weil die sind mal ganz anders, ohne erhobenen Zeigefinger.

Walser kümmert mich auch sonst kaum, was mich wirklich aufregt ist das der Kriegsverherrlicher Jünger das Bundesverdienstkreuz bekommen hat. Ich mein wieviel junge Leute sind verblendet durch sein Geschmiere fröhlich in den 2 Weltkrieg gezogen? Das waren bestimmt nicht wenige und sein Wiederstand light ist doch nur lachhaft.

Gruss Jan

Bubis
Hallo!

ist doch wie damals bei der Rede, Bubis sass da und musste
aufpassen das er nicht einschläft. Ich hab die damals, warum
auch immer live gesehen. Bubis hat ja auch erst 3 Tage später
erfahren das die Rede antisemitsch gewesen sein soll und erst
da hat er sich empört. Genauso wie alle anderen die dort
waren.

Das stimmt nicht. Im „Konkret“-Interview hat Bubis gesagt:

„In meiner Reihe sind lediglich Schorlemmer, meine Frau und ich sitzen geblieben. Ich war, was die Gesellschaft angeht, was die Öffentlichkeit angeht, ziemlich allein. Ich habe zwar einige Briefe bekommen, aber es war eine Minderheit, die mir zugestimmt hat, und es war wenig Prominenz dabei.“

Einen Tag später, am 12.10.1998 stand sein Text - über DPA verbreitet - schon in Zeitungen usw.

Gruß

Es steht in der „Zeit“ der letzten Woche im Literatur-Teil ein Artikel, der die These dieses ehrgeizigen Doktoranden wiederlegt. Ich fand den Artikel interessant. Und ich glaube, ein Schriftsteller von der Qualität Walsers ist viel zu klug, um ein beschränkter Antisemit zu sein. Was die Literaturwissenschaftler für Thesen aufstellen, muss lange nicht stimmen. Diese können sich auch irren. Und Philologie ist letztendlich Textinterpretation! Und diese ist offen (zumindest bei guten Texten!)

Brumlik
Hallo!

Wie gut, dass Micha Brumlik diese unehrliche und beschämende Debatte richtiggestellt hat:

http://www.fr-aktuell.de/ressorts/kultur_und_medien/…

Gruß

Hallo!

Wie gut, dass Micha Brumlik diese unehrliche und beschämende
Debatte richtiggestellt hat:

http://www.fr-aktuell.de/ressorts/kultur_und_medien/…

Wenn ich das so lese, habe ich das Gefühl der Schreiber hat seinen Beruf beim Neuen Deutschland zu DDR Zeiten gelernt. Das ist reine Polemik, zeig mir mal einen einzigen dt. Schriftsteller den man mit solchen Methoden nicht als Antisemiten „entlarven“ könnte!

Und was soll das ganze am Ende bringen? Sollen wir jetzt alle Bücher von Walser öffentlich verbrennen?

Die ganze Debatte ist doch völlig weltfremd, ich brauche nur in den nächsten Kiosk gehen und da liegen die Landser Heftchen massenweise rum. Wenn mir das nicht reicht kauf ich die Junge Freiheit oder geh zum nächsten NPD Treffpunkt.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich dem Verfassungsschutz danken, ohne dessen personelle und finanz. Hilfe die NPD nie in der Lage gewesen wäre in Sachsen so stark zu werden!

Wozu brauch ich dann noch Walser?

Gruss Jan

Hallo!

Das ist ja ein Angebot eines Dialogs.

Du hast dich allerdings in der Brettwahl geirrt, hier geht es um die Literatur.

Wenn ich das so lese, habe ich das Gefühl der Schreiber hat
seinen Beruf beim Neuen Deutschland zu DDR Zeiten gelernt. Das
ist reine Polemik, zeig mir mal einen einzigen dt.
Schriftsteller den man mit solchen Methoden nicht als
Antisemiten „entlarven“ könnte!

Das stimmt genausowenig wie deine erfundene Bubis-Erinnerungen.

Der „Schreiber“ gehört zu den führenden weltweit anerkannten Spezialisten. Die Methoden der Textanalyse sind philologisch ergründbar und haben mit der Polemik sehr wenig zu tun. M.Walser ist kein Prototyp des deutschen Schriftstellers und die anderen werden nirgendwo für ihn verantwortlich gemacht. In der Dissertation wird er nicht „entlarvt“, viel mehr werden bekannte wie auch weniger bekannte Texte von ihm auf typische Muster untersucht. Ansonsten keine „neue“ Vorwürfe: Es sind mehrere Bücher erhältlich, die längst zu selben Resultaten gekommen sind wie diese Dissertation. Nur waren es Sammelbände mit Artikeln von verschiedenen Autoren, hier hat zum ersten Mal ein Autor eine Monographie dazu geschrieben.

Und was soll das ganze am Ende bringen? Sollen wir jetzt alle
Bücher von Walser öffentlich verbrennen?

Eine andere Idee mit der Literatur umzugehen hast du nicht? Ist das das Einzige, was dir vorschwebt?..

Wozu brauch ich dann noch Walser?

Diese Frage kannst nur du selbst beantworten, bin ich denn dein Hirte? *g*

Gruß

Moin,

Was haltet ihr davon?

IMHO kann man sich zu dem Thema nur dann sinnvoll äußern, wenn man sowohl Walser, als auch diese Doktorarbeit gelesen hat. Alles andere wäre doch nur Nachplappern der Meinung anderer die letztendlich dazu verführt, sich der Meinung anzuschließen, die einem eh bestens in den Kram passt.

Gruß
Marion

Der „Schreiber“ gehört zu den führenden weltweit anerkannten
Spezialisten.

Es ist nicht alles bare Münze, was aus dem akademischen Bereich kommt. Das sagt ein erfahrener Student. Im Übrigen ist hier zu erwähnen, dass M. Brumlik, so kompetent er sein mag, in just dieser Debatte nicht unbefangen sein kann, da er einen jüdischen Hintergrund hat. Außerdem ist er ein Pädagoge und kein Philologe.

Es sind mehrere Bücher erhältlich, die längst zu selben Resultaten
gekommen sind wie diese Dissertation. Nur waren es Sammelbände
mit Artikeln von verschiedenen Autoren, hier hat zum ersten
Mal ein Autor eine Monographie dazu geschrieben.

Und wieso kommt ein Ulrich Greiner, ein bekannter Kritiker und Kenner der Literatur, nicht zu demselben Ergebnis?

siehe

http://www.zeit.de/2005/36/P-Walser_BiG

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Der „Schreiber“ gehört zu den führenden weltweit anerkannten
Spezialisten.

Es ist nicht alles bare Münze, was aus dem akademischen
Bereich kommt. Das sagt ein erfahrener Student.

Dies wiegt schwer. *g* Ist das schon alles?

Im Übrigen ist
hier zu erwähnen, dass M. Brumlik, so kompetent er sein mag,
in just dieser Debatte nicht unbefangen sein kann, da er einen
jüdischen Hintergrund hat.

Klar, was haben Juden bei dem Thema überhaupt zu sagen! Hast du noch mehr solche Sprüche auf dem Lager?

Außerdem ist er ein Pädagoge und
kein Philologe.

Wie meinst du das „ein Pädagoge“? Im Kindergarten?

Es sind mehrere Bücher erhältlich, die längst zu selben Resultaten
gekommen sind wie diese Dissertation. Nur waren es Sammelbände
mit Artikeln von verschiedenen Autoren, hier hat zum ersten
Mal ein Autor eine Monographie dazu geschrieben.

Und wieso kommt ein Ulrich Greiner, ein bekannter Kritiker und
Kenner der Literatur, nicht zu demselben Ergebnis?

Genau darüber schreibt und empört sich Brumlik.

Entweder nimmst du beide Texte und argumentierst, darauf wäre ich sehr gespannt! Oder - am besten - lass das mal bleiben, bevor es noch peinlicher wird.

Antisemitismus-Keuele!

Klar, was haben Juden bei dem Thema überhaupt zu sagen! Hast
du noch mehr solche Sprüche auf dem Lager?

Na na, das legst du mir Worte in den Mund, die ich nicht gesagt habe. Das ist unfair. Brumlik ist ein Jude, aber das heißt nicht, dass er nichts zu sagen habe. Bitte verschone mich mit solchen banalen Trugschlüssen. Nein, ich bin kein Antisemit. Das ist eine sehr billige Unterstellung. Ich muss nicht vor dir rechterfertigen, denn scheinbar hantierst du mit der Antisemitismuskeule. Aber ich erkläre dir meine Ansicht noch einmal, bevor du dir noch irgendwelche Vorwürfe fantasierst:

Weil Herr Brumlik ein Jude ist, könnte es sehr gut sein, dass in seiner Argumentation nicht nur die Ratio, sondern auch die emotio eine Rolle spielt. Das ist normal und disqualifiziert ihn nicht. Ich werde auch bei bestimmten Themen manchmal emotional. Das ist auch keine menschliche Schwäche und ist völlig legitim. Aber deswegen sollte man bedenken, ob Brumliks Urteil über M. Walser zum Maßstab gemacht werdem darf. Ohne mich in Details zu verlieren, und ohne irgendwelchen persönlichen Groll Brumlik gegenüber zu hegen und oder Vorliebe für Walsers Bücher zu haben, wollte ich bloß darauf hinweisen, dass man sich mit Meinungen und Zeitungsartikeln, auch von Fachleuten, kritisch auseinandersetzen, die Meinungen hinterfragen und sich die Frage stellen soll, wer was geschrieben hat. Das ist ja eine grundlegende wissenschaftliche Vorgehensweise in den Geisteswissenschaften und hat nichts mit Juden oder Shintu-Anhängern zu tun.

Wie meinst du das „ein Pädagoge“? Im Kindergarten?

Die Frage ist banal. Ein bisschen Niveau wünsche ich mir an dieser Stelle. Du weißt genau, dass ich mit „Pädagoge“ Pädagogik-Professor meine.

Es sind mehrere Bücher erhältlich, die längst zu selben Resultaten
gekommen sind wie diese Dissertation. Nur waren es Sammelbände
mit Artikeln von verschiedenen Autoren, hier hat zum ersten
Mal ein Autor eine Monographie dazu geschrieben.

Und wieso kommt ein Ulrich Greiner, ein bekannter Kritiker und
Kenner der Literatur, nicht zu demselben Ergebnis?

Genau darüber schreibt und empört sich Brumlik.

Das ist seine persönliche Ansicht. Stelle dir mal vor, wie öde und langweilig das Leben wäre, wenn Menschen alle dieselbe Meinung hätten.
Aber scheinbar schwingst du dich hier zum absoluten Brumlik-Verteidiger auf.

Entweder nimmst du beide Texte und argumentierst, darauf wäre
ich sehr gespannt! Oder - am besten - lass das mal bleiben,
bevor es noch peinlicher wird.

Peinlich sind deine völlig unbegründeten Vorwürfe. Ich habe übrigens Besseres zu tun. Es ging mir einfach darum, daran zu erinnern, dass man durchaus verschiederner Meinung sein kann, egal ob Greiner, Brumlik oder Borchmeyer. Das sind die Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft. Oder siehst du vielleicht in meiner Argumentation schon wieder eine Art Judenfeindlichkeit???!!!

Du hast zum zweiten Mal in diesem Thread freundlich erklärt, der Jude Brumlik habe über den Deutschen M.Walser nichts zu sagen. Selbstverständlich ist es kein Antisemitismus, das hat auch der von dir empfohlene U.Greiner so gesagt („Walser hat an keiner Stelle seines Werks getrennte Parkbänke gefordert.“). Klar, dass es Brumlik nicht gefällt, wer will es ihm auch übel nehmen. Besonders weil er ein Jude ist. Wir kennen sie schon, mit ihren Emotionen. Du hast das sehr wissenschaftlich bemerkt. Das klingt sehr einleuchtend.

Ich meinerseits habe viel daran gearbeitet, um dich dazu zu bringen, ausgerechnet diesen Artikel zu erwähnen, der den Deutschen Walser mit den ganz speziellen Methoden verteidigt, die nur der Jude Brumlik merkt. Wenn der deutsche Philologe Greiner sagt:

„Wer lang genug an der Oberfläche eines durchschnittlichen Deutschen kratzt, muss sich nicht wundern, wenn er irgendwann eine braune Stelle findet.“

  • das beleidigt dich nicht, du hast sowieso Besseres zu tun. Ich finde diesen Text wie auch seine weiteren Passagen empörend. Du empfiehlst ihn. Nur Brumlik hat als Pädagoge nichts zu tun als Greiner richtigzustellen. Konfrontiert mit der Kritik, bringst du nichts Inhaltliches und wechselst nacheinander drei Positionen - einmal die Dissertation würde widerlegt, ohne wenn und aber. Einmal - Greiner habe Recht, weil er kein Jude ist und kein Pädagoge. Und zuletzt - deine Meinung in Frage zu stellen sei eine „Keuele“, die du nicht „rechtefertigen“ musst. *g*

Noch einmal langsam für dich: In diesem Thread wurden (bis jetzt) drei Lügen verbreitet, einmal über Bubis (der habe nichts in Walsers Rede verstanden - ich habe das widerlegt), einmal über Walser (die antisemitische Komponente seines literarischen und publizistischen Werkes sei ein neues Thema - ich habe das richtiggestellt), einmal über Greiner (Greiner habe die Disseration über Walser widerlegt - ich habe das richtiggestellt mit dem Hinweis auf den Artikel von Brumlik).

Du hast jetzt eine gute Gelegenheit, dich zum dritten Mal zu wiederholen. Deine Argumentation kann bestimmt noch amüsanter werden.

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Ist ja schön, dass sich doch noch eine Diskussion entwickelt hat. Schade allerdings, dass man über dieses Thema offensichtlich nicht diskutieren kann, ohne polemisch zu werden.

Du hast zum zweiten Mal in diesem Thread freundlich erklärt,
der Jude Brumlik habe über den Deutschen M.Walser nichts zu
sagen.

Das hat Nader nie gesagt. Vielmehr hat er auf ein ganz interessantes Phänomen aufmerksam gemacht. Die um die Deutungshoheit konkurrierenden Zeitungen/Verlage bemühten sich weiland bei der Debatte um Tod eines Kritikers, sich gegenseitig mit jüdischen Gewährsmännern zu überbieten. Die Denkfigur ist klar: Wenn ein Jude Walser vom Antisemitismus freispricht, dann muss was dran sein. Natürlich gilt das auch umgekehrt. Das ist obszön, aber gängige Praxis. Genau darüber hat sich übrigens Paul Spiegel einmal in einer Rede beklagt. Sinngemäß: Warum wollen die Deutschen immer von uns Juden wissen, ob dies oder jenes Antisemitismus sei?
Interessant auch, dass Walser 1994 in „Ohne einander“ genau dies thematisiert hat. Da will der Herausgeber eines Magazins eine positive Besprechung einer Bugsy-Siegel-Biographie nicht ins Blatt nehmen, weil er Antisemitismusvorwürfe befürchtet (in der fiktiven Biographie wird das Gangstermilieu als jüdisch geprägt vorgestellt). Erst als der um seine Kritik fürchtende Rezensent darauf verweist, dass er selbst jüdische Vorfahren hat, gibt der Herausgeber grünes Licht für die Rezension. Denkfigur: ein Jude bespricht ein antijüdisches Buch nicht positiv.

Ähnlich denken/dachten die Redakteure wohl in der jüngsten Walser-Diskussion. Um als Walser-Verteidiger bloß nicht in den Verdacht zu geraten, aus Gesinnungsgründen einen vermeintlichen Antisemiten freizusprechen, beauftragten sie jüdische Rezensenten damit. Insofern darf man schon fragen, warum Brumlik von der FR ins Rennen geschickt wurde, der sonst eher selten als Literaturkritiker in Erscheinung tritt.

Gruß
André

Du hast zum zweiten Mal in diesem Thread freundlich erklärt,
der Jude Brumlik habe über den Deutschen M.Walser nichts zu
sagen.

Genau dies habe ich versucht, zu widerlegen, aber du scheinst es entweder nicht zu kapieren oder blind auf deiner Meinung zu beharren. Na dann, kann man nichts machen. Jeder darf seine Meinung behalten.

Warum willst du mich partout als Antisemiten bezeichnen? Bloß weil ich auf einen Artikel hinweise, der dem widerspricht, was Brumlik geschrieben hat? Das ist fast neurotisch!

Ich meinerseits habe viel daran gearbeitet, um dich dazu zu
bringen, ausgerechnet diesen Artikel zu erwähnen, der den
Deutschen Walser mit den ganz speziellen Methoden verteidigt,
die nur der Jude Brumlik merkt. Wenn der deutsche Philologe
Greiner sagt:
„Wer lang genug an der Oberfläche eines durchschnittlichen
Deutschen kratzt, muss sich nicht wundern, wenn er irgendwann
eine braune Stelle findet.“

  • das beleidigt dich nicht,

Nein, weil ich kein Deutscher bin und das Thema, im Gegensatz du dir wahrscheinlich, mich emotional nicht tangiert. Im Übrigen ist der „Jude“ Brumlik in erster Linie ein Deutscher… oder willst du ihm dies absprechen, weil er Jude ist? DAS klingt eher antisemitisch.

Ich finde diesen Text wie auch seine weiteren Passagen
empörend. Du empfiehlst ihn. Nur Brumlik hat als Pädagoge
nichts zu tun als Greiner richtigzustellen. Konfrontiert mit
der Kritik, bringst du nichts Inhaltliches und wechselst
nacheinander drei Positionen - einmal die Dissertation würde
widerlegt, ohne wenn und aber. Einmal - Greiner habe Recht,
weil er kein Jude ist und kein Pädagoge. Und zuletzt - deine
Meinung in Frage zu stellen sei eine „Keuele“, die du nicht
„rechtefertigen“ musst. *g*

Na langsam kannst du sogar eine Disseration über mich schreiben, wenn du so oberschlauerweise meine Positionen durchschaust, aber die verstehst du eh nicht, weil du mir in den Mund legen willst, dass ich Greiner recht gebe. Scheinbar liest du meine Beiträge nicht wirklich gründlich, sondern suchst darin nach irgendwelchen Wortfetzen , die sich als Antisemitismus-Ressentiments interpretieren ließen! Das sieht man daran, dass du dich sogar über meine Tippfehler freust. So schön inhaltsbezogen, wie?

In diesem Thread wurden (bis
jetzt) drei Lügen verbreitet, einmal über Bubis (der habe
nichts in Walsers Rede verstanden - ich habe das widerlegt),
einmal über Walser (die antisemitische Komponente seines
literarischen und publizistischen Werkes sei ein neues Thema -
ich habe das richtiggestellt), einmal über Greiner (Greiner
habe die Disseration über Walser widerlegt - ich habe das
richtiggestellt mit dem Hinweis auf den Artikel von Brumlik).

Scheinbar hast du mein Anliegen immernoch nicht verstanden. Aber da du der Ober-Checker bist und alle Fehler von Brumlik, Greiner und wie die alle heißen richtigstellst, kannst du vielleicht über dieses Thema promovieren. Es wundert mich, dass bisher weder „Die Zeit“ noch die „Frankfurter Rundschau“ dir eine Herausgeber-Stelle angeboten haben. Denn dann kannst du mich, Ulrich Greiner, M. Walser und halb Deutschland als Antisemiten durchschauen und unsere Verschwörungen aufdecken! Buuuuuuuuuuuuuhhhhh…

Ich betrachte unsere Diskussion damit als beendet.

Du hast zum zweiten Mal in diesem Thread freundlich erklärt,
der Jude Brumlik habe über den Deutschen M.Walser nichts zu
sagen.

Genau dies habe ich versucht, zu widerlegen

Du hast dies keinesfalls widerlegt, sondern auf eine andere Weise nur noch einmal wiederholt.

Warum willst du mich partout als Antisemiten bezeichnen?

Dies ist eine Unterstellung - ich habe dich nirgendwo irgendwie bezeichnet. Ich habe lediglich deine Versuche, Brumliks Kritik zu dem von dir gepriesenen Artikel von Greiner aufgrund der Herkunft Brumliks zurückzuweisen, als peinlich beschrieben.

Bloß
weil ich auf einen Artikel hinweise, der dem widerspricht, was
Brumlik geschrieben hat?

Dies ist auch eine Unterstellung deinerseits: Du hast den Artikel von Greiner lobend erwähnt und der Kritik Brumliks widersprochen.

Das ist fast neurotisch!

LOL

Wenn der deutsche Philologe
Greiner sagt:
„Wer lang genug an der Oberfläche eines durchschnittlichen
Deutschen kratzt, muss sich nicht wundern, wenn er irgendwann
eine braune Stelle findet.“

  • das beleidigt dich nicht,

Nein, weil ich kein Deutscher bin und das Thema, im Gegensatz
du dir wahrscheinlich, mich emotional nicht tangiert.

Das hast du sehr schön gesagt. *g*

Im
Übrigen ist der „Jude“ Brumlik in erster Linie ein
Deutscher…

Wow, willst du das endlich akzeptieren und deine „Argumentation“ zurücknehmen?

Ich finde diesen Text wie auch seine weiteren Passagen
empörend. Du empfiehlst ihn. Nur Brumlik hat als Pädagoge
nichts zu tun als Greiner richtigzustellen. Konfrontiert mit
der Kritik, bringst du nichts Inhaltliches und wechselst
nacheinander drei Positionen - einmal die Dissertation würde
widerlegt, ohne wenn und aber. Einmal - Greiner habe Recht,
weil er kein Jude ist und kein Pädagoge. Und zuletzt - deine
Meinung in Frage zu stellen sei eine „Keuele“, die du nicht
„rechtefertigen“ musst. *g*

Na langsam kannst du sogar eine Disseration über mich
schreiben, wenn du so oberschlauerweise meine Positionen
durchschaust, aber die verstehst du eh nicht, weil du mir in
den Mund legen willst, dass ich Greiner recht gebe.

Jetzt hast du die nächste - vierte Position aufgenommen, Glückwunsch! Jetzt auf einmal willst du Greiner nicht mehr recht geben. Warum nicht gleich so? *g*

Buuuuuuuuuuuuuhhhhh…

LOL

Ich betrachte unsere Diskussion damit als beendet.

Späte Einsicht! :smile:

Ist ja schön, dass sich doch noch eine Diskussion entwickelt
hat.

Über dein Lob freue ich mich ganz besonders. *g*

Schade allerdings, dass man über dieses Thema
offensichtlich nicht diskutieren kann, ohne polemisch zu
werden.

Gut, dass du dies gleich im voraus ankündigst. *g*

Du hast zum zweiten Mal in diesem Thread freundlich erklärt,
der Jude Brumlik habe über den Deutschen M.Walser nichts zu
sagen.

Das hat Nader nie gesagt. Vielmehr hat er auf ein ganz
interessantes Phänomen aufmerksam gemacht. Die um die
Deutungshoheit konkurrierenden Zeitungen/Verlage bemühten sich
weiland bei der Debatte um Tod eines Kritikers, sich
gegenseitig mit jüdischen Gewährsmännern zu überbieten. Die
Denkfigur ist klar: Wenn ein Jude Walser vom Antisemitismus
freispricht, dann muss was dran sein. Natürlich gilt das auch
umgekehrt. Das ist obszön, aber gängige Praxis. Genau darüber
hat sich übrigens Paul Spiegel einmal in einer Rede beklagt.
Sinngemäß: Warum wollen die Deutschen immer von uns Juden
wissen, ob dies oder jenes Antisemitismus sei?

Schade, dass du die Fortsetzung und, besser gesagt, die Pointe dieser Rede im Bezug auf das von dir angesprochene Thema nicht mal erwähnst:

„Es kann nicht angehen, dass Nichtjuden uns Juden immer wieder erklären wollen, was antisemitisch ist und was nicht. Es kann nicht angehen, dass wir in unserer häufig negativeren Wahrnehmung von Ereignissen als „übersensibel“ oder „übertrieben“ abgekanzelt werden. Das ist arrogante und dumme Bevormundung.
Die nichtjüdische Mehrheit muss zweierlei lernen: Ja, wir Juden sind übersensibel. Und das nun wahrlich nicht ohne Grund. Wir haben eben für viele Entwicklungen sensiblere Antennen als andere, weil wir diese Fähigkeit entwickeln mussten, um zu überleben. Daher sollten unsere Reaktionen ernst genommen werden, sie sollten zumindest als Warnsignal dienen, als Chance, eigene Einschätzungen und Beurteilungen von Ereignissen zumindest in Frage zu stellen.“

Du musst seine Meinung nicht teilen, korrekt wiedergeben schon. Denn dann sieht dieser Thread vollkommen anders aus, als du es dir gedacht hast.

Ähnlich denken/dachten die Redakteure wohl in der jüngsten
Walser-Diskussion. Um als Walser-Verteidiger bloß nicht in den
Verdacht zu geraten, aus Gesinnungsgründen einen
vermeintlichen Antisemiten freizusprechen, beauftragten sie
jüdische Rezensenten damit. Insofern darf man schon fragen,
warum Brumlik von der FR ins Rennen geschickt wurde, der sonst
eher selten als Literaturkritiker in Erscheinung tritt.

Hast du den von mir verlinkten Text Brumliks gelesen? Hast du verstanden, warum ich ihn hier und an der speziellen Stelle eingeführt habe? Hast du inhaltlich an ihm etwas auszusetzen? Oder ist dir genauso wie Nader nur die Herkunft des Autors wichtig?

Gruß

Hallo,

Schade allerdings, dass man über dieses Thema
offensichtlich nicht diskutieren kann, ohne polemisch zu
werden.

Gut, dass du dies gleich im voraus ankündigst. *g*

Habe ich etwa polemisiert…?

Du musst seine Meinung nicht teilen, korrekt wiedergeben
schon. Denn dann sieht dieser Thread vollkommen anders aus,
als du es dir gedacht hast.

Das sehe ich nicht so. Im Gegenteil: Spiegels Rede ist in sich nicht stimmig. Erst beklagt er den Umstand, dass die Nicht-Juden immer von Juden die Absolution haben wollen, dass irgendein Sachverhalt nicht antisemitisch sei. Dies sei nicht Aufgabe der Juden („Was geht uns Juden der Antisemitismus an? … Der Antisemitismus betrifft uns, aber unser Problem ist er nicht.“). Dann folgt aber dein Zitat. Ich gebe zu, ich versteh’s nicht. Vielleicht kannst du mir das erklären, ich empfinde das als Widerspruch.

Hast du den von mir verlinkten Text Brumliks gelesen? Hast du
verstanden, warum ich ihn hier und an der speziellen Stelle
eingeführt habe? Hast du inhaltlich an ihm etwas auszusetzen?
Oder ist dir genauso wie Nader nur die Herkunft des Autors
wichtig?

Ja ich hab ihn gelesen. Und obwohl ich Lorenz‘ Diss nicht gelesen habe, kann ich Brumlik nicht zustimmen. Allein die folgende Passage:

Lorenz „…enthüllt die Persönlichkeit eines Autors, der seit Beginn seiner Karriere verbissen an der Aufwertung der deutschen Opfer und, damit verbunden, an der Abwertung und Vernachlässigung jüdischer Leidenserfahrung arbeitet, eine Tendenz, die endlich mit einer gewissen Notwendigkeit in den von antisemitischen Klischees durchzogenen Roman Tod eines Kritikers (2002) mündete.“

Ich kann in Kenntnis der frühen Schriften von Walser (insbesondere seiner Essays) nun wirklich nicht erkennen, wo das der Fall sein soll? In „Unser Auschwitz“?, in „Eiche und Angora“, in „Auschwitz und kein Ende“? Gut, was die „Vernachlässigung jüdischer Leidenserfahrung“ angeht, die hat Walser in „Ein springender Brunnen“ durchaus praktiziert. Aber er hat es programmatisch begründet und da wir keine Regelpoetik mehr haben, ist das aus meiner Sicht durchaus legitim.
Schließlich lese ich TeK als Roman über Gerüchte, Klatsch und Missgunst im Literaturbetrieb, der aber mitnichten von antisemitischen Klischees durchzogen ist. Wie siehst du das (ohne auf Brumlik zu verweisen)?

Zu guter Letzt noch einmal: Wie kann es sein, dass Walser Jahrzehnte lang von einem großen Publikum, von Literaturkritik wie Literaturwissenschaft gelesen wurde, aber bis 1998 niemand auch nur ein Fünkchen Antisemitismus in seinem Werk entdeckt hat? Plötzlich geschieht aber genau das. Ist das nicht ein komischer Zufall? Ich fürchte, dass da so etwas wie selektive Wahrnehmung, Verzerrung oder Political Correctness mit im Spiel ist. Wenn nicht, müssen wir noch mal 30 Jahre warten, dann Walser erneut lesen und kucken, was wir dann alles in seinem Werk entdecken…

Gruß

André

eher Walser
Hallo André,

es freut mich, dass du inhaltlich rangehst, das will ich gerne unterstützen.
Wir haben somit vier Themen (das Anfangsthema - mit dem Disput Greiner-Brumlik interessiert dich nicht, aber deine Themen sind wichtig genug, um umzusteigen).
Das erste ist die Deutung der Rede Spiegels.

Du musst seine Meinung nicht teilen, korrekt wiedergeben
schon. Denn dann sieht dieser Thread vollkommen anders aus,
als du es dir gedacht hast.

Das sehe ich nicht so. Im Gegenteil: Spiegels Rede ist in sich
nicht stimmig. Erst beklagt er den Umstand, dass die
Nicht-Juden immer von Juden die Absolution haben wollen, dass
irgendein Sachverhalt nicht antisemitisch sei. Dies sei nicht
Aufgabe der Juden („Was geht uns Juden der Antisemitismus an?
… Der Antisemitismus betrifft uns, aber unser Problem ist
er nicht.“). Dann folgt aber dein Zitat. Ich gebe zu, ich
versteh’s nicht. Vielleicht kannst du mir das erklären, ich
empfinde das als Widerspruch.

Der Passus, der Antisemitismus sei das Problem der Antisemiten, nicht der Juden selbst - ist eine rhetorische Floskel, er trägt etwas Sophistisches in sich. Einerseits entsteht der Antisemitismus in Köpfen der Antisemiten, Juden haben damit nichts zu tun. Andererseits bekommen sie die Folgen des Antisemitismus zu spüren, insofern müssen sie wohl oder übel sich damit beschäftigen. Wenn man diese Ambivalenz erkannt hat, bekommt diese Formel Züge eines Apells. Es wird von Spiegel hier nämlich erwartet, die Gesellschaft, die Mehrheit der Gesellschaft schütze ihre Minderheit (in diesem Fall Juden) von den feindseligen Gesinnungen (in diesem Fall Antisemitismus). Weiterhin, um dies zu tun, solle die Gesellschaft die antisemitischen Sprachmuster erkennen können, um sie als solche zu benennen und die Toleranz zu praktizieren. Hier kommt die Auflösung. Statt von der Minderheit zu lernen, was sie für sich beleidigend, ausgrenzend, benachteiligend empfindet, wird oft versucht, ihr dies vorzuschreiben. Genau dagegen wehrt sich Spiegel in dem zitierten Abschnitt. In der Summe kommt es auf dasselbe heraus - nämlich, derjenige hat vom Antisemitismus keine Ahnung, der einerseits die Juden braucht, um den Antisemitismus in einem Text zu bejahen oder zu verneinen und der andererseits denselben Juden vorschreiben will, was sie darunter verstehen mögen. Ist es klarer geworden?

Das zweite Thema - die Einstellung zum Artikel von Brumlik.

Hast du den von mir verlinkten Text Brumliks gelesen? Hast du
verstanden, warum ich ihn hier und an der speziellen Stelle
eingeführt habe? Hast du inhaltlich an ihm etwas auszusetzen?
Oder ist dir genauso wie Nader nur die Herkunft des Autors
wichtig?

Ja ich hab ihn gelesen. Und obwohl ich Lorenz‘ Diss nicht
gelesen habe, kann ich Brumlik nicht zustimmen.

Sorry, dann hast du meine Intention doch nicht verstanden. Mir ging es hier ausschliesslich um die Widerlegung des Artikels von Greiner - und das schafft Brumlik - aus meiner Sicht - vollkommen.

Und nun das dritte Thema - die Einstellung zu Walser.

Allein die
folgende Passage:

Lorenz „…enthüllt die Persönlichkeit eines Autors, der
seit Beginn seiner Karriere verbissen an der Aufwertung der
deutschen Opfer und, damit verbunden, an der Abwertung und
Vernachlässigung jüdischer Leidenserfahrung arbeitet, eine
Tendenz, die endlich mit einer gewissen Notwendigkeit in den
von antisemitischen Klischees durchzogenen Roman Tod eines
Kritikers (2002) mündete.“

Ich kann in Kenntnis der frühen Schriften von Walser
(insbesondere seiner Essays) nun wirklich nicht erkennen, wo
das der Fall sein soll? In „Unser Auschwitz“?, in „Eiche und
Angora“, in „Auschwitz und kein Ende“? Gut, was die
„Vernachlässigung jüdischer Leidenserfahrung“ angeht, die hat
Walser in „Ein springender Brunnen“ durchaus praktiziert. Aber
er hat es programmatisch begründet und da wir keine
Regelpoetik mehr haben, ist das aus meiner Sicht durchaus
legitim.
Schließlich lese ich TeK als Roman über Gerüchte, Klatsch und
Missgunst im Literaturbetrieb, der aber mitnichten von
antisemitischen Klischees durchzogen ist. Wie siehst du das
(ohne auf Brumlik zu verweisen)?

Brumlik geht von den Bewiesenheit der antisemitischen Untertöne bei Walser aus, er setzt sich damit gar nicht auseinander. Ich gehe genauso davon aus. Sogar H. Karasek hat das erkannt (http://www.welt.de/data/2005/07/30/752325.html), wie sein Beispiel mit dem Fragment aus der Rede Walsers von 1995 zeigt.
Auch der Kritiker R.Bucheli in NZZ ist mehr als nur vorsichtig mit dem Lob für die Dissertation von Lorenz: http://www.nzz.ch/2005/09/13/fe/articleD4VOE.html und hält es trotzdem für bewiesen (er will es allerdings verzeihen). Warten wir ab, bis die Dissertation zugänglich ist. Dann können wir gerne noch einmal pro et contra abwägen. Umsomehr dass es dir hoffentlich nur um die Zeit vor 1998 geht, was das vierte Thema bildet.

Zu guter Letzt noch einmal: Wie kann es sein, dass Walser
Jahrzehnte lang von einem großen Publikum, von Literaturkritik
wie Literaturwissenschaft gelesen wurde, aber bis 1998 niemand
auch nur ein Fünkchen Antisemitismus in seinem Werk entdeckt
hat? Plötzlich geschieht aber genau das. Ist das nicht ein
komischer Zufall? Ich fürchte, dass da so etwas wie selektive
Wahrnehmung, Verzerrung oder Political Correctness mit im
Spiel ist. Wenn nicht, müssen wir noch mal 30 Jahre warten,
dann Walser erneut lesen und kucken, was wir dann alles in
seinem Werk entdecken…

Darf ich dich so verstehen, dass du wenigstens in der Rede von 1998 „ein Fünkchen Antisemitismus“ erkennst? Wenn ja, dann kannst du den Ausdruck von dem „geistigen Brandstifter“ nachvollziehen, das Weitere wäre die Frage des langsamen Lesens, wie Lorenz in seiner Dissertation hoffentlich macht - angeblich eher mehr als weniger, eher einseitig als kontextbezogen, ob überzeugend oder nicht, werden wir noch sehen. Allerdings willst du den Roman „Tod eines Kritikers“ von allen Vorwürfen befreien und so sehe ich skeptisch die Möglichkeit der weiteren Auseinandersetzung zum Thema.

Gruß