Hochbegabung

Hallo,
da gibt es etwas, was mich imer wieder wundert: Hier (und selbstverst"andlich auch andernorts) lese ich immer wieder von hochbegabten Kindern. Wenn man hier so mitliest (’‚Ja, ich habe auch einen hochbegabten Sohn, und da ist es so, dass…‘’) kommt man zu dem Schluss, dass Hochbegabung etwas sehr h"aufiges ist, so oft und so selbstverst"andlich wird dar"uber geschrieben.
Warum habe ich dann in meinem ganzen Leben nie einen hochbegabten Menschen kennen gelernt? In der Schule nicht (gut, nicht weiter verwunderlich, war ein mittelm"assiges Provinzgymnasium), aber auch im Studium nicht, und auch heute nicht. Ich kenne ein paar Leute, die richtig schlau sind, mein Chef z.B., und ein Kollege von mir, der zudem noch aussergew"ohnlich gebildet ist. Aber hochbegabt? Ich verstand bislang unter ‚‚hochbegabt‘‘ Leute wie Gauss, Leibniz, Leonardo da Vinci, Bach, Mozart, Kasparov (im Sport kenne ich micht nicht so aus, aber vielleicht Boris Becker und Steffi Graf, die hoben sich ja auch fr"uh deutlich aus der Masse tennisspielender Kinder hervor). Aber solche Begabungen sind doch "ausserst selten, oder nicht? Was versteht man denn jetzt eigentlich unter ‚‚hochbegabt‘‘?

Ratlos…

Links
Hallo,

Was versteht man denn jetzt eigentlich unter ‚‚hochbegabt‘‘?

http://www.klugekinder.bwk.at/klukidateien/hochbegab…
http://home.t-online.de/home/uta.til/hoch1.htm
http://www.psychotherapie.de/report/2000/10/00102001…
http://www.hochbegabungs-links.de/
http://www.begabten-foerderung.de/hochbegabung.htm
http://www.schulberatung.bayern.de/llhob.htm

Alles sehr lesenswert mit weiterführenden Links.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo, Gnlwth!

Die Links von Thomas sind klasse - da wirst du fast alles Wissenswerte über Hochbegabte finden. Nur noch kurz zur Erklärung: eine allgemeine Hochbegabung ist etwas deutlich anderes als eine Hochbegabung, die sich auf einen speziellen Bereich bezieht. Wenn du beispielsweise Musiker, Sportler etc. nennst, dann sind die Menschen (meistens) in einem ganz bestimmten Leistungsbereich besonders begabt - das ist etwas anderes.

Und zum Thema noch nie jemanden getroffen, der hochbegabt ist: Damit geht man für gewöhnlich auch nicht Hausieren, weder wenn es die eigenen Kinder noch wenn es einen selbst betrifft (Himmel, welch ein Deutsch!). Hat immer ein bißchen was von „Angeben-Wollen“ und ist nicht unumstritten. Tatsächlich gehen neuere Forschungen aber von einem Prozentsatz zwischen 5 und 10% Hochbegabter pro Jahrgang(!) aus, und das sind dann schon eine ganze Menge.

Freundlichen Gruß vom
Sams

Hallo,

Warum habe ich dann in meinem ganzen Leben nie einen
hochbegabten Menschen kennen gelernt?

Nun, viele „verkannte Genies“ sind eben nicht als Hochbegabt zu erkennen. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass du eine/n Hochbegabte/n kennst, ohne es zu ahnen…

Viele hb’s landen - leider - nicht auf dem Gynmasium, sondern in Haupt- und Sonderschulen und müssen sich mühsam ihren Weg erkämpfen :frowning:
Leider trifft es dabei oftmals diejenigen, die einen IQ von über 140 haben, weil sich ihr Weltbild zu stark von dem „normaler“ Kinder unterscheidet und sie deswegen nicht damit klarkommen, in einer „normalen“ Schule zu sein.

Ich hab irgendwo mal folgendes (so in etwa) gelesen:
Für ein Kind, das einen IQ von 140 hat und das in eine „normale“ Grundschule geht, ist die Unterforderung so groß wie für einen „normalen“ Erwachsenen, der in einer Betreuungseinrichtung für geistig Behinderte leben müsste.
(Dies soll ausdrücklich k e i n e Abwertung von geistig Behinderten sein, sondern nur das Verhältnis darstellen!!)

Hier noch einige Links:

www.tate.at
http://f23.parsimony.net/forum53365/index.htm
http://members.tripod.de/PfiffiKids/
www.juniormensa.de
www.idera.de
www.giftedchildren.net
http://www.hochbegabung-vulkan.de/forum/index.html

Sind alles Diskussionsforen, also Schilderungen von betroffenen Eltern u. Jugendlichen.

Viele Grüße,
Nina

Na ja, ich glaube nicht, dass man vom Intelligenzquotient auf Hochbegabung schliessen kann, zumindest verstehe ich darunter etwas anderes (nach wie vor, auch, wenn ich die Definitionen aus den Links jetzt gelesen habe). Jemand, der sehr intelligent ist, ist noch lange nicht hochbegabt - dazu geh"ort meiner Meinung nach noch mehr, z.B. ein nahezu unstillbarer Wissensdurst, oder Tatendrang. ‚‚Schlaue‘‘ Leute gibt es viele, da kenne ich ja auch einige, aber Leute mit einem ‚‚Trieb‘‘, der sie eben "uber die anderen heraushebt, kenne ich eigentlich nicht - das kann einfach nicht sein, dass das 10 % eines Jahrgangs sind - das ist ja geradezu inflation"ar! Da m"usste ja die ganze Welt voll mit Genies sein??!

Leider trifft es dabei oftmals diejenigen, die einen IQ von
über 140 haben, weil sich ihr Weltbild zu stark von dem
„normaler“ Kinder unterscheidet und sie deswegen nicht damit
klarkommen, in einer „normalen“ Schule zu sein.

Ich hab irgendwo mal folgendes (so in etwa) gelesen:
Für ein Kind, das einen IQ von 140 hat und das in eine
„normale“ Grundschule geht, ist die Unterforderung so groß wie
für einen „normalen“ Erwachsenen, der in einer
Betreuungseinrichtung für geistig Behinderte leben müsste.
(Dies soll ausdrücklich k e i n e Abwertung von geistig
Behinderten sein, sondern nur das Verhältnis darstellen!!)

??? Glaube ich nicht. Nur, wenn eben wirklich Hochbegabung vorliegt. Ich glaube, man kann auch trotz eines IQ>130 ein normaler Mensch sein. Ich habe z.B. mal im Internet einen IQ-Test gemacht (nat"urlich ist die Aussagekraft da beschr"ankt, es wird ja nicht von einem Psychologen durchgef"uhrt) und da hatte ich 150. Das muss nat"urlich nicht stimmen, aber unter 130 falle ich dann wohl eher nicht so schnell. In keiner der Schilderungen in den Links von Thomas habe ich mich wiedererkannt. Ich bin kein Sozialkr"uppel, ich bin keine Intellektuelle (igitt), ich habe eine ganz normale Schullaufbahn, ich f"uhle mich h"aufig (eigentlich immer) durch das Universum "uberfordert (ich bin Astrophysikerin), und wenn ich die Wahl habe, am Wochende ins Institut zu gehen, oder mit ein paar Freunden vor dem Fernseher ein paar Biere zu trinken, dann bleibe ich doch lieber daheim. Das ist es eben, was ich meine, IQ bedeutet nichts. Hochbegabung muss irgendwie etwas anderes sein.

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Danke f"ur die Links. Die widersprechen sich aber auch hin und wieder, oder? Ich finde es z.B seltsam, dass 10% eines Jahrgangs hochbegabt sein sollen. So viele Kinder, die mit zwei Jahren interesse an Buchstaben und Zahlen zeigen, gibt es doch gar nicht?!

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

Danke f"ur die Links.

Gern geschehen.

Die widersprechen sich aber auch hin und wieder, oder?

Das ist nur natürlich bei psychologischen Themen und insbesondere bei diesem Thema.

Ich finde es z.B seltsam, dass 10% eines Jahrgangs hochbegabt
sein sollen. So viele Kinder, die mit zwei Jahren interesse an
Buchstaben und Zahlen zeigen, gibt es doch gar nicht?!

Das liegt an der Grauzone. Und so viel ist 10% auch nicht: Bei vier Schulklassen (à 30 Schüler) ist ein einziger Hochbegabter dabei - im Durchschnitt.

Aber ich würde mich an der Ziffer 10 nicht festklammern, denn so etwas wie „Begabung“ kann man ja nicht wiegen wie Äpfel oder Birnen. „Mensa“ geht von einem IQ von 130 aus, den man erreicht haben muss, um dort Mitglied zu werden. Einen solchen IQ haben aber nur 2% (!) der Bevölkerung, nicht 10. Hochbegabung kann man nicht daran festmachen, ob jemand einen IQ von 129 oder einen von 131 hat. So scharf ist die Grenze nicht. Und die Frage, wie weit man die Definition genau ziehen will , bleibt den Interpreten überlassen.

Wichtig aber erscheint mir, dass es immer noch zu häufig vorkommt, dass Hochbegabungen nicht nur nicht gefördert, sondern quasi zerstört werden. Das betrifft die IQs von 140 genauso wie die von 120.

Ich schätze, dass man für eine angemessene Definition der Grauzone sich diese etwa folgendermaßen denken muss:
2% Klare Hochbegabung
3% Unklare Hochbegabung
10% Grauzone
70% Normal
10% Grauzone
3% Unklare Minderbegabung
2% Klare Minderbegabung .

Unabhängig davon darf es nicht darum gehen, den Minderbegabten die Entwicklungsmöglichkeiten zu nehmen, sondern es muss lediglich bei den Verantwortlichen ein Gespür dafür geweckt werden, dass es auch oberhalb der 10prozentigen Grauzone Menschen gibt, die in ihrer Entwicklung noch weiter gefördert werden können.

Und: Dass Hochbegabte keinen Förderer finden, ist schon schlimm genug. Dass sie als Exoten in untere Bereiche abgedrängt werden, ist ein Skandal.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Na ja, ich glaube nicht, dass man vom Intelligenzquotient auf
Hochbegabung schliessen kann, zumindest verstehe ich darunter
etwas anderes (nach wie vor, auch, wenn ich die Definitionen
aus den Links jetzt gelesen habe). Jemand, der sehr
intelligent ist, ist noch lange nicht hochbegabt - dazu
geh"ort meiner Meinung nach noch mehr, z.B. ein nahezu
unstillbarer Wissensdurst, oder Tatendrang. ‚‚Schlaue‘‘ Leute
gibt es viele, da kenne ich ja auch einige, aber Leute mit
einem ‚‚Trieb‘‘, der sie eben "uber die anderen heraushebt,
kenne ich eigentlich nicht - das kann einfach nicht sein, dass
das 10 % eines Jahrgangs sind - das ist ja geradezu
inflation"ar! Da m"usste ja die ganze Welt voll mit Genies
sein??!

Man kann vom Intelligenzquotienten her nicht darauf schließen, dass das Kind einmal ein „Wunderkind“ (ich kann diesen Begriff übrigens nicht ausstehen) wird oder dass es Probleme wegen Unterforderung geben wird.

Im Internet werden ja häufig nur die „Problem-Hochbegabten“ (finden keine Freunde, langweilen sich immer schrecklich, intelligent aber schlechte Schulleistungen, verzweifelt…) und die „Muster-Hochbegabten“ (Eliteschule, Klassen überspringen…) dargestellt. Es gibt aber immer noch jene, die „nur“ sehr clever sind, aber weder Probleme haben noch extremst durch ihr Wissen auffallen.

Es ist ja bei den „Normalbegabten“ auch so: Da gibt es welche, die sehr viel erreichen und solche, die weniger viel erreichen, obwohl der IQ jedesmal, sagen wir, 110 ist.
Da gibt es die motivierten und die faulen, die eigenbrötlerischen und die sozialen…

Es hängt also auch sehr viel von der Persönlichkeit ab, von den Interessen, vom Umfeld und so weiter…

Bei den Hochbegabten fällt das nur deutlicher auf, weil es da leichter zu Problemen kommen kann.
Wenn ein Kind in die Schule kommt, sich schon drauf freut endlich zu den „Großen“ zu gehören - und dann feststellt, dass alles „so schrecklich langsam“ ist, dass sich niemand für das interessiert wofür man sich selber so sehr interessiert - dann wird es natürlich zu Problemen kommen.

Du warst zum Beispiel auf dem Gymnasium (sonst würdest du jetzt nicht Physikerin sein).
Wärst du z. B. durch einen unglücklichen Zufall auf die Hauptschule gekommen - wer weiß, ob es dann nicht Probleme hätte geben können, weil du dich gelangweilt hättest?

Gruß,
Nina

ups…off topic…

Das liegt an der Grauzone. Und so viel ist 10% auch nicht: Bei
vier Schulklassen (à 30 Schüler) ist ein einziger Hochbegabter
dabei - im Durchschnitt.

Hallo Thomas,

ähm…also, wenn ich 4 Klassen à 30 Schüler habe, sind das zusammen 120. Und 10 % von 120 wären doch 12, oder???

Und wenn es 2 % „klare“ Hochbegabte sind, dann sind es auch mindestens 2 pro Jahrgang, oder?

oder wie kommst du jetzt auf einen einzigen Hochbegabten, Thomas?

Gruß
Uschi (die mathematisch eher unterbegabt ist…)

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Erwischt!
Hallo Uschi,

ähm…also, wenn ich 4 Klassen à 30 Schüler habe, sind das
zusammen 120. Und 10 % von 120 wären doch 12, oder???

ich schließe mich der Unterbegabung an.

Aber eine kleine Entschuldigung habe ich doch:
… Es ist heiß und vor meinem Fenster gräbt eine ganze Kolonne von Baumaschinen die gesamte Straße auf. Und dann muss ich meine Kinder vom Kindergarten abholen. Und wir bekommen heute abend noch Besuch, für den ich noch etwas besorgen muss. …

Alles wahr, aber natürlich kein wirklicher Grund für eine solche Schlamperei! Ich kapituliere und gestehe, falsch gerechnet zu haben. Sorry, sorry, sorry!

Ich werde versuchen, mich zu bessern. *shame*

Trotzdem herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Gnlwth,
ich kann mich oft des Eindrucks nur mit Mühe erwehren, dass vielfach solche „Schubladen“ wie Hochbegabung, Hyperaktivität, Legasthenie und deren mathematische Entsprechung oft nur als Feigenblatt für elterliches Versagen dienen müssen. Das beruhigt so schön, wenn man das undiskutable Verhalten seines unerzogenen Nachwuchses mit einem „klinischen Befund“ verbrämen kann.
Oft genug mangelte es ganz schlicht an ausreichender elterlicher Zuwendung, an Förderung des Kindes von klein auf. Statt dessen wird man erst dann aufmerksam, wenn sich auffällige Normabweichungen zeigen.
Dann solls die Wissenschaft richten, so wie man ja auch ein kaputtes Auto von seinen „Kinderkrankheiten“ kurieren kann.
Dann werden auffällige Kinder mit Psychopharmaka zugedröhnt, was zwar die Symptome dämpft, aber die Ursachen nicht mehr beseitigen kann.
Oder bin ich ganz einfach zu altmodisch, um das alles richtig verstehen zu können?
Grüße
Eckard.

Hallo Gnlwth,
ich kann mich oft des Eindrucks nur mit Mühe erwehren, dass
vielfach solche „Schubladen“ wie Hochbegabung, Hyperaktivität,
Legasthenie und deren mathematische Entsprechung oft nur als
Feigenblatt für elterliches Versagen dienen müssen. Das
beruhigt so schön, wenn man das undiskutable Verhalten seines
unerzogenen Nachwuchses mit einem „klinischen Befund“
verbrämen kann.

Sicher, es dr"angt sich einem quasi auf, vor allem, weil man es irgendwie nicht ganz glauben kann, dass 10% der Menschheit hochbegabt sein soll. Wenn das Kind in der Schule Desinteresse zeigt oder unsoziales Verhalten an den Tag legt, dann gibt es zwei Gr"unde - es ist schlecht erzogen bzw. dumm, oder hochbegabt. Vor diese Alternativen gestellt f"allt die Wahl wohl nicht schwer, oder?

Oft genug mangelte es ganz schlicht an ausreichender
elterlicher Zuwendung, an Förderung des Kindes von klein auf.
Statt dessen wird man erst dann aufmerksam, wenn sich
auffällige Normabweichungen zeigen.
Dann solls die Wissenschaft richten, so wie man ja auch ein
kaputtes Auto von seinen „Kinderkrankheiten“ kurieren kann.
Dann werden auffällige Kinder mit Psychopharmaka zugedröhnt,
was zwar die Symptome dämpft, aber die Ursachen nicht mehr
beseitigen kann.

Ich glaube, das Problem f"angt schon vorher an - warum ist es denn so schwer, zuzugeben, dass ein Kind halt nicht intelligent, oder begabt, oder interessiert, oder was auch immer ist?! Warum k"onnen Eltern nicht akzeptieren, wenn ein Kind schlichtweg ‚‚dumm‘‘ ist, oder kein Interesse? Bei Erziehungsfehlern verstehe ich es ja noch, denn sich einzugestehen, dass das eigene Kind vollkommen verzogen ist, bedeutet (oft) eigene, eventuell vermeidbare Fehler zuzugeben (was nat"urlich schwerf"allt). Aber f"ur mangelnde (intellektuelle) F"ahigkeiten kann doch kein Mensch was! Man kann auch nicht schneller rennen, als man eben kann, und auch der Geist hat Grenzen. Warum ist es f"ur so viele Leute so schwierig, das anzuerkennen?

Damit will ich auf gar keinen Fall abstreiten, dass auff"allige Kinder nicht auch aufgrund von Unterforderung so sind, wie eben andere Kinder aus purer Dummheit, und dass es unendlich wichtig ist, beiden die richtige F"orderung angedeihen zu lassen.
Es kann aber auch nicht angehen, das jeder, der sich danebenbenimmt, sein Verhalten mit Hochbegabung rechtfertigt.

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@ Gnlwth & Eckard
Hallo, Gnlwth & Eckard!

Es gibt tatsächlich wissenschaftlich festgelegte Richtlinien, nach denen Hochbegabung „gemessen“ wird. Es geht nicht darum, ob Eltern von ihren Kindern eben nur behaupten, sie seien besonders schlau. Ähnlich verhält es sich mit Hyperaktivität, Legasthenie und anderen Diagnosen. Jeder Arzt/Lehrer/Psychologe wäre verantwortungslos, wenn er ein Kind nur aufgrund der Einschätzung von Eltern für das eine oder andere halten würde. Aber: Bei nahezu jedem Kind, das aus irgendeinem Grund nicht der gängigen „Norm“ entspricht, wird den Eltern früher oder später vorgeworfen, bei der Erziehung Fehler gemacht zu haben, schlimmstenfalls versagt zu haben. Warum ist es so schwer zu akzeptieren, daß wir Menschen nunmal verschieden sind, und JEDER einen Anspruch darauf hat, seinen Fähigkeiten entsprechend gefördert und unterstützt zu werden? Warum haben die meisten Eltern von Nicht-Durchschnitts-Kindern (gibt es die überhaupt? *grübel*) mit dem Vorurteil zu kämpfen, daß sie ihr Kind nur richtig erziehen müßten, dann gäben sich etwaige Auffälligkeiten und Probleme schon von allein?
Sicher, in den letzten Jahren häufen sich die Berichte in den Medien über z.B. Hyperaktivität, Hochbegabung etc. Aber das liegt IMHO hauptsächlich daran, daß die Forschung in diesem Bereich noch verhältnismäßig jung ist - da sind die Medien schnell dabei. Es gibt immer wieder „Mode-Wellen“, was die Entwickung und Erziehung von Kindern angeht. Aber das ist ja nicht gleichbedeutend damit, daß es diese Diagnosen nicht gibt, sondern nur ein Zeichen dafür, daß ein verstärktes Interesse daran vorhanden ist.
Die Vorurteile, mit denen Eltern von Kindern zu kämpfen haben, sind Legion. Ich behaupte, alle Eltern wollen nur das Beste für ihr Kind - und man macht es ihnen nicht einfacher, wenn man ihnen beständig vorwirft, nur „richtig“ erziehen zu müssen, dann würden sich etwaige Auffälligkeiten schon ganz von allein geben.

Freundlichen Gruß vom
Sams

Intelligenz und Verhaltensauffälligkeiten
Moin Sams,

ich denke die Probleme entstehen eher durch die Begriffswahl „Hochbegabung“. Das macht doch arg den Anschein, als soll hier was schöngeredet werden.

Zur Erläuterung: Der Begriff Hochbegabung fällt häufig im Zusammenhang mit überdurchschnittlich intelligenten Kindern, die in einer Weise verhaltensauffällig sind, dass sie nicht mehr in der Lage sind, an einem normalen Schulalltag teilzunehmen. Da drängt sich einem zwangsläufig die Frage auf: Ist überdurchschnittliche Intelligenz automatisch mit einer einer derart schweren Verhaltensstörung verbunden ? Ich denke nein. Viele Kinder, die ebenfalls überdurchschnittlich intelligent sind, werden die Schule sicher normal durchlaufen (oder eben hin und wieder eine Klasse überspringen).

„Hochbegabung“ assoziiert aber (für mich zumindest) erstmal etwas positives. Ich (und viele andere sicher auch) fragen sich dann aber, wieso überdurchschnittlich intelligente Kinder, die stark verhaltensauffällig sind „hochbegabt“ sein sollen und andere (normal oder unterdurchschnittlich intellligente Kinder) in diesem Fall einfach verhaltensgestört.

Bitte versteh mich nicht falsch, ich bin auf jeden Fall dafür, dass ein Kind eine entsprechende Förderung erfährt, wenn es aus irgendeinem Grund nicht in der Lage ist, sich in einen normalen Schulalltag zu integrieren. Nur stören mich etwas diese unterschiedlichen Wertigkeiten aufgund der gemessenen Intelligenz.

Ich denke auch nicht, dass hier primär den Eltern eine falsche Erziehung angelastet werden soll. Aber man sollte schon auch der Frage nachgehen dürfen, warum manche intelligenten Kinder eben stark verhaltensauffällig sind und andere nicht.

Gruss
Marion

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Hallo, Marion!

Es ging mir in meiner Antwort nicht allein um hochbegabte Kinder (vielfach wird auch die Bezeichnung „besonders befähigt“ genutzt - vielleicht ist dieser Begriff treffender?). Ich meinte nur aus den Postings von Gnlwth und Eckard herauszuhören (vielleicht fälschlicherweise), daß Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern - gleich welcher Art - eben in den meisten Fällen ein reines Erziehungsproblem darstellen. Und diese Verallgemeinerung wollte ich ein wenig relativieren.

Im Grunde ist es doch vollkommen egal, warum ein Kind Schwierigkeiten im Schul- oder Sozialleben hat: Es braucht Hilfe und Unterstützung, damit es sich entsprechend zurechtfindet. Dabei ist es in meinen Augen gleichgültig, ob diese Schwierigkeiten aufgrund einer Minder- oder Hochbegabung, einer Lernschwäche oder anderen Diagnosen entstehen. (Hier sind wir wohl gar nicht soweit voneinander entfernt, vermute ich.)

Zur Erklärung meiner persönlichen Empfindlichkeit vielleicht noch dies: Mein jüngerer Sohn gilt als hochbegabt, hat aber (bisher) keinerlei Verhaltensauffälligkeiten gezeigt. Er ist vorzeitig eingeschult worden und kompensiert seine zeitweise schulische Unterforderung in der Freizeit. Aber selbst dafür darf ich mir gelegentlich anhören, ich überfordere mein Kind, wolle eigene Unzulänglichkeiten über ein „Pushen“ der eigenen Kinder kompensieren (Stichwort „Eislauf-Mutti“, sagt dir das was?). Es ist anstrengend und entmutigend zugleich, dies immer wieder rechtfertigen und erklären zu sollen/müssen.
Die andere Seite kenne ich durchaus auch: mein älterer Sohn ist keineswegs besonders begabt, hat aber aufgrund einer Schwerhörigkeit durchaus seine Probleme im Umgang mit anderen - auch im Schulalltag. Ergo: Ganz gleich, warum ein Kind sich nicht „durchschnittlich“ verhält - ihm steht Hilfe und Förderung zu. Ich wehre mich einzig und allein dagegen, daß irgendwelche Diagnosen so dargestellt werden, als seien sie willkommene Entschuldigungen der Eltern für erzieherisches Versagen. Das mag vorkommen, ist aber wohl die Ausnahme, die die Regel bestätigt.

Vielleicht hatte ich die Postings von Gnlwth und Eckard schlicht falsch verstanden, aber Gnlwth machte schon recht deutlich, daß - auch nach dem Lesen der Links zum Thema - sie an diese Definition von Hochbegabung nicht glaubt und eher eine willkommene Entschuldigung der Eltern unterstellt. Und dies trifft nach meinen Erfahrungen halt nur selten zu.

Freundlichen Gruß vom
Sams

Hochbegabung ist halt ‚modisch‘
Hi!

Als nicht Betroffener (weiß ich nicht: Ich halte meinen Zwerg zwar für sehr clever, aber aufgrund nicht vorhandener Probleme sehe ich keinen Handlungsbedarf) will ich mich auch mal zu Wort melden.

Im Grunde ist es doch vollkommen egal, warum ein Kind
Schwierigkeiten im Schul- oder Sozialleben hat: Es braucht
Hilfe und Unterstützung, damit es sich entsprechend
zurechtfindet.

Ich gebe Dir absolut Recht!

Allerdings mal ein Beispiel von mir:
Der Sohn einer Freundin ist mit seinen fast vier Jahren motorisch sehr weit fortgeschritten. Sprachlich allerdings hinkt er extrem zurück (Zitat seiner Mutter: Er spricht jetzt schon Fünf-Wort-Sätze). Außerdem nuschelt er ganz furchtbar. Seit ca. einem Jahr besucht er regelmäßig eine Logopädin.

Ich weiß nicht warum, aber seit einiger Zeit setzt diese Logopädin der Mutter dauernd den Floh ins Ohr, er sei bestimmt hochbegabt. Als Beispiel bringt sie dann einen Fünfjährigen aus den Staaten, der überhaupt nicht spricht, aber schon ganz toll mit dem Compi umgehen kann (dass er schon Programme schreibt, für die man lesen und schreiben können muss, verschweigt sie).
Jetzt mal das Wochenprogramm des Kleinen:

Montag: Vormittags eine Kindergruppe (Kindergarten lehnt die Mutter ab - „normale“ Erzieherinnen haben ja eh keine Ahnung!)
Dienstag: Logopädie
Mittwoch: Fußball
Donnerstag: Logopädie
Freitag: Turnen

Statt sich täglich intensiv um eine verbale Kommunikaion zu bemühen (einfaches MIT DEM KIND REDEN meine ich), und ihm einen „Freiraum“ zu lassen, wird seine Woche voll verplant! Die Logopädin findet das ganz toll - er muss ja gefördert werden!

Verstehe mich nicht falsch: Aber da denke ich schon ein wenig an die berühmte Eiskunstlaufmutter!

Das ist natürlich ein Einzelfall

Liebe Grüße
Guido

2 Like

Liebe Sams,
ich f"urchte, in einigen Punkten hast Du mich missverstanden - vielleicht habe meinen Standpunkt auch ein bisschen zu wirr vertreten. Also:

Ich meinte nur aus den Postings von Gnlwth und
Eckard herauszuhören (vielleicht fälschlicherweise), daß
Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern - gleich welcher Art -
eben in den meisten Fällen ein reines Erziehungsproblem
darstellen. Und diese Verallgemeinerung wollte ich ein wenig
relativieren.

Nein, das habe ich nicht geschrieben, ich schrieb, dass (oft) Erziehungsfehler nicht zugegeben werden, die -eventuell- vermeidbar gewesen w"aren. Das macht keine Aussage "uber Kinder, die in einer liebevollen Umbegung aufwachsen, gef"ordert werden, und die sich trotz allem daneben benehmen, oder nicht sonderlich intelligent sind. Hier habe ich weiter bemerkt, dass Eltern, vor die Wahl gestellt, dieses Verhalten mit Hochbegabung zu rechtfertigen oder zuzugeben, dass die Kinder ‚‚halt dumm sind‘‘, deutlich eher zu ersterem greifen w"urden - was ich nicht verstehe.

Im Grunde ist es doch vollkommen egal, warum ein Kind
Schwierigkeiten im Schul- oder Sozialleben hat: Es braucht
Hilfe und Unterstützung, damit es sich entsprechend
zurechtfindet. Dabei ist es in meinen Augen gleichgültig, ob
diese Schwierigkeiten aufgrund einer Minder- oder
Hochbegabung, einer Lernschwäche oder anderen Diagnosen
entstehen.

Absolut richtig. Ich w"urde aber immer sagen - das Wichtigste ist, dass das Kind gl"ucklich wird, lernt, selbst"andig zu denken, Verantwortung f"ur das eigene Handeln zu "ubernehmen, sich in der Gesellschaft nicht nur zurechtzufinden, sondern auch den eigenen Standpunkt zu ‚‚verteidigen‘‘ - also, ein gl"uckliches Individuum zu sein. Das ganze intellektuelle/musische/sportlich Beiwerk sollte meiner Meinung nach nur (mit Nachdruck) gef"ordert werden, wenn es dem Kind wirklich Spass macht, und zu den Prim"arzielen der Erziehung beitr"agt.

Ich wehre mich einzig und allein dagegen, daß
irgendwelche Diagnosen so dargestellt werden, als seien sie
willkommene Entschuldigungen der Eltern für erzieherisches
Versagen. Das mag vorkommen, ist aber wohl die Ausnahme, die
die Regel bestätigt.

Und genau das glaube ich eben nicht. Hochbegabung - das l"asst sich ja schon am Wort ableiten - muss eine ganz grosse Ausnahmesituation sein, eine 30sigma Abweichung quasi. Sonst heisse es nicht hochbegabt, sondern ‚‚etwas schlauer als der Durchschnitt‘‘ (wenn die Verteilung sehr breit ist, f"allt das ja nicht schwer). Menschen, die sich wirklich deutlich aus der Masse abheben und daraus ein Recht auf Sonderbehandlung ableiten k"onnen, gibt es eben nicht so viele. Man kann h"ochstens sagen (und ich glaube, darin stimmen wir "uberein), jeder Mensch, jedes Kind hat ein Recht auf Sonderbehandlung, da jedes Kind einzigartig ist. Dann wird aber der Begriff ‚‚hochbegabt‘‘ obsolet.

Gnlwth machte schon recht
deutlich, daß - auch nach dem Lesen der Links zum Thema - sie
an diese Definition von Hochbegabung nicht glaubt und eher
eine willkommene Entschuldigung der Eltern unterstellt. Und
dies trifft nach meinen Erfahrungen halt nur selten zu.

Ja, richtig, das unterstelle ich, da ich auch immer wieder sehe, dass es Eltern schwerf"allt -nicht nur Erziehungsfehler, davon will ich ja gar nicht mehr sprechen- sondern auch die (genetisch bedingte??) mangelnden (sozialen) F"ahigkeiten eines Kindes, Verhaltensauff"alligkeiten, was auch immer hinzunehmen (weil es daf"ur vielleicht auch einfach gar keinen Grund gibt?!), ohne sich selbst und der Umwelt einreden zu m"ussen, das Kind sei ja ‚‚in Wahrheit‘‘ einfach nur viel toller als die anderen (das typische verkannte Genie). Und ich str"aube mich auch, weil die angebliche H"aufigkeit von Hochbegabten vollkommen von meiner Erfahrung divergiert. Das kann doch nicht sein, dass alle Welt hochbegabte Kinder hat (Du ja offensichtlich auch), und ich lerne nie mal eins kennen?! Mein Umfeld bietet diesbez"uglich keine negative Selektion (denke ich), ich meine, ich arbeite nicht an einem Ort, wo man sagen w"urde klar, dass Du da niemanden triffst, der hochbegabt ist. Ich war in der Schule, ich habe studiert, ich habe Verwandte und Freunde und Bekannte und Kollegen, und meine Freunde haben zum Teil Kinder, und ich kenne nicht einen einzigen Menschen, den ich f"ur hochbegabt halten w"urde. Daher (und das war ja auch die Ausgangsfrage meines ersten Postings) stammt meine immense Verwunderung, und daher stammt auch meine Neigung, ‚‚Hochbegabung‘‘ als Rechtfertigung f"ur Sonderbehandlung zu sehen.

Damit m"ochte ich keinem zu nahe treten, und zugleich unterstreichen, dass ich nicht der Meinung bin, nur, weil ich keine Hochbegabten kenne, g"abe es keine.

Gruss, Steffi

Hallo Eckhard,

bei Hochbegabung und Hyperaktivität könnte ich deine Rede von dem undiskutablen Verhalten eines unerzogenen Nachwuchses noch halbwegs verstehen, weil diese Kinder eben durch auffälliges Verhalten rüberkommen.
Ein Legastheniker macht nur beim schreiben Fehler, der fällt in der Normgesellschaft ja nur dann auf…wenn er was schreibt und das wird er natürlich eher vermeiden.

Ich würde keinem Kind oder Erwachsenen eine Schreibschwäche durch sein Verhalten ansehen.

Grüße
Kerbi

Danke für deine Stichelei
Hallo Gnlwth,

ich fand deinen Artikel herzerfrischend.
Das Thema „hochbegabt“ ist momentan in Mode und es wimmelt geradezu von hochbegabten Kindern.

Interessanterweise kommt ein Hinweis auf eine mögliche Hochbegabung häufig, wenn jemand von Schwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten seines Kindes berichtet.

Hinweise auf auf psychische Störungen und organische Erkrankungen kommen seltener, es sei denn es handelt sich um Aufmerksamkeitsstörungen (auch in Mode).

Worauf ich warte wäre ein Satz wie dieser: „Möglicherweise ist dein Kind ein Minderleister und es wäre besser, wenn es in der Schule zurückgestuft wird.“.

Die Ursache ist klar. Alle Eltern wünschen sich schöne, gesunde und hochintelligente Kinder.

Genauso erheiternd finde ich deinen Hinweis auf die Häufigkeit des Phänomens. Bei Anteilen von 2 bis 10 %, je nach Definition, halte ich den Ausdruck hochbegabt für irreführend. Eigentlich sind es nur überdurchschnittlich intelligente Kinder.

Insgesamt würde ich sagen, dass es sich um einen Mythisch überhöhten Sachverhalt handelt.
Es gibt intelligente Kinder, sehr intelligente Kinder und extrem selten „Wunderkinder“. Und manchmal haben solche Kinder auch Probleme.

Wenn also demnächst Eltern etwas von ihrem hochbegabten Kind erzählen, dann frage sie, ob das Kind irgend etwas genauso gut oder besser kann als du. Wenn dann die empörte Antwort kommt, dass es ja doch noch ein Kind sei, dann kann es mit der Hochbegabung nicht so weit sein.

Gruß
Carlos