Kommunikationsstörung
Hallo,
den kommentar des ersatzherrchens "zwei hunde an der leine
sind halt immer so ein problem" hab ich mit „na, das darf
eigentlich nicht passieren“ pariert.
Und damit liegst du leider komplett daneben. Die Leine hindert Hunde an normaler Kommunikation. Und das schon lange BEVOR sie überhaupt auf Schnüffeldistanz herangekommen sind.
Sobald Hunde sich sehen, beginnen sie zu kommunizieren. Dabei reagieren sie entweder mit Vorwärtsdrang oder indem sie versuchen, die Distanz zu vergrößern. Das kann auch in kleinen Gesten passieren: Der Hund legt die Ohren zurück, macht die Mundwinkel lang, nimmt den Kopf etwas nach unten.
Und hier beginnt das erste Problem: Ein am Halsband angeleinter Hund wird durch die Leine nach oben gezogen. Dadurch erscheint er dem Gegenüber in „Angriffspose“, obwohl der Hund möglicherweise eigentlich Distanzvergrößerung und Beschwichtigung zeigt. Ein am Geschirr angeleinter Hund wird am Rücken nach oben gezogen und wird dadurch zu einer Verlagerung des Körperschwerpunkts gezwungen. Das lässt beim anderen den Eindruck entstehen, der Artgenosse zeige distanzvergrößerndes Verhalten, obwohl dieser möglicherweise genau das Gegenteil tut.
Nun bestimmen die Hundeführer die Richtung. In aller Regel nähern sie sich relativ frontal, was Hunde unangeleint nur dann tun, wenn sie auf Konfrontation aus sind.
Bevor die Hunde nun also einander gegenüberstehen, gab es u.U. schon haufenweise Missverständnisse und Kommunikationsstörungen.
In diesem Kontext hat der Rüde sich völlig korrekt verhalten, indem er geknurrt hat. Knurren ist eine Warnung, die eingesetzt wird, wenn andere Warnsignale ignoriert wurden. Deine Hündin hat dies entweder also bereits bewusst getan oder sie wurde aufgrund der Leinensituation missverstanden.
Dennoch hätte sie spätestens nach dem Knurren signalisieren müssen, dass sie nicht an einer Auseinandersetzung interessiert ist, indem sie sich abgewendet hätte. Die Tatsache, dass sie das nicht getan hat zeigt, dass sie nicht gewillt war, sich in diesem Moment unterzuordnen. Sie bestand auf die Ausweiskontrolle.
Das hat der Rüde entsprechend beantwortet. Ohne Leine wäre auch das vermutlich deutlich gemäßigter ausgefallen, vermutlich wäre es aber gar nicht erst so weit gekommen.
Deswegen: Kontakte an der Leine sollte man tunlichst meiden. Man tut den Hunden keinen Gefallen, den man zwingt sie zu einem Verhalten, das sie ohne Leine niemals so zeigen würden.
Es gibt Hunde, die mit Leinenkontakten zurechtkommen, aber sie sind deutlich in der Minderzahl. Diese Hunde erkennt man daran, dass sie sich dem anderen Hund immer deeskalierend nähern, indem sie z.B. mit angelegten Ohren, einer Rute unter der Rückenlinie und irgendwie „kurvig“ auf den anderen zugehen.
Alle anderen Hunde kommen nicht damit zurecht, und es ist reines Glück, wenn es nicht knallt. Die Provokateurin war in diesem Fall jedenfalls deine Hündin. Möglicherweise aber schlicht deswegen, weil eine korrekte Kommunikation bei Annäherung wegen der Leine nicht funktioniert hat.
Schöne Grüße,
Jule