Das rätselhafte Verb "sein"

Hallo!

kann das Verb „sein“ einvalenzig sein, wie zum Beispiel, der Mittwoch ist.
Kann dieser Satz überhaupt einen Sinn machen? (N.B. für „einvalenzig“ finde ich keinen Beleg im Duden. Anscheinend ist das Wort falsch. Ich finde aber das korrekte Wort nicht)

oder zweivalenzig?
Der Mittwoch ist heute
Kann „heute“ als Adverb hier in diesem Satz infrage kommen? Als Ergänzung? Oder eben nicht?

Oder muss man ein Nomen haben? wie zum Beispiel

Der Mittwoch ist der 20.11.2020

Danke sehr

In Bezug auf Valenz spricht man von Stellen. Also einstellige, zweistellige, dreistellige Verben.

Der Mittwoch ist heute

Ein korrekter Satz, etwas ungewöhnlich in der Formulierung, aber in entsprechendem Kotext denkbar. Aber „Heute ist Mittwoch“ wäre auf jeden Fall möglich.

der Mittwoch ist.

Hm. Hier wird es fast schon philosophisch. „Ich denke, also bin ich.“ Die Konstruktion „Subjekt + Sein“ ist zwar möglich, aber mE doch auch sehr speziell in seiner Bedeutung. „Ich bin!“ - „Es sei!“ Und da bin ich grade überfragt, ob das in der Grammatik seinen Niederschlag gefunden hat. Ich bin im Studium öfter über Fälle gestolpert, die nach der reinen Lehre eigentlich nicht möglich sind, aber faktisch existieren. Das deutsche ist z.B. eigentlich eine Verzbzweitsparache - nichtsdesotrotz gibt es Fälle, in denen sich der Eindruck einer doppelter Vorfeldbesetzung hartnäckig aufdrängt. Es könnte also sein, dass „sein“ im Grunde zweistrellig ist - bis auf die Fälle, wo es in besonderen Kotexten auch einstellig sein kann. :slight_smile:

Das nur auf die Schnelle, für eine tiefergehende Beschäftigung fehlt mir gerade die Zeit.

Gruß,
Max

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Hallo

ich möchte auf den Beitrag von Metapher hinweisen

Metapher schrieb

Es ist Mittwoch
Es ist Mittwoch heute
aber:
Heute ist Mittwoch

Wenn „sein“ hauptsächlich zweistellig ist, dann ist
„Heute ist Mittwoch“ falsch
Korrekt wäre es " Heute ist es Mittwoch"

Danke

Hi Nadja,

Es ist nicht sehr sinnvoll, immer wieder falsche Satzkonstruktionen zu wiederholen. Wie jetzt schon mehrfach diskutiert: Die Sätze lauten
„Es ist Mittwoch“
„Heute ist Mittwoch“
Und vor allem: Die Namen von Wochentagen werden ohne Artikel verwendet. Ausnahme: Wenn es sich um ein betontes Demonstrativpronomen handelt, wie z.B. „Der (= Dieser; Derjenige) Mittwoch, von dem wir sprachen, ist nächste Woche.“

Das Wort is nicht „falsch“, sondern das Wort gibt es gar nicht. Ebensowenig wie „zweivalenzig“. Wie @Denker_a_D . es bereits erklärte, nennt man das „einstellig“, „zweistellig“ usw.

Das Verb „sein“ ist zweistellig oder einstellig. Einstellig ist es nur in der Bedeutung „dasein, existieren“. Wie z.B. in dem bereits zitierten Satz von Descartes „Ich denke, also bin ich“. Oder in Kontexten wie „Ist Gott?“, „Gott ist.“, was in (nicht korrekter) philosophischer Terminologie gleichbedeutend ist mit „Existiert Gott?“, „Gott existiert.“. Ansonsten ist „sein“ sogar immer zweistellig:
:
Der Gärtner ist der Mörder
Maria ist meine Mutter
Sein Vater ist Taxifahrer
oder
Der Apfel ist grün
Diese Frau ist schön
Das Wetter ist scheußlich
Der Film war langweilig
oder
Ihr Geburtstag ist morgen
Heute ist Feiertag
Bald ist Weihnachten
„Bis Berlin ist es ziemlich weit von hier“
oder
Annabaela ist in der Schule
Das Schriftdstück ist nicht in der Norm
oder (als Hilfsbverb)
Ich bin enttäuscht worden
Was er sagte war gelogen
Das Haus ist frisch renoviert

Mit andern Worten:
Eine Seite des „sein“ ist das Subjekt, die andere Seite ist ein Prädikativ. Und als Prädikativ kann fungieren:
ein Substantiv
ein Adjektiv
ein Partizip (Perfekt oder Präsens)
ein Adverb
oder
eine Präpositionalphrase

Nein, das ist beides falsch (aber wir hatten das schon! :stuck_out_tongue_winking_eye: ).

Gruß
Metapher

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Ich verstehe dich. Du bist mit meiner Fragerei frustriert :smiley: Ich frage in diese Richtung nicht mehr

Grüße

Liebe Nadja, es geht ja nicht darum, ob du mich (oder die anderen, die dir antworten), verstehst, sondern ob du die Antworten verstehst.

Nein, not at all, niemand ist hier frustriert mit deinen Fragen. Ganz im Gegenteil! Aber: wenn du das einmal Erklärte und von dir Verstandene (!) später bewußt falsch wiederholst, dann frustirerst du dich doch selbst! Findest du nicht? :slight_smile:

Deshalb schreib ich ein jeweiliges „wir hatten das schon“ mit → Augenwzinkern-Smiley" :wink:

Im Übrigen sind deine Fragen - und das weißt du doch - immer sehr willkommen!

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Damit da kein Missverständnis ensteht: Gemeint ist:
„Heute ist Mittwoch“ ist richtig
"Heute ist es Mittwoch"ist (aus den im anderen Thread schon erklärten Gründen) falsch.

Gruß

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Doch, bitte mach weiter - es ist für mich eines der großen Mysterien der Sprachen, wie eine solche ohne das Hilfsverb ‚sein‘ überhaupt konstruiert werden kann, zumal es ja auch in der slawischen Familie Verben wie być, být, буди, bodi usw, gibt.

Ich kann mir vorstellen, dass das Verb ‚sein‘ Dir auch deswegen ein bisschen rätselhaft ist, weil Dir das ständige und häufige Daherpurzeln dieses Verbs als Hilfsverb von Mutterseite her ziemlich ungewohnt ist: Natürlich kann man auch ohne ‚haben‘ und ‚sein‘ prima zurechtkommen, aber von außen gesehen wirkt das doch ziemlich mysteriös.

So ungefähr wie es mir ungewohnt ist, wie oft man in einem einzigen Satz auf Russisch mit ни, нет, ничего usw. immer wieder auf den Tisch hauen muss, bis er endlich vollständig verneint ist… :wink:

Schöne Grüße

MM

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Noch eine Ergänzung @Nadja, die ich zu erwähnen vergaß:

Dieses „zweistellige“ sein (und seine konjugierten Formen) nennt man übrigens „Kopula“. Es „verbindet“ (koppelt) das Subjekt mit den verschiedenen Arten (wie in der Beispiel-Liste) von Prädikativen. Kopula ist es auch bei Gleichsetzungsnominativen oder in seiner Rolle als Hilfsverb (z.B. im Perfekt).

Diese Kopula gab es ursprünglich in allen Indogermanischen Sprachen (Es gab sogar 5 verschiedene Verben für „sein“). Es konnte aber in manchen Sprachen schon früh - z.B. im Sanskrit und Avestischen/Altpersischen - je nach Satzkonstruktion weggelassen werden (sog. "Null-Kopula).

Gruß

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Nur nebenbei erwähnt: Als Hilfsverb fungiert „sein“ nur der Bildung des Perfekt, aktiv und passiv. In Sätzen wie „die Rose ist rot“ ist „ist“ nicht „Hillfsverb“.

Das zweistellige Verb „sein“ ist aber in allen Fällen eine Kopula (siehe → oben).

Und diese Kopula gab es ursprünglich in allen indogermanischen Sprachen. Auch in Nadjas Muttersprache. Es gab sogar 5 verschiedene Verben für „sein“. Näheres dazu z.B.→ hier. In einigen Sprachen wurde ihr Gebrauch aber nach und nach auf spezielle Satzkonstruktionen beschrönkt. Es gibt aber ansonsten viele Sprachen, in denen die Kopula „sein“ explizit nur in Nominal-Verbindungen (Gleischsetzungen) verwendet wird (z.B. Chinesisch, Hebräisch usw.)

Gruß
Metapher

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Nur als Erläuterung, damit @Nadja (nicht) vollends verwirrt ist: Ich hatte die beiden Konstruktionen als „korrekt in besonderen Kotexten“ bezeichnet. Damit meinte ich genau das, was Du weiter unten ausführst, nämlich

A) wenn das „Der“ ein Demonstrativpronomen ist („An welchem Mittwoch wollten wir uns treffen?“ - „Der Mittwoch ist heute.“

B) als philosophische Daseins- oder Existenzaussage („Siehe, ich verkünde große Freude: Der Mittwoch ist!“ :slight_smile:

Das sind natürlich sehr konstruierte Situationen und im Grunde Ausnahmefälle. :slight_smile: Aber die Ausnahmen hatten es mir schon immer angetan. Es gibt Konstruktionen, die in der Duden-Grammatik als schlichtweg falsch oder nicht existenz bezeichnet werden, aber in der IDS-Grammatik findet man dann die Ausnahmen, die die Regel beschädigen. ggg

Gruß,
Max

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Du hast vllig Recht. Daß ich letztlich genau das nur wiederholt hab, was du ja bereits deutlich erklärt hattest, war mir erst nach dem Abschicken klar. Sorry! :frowning_face:

Und das sind dann ja auch gerade die erfreulich rätselhaften Fälle :sunglasses:

Gruß
Metapher