Umso wichtiger finde ich, dass man sich gründlich überlegt, auf welche Krise man sich vorbereiten will. Ob es am Ende dann genau diese Krise wird, sei dahin gestellt, aber wenn man die Sache nicht gründlich durchdenkt, ist man auch für die erwartete Krise möglicherweise nicht richtig aufgestellt.
Um das mal mit Leben zu füllen: 2006/2007 war für mich ein Punkt, an dem ich über das Ausmaß und die Folgen der sich bereits abzeichnenden Finanzkrise nachdachte und natürlich auch, wie ich mich darauf vorbereiten können würde. Da ich einen erheblichen Wertverlust des Euro und einen Zusammenbruch des Bankensystems für nicht unwahrscheinlich hielt, beinhaltete das für mich denkbare Szenario
- die zumindest vorübergehend eingeschränkte Verfügbarkeit von Bargeld,
- die zumindest vorübergehend eingeschränkte Akzeptanz von Euro,
- die zumindest vorübergehend eingeschränkte Zahlungsfähigkeit der deutschen Sozialkassen und
- daraus resultierend eine zumindest vorübergehend eingeschränkte Kontrolle der Sicherheitsbehörden über die öffentliche Ordnung.
Ich habe mich also so eingerichtet, dass ich
- wenigstens eine Woche unabhängig von Wasser, Strom und Einkaufsgelegenheiten war,
- für wenigstens 180 Tage meine danach notwendigen Besorgungen mit Silbermünzen in kleiner Stückelung hätte erledigen können sowie
- mich in dem mir möglichen, begrenztem Maße zumindest passiv verteidigungsfähig war (also Schutz von Haustür und Fenstern.
Klar war mir aber auch, dass ich bei größer angelegten Unruhen und eventuell folgenden Zombieapokalypsen mangels Waffenbesitz nur wenig hätte ausrichten können. Heute sähe das anders aus, weil einer meiner Nachbarn ein sehr erfolgreicher Sportschütze mit umfangreicher großkalibriger Waffensammlung und eigener Munitionsherstellung ist. Aber das nur als Anekdote nebenbei.
Was ich mit meiner Beschreibung sagen will: in keinem der von mir durchgespielten Szenarien hätten die deutschen Goldreserven mir oder der Wirtschaft etwas genützt.
Wahrscheinlich gehe ich an die Sache als volkswirtschaftlich ausgebildeter Bankmensch mit geldtheoretischem Hintergrund etwas anders an die Sache heran. Nehmen wir das Szenario des massiven Verlustes des Außenwertes des Euro an. Ausländische Handelspartner akzeptieren den Euro also nicht mehr als Zahlungsmittel. Das ist aber kein Vorgang, der sich von heute auf morgen abspielt, sondern ein schleichender Prozess, der sich über wenigstens 12 Monate entwickelt und irgendwann damit seinen ersten vorläufigen Höhepunkt damit erreicht, dass die ersten Handelspartner andere Zahlungsmethoden erwarten.
Ich sehe allerdings schon gar keinen Anlass bzw. keine Entwicklung, wie es dahin kommen sollte. Gerade die EU/der Euroraum ist mit den meisten seiner Handelspartner wechselseitig im Geschäft, d.h. wir importieren nicht nur, sondern exportieren auch aus jedem einzelnen Land. Betrachtet man die Nettogrößen, bleiben am Ende recht überschaubare Nettoimporte bzw. Nettoexporte übrig. Mit anderen Worten: kein Land könnte sich leisten, den Handel mit der EU bzw. dem Euroraum einzustellen bzw. Gegenleistungen statt in Währung auf anderem Wege zu verlangen. Bevor man da zu staatlichem Gold griffe, würde man wahrscheinlich erst einmal den Umweg über die Weltbank machen und Sonderziehungsrechte in Anspruch nehmen.
Und wie gesagt: es bliebe die Frage offen, wie das Gold bzw. anderweitiges Vermögen des Staates zu den Unternehmen käme. Kreditvergabe? Klar, möglich, aber in Form von was? Den Euro will ja niemand mehr. Also doch wieder Gold? Wer soll das praktisch machen, wie wird das Gold zugeteilt und wie kommt es zu den Exporteuren im Ausland? Da kommen wir m.E. nicht weiter.
Ich kann mir allenfalls ein Szenario vorstellen, bei dem das Gold eine Hilfe sein könnte und das wäre der Austritt Deutschlands aus der Währungsunion inkl. Einführung einer Neumark. Für eine Übergangszeit, in der wir beweisen müssten, dass die Neumark eine stabile und anerkannte Währung ist, könnte man auf den Goldbestand im Wert von rd. 350 Mrd. Euro verweisen.
Auf Deutschland entfallen heute rd. 1 Billion Euro. Diesem Betrag müsste müsste mindestens Währungsvolumen entsprechen, dass neu in Neumark geschöpft wird. Für die Anfangszeit würde ich aufgrund der erheblichen Turbulenzen und Unsicherheit eher mit dem doppelten rechnen. Käme es bei 2 Billionen Euro (bzw. umgerechneter Neumark-Betrag) wirklich darauf an, wo rd. 30% der Goldreserven der Bundesbank (also im Gegenwert von rd. 120 Mrd. Euro) befinden? Ich weiß nicht. Zumal sich eben eine Krise lange im Voraus abzeichnen würde und man immer noch Zeit hätte, einen Teil nach Deutschland zu holen.
Und wie gesagt: gegen den Vorteil, das Gold quasi in den eigenen Händen zu halten, müsste man das Risiko rechnen, dass die Russen doch erfolgreich einen Vorstoß Richtung Rhein-Main unternehmen und das Gold kistenweise nach Moskau karren.
Das sind so meine Überlegungen. Ich will nicht sagen, dass man darüber nicht anders denken bzw. die Szenarien nicht anders ausmalen oder diese nicht anders gewichten kann, aber ich bin eigentlich schon ganz guter Dinge, dass das, was ich mir dazu überlegt habe, schon recht fundiert ist.
Oder um es anders zu formulieren: die größeren Risiken sehe ich in der mangelnden individuellen Vorbereitung auf Krisen gleich welcher Art - also Naturkatastrophen, großflächig wirkende Anschläge auf die technische Infrastruktur (Verkehr, Energie, Finanzwesen), außenpolitische Krisen bzw. kriegerische Auseinandersetzungen sowie Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung.
Wo das deutsche Gold liegt, ist wahrscheinlich eher irrelevant, wenn einem das Wasser buchstäblich bis zum Hals steht, man weder in Supermärkte noch an Geld kommt, Strom- und Wasserversorgung zusammengebrochen sind oder Banden marodierend durchs Land ziehen.
Gruß
C.