Die Tafeln - Hilfe oder Feigenblatt?

Hast du eigentlich eine Ahnung, welche Bedingungen Du erfüllen musst bevor Du überhaupt den Hartz IV aufgenommen wirst?

@Pontius ja, mit Geld, das sie nicht haben, gehen die Leute einfach viel zu unvernünftig um. Und „der eine kommt mit 1000€ monatlich aus“ …
Geht’s noch etwas ignoranter auf der Yacht?

Hallo,

sicher kommt mancher mit Harzt aus, aber ich kannte auch alte Leute, die krank waren und etliche Medikamente brauchten. Bei allen muss zugezahlt werden, erstmal aus eigener Tasche. Nicht jeder hat eine preiswerte oder gut gedämmte Wohnung und mit dem Alter steigt oft die Wohlfühltemperatur. Großeltern möchten ihren Enkeln etwas zu Geburtstag schenken können usw.
Wenn ein Harzt-Empfänger schlecht zu Fuss ist und per ÖPNV nicht zum Arzt kommt - was dann? Da reicht das Geld schnell nicht mehr.
Nur weil etliche mit dem Geld auskommen (oder nebenbei noch einen mehr oder weniger legalen Job haben), gilt das nicht für alle.

Gruß,
Paran

3 Like

Servus,

nein, sondern nur bis zum Erreichen der Grenze von (bei chronisch Kranken) einem Prozent der regelmäßigen Einnahmen.

Dann lässt er sich, falls tatsächlich noch keine Niederflurbusse und Triebwagen mit stufenlosem Einstieg auf Höhe der Bahnsteigkante zu seinem Dorf verkehren und er nicht in Pflegegrad 3 oder höher eingestuft ist, ein aG in den Schwerbehindertenausweis eintragen, und wenn keines von den beiden möglich ist, die medizinische Notwendigkeit der Krankenfahrt durch ärztliche Verordnung bestätigen. In diesem letzten Fall muss die Fahrt aber vorher durch die Krankenkasse genehmigt werden. Bei diesem Antragsverfahren werden dann auch die genannten besonderen örtlichen Verhältnisse wie der Einsatz von prähistorischen Fahrzeugen berücksichtigt.

Schöne Grüße

MM

1 Like

Sorry, aber Du verkehrst hier die Ausnahme zum Regelfall und umgekehrt. Ja, es gibt bei einem System, das für einen ganzen Staat unserer Größe und Komplexität passen muss, immer den ein oder anderen tragischen Einzelfall. Wobei man die aber dann auch durchaus hinterfragen darf, wie @Aprilfisch es für dein konkretes Beispiel gemacht, und dabei belegt hat, dass es hier durchaus vom System vorgesehene Möglichkeiten gibt, unbillige Härten zu vermeiden. Das System ist trotzdem nicht perfekt, und es wäre eine Illusion ein perfektes System schaffen zu können.

Aber noch einmal: Es ist schon alleine am Vergleich der absoluten Zahlen von Leistungsempfängern und Tafelkunden gut zu sehen, dass ein deutlich überwiegender Teil sich auch ohne die Tafeln offenbar hinreichend versorgt fühlt! Und insoweit sollte man nicht auf solche Propaganda-Lügen hereinfallen, nach denen angeblich die Tafeln die Leistungsempfänger vor dem sichereren Hungertod retten müssten, weil das staatliche Sozialsystem vollkommen unzulänglich wäre und die Leistungsempfänger hungern lassen würde.

Und natürlich gibt es ganz viele Dinge jenseits des Existenzminimums, die „schön wären“, für die ich grundsätzlich auch durchaus ein emotionales Verständnis aufbringen kann. Aber das muss auf der anderen Seite nun mal auch alles finanziert werden, und es wird nicht von einem anonymen Staat sondern von denen finanziert, die in dieses System einzahlen. Und da darf ich dann bitte schon auch die Frage stellen, warum ich das Geburtstagsgeschenk einer mir vollkommen fremden Frau an ihren mir vollkommen fremden Enkel finanzieren soll, oder warum gerade angesichts steigender Energiepreise Leute, die wirtschaftlich auf eigenen Füßen stehen, jetzt angesichts noch nicht so sommerlicher Temperaturen ganz selbstverständlich wieder einen Pullover überziehen, Leistungsempfängern aber eine „Wohlfühltemperatur“ finanzieren sollen?

2 Like

Ich sehe hier ein nicht so ganz zutreffendes Vorurteil und die Gefahr einer unzulässigen und auch ansonsten unguten Bevormundung. Es ist natürlich schwierig die richtige Balance zwischen bestmöglicher Autonomie und vom Leistungsbezieher nicht zu beeinflussenden zwingenden Mittelverwendungen zu finden. Die Praxis zeigt, dass sehr viele Leistungsempfänger durchaus angemessen mit den zur Verfügung gestellten Mitteln umgehen und die Möglichkeiten hiermit zwischen verschiedenen Bedarfen etwas jonglieren zu können, gerne und richtig nutzen. Und auf der anderen Seite gibt es durchaus Mittel und Wege dort steuernd eingreifen zu können, wo dies nicht funktioniert. Sei es, dass Mieten direkt überwiesen werden bis hin zu einer in diversen Fällen notwendigen rechtlichen Betreuung, bei der dann nur noch ein Taschengeld ausgezahlt, der Rest vom Betreuer erledigt wird.

1 Like

Um bei deinem Beispiel mit den Kosten des Perso zu bleiben:

Pro Lebensjahr darf ein Vermögen von € 150,-- plus ein Altersvorsorgebetrag von € 750,-- bis zu einem je nach Geburtsjahr gestaffelten Höchstbetrag vorhanden sein, das nicht vor Leistungsbezug verbraucht werden muss und auch nicht auf die Sozialleistungen angerechnet wird. D.h. wenn man als Arbeitnehmer nicht gerade immer schon am Existenzminimum verdient hat, angemessen gewirtschaftet und angemessene Rücklagen bilden konnte und auch tatsächlich gebildet hat, und dann auch rechtzeitig in den Leistungsbezug gegangen ist, wie dies unter Berücksichtigung der oben genannten Rücklagen möglich ist, dann sollten die Kosten für einen neuen Perso auch im ersten Monat nach Beginn des Leistungsbezuges eigentlich kein Problem sein. Und für das nächste Mal bauen sich dann ja die Rücklagen über die monatliche Anteile der gezahlten Leistungen wieder entsprechend auf.

Derartige Diskussionen wurden auch schon kurz nach Einführung von H4 geführt und es scheint da im Grunde nur eine Position zu geben, nämlich dass denjenigen, die nicht arbeiten können oder auch wollen in einem reichen Land wie unserem eine Grundversorgung ohne Gegenleistung zusteht. Die Differenzen entstehen erst bei Frage, wie eigentlich eine Grundversorgung auszusehen hat. Schon vor etwa 15 Jahren diskutierte man hier darüber, dass es auch für einen Arbeitssuchenden unerlässlich sei, z.B. über ein Mobiltelefon zu verfügen, um jederzeit für Arbeitgeber erreichbar zu sein. Weiterhin wurden auch Theaterbesuche angeführt, weil auch ein Arbeitssuchender Anspruch auf Kultur hat und zwar über das Maß hinaus, was der Gesetzgeber bei der Berechnung des Regelsatzes festlegt.

Vermutlich wird sich zu der Frage nie ein Konsens finden lassen. Ich war und bin aber weiterhin skeptisch, dass es bei der Mehrzahl der H4-Empfänger nicht das fehlende Geld ist, was sie vom Besuch eines Theaters abhält. Es wird bei den wenigsten die Notwendigkeit bestehen, ständig für die Vielzahl der Arbeitgeber erreichbar zu sein, die sie anflehen wollen, doch endlich die Stelle als Kartograph, Gehirnchirurg oder Glockengießer anzunehmen.

Ja, die Regelsätze ermöglichen kein luxuriöses Leben und verlangen den Betroffenen auch im Alltag viele Verrenkungen ab - aber so soll es ja auch sein, um einen Anreiz zu bieten, nach Arbeit zu suchen. Und ja: es sind Menschen darunter, die arbeiten gingen, wenn sie nicht gesundheitlich oder anderweitig so sehr eingeschränkt wären, dass es nicht geht.

Es ist halt so, wie Du schreibst: ein System, das für das ganze Land und alle Menschen gilt, kann nicht jeden Einzelfall berücksichtigen. Das System muss die versorgen, die das nötig haben, aber auch die schützen, die es bezahlen und es muss die drängen, nach Arbeit zu suchen, die keine haben, aber einer nachgehen könnten.

3 Like

Hast du eigentlich eine Ahnung,

Nein, aber du willst mir sicher damit sagen, dass er keine 22,80€ für den Personalausweis auf seinem Konto haben durfte.

Also ich habe jahrelang, im Winter oft mit Eisblumen am Schlafzimmerfenster, von auf heutige Einkommensverhältnisse umgerechnete 700-800€ mtl. gelebt und alles davon finanziert, auch meine Wohnung, Energie, Nahrungsmittel, Teilnahme am kulturellen Leben usw… Sowas wie eine Tafel gab es damals noch nicht. Ich kam damit gut über die Runden, habe nicht gejammert, sondern war sehr dankbar für diese staatliche Unterstützung und habe einen Teil davon zurück gezahlt.

2 Like

Darauf wollte ich noch einmal verweisen. Den Thread habe ich eröffnet weil ich der Meinung bin, dass der „Sozialstaat“ sich nicht immer hinter dem sozialen Engagement von Privatpersonen verstecken kann.

Tatsache ist, dass ein Großteil der Tafelnutzer Rentner mit Klein- und Kleinstrenten sind.
Sicher ist ein bestimmter Prozentsatz an seinen finanziellen Verhältnissen selbst schuld.
Aber jeder von uns kennt wohl alleinerziehende Mütter und Väter, teilweise mit mehreren Kindern, die gar nicht die Möglichkeit hatten eine geregelte berufliche Laufbahn anzutreten und erfolgreich abzuschließen.
Auch Lebenläufe mit abgebrochener beruflicher Laufbahn, weil man ein oder beide Elternteile lange Jahre pflegen musste, kommen bei dieser Nutzergruppe gar nicht so selten vor.
Es stimmt einfach nicht, dass jeder Tafelnutzer ein fauler Nichtsnutz war und es ihm deshalb Recht geschieht, dass es ihm nicht besser geht.

Schon jetzt lässt sich auf Euro und Cent ausrechnen, dass durch den übermäßig aufgeblähten Niedriglohnsektor in Deutschland (verantwortlich vor allen Dingen die SPD mit, schon damals, Scholz an verantwortlicher Stelle) und das Fehlen eines angemessenen Mindestlohnes für das Rentenalter Sozialhilfeempfänger produziert werden.

Ich führe ungern solche Diskussionen, weil ich der Meinung bin: wenn jemand wirklich in Not ist sollte man helfen oder nicht (wenn man der Meinung ist Not beginnt erst kurz vor dem Verhungern), aber bitte nicht anfangen darüber zu diskutieren, ob derjenige, dem man helfen könnte das auch verdient. Solche Diskussionen dienen für meinen Geschmack in den meisten Fällen nur dazu das eigene schlechte Gewissen zu beruhigen und in der eigenen Selbstgefälligkeit wieder Ruhe zu finden.
Damit spreche ich natürlich niemanden an, der anderweitig sozial engagiert ist - man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen, das ist mir schon klar.

Aber zurück zum Ausgangspunkt:

Die Tafeln stehen aufgrund der Ereignisse der letzten Monate aktuell unter ganz besonders starken Druck. Rasant steigende Preise für Lebensmittel und Energie, beides Bereiche welche Kleinverdiener nicht umgehen können. Dadurch steigende Nutzerzahlen aus dem Inland, durch die aktuell wachsenden Flüchtlingszahlen aus der Ukraine wird das Problem noch verschärft.
Zusätzlich sind die Firmen durch den zunehmenden ökonomischen Druck gezwungen noch sorgfältiger bei den Bestellungen zu kalkulieren. Sprich: weniger Waren werden an die Tafeln abgegeben. Man muss also mit weniger Waren mehr Nutzer versorgen. Zukauf von Lebensmitteln durch Spendengelder können die Differenz nicht ausgleichen.

Wäre Hilfe von der staatlichen Seite, die für die soziale Entwicklung im Lande verantwortlich und zuständig ist, für die Tafeln in Deutschland wünschenswert? Unter Beibehaltung der Organisation durch örtliche Helfer.
Ja oder nein?

1 Like

Es ist zwar menschlich, dass man das eigene Verhalten immer als Maßstab für Beurteilung Anderer heranzieht, aber andere quasi darauf zu verpflichten, dass sie sich genauso zu verhalten haben, wie man das in einem entsprechenden Fall tut, ist lebensfremd.

Die Menschen sind unterschiedlich und wir können natürlich nicht verlangen, dass die Anderen auch so wunderbare Menschen sind wie man selbst. Zumindest ist man mit einem solchen Verlangen sicher nicht erfolgreich.

1 Like

Ehrlich gesagt bin ich immer wieder erstaunt gewesen, als ich früher mit meiner Frau aus deren dienstlichen Gründen von einer Veranstaltung zur nächsten zog, wie hoch regelmäßig der Anteil von Leuten war, die ich als sozial schwach einstufen würde. Da reden wir natürlich jetzt nicht unbedingt von intellektuell etwas fordernderen Veranstaltungen und Dingen für teuer Geld, sondern eher vom alltäglichem Kleinkram für ein paar Euro oder umme, dafür dann aber mit zu zahlender Bratwurst und Bier, …, aber da gab es häufig den Wiedererkennungseffekt in Bezug auf Leute, die ein recht umfangreiches regelmäßiges Pensum solcher Dinge haben.

Jetzt bin ich grundsätzlich nicht so der Typ, der ständig unterwegs sein muss, habe auch genug anderes um die Ohren und kann auch verstehen, dass bei Leuten eine gewisse Leere zu füllen ist, die nicht den ganzen Tag auf der Arbeit sind und sich regelmäßig als Hausmeister Krause zu beschäftigen wissen, aber ich fand schon, dass das beobachtete Volumen nicht unbedingt eine „unzumutbare Härte“ in Bezug auf zu geringe Mittel für eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben darstellen würde.

… aber andere quasi darauf zu verpflichten, dass sie sich genauso zu verhalten haben, wie man das in einem entsprechenden Fall tut, ist lebensfremd.

Lebensfremd wäre es, wenn ein Empfänger staatlicher Sozialleistungen erwarten würde, das andere Steuerzahler seinen individuellen Lebensstil finanzieren sollen.

und wir können natürlich nicht verlangen, dass die Anderen auch so wunderbare Menschen sind wie man selbst.

Ich verlange überhaupt nichts, sondern sage nur aus eigener Erfahrung, dass staatliche Sozialleistungen in Deutschland m. E. ein menschenwürdiges Leben ermöglichen, auch ohne Tafel.
Und nur weil jemand mit wenig Geld auskommt, ist er nicht gleich ein wunderbarer Mensch.

1 Like

Sorry, das ist so locker und fluffig geschrieben, funktioniert aber eher nicht so häufig.
Als Beispiel … eine normale Fahrt zum Arzt, zur Untersuchung, Diagnose, Nachsorge, Besprechung von Befunden, Verordnung von Medikamenten usw. bezahlt die Kasse nicht, das zählt nicht unter mediz. Notwendigkeit.
Es sei denn es handelt sich um eine Fahrt zur Behandlung, z.B. Chemotherapie oder zur stationären Aufnahme.
Schwerbehindertenausweis bekommt man echt schwer, und mit Pflegegrad 3 wiederum fährt wohl sowieso keiner mehr mit dem Bus und auch nicht mit dem Taxi :woman_shrugging:t2:

2 Like

Die Kosten für Krankenfahrten werden auf Antrag von den Krankenkassen übernommen, wenn sie medizinisch notwendig sind.

Wenn nicht, dann nicht.

So einfach ist das.

„Medizinisch notwendig“ …
Wenn jemand Krebs hat, Rheuma, Bandscheibenvorfall, oder Grauen Star und muss/soll regelmäßig seinen Arzt oder Spezialärzte weit weg aufsuchen. Das zählt schon mal nicht dazu. Diese Fahrten kann man schön selber bezahlen, und da wird bestimmt bei so manchem älteren Hartz4-Bezieher das Geld knapp.
So was meinte Paran wahrscheinlich.

2 Like

Vermutlich

Stichwort: öffentlicher Personennahverkehr im ländlichen Raum. Schlechte Abdeckung dafür aber exquisite Preise.

Stichwort: Hausärzte sterben so langsam aus, Fachärzte lassen sich auf dem Land nicht sehen, häufen sich aber in der Stadt.
Dazu kommt noch die Schwierigkeit überhaupt einen Termin zu bekommen, wenn es dringend ist muss man auch weitere Strecken in Kauf nehmen.

Für Arztbesuche meiner Frau fahre ich teilweise 30 bis 40 km einfache Strecke. Wie das ein Kleinrentner finanziell schaffen soll, ist mir ein Rätsel. Es stirbt eben früher, vermute ich mal.

Auf jeden Fall muss er aber diese Kosten irgendwo abknapsen – das macht man im Alter am schnellsten beim Essen. Da kommen dann wieder die Tafeln ins Spiel.

2 Like

Ah ja, mal wieder die vagen Wortwolken.

„Dazu“ ist Blödsinn, wenn drei Kategorien von möglicher Kostenübernahme für Krankenfahrten im Spiel sind.

Bei stark beeinträchtigter Mobilität und ambulanter Behandlung über einen längeren Zeitraum werden die Kosten von Krankenfahrten übernommen, wenn dies vor der Fahrt beantragt und genehmigt wird. Dabei werden örtliche Gegebenheiten berücksichtigt (z.B. Bedienung von Buslinien in Thüringen oder Brandenburg mit ungefähr hundert Jahre alten Ikarus-Bussen, die nicht mit dem Rollator befahrbar sind).

Ich habe weder „Wortwolken“ noch Blödsinn geschrieben.
Du selbst beschreibst doch hier, welche Anforderungen an die Kostenübernahme gestellt werden, und diese treffen nun mal weniger zu. Dazu habe ich Fälle beschrieben, welche keine Lappalien sind …

Ich weiß gar nicht, warum du trotzdem so vehement widersprichst.
Es ging darum, dass der Großteil der Patienten wichtige Fahrten zum Arzt selbst bezahlen muss, das ist zweifellos bei Hartz4ern auch so.

2 Like