Ein dass-Satz mit "zu" abschließen

Imho sind beide Sätze grammatikalisch korrekt, aber von unterschiedlicher Bedeutung:

Die Tondellos sagen, dass sie versuchen wollen hierzubleiben.

In diesem Satz verspüren die Tondellos den Wunsch zu bleiben, aber sie sind sich nicht sicher, ob das möglich ist, daher wollen sie es versuchen.

In dem Satz verspüren die Tondellos diesen Wunsch noch nicht. Sie versuchen aber, sich zu motivieren, damit sie den Wunsch doch noch verspüren.

Sätze mit drei Verben sind auch für Muttersprachler eine Herausforderung. Dein Satz ist etwas holprig, aber ich würde ihn so verstehen. Man möge mich bitte korrigieren, falls ich falsch liege :sweat_smile:

LG

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In der einen Version ist das angestrebte Ziel der Zustand des „Wollens“, in der anderen Version ist es das Ziel „hier zu bleiben“.

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Zunächst, betreffend deine Betreffzeile: Die Frage zur Konstruktion „zu + Infinitiv“ hat überhaupt nichts mit ihrer Einbettung in einen daß-Satz zu tun.

Deshlb mal anders formuliert:
A: Sie wollen versuchen hierzubleiben
B: Sie versuchen hierbleiben zu wollen

Nicht alle Sätze, die formal grammatisch möglich sind, bilden auch eine sinnvolle Aussage. In diesem Fall wäre zum Beispiel Version B kompletter Unsinn.

Verben, die zusammen mit einer Konstruktion „zu+Infinitiv“ auftreten, beziehen sich auf eine → Handlung. Sie können sich daher nicht auf ein Modalverb beziehen, das ja selbst wiederum mit einem Infinitiv verbunden ist.

„Sie kann vergessen“
aber nicht
„Sie vergisst zu können“, denn das ist kompletter Unsinn

„Er solll anfangen“
aber nicht
„Er fängt an zu sollen“, denn das ist kompletter Unsinn

„Sie muss versprechen“
aber nicht
„Sie verspricht zu müssen“, denn das ist kompletter Unsinn

Ebenso auch
„Sie wollen versuchen“
aber nicht
„Sie versuchen zu wollen“, denn das ist kompletter Unsinn

Hilfe → Diese „Verben + zu + Infinitiv“ sind → hier aufgelistet:
aufhören, stoppen, beginnen, anfangen, verbieten, vergessen, versprechen, versuchen, vorhaben, warnen vor, sich weigern.

Dort auch eine Gruppe von Verben, die sich nicht notwendig auf eine Handlung beziehen. Sie unterscheiden sich formal von den vorigen dadurch, daß der „Infinitiv+zu“ durch einen daß-Satz ersetzt werden kann. Hier sind vereinzelt Kombinationen mit einem „Modalverb+Infinitiv“ sinnbildend:

„Sier glaubte lernen zu können“
„Sie meinte bleiben zu sollen“
„Sie dachte kommen zu müssen“
„Sie hoffte kommen zu können“
„Er scheint gehen zu wollen“

Gruß
Metapher

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Es ist also deiner Meinung nach nicht möglich, das als Versuch zur (Selbst)Motivation zu lesen?

A: Gemma Lugner-City?
B: Kein Bock.
A: Wird sicher lustig.
B: Ich versuch ja zu wollen, aber es geht nicht.

Geh mal tief in dich, bevor du antwortest :face_with_raised_eyebrow:

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@Penegrin nur Lugner, ohne City.
„Gemma Lugna!“
Kann höchstens verlängert werden mit „Oida!“ hinten und/ oder vorne

'ch schwöar!

@Metapher Deine 5 Beispiel - Sätze könnten in dieser Reihenfolge zusammenhängen :stuck_out_tongue_winking_eye:

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Shhh! Ich habe hier einen gewissen Ruf zu verlieren :shushing_face:

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Hab ich ja zu wollen angefangen, aber dann zu können aufgehört.

Als Rheinländer ist mir Lugner City kein Begriff. Aber ganz frei nach Meister Valentin könnte ich durchaus versuchen es auf die Spitze treiben zu können: Mögen hätt ich zwar wollen gesollt, aber dürfen hab ich mich nicht zu können getraut - sozusagen.

Helau! :clown_face:

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corrigendum

Gemeint war: Kombinationen mit einem „zu + Modalverb-Infinitiv“ („sie glaubte … zu können“)

Die Tondellos sagen, dass sie versuchen hierbleiben zu können.
oder
Die Tondellos sagen, dass sie versuchen hierbleiben zu dürfen.

Und fertig … Satz mit „zu“ abgeschlossen :tipping_hand_woman:t2:

Die Frage war aber, glaube ich:

Schönen Gruß
Metapher

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Da muss ich dich entäuschen - ich halte deine Analyse für sehr zutreffend und korrekt.

Beste Grüße,
Max

Na komm … du hast etliche entfernte Kombinationen angeführt, welche korrekt wären, oder auch „unsinnig“ sind,
und hast das umfassend sprachwissenschaftlich begründet…

Da dachte ich halt, ich bringe mal zwei Beispiele, die wirklich den Satz und die Aussage richtig darstellen,
und zudem wie gewünscht mit „zu“ abschließen. :wink:

Ok, ich versuch’s :innocent:

Es ging doch um diesen Typ von Verben, die sich eben auf Handlungen beziehen. Modalverben bezeichnen aber keine Handlungen.

Deshalb sind
versuchen zu können
versuchen zu dürfen
ebenso sinnlose Wortkombinationen wie das von @Nadja befragte
versuchen zu wollen

Gruß

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Naj, als sinnlos würde ich sie nicht bezeichnen … sie haben halt bloß gar nicht mit dem Thema zu tun. :slight_smile:

Ja, ich bin aus Überzeugung großzügig mit Beurteilung von semantischer Sinnlosigkeit. Und mir fallen nicht wenige Situationen ein, in denen „Ich versuche zu wollen“ sehr viel Sinn ergibt. Und nein, ich bin nicht der Meinung, dass man @Nadja damit überfordert, macht sie doch ganz den Eindruck eines Doktor Faustes, der mit den Worten ringt, bis sie ihm ihre letzten Geheimnisse enthüllen.

Beste Grüße,
Max

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Sorry, noch mal dazu … wieso sind diese Kombinationen sinnlos? :thinking:
Ich finde sie durchaus gebräuchlich.

„versuchen hierbleiben zu können“

„versuchen hierbleiben zu dürfen“

Man ist unterwegs mit Freund/innen, auf 'nem Mädelsabend, Geburtstag sonstwas, und eigentlich müsste man heim, oder hat einen anderen Termin …
"Ok, ich telefoniere mal, und versuche hierbleiben zu können":woman_shrugging:t2:

Nachbarskind soll eigentlich endlich nach Hause … aber
" … versucht trotzdem irgendwie hierbleiben zu dürfen."

Ok, ich darf dann versuchen, meine Überzeugung dagegensetzen zu wollen :wink: Es ist begriffslogischer Unsinn. Was genau muss man denn tun, um zu erreichen, daß man will?

Ein Modalverb als Akkusativobjekt zu einem transitiven Verb, das eine Handlung fordert, ist eben absurd: Modi sind keine Tätigkeiten, sondern Zustände, Befindlichkeiten.

Soweit zu

Derweil, ja, „Ich versuche zu wollen“ kann man sich als zynische oder sarkastische, jedenfalls aber paradoxe Replik vorstellen. Etwa in einem Szenarium, wo eine absurde Erwartung geäußert wird.

Ja, „können“ wird in gerade diesen und ähnlichen Kontexten gerne synonym zu „dürfen“ gebraucht (wir hatten mal das nette Beispiel → „Kann ich ein Eis?“). Aber wenn man auch vielleicht deine Beispiele (also zusammengestzt mit „versuchen“) hören sollte: Dann sind es doch ganz eindeutig elliptische Redeweisen!

„Ich versuche zu dürfen“ = „Ich versuche zu erreichen, daß ich darf.“

Gruß
Metapher

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„Logic is the beginning of wisdom, not the end.“ :slight_smile:

Ich denke, man kann Sprache auch dazu benützen, um begriffslogischen Unsinn auszudrücken. Manchmal steckt dahinter auch ein tieferer Sinn. Wer dem enthusiastischen „Du musst nur wollen!“-Coach ein entnervtes „Ich versuche ja zu wollen!“ entgegenschleudert, mag sich begriffsunlogisch ausdrücken, spricht aber dennoch eine Wahrheit aus, die mitnichten sinnlos ist. Und wer sagt, dass Sprache mit ihren wunderbaren Möglichkeiten nicht genau dafür da ist? :slight_smile:

Beste Grüße,
Max

Ich würde diese „vulcanische“ Weisheit sogar noch weiter pointieren: Logic (zumindest die aristotelische) hat mit wisdom gar nichts zu tun. Sie macht nur die Natur des Denkens und der Sprache transparent. Die Möglichkeit von Grammatiken ist eine der Konsequenzen.

Selbstverständlich! Absolut d’accord. Wenn die Sprache (und infolge der Gedanke) sich nicht mit sich selbst verknoten könnte: Wo wäre dann ein Heinz Erhard, ein Karl Valentin, ein Ernst Jandl und unzählige andere Sprachgenies? Es gäbe keine Sprachebenen wie Ironie, Sarkasmus, kein lyrisches Ich, keine rhetorischen Figuren, keine Tropen, und keine tiefgründige philosophische Argumentation. Es gäbe keinen eindeutig verstehbaren Austausch mit Brachylogien (siehe mein Link zu „Kann ich ein Eis?“) - und auch keine kilometerlangen Threads mit sinnbefreitem Austausch im wer-weiss-was :laughing:

Klar. Deshalb schrub ich ja

Und deins ist ja treffliches Beispiel: Ein Coach, der so spricht, und das ernst meint, hätte wohl die längste Zeit seinen Job (den Text hört man btw. häufig von entnervten Vätern von „Null-Bock“-Adoleszenten). Er ist nicht nur begrifflicher, sondern auch motivationspsychologischer Unsinn. Und die Replik „ich versuche ja zu wollen“ wäre ein trefflicher rhetorischer Stirnschuss :slight_smile: Eben, weil es pardox ist.

Völlig d’accord. Es gibt ein kleines Büchlein mit dem Titel „Die Sprache spielt mit uns“. Wenn eine bestimmte Sprache perfekt (und in mehreren kommunikativen Sprachebenen) beherrscht wird, ist - und geht das - das wunderbar.

Aber hier im Thread geht es ja vor allem um elementare Grammatik. Analog: Ohne elementare Schulmathematik gibt es auch keine Differentialgeometrie oder Quantenfeldtheorie. Und ohne Liegestütze gibt es keine Riesenwelle am Reck mit doppeltem Saltoabgang …

Schöen Grüße
Metapher

.

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Ach geh, jetzt verdirb mir doch nicht den Spaß. :slight_smile:

Mir war natürlich klar, dass Du das weißt, ich wollte einfach nochmal die unterschiedlichen Betrachtungswinkel heraustellen.

Es ist ein bißchen wie früher im Seminar. Mit Herrn Altmann und Herrn Schindler habe ich mich bei manchen Gelegenheiten wunderbar auf die vom hundertsten ins tausendste führende Abwege der Grammatik begeben, bis irgendwann ein Kommilitone entnervt einwarf: „Aber das brauchen wir doch alles nicht für die Prüfung!“ :slight_smile:

Beste Grüße,
Max

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Danke für die Erläuterung.

Dauernd verwendet, aber ich hab die Bezeichnung noch nie gehört … tsss, tsss :wink: