Folgen des Subventionsabbaus in der Landwirtschaft

Es sind eigentlich nur 0,24 Cent pro Kilo.

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Ich meinte, die Bundesrepublik Deutschland sei Mitglied und maßgeblicher Gestalter der EU.

Das kommt drauf an.

z.B. hier gegenüber in der Versandhalle profitieren eine Reihe von Arbeitern, deren Löhne ziemlich sichtbar unter dem deutschen Durchschnitt liegen, sehr davon, dass ein Drittel unserer Produktion (hier bedeutet „wir“ = mein Arbeitgeber) nach Frankreich geht: Gerade im unteren Drittel der Löhne ist jeder Hunderter, den sich man von ALG II entfernt, richtig was wert.

Schöne Grüße

MM

upps stimmt :slight_smile:

nein - umgekehrt wird ein Schuh draus

Reiche können sich sowieso immer alles leisten, ohne sich einschränken zu müssen. Gerade die weniger Betuchten profitieren vom EU Handel (ohne Zölle, guter internationaler Wettbewerb, der die Preise niedriger hält, günstiger Strom etc.)

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Ich auch nicht. Die moderne Technik macht es möglich.

Naja, dass wir völlig unterschiedliche Vorstellungen von Kompetenz haben, ist nun wahrlich keine Überraschung. Du bist halt mehr der „wen interessieren schon Fakten, wenn ich mir mir die Welt auch ohne diese so zurechtbiegen kann, wie es mir gerade passt?“-Typ.

Lass mich raten, diesen Satz rechnest Du zu den Fakten…

Dieser Wettbewerb sorgt aber dafür, dass viele Tätigkeiten in Niedriglohnländern ausgeführt werden und Arbeitsplätze wegfallen bzw. niedrige Löhne gezahlt werden damit Deutschland international konkurrenzfähig bleibt.

Vielleicht so ungefähr?

https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/01/PD24_001_13321.html

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ungefähr wie bei Liebherr, der durch ständige Lohnsenkungen auffällt, die er dringend braucht, um mit Potain mithalten zu können.

Dito Volkswagen im Verdrängungswettbewerb mit Škoda, Renault mit Dacia, Citroën mit TPCA Kolín usw. usw.

Wie sind denn diese Zahlen zu interpretieren:

Dabei geht es den Landwirten so gut wie seit Jahren nicht mehr. Erst Anfang Dezember hatte der Bauernverband neue Zahlen veröffentlicht, wonach sich die Ergebnisse im abgelaufenen Wirtschaftsjahr 2022/23 deutlich verbessert haben. „Im Durchschnitt lag das Unternehmensergebnis der Haupterwerbsbetriebe bei 115.400 Euro je Betrieb“, so die Interessenvertreter. Ein Jahr zuvor hatte der durchschnittliche Ertrag noch bei 79.432 Euro gelegen. Somit ist es den Bauern trotz externer Krisen wie Inflation, höheren Energiekosten und Lieferkettenproblematiken gelungen, den eigenen Gewinn innerhalb eines Jahres um 45 Prozent zu steigern.

Spitzenverdiener unter den Bauern waren die Milchviehbetriebe, die einen Überschuss von durchschnittlich 143.320 Euro erwirtschafteten. Ackerbaubetriebe kamen auf ein Betriebsergebnis von 119.550 Euro im Durchschnitt, bei Öko-Betrieben blieben durchschnittlich noch 100.569 Euro hängen. Im Nebenerwerb lag der durchschnittliche Gewinn im Wirtschaftsjahr 2022/23 bei 18.300 Euro. Das warn rund 2.000 Euro oder 12 Prozent mehr als im Vorjahr.

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Da lohnt ein Blick auf die Details:
5.2 Buchführungsergebnisse - Situationsbericht 23/24

Insbesondere sind die Unterschiede zwischen Süd- und Ostdeutschland interessant. Im Osten wird deutlich mehr verdient, was an den riesigen Flächen je Betrieb liegt, die teilweise in Konzernstrukturen organisiert sind, während in Süddeutschland vor allem Familienbetriebe wesentlich kleinere Flächen betreiben. Interessant ist übrigens auch die Höhe der Subventionen, die da je Betrieb eingestrichen werden.

Und nicht zuletzt ist relevant, dass es hier um das Wirtschaftsjahr 2022/2023 geht, das bis 30.6.2023 lief. Nach allem, was man so hört, wird 2023/2024 bei weitem nicht so gut aussehen.

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Servus,

da gebe ich mehr auf die jährlichen Agrarberichte der Bundesregierung - vermutlich ist keine andere Branche so detailliert dokumentiert. Grundsätzlich sind die Schwankungen von Wirtschaftsjahr zu Wirtschaftsjahr so stark, dass mindestens fünf Jahre, besser zehn, zusammen betrachtet werden sollten. Der Agrarbericht 2023 weist für den Zeitraum 2010/11 - 2021/22 im Durchschnitt über alle Betriebsgrößen und Produktionszweige für Haupterwerbsbetriebe Gewinne zwischen 41 k€ (2015/16) und 81 k€ (2021/22) aus.

Außerdem ist ein Durchschnitt über alle Betriebsgrößen nicht besonders aussagekräftig - der für 2021/22 ermittelte Gewinn der Haupterwerbsbetriebe im Durchschnitt je Betriebsgrößenklasse ist 33,566 k€ bei kleinen Betrieben (bis 100 k€ Standard-Output, das ist ein standardisierter Wert etwa dem gesamten Erlös eines Wirtschaftsjahres entsprechend) und 131.836 € bei großen Betrieben (über 250 k€ Standard-Output). Wie schon seit langer Zeit gibt es hier eine ziemliche Spannweite zwischen Wachsen und Weichen, das Prinzip „Wachsen oder Weichen“ bleibt aber das gleiche - beiläufig auch ein Hintergrund, um die ausgewiesenen Gewinne zu interpretieren: Die Abschreibung auf das bestehende Betriebsvermögen reicht bei weitem nicht, um das nötige Wachstum zu finanzieren, dafür muss zumindest bei kleinen und mittleren Betrieben ein ziemlich sichtbarer Teil des Gewinns herhalten.

Recht eng wird es vor allem bei zu klein gewordenen auslaufenden Betrieben, die schon sehr am Kratzen sind. Wenn man denen den Rest ihrer Tätigkeit etwas erleichtern will, wie es mit der Landabgaberente, der „Milchrente“ usw, praktiziert wurde, kann man aber viel zielgenauer mit Zahlungen arbeiten, die an die Person des Inhabers geknüpft sind und nicht an die Erzeugerpreise oder an die Preise von einzelnen Produktionsmitteln.

Schöne Grüße

MM

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Eine paar Fragen aus Neugier, zum Verständnis: welche Abgaben hat dann „Der Bauer“ noch? Muss er davon dann noch Einkommenssteuer entrichten? Wie sieht es mit der Krankenversicherung aus? Wie mit den weiteren Sozialversicherungen?

Oder anders gefragt: wie viel bleibt dann netto übrig, dient „Dem Bauern“ als Grundlage seines Konsums?

Und wie stark würde sich vermutlich monetär die vorgesehene Streichung der Subventionen netto auswirken?

Servus,

da sind die „üblichen“ Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und ein separates Rentenversicherungssystem, die Landwirtschaftliche Alterskasse. KV und PV sind relativ günstig, da geht es um (grob) 12 % des für die Einkommensteuer ermittelten Gewinns, die Landwirtschaftliche Alterskasse erhebt einen einheitlichen Beitrag von derzeit 3.432 € jährlich. Einkommensteuer wird ab mittelgroßen Betrieben (über 50 ha Nutzfläche, mit einer Menge Einzelheiten, die hier aber nicht so wichtig sind) veranlagt wie bei anderen Unternehmern auch, z.B. bei einem Gewinn von 50.000 € und „üblichen“ Sonderausgaben zahlen Verheiratete etwas wie 4.700 - 5.000 € Einkommensteuer.

Die Verbilligung des „Agrardiesels“ macht 21,5 Cent / L aus, ein (für süddeutsche Verhältnisse) mittelgroßer Ackerbaubetrieb mit 100 ha Nutzfläche verbraucht ungefähr 12.000 L Diesel im Jahr. Da würden dann mit Berücksichtigung des Effekts von niedrigerer Einkommensteuer und ggf. niedrigeren Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträgen etwa 2.200 € im Jahr wegfallen.

Schöne Grüße

MM

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  • so grob diese Zahlen auch sind, in einem Punkt sollte (und wird) der Bauer ins Detail gehen: Er überlegt sich (oder liest in der „topagrar“), wie viel Ertrag er einbüßt und wie viel Diesel er andererseits einspart, wenn er z.B. die Stickstoffgaben in der Vegetationszeit nicht auf sechs, sondern nur auf fünf Überfahrten verteilt, was es ihn an Ertrag kostet und an Dieselersparnis bringt, wenn er nach der Ernte nicht erst mit dem Schälpflug, sondern ohne weitere Vorbereitung gleich mit dem Grubber übern Acker geht usw. - ziemlich kurios wird das in den Fällen, wo niedrigere Suventionen für den Diesel wegen anderer, nebenbei auch Diesel sparender Bewirtschaftung etwas höhere Zahlungen für Extensivierung des Ackerbaus gebracht hätten…

Schöne Grüße

MM

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Also ganz grob überschlagen (sofern ich alles richtig verstanden habe): etwa 6,2% netto-„Lohn“-Einbuße für den Beispielbetrieb?!

Ich gebe ehrlich zu, würde man mir plötzlich 6% netto weniger auszahlen, wäre ich auch nicht begeistert.

Danke @Aprilfisch für die konkretisierten Ausführungen.

Das Grundproblem ist, dass in den Medien und damit in der öffentlichen Wahrnehmung alle Landwirt genauso über einen Kamm geschoren werden wie alle Piloten, alle Ärzte und nicht zuletzt auch alle Bankangestellten.

Bei den Landwirten sind die Spannbreiten riesig - je nach Region, je nach Schwerpunkt der Tätigkeit und eben auch je nach Größe der bewirtschafteten Fläche. Im Ostdeutschland gibt es dank verkaufter LPG viele Großbetriebe, die größtenteils gar nicht mehr von Familienbetrieben werden, sondern zu großen Unternehmensgruppen gehören, die vielfach auch branchenfremd sind. Ein kleiner Einblick:
Die reichsten Bauern in Deutschland – sind gar keine Bauern | agrarheute.com

Ganz anders die klassischen Landwirte in Bayern, Baden-Württemberg und auch hier in NRW. Anekdotisch: im Bekanntenkreis haben wir diverse Familien, die in dem Medien als Landwirte bezeichnet würden. Eine Familie bewirtschaftet in mindestens dritter Generation einen klassischen Hof; angebaut werden insbesondere Getreide, Rüben und Kartoffeln. Wobei tatsächlich er den Betrieb i.W. allein mit ein paar Hilfskräften bewirtschaftet. Seine Frau macht i.W. die Buchhaltung und andere Verwaltungsdinge. Beide gehen nebenberuflich in Teilzeit bei einer Versicherung arbeiten, weil sie sonst nicht über die Runden kämen.

In den letzten zehn Jahren hat die Familie Flächen u.a. an die Stadt für Neubaugebiete verkauft und den Erlös in Mietwohnungen investiert - also Tausch von wenig fungiblem und ertragsschwachem Vermögen in Einkommen. Die Wetterkapriolen der letzten fünf Jahren haben zu erheblichen Einbußen beim Einkommen geführt. Die sich ständig ändernden Planungsgrundlagen hinsichtlich Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden usw. betrachten sie als ein weiteres großes Problem, weil die fehlende Planungssicherheit dazu führt, dass sie Investitionen aufschieben, was wiederum mittelfristig zu sinkendem Einkommen führt.

Von einer anderen in der Landwirtschaft tätigen Familie, weiß ich ebenfalls, dass zumindest sie in Teilzeit arbeiten geht. Einige tausend Quadratmeter in Innenstadtlage wurden in den letzten zehn Jahren bereits für Wohnbebauung verkauft. Auf einem weiteren Grundstück hat die Familie geförderten Wohnraum errichtet. Bzgl. weiterer rd. 10.000qm in Innenstadtlage - und damit den eigentliche Hof - wird schon seit einigen Jahren darüber nachgedacht, ob man sie nicht ebenfalls verkaufen soll und den Betrieb damit stilllegt, um dann vom Vermögen und Mieteinnahmen leben zu können.

Von einer dritten Familie weiß ich, dass sie hauptberuflich anderweitig arbeitet, während er neben der Landwirtschaft Speziallogistik betreibt. Der reine landwirtschaftliche Betrieb wirft auch hier nicht genug ab, um als Familie davon leben zu können.

Wohlgemerkt: das sind alles keine armen Menschen, aber es ist in allen drei Fällen absehbar, dass spätestens die übernächste Generation keine Landwirtschaft mehr betreiben wird. Teile der bewirtschafteten Flächen werden dann anders genutzt (Wohnbebauung) oder eben an andere Betriebe verkauft.

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Ja, diese Hausnummer dürfte für die klassischen Familienbetriebe in etwa hinkommen - schade, dass die Aktion aus der hektischen Suche nach Möglichkeiten erwachsen ist, den Haushalt irgendwie wieder möglichst schnell ins Lot zu kriegen. Auf etwa fünf Jahre gestreckt (um Produktionsverfahren, aber auch Erzeugerpreise anpassen zu können) hätte das eine hübsche Sache werden können.

Schöne Grüße

MM

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