Das Grundproblem ist, dass in den Medien und damit in der öffentlichen Wahrnehmung alle Landwirt genauso über einen Kamm geschoren werden wie alle Piloten, alle Ärzte und nicht zuletzt auch alle Bankangestellten.
Bei den Landwirten sind die Spannbreiten riesig - je nach Region, je nach Schwerpunkt der Tätigkeit und eben auch je nach Größe der bewirtschafteten Fläche. Im Ostdeutschland gibt es dank verkaufter LPG viele Großbetriebe, die größtenteils gar nicht mehr von Familienbetrieben werden, sondern zu großen Unternehmensgruppen gehören, die vielfach auch branchenfremd sind. Ein kleiner Einblick:
Die reichsten Bauern in Deutschland – sind gar keine Bauern | agrarheute.com
Ganz anders die klassischen Landwirte in Bayern, Baden-Württemberg und auch hier in NRW. Anekdotisch: im Bekanntenkreis haben wir diverse Familien, die in dem Medien als Landwirte bezeichnet würden. Eine Familie bewirtschaftet in mindestens dritter Generation einen klassischen Hof; angebaut werden insbesondere Getreide, Rüben und Kartoffeln. Wobei tatsächlich er den Betrieb i.W. allein mit ein paar Hilfskräften bewirtschaftet. Seine Frau macht i.W. die Buchhaltung und andere Verwaltungsdinge. Beide gehen nebenberuflich in Teilzeit bei einer Versicherung arbeiten, weil sie sonst nicht über die Runden kämen.
In den letzten zehn Jahren hat die Familie Flächen u.a. an die Stadt für Neubaugebiete verkauft und den Erlös in Mietwohnungen investiert - also Tausch von wenig fungiblem und ertragsschwachem Vermögen in Einkommen. Die Wetterkapriolen der letzten fünf Jahren haben zu erheblichen Einbußen beim Einkommen geführt. Die sich ständig ändernden Planungsgrundlagen hinsichtlich Einsatz von Düngemitteln, Pestiziden usw. betrachten sie als ein weiteres großes Problem, weil die fehlende Planungssicherheit dazu führt, dass sie Investitionen aufschieben, was wiederum mittelfristig zu sinkendem Einkommen führt.
Von einer anderen in der Landwirtschaft tätigen Familie, weiß ich ebenfalls, dass zumindest sie in Teilzeit arbeiten geht. Einige tausend Quadratmeter in Innenstadtlage wurden in den letzten zehn Jahren bereits für Wohnbebauung verkauft. Auf einem weiteren Grundstück hat die Familie geförderten Wohnraum errichtet. Bzgl. weiterer rd. 10.000qm in Innenstadtlage - und damit den eigentliche Hof - wird schon seit einigen Jahren darüber nachgedacht, ob man sie nicht ebenfalls verkaufen soll und den Betrieb damit stilllegt, um dann vom Vermögen und Mieteinnahmen leben zu können.
Von einer dritten Familie weiß ich, dass sie hauptberuflich anderweitig arbeitet, während er neben der Landwirtschaft Speziallogistik betreibt. Der reine landwirtschaftliche Betrieb wirft auch hier nicht genug ab, um als Familie davon leben zu können.
Wohlgemerkt: das sind alles keine armen Menschen, aber es ist in allen drei Fällen absehbar, dass spätestens die übernächste Generation keine Landwirtschaft mehr betreiben wird. Teile der bewirtschafteten Flächen werden dann anders genutzt (Wohnbebauung) oder eben an andere Betriebe verkauft.