Gewerblicher Import aus den USA

Hallo,

ich schreibe eine Diplomarbeit zum Thema Markteintrittstrategie für einen amerikanischen Bekleidungsanbieter. Ich möchte ermitteln welches eine geeignete Gesellschaftsform ist bzw. ob es sinnvoller wäre einen Intermediär (z.B. Distributor)einzuschalten. Da es um einen Online-Shop geht habe ich zunächst an eine Tochtergesellschaft gedacht um den deutschen Shop zu betreuen.

Nun habe ich Fragen zur Einfuhr:

  1. Wie hoch sind die Abgaben insgesamt?
    Stimmt 12% auf Produkt und Transportkosten + 19% Mehrwertsteuer?
    Kann man die Steuer später irgendwie absetzen, da sie ja beim Verkauf an Dritte nochmal anfällt?
  2. Kann die amerikanische Gesellschaft die Produkte für Herstellkosten an den Handelspartner verkaufen, um die Zollabgaben zu minimieren?
  3. Gibt es dabei Unterschiede zwischen den Gesellschaftsformen?
  4. Ursprungsland: Wenn die Teile ursprünglich aus Taiwan kommen aber in den USA veredelt werden, was gilt dann als Herrkunftsland.

Sorry für die vielen Fragen, für Hilfe wäre ich sehr dankbar!!

Viele Grüße,
Malou

Hallo,

Nun habe ich Fragen zur Einfuhr:

Grundlegendes hier: /t/faq-zoll-und-import/4873917

  1. Wie hoch sind die Abgaben insgesamt?
    Stimmt 12% auf Produkt und Transportkosten + 19%
    Mehrwertsteuer?

Die Zölle für Bekleidung findet man im Abschnitt XI, Kapitel 60, 61 und 62 des elektronischen Zolltarifs. Gestricke sind tatsächlich gestrickte Waren, also Waren aus (einem) zu Maschen verschlungenen Faden, während Gewirke verwebte Fasern sind.

Dass Bekleidung üblicherweise einen Zollsatz von 12% hat, stimmt. Dieser Zollsatz ist anzuwenden auf den Warenwert und den größten Teil der Transportkosten, da der Transport zum größten Teil ja auch außerhalb der EU stattfindet. Der innerhalb der EU liegende Teil des Transportes braucht nicht verzollt werden. Da man nicht bei jeder Sendung die Kilometer nachrechnen kann, gibt es hier festgelegte Quoten (je nach amerikanischem Bundesstaat). So müssen aus den Staaten an der Ostküste 70% der Transportkosten mit verzollt werden, bei der Westküste sind es 78%.

Dazu kommt die Einfuhrumsatzsteuer von 19%. Diese sind anzuwenden auf den Warenwert, die vollen Transportkosten und den zuvor berechneten Zollbetrag.

Kann man die Steuer später irgendwie absetzen, da sie ja beim
Verkauf an Dritte nochmal anfällt?

Ja. Für gewerbliche Einführer ist die Einfuhrumsatzsteuer ein durchlaufender Posten.

  1. Kann die amerikanische Gesellschaft die Produkte für
    Herstellkosten an den Handelspartner verkaufen, um die
    Zollabgaben zu minimieren?

Verzollt werden muss der Warenwert. Der Zoll richtet sich hier nach den Angaben auf der Rechnung. Die Angaben müssen aber stimmig und glaubwürdig sein. Wenn also jemand Waren anmeldet, die deutlich günstiger sind als üblicherweise für derartige Waren anzunehmen ist, wird der Zoll keine Freigabe erteilen. Ich habe in den FAQ ja erklärt, dass der deutsche Einführer der Ware im Zweifel das Problem hat wenn die Ware nicht durchgelassen wird.

  1. Gibt es dabei Unterschiede zwischen den
    Gesellschaftsformen?

Nein. Wer Ware einführt, ist Zollbeteiligter und Zollverpflichteter. Welche Unternehmensform derjenige hat, ist egal. Es gibt nur eine Unterscheidung zwischen privaten und gewerblichen Einführern, aber in deinem Fall wäre es immer eine gewerbliche Einfuhr.

  1. Ursprungsland: Wenn die Teile ursprünglich aus Taiwan
    kommen aber in den USA veredelt werden, was gilt dann als
    Herrkunftsland.

Für die Verzollung maßgeblich ist das Ursprungsland der Ware, also der Ort der Herstellung - nicht das Land, aus dem das Paket kommt.

Das Ursprungsland ist das Land der „letzten wesentlichen Be- oder Verarbeitung“. Im Einzelfall kann es da zu unterschiedlichen Interpretationen kommen, welche Veredelung tatsächlich eine „wesentliche“ Veränderung ist, die der Ware einen anderen Charakter gibt.

Für den Zollsatz spielt es meistens keine Rolle weil der bei Bekleidung fast immer 12% ist. Ob man als Ursprungsland die USA oder Taiwan annimmt, spielt dann kostenmäßig keine Rolle.

Ein heikler Punkt wäre aber, wenn bestimmte Waren aus gewissen Ländern nicht einfuhrfähig wären oder irgendwelche Beschränkungen herrschen. Beispielsweise könnte es sein, dass auf T-Shirts aus China Anti-Dumping-Zölle erhoben werden oder es irgendwelche anderen Maßnahmen gibt, die bei Waren aus bestimmten Ländern gelten könnten.

Das ist aber schwer planbar weil manche der Möglichkeiten nicht fix sind, sondern die können zeitweise, für Produkte bestimmter Produzenten, bis zur Erreichung bestimmter Limits etc. gelten.

Sorry für die vielen Fragen, für Hilfe wäre ich sehr dankbar!!

Dafür sind wir ja hier… :smile:

Gruß,

MecFleih

Vergessen zu verlinken: elektronischer Zolltarif EZT:

http://ec.europa.eu/taxation_customs/dds/cgi-bin/tar…

Hallo liber MecFleih,

vielen Dank für Deine rasche und informative Antwort!

Ja. Für gewerbliche Einführer ist die Einfuhrumsatzsteuer ein
durchlaufender Posten.

Wie ist das denn genau mit den durchlaufenden Posten?
Ich habe die Angabe in den FAQ’s auch schon gesehen, jedoch ist mir das nicht so ganz klar.

Kannst Du mir sagen ob ich das so richtig verstanden habe:
Ein Produkt wird eingeführt dessen Einfuhrumsatzsteuer(Warenwert+Transportkosten+Zollbetrag) insgesamt 4€ beträgt, nun wird das Produkt weiter verkauft und man müsste eine Mehrwertsteuer von 4,10€ abführen.
Da man 4€ schon bei Einfuhr bezahlt hat, muss man nun nur 10cent versteuern?

Gibt es auch den Fall das die Einfuhrumsatzsteuer höher war z.B. 5€, die Mwst. aber nur 3€ ist, kriegt man dann Geld wieder??

Verzollt werden muss der Warenwert. Der Zoll richtet sich hier
nach den Angaben auf der Rechnung. Die Angaben müssen aber
stimmig und glaubwürdig sein. Wenn also jemand Waren anmeldet,
die deutlich günstiger sind als üblicherweise für derartige
Waren anzunehmen ist, wird der Zoll keine Freigabe erteilen.

Aber von welchem Betrag geht der Zoll denn aus? Herstellkosten, Einkaufspreis, Verkaufspreis?

Das Ursprungsland ist das Land der „letzten wesentlichen Be-
oder Verarbeitung“. Im Einzelfall kann es da zu
unterschiedlichen Interpretationen kommen, welche Veredelung
tatsächlich eine „wesentliche“ Veränderung ist, die der Ware
einen anderen Charakter gibt.

Aha, wer entscheidet ob die „Charakterveränderung“ stark genug ist?
Zählt z.B. Färben dazu aber etwas Kürzen nicht?
Gibt es dazu auch Tabellen, wo man das einsehen kann?

Ich bedanke mich vielmals für die Hilfe!

Beste Grüße,

Malou

Hallo,

Wie ist das denn genau mit den durchlaufenden Posten?
Ich habe die Angabe in den FAQ’s auch schon gesehen, jedoch
ist mir das nicht so ganz klar.

Hmmm, da muss ich leider passen. Wie das jetzt steuerrechtlich genau geltend gemacht wird, weiß ich leider nicht…

Das sollte aber jeder Gewerbetreibende / Verkäufer wissen, weil das AFAIK immer so ist, dass dort im Grunde nur die Nettopreise interessant sind, weil die Umsatzsteuern bezahlt, dann aber auch wieder ans Finanzamt abgeführt werden?

Verzollt werden muss der Warenwert. Der Zoll richtet sich hier
nach den Angaben auf der Rechnung. Die Angaben müssen aber
stimmig und glaubwürdig sein. Wenn also jemand Waren anmeldet,
die deutlich günstiger sind als üblicherweise für derartige
Waren anzunehmen ist, wird der Zoll keine Freigabe erteilen.

Aber von welchem Betrag geht der Zoll denn aus?
Herstellkosten, Einkaufspreis, Verkaufspreis?

Grundlage ist der Preis, der auf der Begleitrechnung zu der Ware genannt wird - also das, was der Importeur an den Lieferanten zahlt. Wobei der Zoll hier nicht jeden unrealistischen Preis akzeptieren würde. Es muss in einem glaubwürdigen Rahmen liegen. T-Shirts oder Jeans einer bestimmten Stoffart oder Verarbeitung und eines bestimmten Labels haben ja schließlich einen ungefähr immer gleichen Warenwert; der eine kauft vielleicht zu etwas besseren, der andere zu etwas ungünstigeren Konditionen, aber man kann ja davon ausgehen, dass der Warenwert innerhalb einer gewissen Spannbreite liegen muss, und die Rechnung muss sich dann in einem entsprechenden, glaubwürdigen Rahmen befinden. Wer einen Ferrari importiert und als Wert 100 EUR angibt - das ist natürlich unglaubwürdig. Aber wenn, je nach Zustand, 90.000 oder 100.000 EUR genannt werden, wird der Zoll das wohl glauben.

Meistens stehen ja auch nicht irgendwelche Phantasiesummen auf der Rechnung, sondern das, was man tatsächlich für die Ware bezahlt. Sollte die Rechnung unglaubwürdig niedrig sein hilft es dem Einführer auch eher nicht Geld zu sparen, weil er den Zoll am Hals hat und eine korrekte Rechnung beschaffen muss.

Aha, wer entscheidet ob die „Charakterveränderung“ stark genug
ist?
Zählt z.B. Färben dazu aber etwas Kürzen nicht?
Gibt es dazu auch Tabellen, wo man das einsehen kann?

Das ist natürlich immer Ansichtssache. Bekannte Markenjeans-Hersteller haben z. B. den Trick versucht, die Hosen billig in China produzieren zu lassen, sie als Billigjeans mit entsprechend niedrigen Warenwerten zu importieren und dann erst in der EU das Markenschild annähen zu lassen, so dass sie die Ware sehr billig importieren konnten, hier aber teuer als Markenprodukt verkaufen konnten weil erst die Veredelung mit dem Label die Hosen zu einem Markenprodukt mache…
Oder man hat teure PC’s als Zubehör zu sehr preiswerten Kabeln deklariert…
Der Zoll spielt da aber nicht mit, wenn sowas auffällt. Sollte der Zoll die Ware nicht passieren lassen, bist du als Einführer verpflichtet Nachweise zu bringen. Bei Meinungsverschiedenheiten bist du beim Zoll immer in einer schlechten Verhandlungsposition. Im Zweifel kannst du nur ein Gericht bemühen, wirst in vielen Fällen aber den Kürzeren ziehen.

Schöne Grüße,

MecFleih

Hallo MecFleih,

Vielen Dank für all die Informationen.

Das ist natürlich immer Ansichtssache.

Das hört sich jetzt für mich so an, als würde da ganz schön viel im Auge des Betrachters liegen. Der Zollbeamtenaugen in diesem Fall!
Was Ursprungsland und realistischer Preis angeht.
Für einige Produkte, insbesondere bekannte Marken sind Preise sicherlich leicht zu ermitteln. Aber wenn nun ein No-Name-Produkt daher kommt aus keinem besonderen Material müsste der Zoll ja bis zu den Anfängen der textilen Kette, also da wo z.B. das Spinnmaterial gewonnen wurde bei chem. Fasern oder wo die Baumwolle gepflückt wurde bei natürlichen Garnen etc… nachhaken. Um festzustellen für welchen Betrag der Hersteller die Waren bezogen hat und ob der angegebene Preis auf der Rechnung realistisch ist oder nicht.
Naja, ist jetzt erstmal auch nicht ganz so wichtig.

Mich interessiert eher die Steuerproblematik, denn wenn die Einfuhrkosten zu hoch werden und man die Einfuhrumsatzsteuer nachher nicht komplett absetzen kann, besteht die Gefahr dass der Endpreis für das Produkt in Deutschland zu teuer wird und damit nicht mehr Absetzbar.
Ist ja ein wichtiger Faktor für die Planung einer Markteintrittstrategie!

Ich schau mal ob es vielleicht in einem anderen Themengebiet Informationen dazu gibt.

Vielen herzlichen Dank für Deine Hilfe!
M

Hallo,

Das hört sich jetzt für mich so an, als würde da ganz schön
viel im Auge des Betrachters liegen. Der Zollbeamtenaugen in
diesem Fall!

Ja, das ist so! Der Zoll ist das letzte richtige Paradies für deutsche Beamte, da können sie sich so richtig austoben…

Für einige Produkte, insbesondere bekannte Marken sind Preise
sicherlich leicht zu ermitteln. Aber wenn nun ein
No-Name-Produkt daher kommt aus keinem besonderen Material
müsste der Zoll ja bis zu den Anfängen der textilen Kette,
also da wo z.B. das Spinnmaterial gewonnen wurde bei chem.
Fasern oder wo die Baumwolle gepflückt wurde bei natürlichen
Garnen etc… nachhaken.

Nö, es gibt einfach ein gewisses Preisniveau, was eine Ware wert ist. Vergiss nicht, der Zollwert richtet sich nach dem tatsächlichen Wert der Ware - nicht unbedingt danach, was du dafür bezahlt hast (zumindest dann nicht, wenn du wenig bis nichts bezahlt hast - bei teuren Rechnungen und folglich teuren Einfuhrabgaben wird der Zoll nichts dagegen haben :smile: ).

Wenn 1000 Firmen No-name-Jeans für ungefähr 5 EUR einkaufen und man somit davon ausgehen kann, dass derartige Produkte diesen Wert haben, kannst du nicht glaubwürdig darlegen, dass deine Hosen aber nur 10 Cent wert wären. Man wird dann unterstellen, dass alle anderen auch versuchen günstig zu kaufen, die sind ja nicht alle blöd. Also wird deinen Hosen auch ein Marktwert von etwa 5 EUR zugeschrieben. Wenn du dann eine Rechnung über 4,90 EUR oder 5,10 EUR hast, wird man es dir abnehmen. Aber nicht, wenn du völlig vom üblichen Wert-Niveau abweichst.

Im Zweifel muss der Zoll auch nichts beweisen, sondern DU musst den Wert der Ware belegen. Wie ich in den FAQ schrieb, der Zoll kann einfach Zweifel anmelden, als Einführer hast DU dann das Problem, die Warenwerte beweisen zu müssen. Der Zoll muss dir nichts beweisen und nicht in der Wertschöpfungskette nachforschen.

Im Zweifel kann die GATT-Zollwertermittlung zu Rate gezogen werden: http://www.zoll.de/b0_zoll_und_steuern/a0_zoelle/d2_…

Mich interessiert eher die Steuerproblematik, denn wenn die
Einfuhrkosten zu hoch werden und man die Einfuhrumsatzsteuer
nachher nicht komplett absetzen kann, besteht die Gefahr dass
der Endpreis für das Produkt in Deutschland zu teuer wird und
damit nicht mehr Absetzbar.
Ist ja ein wichtiger Faktor für die Planung einer
Markteintrittstrategie!

Ja klar. Da kenne ich mich ehrlich gesagt nicht aus. Reine Vermutung: es sind 2 getrennte Vorgänge. Der gewerbliche Importeur kann die EUST geltend machen, und führt nach dem Verkauf die MWST ab. Weil sonst wäre ja das Problem, dass mann „Summe A“ als EUST auslegt und „Summe B“ als MWST einnimmt. Ich vermute, dass es so aber nicht sein wird, sondern die Summen einzeln und somit auch auf den Cent genau gerechnet werden.

Gruß,

MecFleih