Gibt es noch Meinungsfreiheit?

Quatsch mit Soße.

Wenn Du deutsches Strafrecht kenntest, wäre Dir sofort aufgefallen, aus welchem Paragraphen des StGB die Formulierung „die geeignet ist etc. (…) stören“ wörtlich übernommen ist, und Du wüßtest auch, welche Anklagen seit 1949 auf dessen Grundlage erhoben worden sind (die Zahl ist sehr übersichtlich) und wie viele Freisprüche es dabei gab.

Mach Dich mal wenigstens über diese Grundlagen schlau, dann kannst Du vielleicht irgendwas Substantiiertes zu dem Thema vortragen.

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Du denkst also, dass ein Gesetz welches die Meinungsfreiheit massiv einschränkt unwichtig ist nur weil es bisher kaum zu Verurteilungen kam?

Ich warte noch auf die Definition von „Meinungsfreiheit“. Man kann nur über etwas diskutieren, über das Einigkeit besteht.

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Nein, denke ich nicht - warum?

Doch, in der Desperado-Welt denkst du das. Da gibt es nämlich nur plus oder minus, richtig oder falsch, rechts oder links. Darum laufen ja alle Diskussionen so ab, wie sie ablaufen.

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In wie fern wird denn denn die Meinungsfreiheit massiv eingeschränkt, hast du dazu irgendein Beispiel, oder kannst du irgendeinen anerkannten Juristen anführen der diese Behauptung begründen kann und was hat Volksverhetzung und Aufruf zu Straftaten mit Meinungsfreiheit zu tun.

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Diese beiden Dinge sind auch bisher strafbar - wie wäre es, wenn Du einfach mal den verlinkten Titel der Tagesschau liest damit Du weißt worum es geht?

Finde doch jemanden der Dir den Inhalt dieses Beitrages der ARD erlärt, ich hätte hier für Dich z.b. Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel von der Universität Augsburg. (Ich entschuldige mich für den Textblock im Vorraus) und ich halte den Herren für deutlich qualifizierter als Dich, Sarah Wagenknecht, Queerdenker, Bildzeitung und andere Hobbyjuristen diesen Sachverhalt zu bewerten …

" Welcher Skandal?

Anmerkungen zur eher symbolischen Änderung des § 130 StGB

Ein kriminalpolitischer Skandal – tönt es aus Zeitungsberichten, Kommentaren und Tweets. Und das, obwohl sich die neue Regierung ausdrücklich einer evidenzbasierten, wissenschaftlich beratenen und zurückhaltenden Strafgesetzgebung verschrieben hat. Was ist geschehen?

Der Deutsche Bundestag hat vor wenigen Tagen den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) um einen weiteren Absatz ergänzt. Nunmehr kann mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden, wer „eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in § 130 Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.“ Es lohnt sich, den wegen mehrerer Verweisungen komplexen und sprachlich verschachtelten Tatbestand (ganz) zu lesen. Denn das Ergebnis der Lektüre passt kaum zu den verkürzten und skandalisierenden Tweets und Medienberichten: Auch künftig dürfen nämlich Handlungen, die von den Tatbeständen Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den verschiedenen Formen von Kriegsverbrechen abgebildet werden und die sich gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe richten, gebilligt, geleugnet und gröblich verharmlost werden, ohne dass die Schwelle des § 130 Abs. 5 StGB überschritten wäre. Die Vorschrift markiert die Strafbarkeitsgrenze erst dort, wo Äußerungen geeignet sind, zu Hass oder Gewalt aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.

Eine einfache Störung des öffentlichen Friedens, etwa durch eine besonders aufmerksamkeitsträchtige Publikation oder Äußerungsform, reicht also – anders als bei der sogenannten Holocaustleugnung (§ 130 Abs. 3 StGB) – nicht aus. Die Äußerung muss vielmehr ein darüberhinausgehendes Aufstachelungspotenzial haben, sich im Vorfeld des Aufforderns zu Straftaten (§ 111 StGB) bewegen. Anders formuliert, zeichnet sich die Tathandlung nicht so sehr durch die Bewertung vergangener Ereignisse aus, sondern durch eine in die Zukunft und gegen Personen gerichtete Aggressivität. Zugleich muss sie zentrale Kriterien des bereits von § 130 Abs. 1 StGB erfassten Verhalten erfüllen. Liest man § 130 Abs. 5 StGB also bis zum Ende, zeigt sich, dass die Erweiterung der Strafbarkeitszone eher symbolischen Charakter hat, da zusätzliche Einschränkungen die punitive Wirkung größtenteils wieder zurücknehmen. Zu Recht stellt die Gesetzesbegründung selbst die praktische Bedeutung der Novellierung in Frage.1)

Worin kann also der Skandal liegen? Nach (im Wortsinn) verbreiteter Meinung jedenfalls im Verfahren, das kein ordentliches gewesen sein soll. Tatsache ist, dass § 130 StGB im Wege einer Beschlussvorlage zur Änderung eines Gesetzentwurfes geändert worden ist, nicht durch ein eigenständiges Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches. Allerdings ist das gewählte Vorgehen nicht neu; es kam schon in anderen Fällen eher kleinräumiger Novellierungen zur Anwendung. Dass eine Ergänzung eines einzigen Tatbestandes zum Gegenstand eines eigenen Änderungsgesetzes gemacht werden müsste, ist rechtlich und gesetzgebungspraktisch ebenso wenig notwendig wie die Anberaumung einer Sachverständigenanhörung. Letztere haben zwar in den letzten Jahren an Häufigkeit zugenommen; eine Pflicht des Gesetzgebers, jede Änderung des geltenden Rechts durch eine Anhörung vorbereiten zu lassen, gibt es aber nicht. Der zuständige Ausschuss kann vielmehr nach politischen und fachlichen Erwägungen entscheiden, wann eine Anhörung sinnvoll ist und wann nicht.

Der Tatbestand bereitet keine verfassungsrechtlichen, wohl aber praktische Schwierigkeiten

Welchen Weg das Parlament auch immer beschreitet, es muss die sich daran entzündende Kritik in Rechnung stellen, aushalten und aus dieser gegebenenfalls Schlüsse ziehen. Wäre die Änderung des § 130 StGB weniger heftig kritisiert worden, wenn sie, sagen wir, um 11 Uhr vormittags nach der Dritten Lesung beschlossen worden wäre, könnten sich die Parlamentarier fragen. Das hängt entscheidend von der Berechtigung der inhaltlichen Kritik ab.

Klar ist, dass der neue Tatbestand in das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG eingreift, das alle Meinungen umfasst, „ohne dass es darauf ankommt, ob die Äußerung begründet oder grundlos, emotional oder rational ist, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt wird.“2) Klar ist jedoch auch, dass die Meinungsfreiheit per Gesetz eingeschränkt werden kann, wenn dieses Gesetz im Lichte der besonderen Bedeutung der Meinungsfreiheit verhältnismäßig ist. Als legitimes Ziel könnte der Gesetzgeber ins Feld führen, dass eine politische Gemeinschaft, die völkerstrafrechtliche Verbrechen als Taten gegen die Menschheit als Ganze begreift und daher mit den schärfsten Sanktionen belegt, nicht deren öffentliche Billigung, gröbliche Verharmlosung oder Leugnung dulden muss. Auf diese Erwägung kommt es aber wegen der Struktur des Tatbestandes nicht an, da er den öffentlichen Frieden und die bezeichneten Personengruppen vor Äußerungen mit einem besonderen Hass- oder Gewaltpotenzial schützt. Dabei handelt es sich um ein verfassungsrechtlich anerkanntes Ziel: Ein legitimer Zweck, zu dessen Wahrung der Gesetzgeber öffentlich wirkende Meinungsäußerungen begrenzen darf, ist der öffentliche Friede jedenfalls „in einem Verständnis als Gewährleistung von Friedlichkeit“3); genau dieses Ziel verfolgt der Gesetzgeber in tatbestandlich deutlich eingeschränkter und damit verhältnismäßiger Weise.

Dass § 130 StGB künftig nicht nur die Leugnung des Holocausts, sondern – unter zusätzlichen Voraussetzungen – auch die Leugnung solcher Handlungen erfasst, die Völkerstraftaten in anderen historischen und gegenwärtigen Kontexten betreffen, ist kein verfassungsrechtliches Problem, sondern entschärft ein solches. Denn bekanntlich darf die Meinungsfreiheit nicht durch Einzelfallgesetze, sondern nur aufgrund eines allgemeinen Gesetzes eingeschränkt werden. Genau aus diesem Grund war der § 130 Abs. 4 StGB, der lediglich die Billigung von nationalsozialistischen Gewalttaten pönalisiert, Gegenstand eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens, in dem der Erste Senat die Vorschrift nur knapp hat passieren lassen.4) Insofern verliert der Holocaust nur sub specie § 130 StGB seine (verfassungsrechtlich nicht unproblematische) Singularität, keineswegs aber seine historische Einzigartigkeit.

Der neue Tatbestand schafft also keine Legitimationsprobleme, sehr wohl aber dürfte er Staatsanwaltschaften und Gerichten Anwendungsschwierigkeiten bereiten. Zwar ist es nach der klaren Fassung des Tatbestandes nicht notwendig nachzuweisen, dass ein bestimmtes Geschehen als strafbar (d.h. objektiv und subjektiv tatbestandsmäßig, rechtswidrig und schuldhaft) im Sinne der §§ 6 ff. VStGB zu bewerten ist; Bezugspunkt des § 130 Abs. 5 sind nur die in den Tatbeständen beschriebenen Handlungen. Bedeutungslos ist damit auch die Frage der Täterschaft, also die Frage, welche Personen individuell für die Begehung der Taten verantwortlich waren, so dass ein politischer Streit um die konkrete Verantwortlichkeit für ein Geschehen – etwa in Butscha – gerade nicht unter den Auspizien des § 130 Abs. 5 geführt werden muss. Überhaupt kommt es auf vorherige strafgerichtliche Feststellungen zu den eigentlichen völkerstrafrechtlichen Taten nicht an; schon gar nicht bedarf es einer Verurteilung von Tätern durch den ohnehin nur subsidiär zuständigen Internationalen Strafgerichtshof. Gerade weil es aber häufig an gerichtsfesten Tatsachenfestellungen fehlen wird, dürfte es deutschen Strafrichtern schwerfallen, während eines andauernden Kriegsgeschehen Feststellungen zu treffen, die eine Strafbarkeit nach § 130 Abs. 5 StGB begründen. Je mehr sich aber der Nebel des Krieges lichtet, umso wahrscheinlicher wird es sein, dass Strafverfahren nach § 130 Abs. 5 StGB nicht mit einer folgenlosen Einstellung enden."

Welcher Skandal? – Verfassungsblog

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Es gibt beim Verfassungsblog noch einen zweiten, ebenfalls sehr lesenswerten Beitrag, der mE sehr gut aufzeigt, warum die Änderungen zwar vielleicht kein Skandal sind, aber auch nicht so locker-flockig unproblematisch, wie es hier die meisten sehen:

Auif die Auslegungs- und Anwendungsschwierigkeiten war Kubiciel ja bereits eingegangen, Rhein-Fischer weist aber mE zurecht auf das Problem hin, dass eine derartiges Gesetz auch eine Blaupuse und eine Legitimation für revisionistische Gesetze in anderen Ländern sein kann - und im Wortlaut unterschieden sich derartige Gesetze nicht wirklich, nur halt in ihrem Geist und ihrer Auslegung, und das ist ein sehr dünnes Eis.

Ähnliche Probleme gibt es durchaus auch in anderen Rechtsgebieten. Die Gesetze, mit denen sexuelle Minderheiten diskriminiert werden, laufen häufig unter dem Label des Jugendschutzes und unterscheiden sich in manchmal auf erschreckende Weise nicht von dem, was von Linken wie Rechten auch in Deutschland gefordert wird - nur der Geist und die Auslegung sind halt frappant anders.

Beste Grüße,
Max

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Ich würde eher sagen, dass ist inzwischen die Welt der meisten Schreiber hier bei Wer-Weiß-Was. Russland ist - definitiv! - eine Diktatur, also muss die Ukrane eine lupenreine Demokratie sein, Corona ist - definitiv! - eine schwere Krankeheit, also sind alle Maßnahmen unter allen Umständen richtig. Mit differenziertem Denken haben sich hier in den letzten drei Jahren nur wenige bekleckert. Und das trifft auch hier auf den Thread zu. Wenn man auf das „schwarz“ eines Fragestellers reflexhaft mit einen kollektiven „Weiß!“ antwortet, dann trägt man seinen Teil dazu bei, dass Diskussionen so ablaufen, wie sie ablaufen, und darf sich gerne mal an die eigene Nase fassen.

Doch, es gibt noch Meiungsfreiheit. Das ist Polemik. Aber das heißt nicht, dass das Gesetz völlig unproblematisch ist. Es hängt extrem von seiner Auslegung ab, und derartige Gesetzte sind prädestiniert dafür, missbraucht zu werden.

Demokratie und Rechtstaat sind Methoden, keine Ideologien. Und Meinungsfreiheit bedeutet auch, dass man im Großen und Ganzen Unsinn reden darf. Nicht jeden Unsinn, aber - hier die Grenze zu ziehen, ist mE nicht so leicht, wie sich das manche vorstellen.

Beste Grüße,
Max

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Würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass es völlig unmöglich ist für alle erdenklichen Fälle Grenzen zu ziehen, so dass dies nicht die Meinungsfreiheit fundamental einschränkt.

Die Frage lautet damit, ob die Demokratie auf diese Weise so stark eingeschränkt werden sollte, nur damit ein paar Spinner kein wirres Zeug mehr von sich geben dürfen.

ein schönes Beispiel für die klassische Troll-Kommunikation. kwt

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Dass Du Dinge wie die Beschneidung der Meinungsfreiheit durch den Kakao ziehst, sagt einiges über Deine Einstellung gegenüber unserer Demokratie aus.

QED - yo…

Ach komm, wenn ausgerechnet er von wirren Spinnern redet, musst du doch auch schmunzeln :smile:

eben… daher mein Beitrag… und nach schmunzeln ist mir
aber ehrlich gesagt nicht…

Vielleicht doch mal einen neuen Spruch einstudieren? Ich finde, dieser ist jetzt so langsam mal abgenutzt.

Die Troll-Fabrik hat nicht viel mehr als ein Dutzend Sprüche auf Lager.

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Die Frage lautet damit, ob die Demokratie auf diese Weise so stark eingeschränkt werden sollte, nur damit ein paar Spinner kein wirres Zeug mehr von sich geben dürfen.

Du übersiehst, dass es in unserer Demokratie und in unserem Rechtstaat sogar für die Meinungsfreiheit schon immer Grenzen gegeben hat - Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung und auch Volksverhetzung waren schon immer strafbar. Nicht jede Einschränkung der Meinungsfreiheit ist gleich eine Gefahr für die Demokratie. Aber es ist deswegen auch nicht jede Einschränkung automatisch gefahrlos. DAS ist die Frage.

M.

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Welch Schwurbelei. Das gehört eigentlich gelöscht.