'Gottesschau'

Begegnung mit dem Heiligen
Hi Wolfgang,

diese Passage Exodus 33.20, wörtlich: „… denn nicht sieht mich der Mensch und lebt“ ist Audruck einer allgemeinen religiösen Denkform, die keineswegs für die israelitische Religion spezifisch ist. Es bezieht sich auf die Begegnung mit dem Numinosen resp. dem Sakralen ganz generell.

Das Sakrale (Fanum) hat zwei Weisen der Erscheinung: 1. als Anziehendes (Faszinosum) und 2. als Ab- oder Erschreckendes (Tremendum). Daher gelten für die Begegnung je nach Kult besondere Vorschriften und Bedingungen, wenn es um eine Begegnung geht: Z.B. beim Eintritt in einen heiligen Bezirk (Templum) oder beim Berühren heiliger = geweihter Gegenstände. Daraus folgen u.a. auch „Reinheits“-Gebote.

Solche Orte, Gegenstände, Zeitspannen, aber auch Personen, Worte und Namen (von Göttern) sind tabu. Letzteres weiß man z.B. außer von dem israelitischen Gott auch vom dem ägyptischen Amun, dessen Name nicht ausgesprochen werden durfte und der dem Sterblichen auch unsichtbar war. Eine Übertretung eines Tabus ist folgenschwer, ggf. eben auch tödlich, weil der Sterbliche nicht in der Lage ist, das auszuhalten.

Beispiele für so eine riskante Direkt-Begegnung mit dem Heiligen, besonders mit dem Göttlichen finden sich nun insbesondere in der Torah sehr zahlreich dokumentiert. So z.B. Exodus 20.19 „Rede du mit uns und laß uns zuhören, aber JHWH soll nicht mit uns reden, damit wir nicht sterben“ … Oder, bezogen auf den sakralen Ort Exodus 3.5 „Komm nicht näher her. Zieh deine Schuhe von den Füßen. Denn der Ort auf dem du stehst ist ‚Boden des Heiligen‘ (ad’mat-qodesch)“.

Schillers Ballade „Das verschleierte Bild zu Sais“ hat das übrigens auch zum Thema:
http://www.kerber-net.de/literatur/deutsch/lyrik/sch…

Gruß

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