Funkstille
Hi Herbert,
Ich solle da sein, sie aber zu nichts drängen.
Sag ihr, daß es bei dir genauso ist …
Ich erzähle ihr davon, dass mir das Tempo selbst auch etwas zu hoch sei
Sie sagte, das sei ihr jetzt zu viel, sie habe keine
Orientierung mehr. Dann stand sie auf und ging. Wich einem Kuss aus.
Seitdem Funkstille. Oh je.
Seit wann bedeutet denn Funkstille, daß die Beziehung zu Ende ist!? Ist sie denn derartig flach und oberflächlich, daß eine offene Aussprache über eine Gefühlsunsicherheit für sie ein „ex und hopp“ zur Konsequenz hat? Zumal diese Ausprache ja symmetrisch war.
Bei ihr liegt die Frage natürlich ganz anders als bei dir. Bei jeder Beziehung - und insbesondere bei der Anbahnung - geht es doch um das Abtasten der Vertrauenswürdigkeit, Verläßlichkeit:
- handlungsmäßig: Einhaltung von Versprechen UND
- emotional: wie glaubwürdig und „echt“ und zeitlich stabil sind Liebesbekundungen oder auch nur Bekundungen über die Bedeutung, die man für den Parter hat.
Ferner geht es um die Nähe-Distanz-Regulierung (so der Fachausdruck dafür):
Welche Nähe möchte ich?
Welche Nähe läßt der andere zu?
Welche Distanz brauche ich?
Welche Distanz hält der andere aus?
Also um Fragen der Beziehungs-Möglichkeit mit DIESEM Partner. Das ist ganz selbstverständlich. Das spielt sich nicht im Kopf ab, sondern im Gespür für den anderen. Und dieses Gespür braucht man/frau, sonst kann es sein, daß Katastrophen vorgebahnt sind.
Und deine Angebete HAT dieses Gespür offenbar.
Dei dir geht es aber um andere Probleme. Du bist dir deiner Gefühle für sie ja schon sicher - oberflächlich zumindest. Nur hast du Probleme mit deiner eigenen Gefühlsverläßlichkeit. Und die liegen bei dir offenbar eine Etage „tiefer“ als die Fragen nach der „Eignung“ der aktuellen Partnerin.
Deine deutliche Ambivalenz (das Zugleich einander widersprechender Gefühle) erzeugt auf der Handlungsebene einen „Appetenz-Aversion“-Konflikt: Ein zeitliches Hin-und-Her von Zuneigung und Flucht, bzw. von Verlustpanik und Verschmelzungspanik.
DAS mußt du natürlich auf anderen Wegen bearbeiten, NICHT innerhalb einer Beziehung! Denn mit dieser Eigenart wärest du eine Tretmine für JEDE Beziehung.
Aber andererseits hast du ihr DAS ja gar nicht so präsentiert. Du hast bisher lediglich genau dasselbe von dir geäußert („langsam angehen“), wie sie von sich. Also nutz eine angemessene Zeit der Funkstille aus, um für dich klarzukriegen, wie du generell mit „festeren“ Beziehungen überhaupt umzugehen gedenkst. Wenn sich die paar Tage Funkstille (allein auf Grund einer solchen wechselseitigen Äußerung) zu einem dauerhaften Ignorieren auswachsen: dann weißt du einerseits Bescheid, wie ernst die Dame ihrerseits zu nehmen war - andererseits weißt du, daß du dringend etwas mit dir selbst und den Grundlagen deiner Beziehungsfähigkeit tun müßtest.
Ich denke, sie kann mir jetzt nicht mehr vertrauen und glaubt,
ich könne ihr die Sicherheit nicht geben, die sie braucht.
Im Grunde kann sie dir ja auch nicht vertrauen - so, wie du dich selbst beschreibst - wenn du deine Problematik mal von außen betrachtest. Aber die Bearbeitung deines Psychoproblems ist eine Sache, mit der aktuellen Beziehung sensibel umzugehen - wie mit einer Seifenblase - ist eine andere Sache. Das schließt sich nicht unbedingt aus.
Zur Beziehungsfähigkeit gehört nicht nur die eigene Sensibilität, sondern auch die für den Partner - es zählt nicht nur das was du bekommst (und damit gehst DU reichlich willkürlich um!), sondern auch das, was du gibst.
Gruß
Metapher