Im Alten Testament gibt es keine Hölle,

… so habe ich gelesen. Demnach auch keine Höllenqualen und ewige Verdammnis.

Stimmt das?

Wenn ja, wie und warum sind sie ins NT gekommen?

Danke
Laika

Hi Laika,

steht umfangreich in FAQ:1527

Gruß
Metapher

Eine jüdische Idee aus dem 2. Jahrhundert v. Chr.?
Von meiner Ausbildung und Bildung her bin ich nicht berufen, dir auf deine Frage Antwort zu geben. Wohl möchte ich aber auf die Sendung „Auferstehung der Toten – Wie eine jüdische Idee die Welt veränderte“ aus der Reihe „IQ – Wissenschaft und Forschung – Bayern 2“ von 01.04.2010 verweisen. Man kann sie in iTunes als Podcast bekommen oder hier herunterladen:

http://kurzurl.net/BEQfH

Den Wahrheitsgehalt kann ich nicht beurteilen. Es besteht eine gewisse Widersprüchlichkeit zu der verlinkten FAQ, die für mich auch fachmännisch klingt. Ich mache mir den Inhalt der Sendung nicht zu Eigen, möchte ihn aber kurz skizzieren:

Die Idee (überhaupt einer Existenz im Jenseits) stamme aus dem Judentum, das lange Zeit ohne solche Annahmen ausgekommen sei. Von dem Gott Jahwe habe man ursprünglich gar nicht geglaubt, dass er Macht über das Totenreich habe; erst als er nach und nach den Platz aller anderen Götter eingenommen habe, soll sich dieses geändert haben.

Als Jahwe dann als der eine Gott angesehen wurde, der auch für alles zuständig war, fragte man sich (zwangsläufig), ob denn dann auch die Not der Menschen sein Wille sein könne. Die Frage habe sich im 2. Jahrhundert vor Christus besonders dringlich gestellt, als Israel unter die Herrschaft der Seleukiden geraten sei. Die Seleukiden hätten die Israeli zwangshellenisieren wollen. Der Teil der Menschen im besetzten Land, der sich damit arrangierte, habe nun aber ein besseres Leben geführt als jene, die unter Widerstand gegen die Seleukiden versuchten, ihrem Gott und der Tora treu zu bleiben.

Gerade die treusten Juden hätten also am meisten unter den Okkupanten gelitten. Das habe die Frage nach der Gerechtigkeit Gottes aufgeworfen. In solchen Krisensituationen würden „neue Theologie, neue Gedanken“ gewagt. Der neue Gedanke sei gewesen, dass Gott Gericht halten werde über die Verfolgten wie über ihre Verfolger und zwar nach dem Tod. Es soll einige „Vorstufen“ gegeben haben und dann zum ersten Mal im Buch Daniel (das aus dieser Zeit stamme) ein erster eindeutiger Hinweis auf die Auferstehung: „Aber zu jener Zeit wird dein Volk erettet werden, alle, die im Buch geschrieben stehen, und viele, die unter der Erde liegen, werden aufwachen, die einen zum ewigen Leben, die anderen zu ewiger Schmach und Schande.“

Die Sendung stellt es also so dar, als ob man quasi die Erklärung einer späteren Gerechtigkeit brauchte, um die akute Ungerechtigkeit ertragen zu können (psychologisch gesprochen), bzw. um noch an Gottes Gerechtigkeit glauben zu können (theologisch gesprochen).

Der Rest liegt nahe: Das Christentum entspringt dem Judentum. Jesus Christus selbst war Jude und glaubte an die Auferstehung, die zu seiner Zeit, wie die Sendung es sagt, bereits „weit verbreitet“ gewesen sei.

Es wird übrigens ein Fachmann dazu befragt, nämlich ein Professor für das Alte Testament:

http://kurzurl.net/KftPu

Hallo Levay,

ich hatte die Aussagen meines Postings in einem Buch über die Theodizee-Frage „Gottes Güte und die Übel der Welt“ gelesen. Der Autor ist sehr religionskritisch und sagt, dass die Hölle erst mit dem Neuen Testament, also dem Christentum aufkam, was ja nach Metaphers Antwort (die ich noch nicht komplett gelesen habe) wohl nicht ganz richtig ist. Kern der Aussage des Autors war, dass es doch etwas widersprüchlich ist, eine Hölle mit ewigen Qualen für Sünder zu postulieren, aus der es auf ewig keine Erlösung gibt, andererseits von einem gütigen, gnadenvollen, verzeihenden Gott zu reden.
Hoffe, das richtig wieder gegeben zu haben.

Gruss
Laika

Hallo.

Den Wahrheitsgehalt kann ich nicht beurteilen. Es besteht eine
gewisse Widersprüchlichkeit zu der verlinkten FAQ, die für
mich auch fachmännisch klingt.

Liegt vielleicht darin, dass hier zwei verschiedene Punkte behandelt werden. In der FAQ geht es um die Hölle und in deinem Beitrag um das kommende Gericht, welche nach der jüdische Lehre hierzu keine Hölle folgt.

Insgesamt gibt es in der jüdische Lehre hier recht viele und verschiedene Konzepte (Leben nach dem Tod, Paradies, Auferstehung, Wiedergeburt usw.), welche sich mit solchen Fragen beschäftigen, was zum einen jeweils an den Einflüssen von aussen liegt, wodurch diese Ideen ins Judentum Einzug fanden und zum anderen daran, dass solche Fragen im Judentum keine so grosse Bedeutung haben.

Gruss,
Eli

Den Wahrheitsgehalt kann ich nicht beurteilen. Es besteht eine
gewisse Widersprüchlichkeit zu der verlinkten FAQ, die für
mich auch fachmännisch klingt.

Liegt vielleicht darin, dass hier zwei verschiedene Punkte
behandelt werden. In der FAQ geht es um die Hölle und in
deinem Beitrag um das kommende Gericht, welche nach der
jüdische Lehre hierzu keine Hölle folgt.

Nein, nein, am besten ist es wohl, sich nicht auf meine kurze Zusammenfassung zu verlassen, sondern sich den rund viertelstündigen Beitrag anzuhören. Es geht explizit um Erlösung und Verdammnis, und das sind ja nun mal andere Begriffe für Himmel und Hölle.

ich hatte die Aussagen meines Postings in einem Buch über die
Theodizee-Frage „Gottes Güte und die Übel der Welt“ gelesen.
Der Autor ist sehr religionskritisch und sagt, dass die Hölle
erst mit dem Neuen Testament, also dem Christentum aufkam, was
ja nach Metaphers Antwort (die ich noch nicht komplett gelesen
habe) wohl nicht ganz richtig ist.

Und nach meiner Antwort auch nicht.

Kern der Aussage des Autors
war, dass es doch etwas widersprüchlich ist, eine Hölle mit
ewigen Qualen für Sünder zu postulieren, aus der es auf ewig
keine Erlösung gibt, andererseits von einem gütigen,
gnadenvollen, verzeihenden Gott zu reden.

Dieses Argument ist uralt und hat teilweise zu der Annahme geführt, dass es eben keine ewigen Höllenqualen gibt, sondern allenfalls zeitliche. Es ist eine Ansicht, die sich aber nicht durchgesetzt hat. Wohl aber kannte oder kennt man ja teilweise das Fegefeuer als eine Art höllisches Durchgangsstadium. Da Jesus sagt, dass die Sünde wider den Heiligen Geist weder in dieser Welt noch in der anderen vergeben wird, meinen einige, beginnend wohl bei Augustinus, dass es also Sünden gibt, die auch in der anderen Welt noch vergeben werden.

Theologen erwidern auf den von dir genannten Einwand meines Wissens nach meistens, dass Gott zwar gütig sei, aber eben auch gerecht. Außerdem habe ich dazu öfter mal gelesen, dass Gott im Grunde ja nur die Entscheidung der Menschen respektiere. Er wolle alle bei sich im Himmel haben, aber er akzeptiere es, wenn jemand dies nicht wolle.

Falls dich meine persönliche Meinung interessiert: Die bloße Existenz der Hölle schon lässt sich mit meinem Verständnis von Güte nicht in Einklang bringen. Gott kann so gesehen nicht einerseits die Hölle zulassen oder sogar vorsehen und andererseits in dem Sinne, wie ich das Wort gebrauche, allgütig sein. Wenn nun aber die göttliche Definition von Güte eine andere ist als meine, dann zählt die göttliche mehr und ist verbindlich. Der Widerspruch wäre also ein menschlich gedachter, kein göttlicher.

Eine andere Überlegung noch: Nach aktuellem katholischen Verständnis ist die Hölle kein Ort. Diese eher folkloristischen Vorstellungen sind den Theologen, soweit ich weiß, sogar ein Dorn im Auge, weil sie dazu führen, dass viele Menschen, die so was für abwegig halten, an die Hölle gar nicht mehr glauben; sie wissen nämlich nicht, was die katholische Kirche darunter heute versteht, und das ist kurz gesagt die Ferne von Gott. Der Zustand nach dem Tod ist demnach ein rein geistiger und zwar bei Gott oder von Gott getrennt. Wenn man sich das so vorstellt, dann erscheint mir die Vorstellung von der ewigen Hölle gar nicht unplausibel. Dann hat nämlich kein Gott, gütig oder nicht, einen Ort der Qualen erschaffen, sondern er respektiert lediglich die Entscheidung der Menschen, bei ihm oder fern von ihm zu sein. Dass die Ferne dann als Qual empfunden wird, würde Gott sozusagen in Kauf nehmen, er hätte aber nichts dazu getan, die Angelegenheit möglichst qualvoll zu gestalten, etwa durch Schaffung eines Feuersees und schrecklicher Folterinstrumente.

Natürlich kann man dann trotzdem die Frage nach der Allgütigkeit aufwerfen. Ich finde aber nicht, dass man aus der Güte auf die Nichtexistenz der Hölle schließen kann. Ebenso wäre es möglich, dass Gott eben nicht in dem Sinne allgütig ist, wie diejenigen sich das vorstellen, die meinen, es könne keine Hölle geben, weil Gott ja allgütig sei.

Das von dir angeführte Argument hat aber, nehme ich an, mit dazu geführt, dass es die Vorstellung von der Allversöhnung gibt, wonach alle Menschen erlöst werden. Ein anderes Argument hierfür ist eine Bibelstelle, in der es heißt, Gott wolle alle Menschen bei sich haben. Es heißt dann: Wenn er das will, kann er es auch, und wenn er es will und kann, dann tut er es auch so. Dagegen spricht dann das Argument der freien Willensentscheidung, die Gott respektiert.

Hallo.

Nein, nein, am besten ist es wohl, sich nicht auf meine kurze
Zusammenfassung zu verlassen, sondern sich den rund
viertelstündigen Beitrag anzuhören. Es geht explizit um
Erlösung und Verdammnis, und das sind ja nun mal andere
Begriffe für Himmel und Hölle.

Ohne mit jetzt den ganzen Beitrag anzuhören, existieren in der jüdischen Lehre andere Begriffe von Erlösung und Verdammnis. Hier sollte man nicht gleich auf Himmer und Hölle schliessen.

Gruss,
Eli

Hallo.

Ohne mit jetzt den ganzen Beitrag anzuhören, existieren in der
jüdischen Lehre andere Begriffe von Erlösung und Verdammnis.
Hier sollte man nicht gleich auf Himmer und Hölle schliessen.

Noch einmal etwas ausführlicher hierzu:

Die Frage bezieht sich ja darauf, was mit uns nach dem Tod passiert. Hört das Leben hier auf, wie man anhand einiger Stellen in der Tora andeuten kann oder ist danach noch etwas, wie anderen Stellen andeuten? Diese Frage war im Judentum lange offen und ohne weiteren Belang, aber durch die Zerstörung des zweiten Tempels kam diese Frage verstärkt auf, mit unterschiedlichen Antworten. Dieses alles deuten aber schon darauf hin, dass nach wie vor, dass Judentum hierzu keine genauen Antworten hat und einige sich hier auch widersprechen.

Davon abgesehen sieht es seit damals so aus, dass die Seelen nach dem Tod in die Himmel kommen, näher zu G’tt, je nach dem was sie hier auf der Erde erlebt/gelebt haben. Die gerechten Seelen, welche ganz nach G’ttes Willen gelebt haben, kommen dabei an einen Ort der Gan Eden genannt wird, das Paradies, welches seit der Verbannung in die Himmel aufgefahren ist und dort auf die kommende Welt (Haolam haba) wartet.

Seelen von „bösen“ Menschen, Menschen welche fern von G’tt gelebt haben, kommen an einen tieferen Ort, welcher weit von G’tt weg ist. Dieser Ort wird Gehinom genannt, nach einem Tal bei Jerusalem, wo u.a. Kinder Baal geopfert wurden. Die Seelen verbleiben an diesem Ort, bis sie die Grösse G’ttes erkannt bzw. ihre eigenen Fehler als solche. Nach dem Talmud verbleiben die Seelen hier maximal die Trauerzeit (ca. 11 Monate) und gehen dann in die Himmel auf. Auch wenn dieser Ort bei manchen Darstellungen als ein Ort des Feuers und Leidens dargestellt wird, gilt doch allgemein, dass die Seele mit ihrem vorherigen Leben konfrontiert wird und dieses „durchleiden“ muss, ohne sich dabei selbst betrügen zu können. Hier gilt dann die Frage von G’tt an Adam: „Wo bist du?“ Hiernach ist es dann nicht G’tt welcher die Seele folter, gar auf ewig, sondern die Seele foltert sich durch „den Betrug“ des vorherigen Lebens selbst.

Hierzu muss man bedenken, dass man nach der jüdische Lehre „als Böse“, etwas als böse gilt, wenn es bewusst gegen G’tt handelt. Der Betreffende war sich davon also bewusst, so wie Adam, nur macht er sich dabei vor, dass es gut so ist und kein Fehler.

Nach anderen jüdischen Konzepten kommen manche Seelen auch wieder zurück auf die Erde, um hierdurch ihre vorherigen Fehler wieder gut zu machen, zu korrigieren. Auch dieses wird eher als Phase des Leidens aufgefasst, da die Seele eben nicht näher zu G’tt kommt, sondern wieder auf die davon entferntere Welt geschickt wird.

Wenn dann die kommende Welt kommt, dass „haOlam haba“, ist wiederum unklar, ob es hier für „böse Seelen“ noch eine Zeit der Leuterung gibt, ob manche Seelen dann aufhören zu existieren (oder vorher) oder ob alle Seelen wieder in Körpern auf dieser Welt wiedergeboren werden.

Wie dem auch sei, nach der jüdische Lehre hat auch diese Welt ein Ende und dann geht alles wieder auf in G’tt und es existierte alleine noch G’tt.

Gruss,
Eli

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Vielen Dank für deine Ausführungen, das war sehr interessant. Von diesen jüdischen Konzepten wusste ich nichts.