Kann Glas fließen?

Hallo,

erinnere ich es richtig, dass es bei w-w-w zum guten Ton
gehört Behauptungen zu belegen? Ich finde in dem Zeit Artikel
keine Quellenangabe aber sehr viele Behauptungen.

In dem Artikel sind im Fließtext allein drei Quellenangaben auf wissenschaftliche Arbeiten zu finden. Vielleicht liest du ihn dir mal genau durch.

Außerdem ist der Zeit-Artikel doch selbst eine Quelle… er ist von einem renomierten Wissenschaftsjournalisten geschrieben. Das ist allemal eine bessere Quelle, als eine Behauptung von einem anonymen Forenteilnehmer hier. Die Stimmt’s Reihe gibt es außerdem auch als Buch. Kann deine Kritik also nicht wirklich nachvollziehen.

vg,
d.

Moin,

erinnere ich es richtig, dass es bei w-w-w zum guten Ton
gehört Behauptungen zu belegen? Ich finde in dem Zeit Artikel
keine Quellenangabe aber sehr viele Behauptungen.

  • C. Austin Angell in einem Artikel für das Wissenschaftsblatt Science).

  • In dem Artikel „Antique windowpanes and the flow of supercooled liquids“, erschienen 1989 im Journal of Chemical Education, weist Robert C. Plumb

  • Auf der International Conference on Industry Education, die 1995 im englischen York abgehalten wurde, berichtete Peter Gibson

Das ist zwar jetzt nicht wissenschaftlich exakt zitiert, aber die Zeit ist ja auch kein Wissenschaftsjournal.
Die ‚Stimmts‘ Artikel sind aber in den meisten Fällen fundiert und ordentlich recherchiert.

Gandalf

Hallo,

ich bin offensichtlich zu versaut etwas wie „Sagte Herr XY anlässlich von AB“ als Quellenangabe durchgehen zu lassen. Selbst wenn Herr XY Professor und AB eine Konferenz wäre. Wie einige Vorfälle in diesem Jahr zeigen gehen viele Privatmeinungen zum korrekten Zitat weit auseinander. Ich finde es schade wenn es zum Standard wird, dass „so als ob“ reicht…

Gern gebe ich zu: zumindest eine Quelle ist so angegeben, dass man sie ohne längeres Suchen & eindeutig findet (suchen muss man sie aber). Und das wäre - unabhängig von formellen Standards - für mich in einem Forum wie hier wesentliches Kriterium für eine Quellenangabe.

Stefan

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Hallo!

Wikipedia schreibt zum Thema „Fließen“:

_Unter „Fließen“ versteht man

  • den Vorgang bei einer Strömung

  • die Dehnungszunahme ohne gleichzeitige Spannungszunahme bei einer plastischen Verformung_

Da steckt das Missverständnis drin, über das Du sprichst. Die Materialwissenschaftler meinen mit „Fließen“ die plastische Verformung eines Festkörpers (!), die Strömungswissenschaftler (und die meisten Otto-Normalverbraucher) meinen mit „Fließen“ die Bewegung eines Fluids.

Michael

Hallo,

Da steckt das Missverständnis drin, über das Du sprichst. Die
Materialwissenschaftler meinen mit „Fließen“ die plastische
Verformung eines Festkörpers (!), die Strömungswissenschaftler
(und die meisten Otto-Normalverbraucher) meinen mit „Fließen“
die Bewegung eines Fluids.

Ja, genau!
Nur, fließen kann selbst für MatWiss FKs und Fluids gleichermaßen betreffen.

so long,

Stefan

Moin,

so gesehen ist der Himalaya (und auch die Alpen) durch einen Fließvorgang entstanden.
Aber Basalt und Kalkstein würde ich zumindestens zu den Feststoffen zählen.

Gandalf

so gesehen ist der Himalaya (und auch die Alpen) durch einen
Fließvorgang entstanden.
Aber Basalt und Kalkstein würde ich zumindestens zu den
Feststoffen zählen.

Du bist ja auch kein Geologe.

so gesehen ist der Himalaya (und auch die Alpen) durch einen
Fließvorgang entstanden.

Hallo Gandalf,

so gesehen verhalten sich der Himalaja und Kirchenfenster auf den ersten Blick ähnlich - allerdings ist nach dem Stand der Erkenntnis das Verhalten beim Himalaja real und bei den Kirchenfenstern nur eine Legende. Aber wenn sie tatsächlich fliessen würden…

Im übrigen weiss wohl niemand, wie sich ein Kirchenfenster in 1 Mio Jahren verhält.

Gruss Reinhard

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Hallo!

Nicht umsonst wird das Verformungsverhalten von Stoffen in der Werkstoffkunde nicht durch Kraft und Verlängerung, sondern durch Spannung und Dehnung ausgedrückt.

Spannung ist Kraft pro Querschnittsfläche, Dehnung ist die relative („prozentuale“) Längenänderung.

Ob man die Kraft, mit der Indien gegen Eurasien drückt, mit der Gewichtskraft auf eine Glasplatte vergleichen kann, die wenige 100g wiegt, weiß ich nicht. Aber die Verformung ist auch nicht so schrecklich gewaltig: Indien hat eine Länge von ca. 3000 km. Der Himalaya ist maximal ca. 8000 m hoch. Wenn wir von einer 30 cm langen Glasplatte ausgehen, dann wäre der Himalaya im gleichen Maßstab lediglich 0,8 mm hoch.

Michael

Ich weiss nicht wie’s Gandalf gemeint hat, aber seinen Post vordergründig gelesen hat er doch komplett recht. Ja, es fliesst und ja, es ist keine Flüssigkeit sondern ein FK.

„Es ist“ immer verstanden als: es macht (in der Welt derer, die sich damit nat-wiss. beschäftigen) mehr Sinn, es so zu sehen.
und immer verstanden als: wer’s gerne anders sieht weil’s für ihn besser passt, go4it!

Und unter Strich kommt dabei raus, was schon oben steht:
ein philosophisches Problem, das durch Definitionen und Diskurs gelöst wird. So wie hier.

Stefan

Hallo,

Die Quellenangabe für uns hier ist der Stimmt’s Artikel. Das ist *Sekundärliteratur*. Die Zitate in dem Stimmt’s Artikel beziehen sich auf *Primärliteratur*. Nirgends steht, dass hier bei w-w-w ausschließlich Primärliteratur zitiert werden muss. Auch glaubhafte Sekundärliteratur ist eine seriöse Quelle, und Stimmt’s ist eine glaubhafte Sekundärliteratur.
Und dass man einen Zeitungsartikel, auch wenn er im Wissenschaftsteil ist, nicht wie ein wissenschaftliches Paper schreibt, und daher die Regeln dort etwas laxer sind, ist wohl klar und etwas anderes wäre wohl weltfremd. Alle drei Literaturangaben lassen die Primärquelle klar erkennen und können, wenn du Bock darauf hast, von dir nachgeprüft werden. Ich denke nicht, dass man von einem Zeitungsartikel mehr erwarten kann oder soll.

vg,
d.

1 Like

Ich weiss nicht wie’s Gandalf gemeint hat, aber seinen Post
vordergründig gelesen hat er doch komplett recht.

Natürlich hat er Recht. Es ist aber auch richtig, dass viel Fachbegriffe in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet werden und dass das gelegentlich zu Verwirrung führt.

Moin,

Ich weiss nicht wie’s Gandalf gemeint hat, aber seinen Post
vordergründig gelesen hat er doch komplett recht. Ja, es
fliesst und ja, es ist keine Flüssigkeit sondern ein FK.

wie DrStupid schon schrieb, die Begriffverwirrung kommt durch die unterschiedliche Definition der unterschiedlichen Disziplinen.

Kaliumbromid z.B. ist ein Salz, das wohldefiniert kristallisiert, kann man durch Röntgenbeugung schön demonstrieren. Zur Herstellung eines Messkörpers für die Infrarotspektroskopie wird dieses KBr mit der zu untersuchenden Substanz (meist eine organische Verbindung) vermischt und in einer Presse einem ordentlichen Druck ausgesetzt (keine Ahnung wie hoch). Dadurch kommt es zum sog. kalten Fließen und es entsteht ein Pressling, der transparent ist. KBr schmilzt erst bei 730 °C, die beim Pressen aber nicht annähernd erreicht werden, denn dann würden die organischen Verbindungen sofort zerstört werden, was sie definitiv aber nicht tun.

Teflon ist ein anderer (hier allerdings überwiegend amorpher) Festkörper, der die Eigenschaft des kalten Fließens hat. das nutzt man um Schraubverbindungen zu dichten. Durch den Druck beim Anschrauben passt sich das Teflon den Gewindegängen an.
Teflon läßt sich übrigens überhaupt nicht schmelzen, weil es sich vorher zersetzt.

Gandalf

Wenn die Molekularstruktur, oder wie sich das auch nennt, eines Stoffes, dem einer Flüssigkeit entspricht und dieser Stoff bei höheren Temperaturen fließen kann, muss ich dann nicht annehmen, dass er diese Fähigkeit auch bei niedrigeren Temperaturen behält, solange keine wesentliche Änderung in der Molekularstruktur eintritt?

Puh, was für ein Satz! :smile:

Wenn ich es recht sehe, widerlegt der Artikel in der Zeit ja lediglich einige Beweise, die bisher für das Fließen angeführt wurden, bringt aber keinen Beweis für das Gegenteil.
(Was allerdings auch schwer sein dürfte.)

Müsste die eigentliche Antwort auf die Ursprungsfrage dann nicht lauten: „Man weiß es nicht.“

mfg M.

Nein
Hallo,

Wenn die Molekularstruktur, oder wie sich das auch nennt,
eines Stoffes, dem einer Flüssigkeit entspricht und dieser
Stoff bei höheren Temperaturen fließen kann, muss ich dann
nicht annehmen, dass er diese Fähigkeit auch bei niedrigeren
Temperaturen behält, solange keine wesentliche Änderung in der
Molekularstruktur eintritt?

Gerade das ist ein Denkfehler, weil diese Prozesse nicht
linear gegen Null verlaufen.

Vielmehr ist es so, dass eine Mindestkraftwirkung (in Form
mechanischer Spannung) zwischen den Atomen/Molekülen
wirken muß, damit sich die Bindungen lösen und im Material
verschieben. Bei kristallinen Strukturen ist es klar ein
progressives Aufbrechen des Kritallgitters, das einen eher
schlagartigen Übergang von elastischer zu plastischer
Verformung definiert.
Bei amorphen Materialien ist dieser Übergang nur nicht so
klar. Das kann es erst mal einzelne oder wenige Bindungen
betreffen und mit zunehmender Temp. und Spannung nehmen diese
auch zu.
Unter einem gewissen Spannungspotential wird sich aber rein
gar nix tun. Da bleibt Glas auch in 1 Mio. Jahren stabil,
sofern es nicht durch andere Prozesse (z.B. Strahlung oder
chem. Reaktionen) verändert wird.

Wenn ich es recht sehe, widerlegt der Artikel in der Zeit ja
lediglich einige Beweise, die bisher für das Fließen angeführt
wurden, bringt aber keinen Beweis für das Gegenteil.
(Was allerdings auch schwer sein dürfte.)

Eine Glascherbe für sich alleine ohne äußere Krafteinwirkung
einfach nur da liegt dürfte keinerlei Fließverhalten zeigen.

Eine Glasscheibe unter deutlich größerer Spannung (z.B.
als „Regalbrett“) kann sich auch bei Raumtemp. plastisch verbiegen. Nach ein paar Jahren nimmt man sie heraus und
sie wird dann wohl nicht ganz in ihre ursprüngliche Form
zurück federn.

Müsste die eigentliche Antwort auf die Ursprungsfrage dann
nicht lauten: „Man weiß es nicht.“

Warum soll man es nicht wissen?
Prozesse, die keinen klar definierten Übergang haben, sind
zwar quantitativ schwerer zu fassen, aber qualitativ kann
man das schon begründen.
Gruß Uwi

Eine Glasscheibe unter deutlich größerer Spannung (z.B.
als „Regalbrett“) kann sich auch bei Raumtemp. plastisch
verbiegen. Nach ein paar Jahren nimmt man sie heraus und
sie wird dann wohl nicht ganz in ihre ursprüngliche Form
zurück federn.

Ich kann mich an einen Versuch in der Schule erinnern, bei dem ein Ziegelstein mit einem feinen Draht an einem Glasstab aufgehängt wurde. Nach einigen Monaten war der Draht deutlich sichtbar in den Stab hinein gewandert. Leider weiß ich nicht, was für ein Glas da verwendet wurde. Als ich das später selbst mit einem ähnlich dimensionierten Splitter aus Fensterglas probiert habe, ist nichts passiert. Ich hoffe mal, dass der Lehrer da nicht heimlich nachgeholfen hat.

Hallo,

Ich hoffe mal, dass der Lehrer da nicht heimlich nachgeholfen hat.

Aber das wäre ja ein Schelm, wenn er der Wissenschaft so auf die
Sprünge verholfen hätte :wink:

Ich denke, das auch bei solchen Experiment die Glassorte und deren
Verarbeitung eine große Rolle spielt. Vorgespannte oder gehärtete
Gläser werden sich sicher anders verhalten als ein normales
rel. weiches und spannungsfreies Glas.
Gruß Uwi

Ich kann mich an einen Versuch in der Schule erinnern, bei dem
ein Ziegelstein mit einem feinen Draht an einem Glasstab
aufgehängt wurde. Nach einigen Monaten war der Draht deutlich
sichtbar in den Stab hinein gewandert. Leider weiß ich nicht,
was für ein Glas da verwendet wurde. Als ich das später selbst
mit einem ähnlich dimensionierten Splitter aus Fensterglas
probiert habe, ist nichts passiert. Ich hoffe mal, dass der
Lehrer da nicht heimlich nachgeholfen hat.

…dann fließt es ja doch.

Die Frage war ja nicht, ob bestimmtes Glas unter bestimmten Umständen fließt, sondern ob es fließen kann.

Ja, wat denn nu?

Ich kenne ähnliche Versuche mit Eis, da wird das aber immer so erklärt, dass das Eis unter Druck wieder flüssig, also zu Wasser wird.

mfg M.

Moin,

google mal nach „Kriechen“ von Werkstoffen/Materialien. Fließen ist der falsche Begriff. Plastische Verformung wie unten erwähnt bei Regalboden treten auf, ein Rückstellen der Verformung (Regalboden wieder eben, wenn man ihn andersherum auflegt) wird langfristig wieder eintreten, allerdings dürften sich die molekulare Struktur sowie mechanische Eigenschaften verändert haben (da bin ich mir bei Glas nicht sicher).

Franz

Definitiv nicht !
Hallo Misanthrop
Es ist vielleicht möglich, einige tausendstel Millimeter in 1000 Jahren zu bringen, das sind aber keine relevanten Veränderungen in einer überschaubaren Zeit.
Eine Gestalts- oder Formänderung ist nur dann relevant, wenn sie Einfluss auf die Funktion des Bauteils während der Lebenserwartungs Spanne hat.
Nach diesem Kriterium fällt Glas als fließfähiges Material heraus.
Das weiter unten geschilderte „Experiment“ mit der Drahtschlinge hat sich mit Sicherheit nicht mit kalter Schlinge und kaltem Glas abgespielt; egal welches Glas.
Warum die Kirchenfenster unten dick sind, wurde schon erklärt, wenn sie sich im Rahmen plastisch verformen würden, wäre eine andere Gestalt als eine gleichmäßige Dickenzunahme zu erwarten.

Gruß
Rochus