Konfessionslos nach Kirchenaustritt?

Hallo Lini,
Du wirfst da höchst unterschiedliche Dinge kreuz und quer durcheinander - vor allem die Mitgliedschaft in einer Kirche und die Konfession. Bei beidem gilt es wiederum zu unterscheiden - zwischen ‚Kirche‘ und ‚Konfession‘ als staatskirchenrechtlichen Begriffen und als theologisch/kirchenrechtlichen Begriffen.

Zunächst zur Konfession. ‚Konfession‘ heisst nichts anderes als ‚Bekenntnis‘ - es handelt sich um eine knappe Formulierung (idR kurz genug zum Auswendiglernen) der Glaubensgrundsätze einer religiösen Gemeinschaft. Die wichtigsten christlichen Bekenntnisse findest Du hier:
http://www.theology.de/kirche/texte/index.php
Die Muslime formulieren ihr Bekenntnis (schahada) deutlich knapper, ihnen reicht ein Satz:
„Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Gott gibt, und bezeuge dass Mohammed der Gesandte Gottes ist“ (aschhadu an la ilaha illa llah, aschhadu anna Muhammadan rasulu llah).
Die in der Deutschen Buddhistischen Union vereinten Buddhisten haben ihr Bekenntnis so formuliert:
http://www.dharma.de/dbu/frameset.php - diese Beispiele sollen hier genügen.

Natürlich steht es Dir frei (man sagt bekanntlich, wir leben in einem freien Land), Dein eigenes, persönliches Bekenntnis zu formulieren - solange Du Dich zu einem Bekenntnis bekennst, bist Du im nicht-juristischen Sinne nicht „bekenntnislos“ oder „konfessionslos“. Mit einer Kirchenmitgliedschaft hat dies zunächst einmal nur insofern etwas zu tun, als die Annahme eines Bekenntnisses (das ‚Sich-dazu-Bekennen‘) idR eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist. Jedoch nicht die einzige und meistens nicht einmal die wichtigste. Es steht Dir also frei, Dich zu irgendetwas zu bekennen, wenn Du nicht ‚konfessionslos‘ sein willst. Ob Du damit schon zu einer Kirche gehörst, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Kommen wir jetzt zur staatskirchenrechtlichen Seite. Als staatskirchenrechtlicher Begriff ist ein Bekenntnis (oder eine Konfession) eine juristische Willenserklärung, kraft deren man Mitglied einer staatlich als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannten religiösen Gemeinschaft (vereinfachend aber nicht ganz korrekt idR als ‚Kirche‘ bezeichnet) ist. Im juristischen Sinne ist dieses Bekenntnis also ausschließlich das Bekenntnis der Zugehörigkeit zu einer ganz bestimmten öffentlich-rechtlichen Körperschaft - alle weiteren Aspekte eines Bekenntnisses haben den Staat nicht zu interessieren.

Diese Willenserklärung kann bei Minderjährigen stellvertretend für diese von den Eltern in ritueller Form vor einer kirchlichen Stelle abgegeben werden (was die Regel) ist und sie kann durch Erklärung vor dem Standesamt oder Amtsgericht (also vor einer staatlichen Stelle) widerrufen werden. ‚Konfessionslos‘ im juristischen Sinn bedeutet also nicht mehr und auch nicht weniger, als dass der/die Betreffende keiner Religionsgemeinschaft angehört, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt ist. Auch ein Buddhist, der das oben erwähnte ‚Buddhistische Bekenntnis‘ als verbindlich anerkennt, ist in diesem (rechtlichen) Sinne konfessionslos, weil es in Deutschland keine als öffentlich-rechtliche Körperschaft anerkannte buddhistische Religionsgemeinschaft gibt. Das gleiche gilt in Deutschland für Moslems, die sich zur schahada bekennen - staatskirchenrechtlich betrachtet sind Muslime ‚konfessionslos‘.

Wie weiter oben schon angedeutet, ist zwischen ‚Kirche‘ als staatskirchenrechtlichem Begriff ( = als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannte religiöse Gemeinschaft) sowie als kirchenrechtlichem und als theologischem Begriff zu unterscheiden. Bei letzteren beiden gibt es natürlich erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Kirchen.

So ist nach offiziellem Verständnis der katholischen Kirche ein Austritt aus dieser gar nicht möglich - selbst die Exkommunikation (nach Auffassung der deutschen Bischofskonferenz automatische Folge eines Austritts aus der öffentlich-rechtlichen Körperschaft ‚katholische Kirche‘) ist kein Ausschluss aus der Kirche, sondern lediglich ein (heilbarer) Ausschluss von ihrem Gnadenhandeln. Ich habe dazu vor nicht allzu langer Zeit hier etwas geschrieben:
/t/gottesdienst-mitfeiern-ohne-mitglied-bei-kirche/4…

Die evangelischen Landeskirchen Deutschlands sehen das wiederum etwas anders - zwar gilt auch nach ihrem theologischen Verständnis die Taufe als unverändert gültig (sie wird daher auch bei Wiedereintritt nicht wiederholt oder erneuert), jedoch erkennt die EKD die Austrittserklärung vor dem Standesamt/Amtsgericht auch als ‚Kündigung‘ der Mitgliedschaft an, vgl. http://www.ekhn.de/recht/bd1/081.pdf - insbesondere §10

Freundliche Grüße,
Ralf