Kriminalfall aus dem Getränkebrett

Strongfellow sah mich ungläubig an. Dann fragte er, ganz
aufmerksamer und lerneifriger Assistent: „Was machen wir nun, Sir?“ Dabei holte
er ein nagelneues Notizbuch aus der Jacke. Meine Gedanken purzelten wie wild
durch meinen Kopf und ich begann, sie einfach aus meinem Mund zu entlassen.

„Wo ist Mable? Wo ist Thomas, der weltberühmte
Schriftsteller und seines Zeichens Ehemann der ehemals sehr bezaubernden Ann?
Wo ist der Gerichtsmediziner? Wo ist die Spurensicherung? Ich befürchte, das
hier wird ganz großes Kino und wir müssen alles auffahren, was wir haben. Die Angehörigen
von Frau Christa, Frau Data und Herrn Aprilfisch müssen verständigt werden. Was
haben sie hier eigentlich gemacht? Woher kannten sie Ann?“ Ich hielt inne.
Strongfellow schrieb weiter wie ein
Maschinengewehr in sein Notizbuch. Er blickte kurz auf und fragte: „Äh Sir, was
kam nach:“ Ich befürchte…“?“ Das gab mir den Rest. Ich musste raus. Raus aus
dieser Küche, in der wir schon so schöne Abende verbracht hatten, weg von Ann,
die da sehr tot in einem Meer von Red Groosel lag. Ich war versucht, ihr die
Schürze ordentlich zuzubinden. Sie hasste es, wenn man sich nicht ordentlich
herrichtete. Weg von dem mittlerweile ziemlich aufdringlichen Geruch der Red
Groosel, der sich mit dem Geruch des Blutes und dem Gestank des Todes mischte.

Vor der Tür holte ich mit zitternden Händen meinen Ipod aus
der Jackentasche und wählte eine Playlist, die ich extra für solche Tage
angelegt hatte. Eine ziemlich krude Mischung aus Death Metal, Klassik und Dixieland.
Langsam beruhigte ich mich. Eigentlich müsste ich den Fall sofort abgeben, da
mir Ann so nahe gestanden hat, aber einen Teufel werde ich tun. Da konnte sich
Captain Arrows auf den Kopf stellen. Ich wurde in meinen Gedanken von zwei
dunklen Fahrzeugen unterbrochen, die langsam über die lange Auffahrt kamen. Na
endlich, der Gerichtsmediziner und die Spurensicherung. Der Doc, ein sehr
großer, sehr hagerer, sehr wortkarger Mann namens Eduard Winter, nickte mir
kurz zu und verschwand im Haus. Das Team der Spurensicherung, bestehend aus den
Damen Hillary und Sarah, auch die „Mörderischen Schwestern“ genannt, kam
albernd und lachend die Treppe herauf. Als sie meinen Gesichtsausdruck sahen,
verstummten sie und zwängten sich an mir vorbei ebenfalls ins Haus. Ich folgte
ihnen. Die Musik und die frische Luft hatten mich beruhigt.

Strongfellow stand noch an derselben Stelle und auch in derselben
Stellung, in der ich ihn verlassen hatte. Der Stifte schwebte über dem Papier
und wusste nicht, was er machen sollte. Ich diktierte Strongfellow, nun
konzentriert und langsamer, die nächsten Aufgaben.

Dann wandte ich mich an den Pathologen: „Nun Doc, können Sie
schon etwas sagen?“ „Sie sind tot“, antwortete er würdevoll. Die Schwestern
kicherten. Na gut, ich war selber schuld, dem Doc solch eine Frage zu stellen.
Eher würde er eine seiner scheußlichen Fliegen, die an ihm festgewachsen
schienen, verbrennen, als eine Frage zu beantworten, auf die er nicht 100 %ig
die Antwort wusste.

Für uns gab es hier nichts mehr zu tun und wir kehrten ins
Revier zurück. Strongfellow setzte sich sofort an den Computer, um die
Angehörigen der drei fremden Toten ausfindig zu machen. Ich rief Mable an.
Keiner meldete sich. Das wunderte mich nun überhaupt nicht. Dieser Fall wurde
immer abscheulicher. Wie recht ich mit diesem Gedanken hatte, wusste ich Gott
sei Dank zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Weiter zu Kapitel 2: Kapitel 3 "Lost in Red Groosel"

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