Länge eines Breitengrades

Hallo Roland,

dass Dein Prof sich vergeblich bemühte, glaube ich gern, wenn ich bei Dir lese, Längen- und Breitengrade einer Kugel seien nicht rechtwinklig zueinander. Sie sind es nämlich doch!

Betrachte dazu die Parametrisierung
f(\phi,\theta)=\left(\begin{array}{c} \cos(\theta)\cos(\phi) \cr \cos(\theta)\sin(\phi) \cr \sin(\theta) \end{array}\right).
Die Längengrade haben konstante Winkel φ, die Breitengrade konstante θ. Nun rechne die entsprechenden Tangentenvektoren
\frac{\partial f}{\partial\phi}(\phi_0,\theta_0), ; \frac{\partial f}{\partial\theta}(\phi_0,\theta_0)
aus und bestimme den Winkel. Und? Na? Rechtwinklig!

Das Argument, wenn die Winkel alle recht wären, wäre das Viereck ein Rechteck und damit gleichseitig, funktioniert in der sphärischen Geometrie nicht. Egal, wie Du „Rechteck“ definierst – ein all-rechtwinkliges sphärisches Viereck hat i.Allg. unterschiedlich lange Seiten, während ein gleichseitiges sphärisches Viereck i.Allg. keine rechten Winkel besitzt (aber das gilt ja im Euklidischen auch nicht).
Außerdem bildet ein Breitengrad ja keine Geodätische, wenn ich also den Abstand zweier Punkte kenne, ist dieser (fast) immer kleiner als das entsprechende Breitengradsegment. (Ausnahme: Punkte auf dem Äquator.) Dementsprechend wäre die Länge der Breitengradsegmente ohnehin ein fadenscheiniges Argument für oder gegen Rechtwinkligkeit.
Eh Du Dir dazu Beispiele überlegst, kannst Du z.B. sehr schön sehen, dass es Dreiecke gibt, die ausschließlich rechte Winkel besitzen, was m.E. ebenso kontraintuitiv ist. Betrachte z.B. das Dreieck (0°N 0°O, 0°N 90°O, Nordpol).

Liebe Grüße
Immo