Du bestätigst mich; das ist das, was ich meine. Der implizite
Hinweis auf „etwas GEMEINSAM Bekanntes“ (natürlich ein
Konstrukt!), nämlich auf das vom Botschaftsempfänger obligat
zu konstruierende Imago der mit dem bestimmten Artikel vor dem
Namen bezeichneten Person.
Nicht ganz. Der Bayer hat quasi gar nicht die Möglichkeit, zwischen der bekannten Petra (eben „der Petra“) und einer unbekannten Petra zu unterscheiden, indem er den Artikel weglässt. Das kommt im süddeutschen Raum einfach nicht vor. Das Weglassen des Artikels hat einen anderen Effekt: eben eine Entfremdung von der Region, die sich auf den gesamten Sprechakt bzw. die Sprechsituation bezieht und nicht auf den Namen.
Wenn der Bayer (wie auch der Sachse) Petra kennt, so sagt er „die Petra“. Kennt der Bayer Petra nicht, so sagt er nicht „Petra“, sondern spezifiziert mit Attributen oder dem Nachnamen, oder einem unbestimmten Artikel: „Eine Petra hat für dich angerufen.“, „Ein Mädel namens Petra Hallmackenreuter hat grad angerufen.“ (da geht natürlich wirklich kein Artikel), „Petra Hallmackenreuter – kennste die? – die hat grad hier angerufen.“, „“
Aber ich als Muttersprachler eines der von mir als „südlich“ bezeichneten Dialektregionensprechweisen kann mir keine Situation ersinnen, in der es natürlichsprachlich klingen würde, eine mir und/oder dem Hörer unbekannte Petra völlig artikellos als „Petra“ zu bezeichnen. Sätze wie „Für dich hat eben Petra angerufen.“ sind absolut unsüdlich. Wäre Bayrisch eine eigene Schriftsprache mit festgelegter Grammatik (Duden und Co.), wäre dieser Satz einfach ungrammatisch, also falsch.
Ich finde die obengenannte Aussage, dass man die Petra kennt, wenn man „die Petra“ sagt, etwas irreführend, wenn auch zutreffend. Du hast daraus geschlussfolgert, dass das Weglassen des Artikels dann ausdrückt, dass man die Petra nicht kennt. Aber das geht wie gesagt nicht. Stell’s dir vor wie mit „normalen“ deutschen Substantiven:
a) Der Maler hat angerufen. → Sprecher und Hörer ist der Maler bekannt, keine besondere Konnotation
b) Ein Maler hat angerufen. → der Anrufer wird bezeichnet, ist aber wenigstens dem Sprecher unbekannt, keine besondere Konnotation, aber herablassende Lesart möglich
c) *Maler hat angerufen. → ungrammatisch, weil der Artikel fehlt
Ganz ähnlich im Süddeutschen mit den Namen:
a) Die Petra hat angerufen. → Sprecher und Hörer ist Petra bekannt, keine besondere Konnotation
b) Eine Petra hat angerufen. → die Anruferin wird bezeichnet, ist aber wenigstens dem Sprecher unbekannt, keine besondere Konnotation, aber herablassende Lesart möglich
c) *Petra hat angerufen. → ungrammatisch, weil der Artikel fehlt
Satz c) kann man höchstens als Entlehnung oder Code Switching aus dem Nord- bzw. Standarddeutschen betrachten, im reinen Dialekt kommt sowas nicht vor.
So ist das ganze. Ist dir die Situation im Süden jetzt verständlich? Das, was du beschreibst, gilt ja immer nur für die Hochsprache oder den Norden.
Wegen Harald Schmidt nochmal: auch den würde man wohl nie ohne Artikel bezeichnen, es sei denn man meint mit „Harald Schmidt“ die Sendung, so wie man mit „Stefan Raab“ ohne Artikel im Süden auch nur TV-Total meinen kann, nicht aber die Person. „Haste gestern Stefan Raab gekuckt?“ vs. „Der Stefan Raab hat gestern in dem seiner Show widder nur Müll erzählt.“ (hier ist das „der“ unbetont, klingt bei uns dann wie „dorr“).
Grüße,