Mythen über ‚den‘ Aphrodite-Mythos
Hallo,
am Donnerstag habe ich eine mündliche Prüfung-
dann ist ja Dienstag Mittag früh genug, sich mal mit dem Thema zu befassen, hm?
Thema : Mythos der Aphrodite.
Daher kann ich dich auf die Schnelle auch nur noch mehr verunsichern: Es gibt nicht den Mythos der Aphrodite. Nichtmal über ihre Geburt/Herkunft berichtet das mythographische Material einstimmig. Und die Anekdoten - Hesiod (Theogonie), Homer (Odyssee), Homerischer Aphrodite-Hymnos, Platon (Symposion), Pausanias, Apollodor, Hyginus … um nur einige zu nennen, zeichnen keineswegs alle die gleichen Charakterzüge. Und die verschiedenen Aphrodite-Kulte (Ephesos, Korinth, Sparta, Athen …) haben auch nicht die gleichen Inhalte wie ihr römisches Analogon Venus. (Sie ist immerhin die Urmutter der Römer).
Auch als Schutzherrin kommen ihr unterschiedliche Rollen zu: Sie ist teils die Göttin der Seefahrer, teils der toten Krieger, teils der Prostituierten, die ihrerseits im antiken Griechenland ebenfalls eine ganz andere gesellschaftliche Stellung innehatten als in heutigen abendländischen Kulturen.
Natürlich war sie auch der vergöttlichte Inbegriff von weiblicher Schönheit und erotischer Attraktion. Diese Rolle teilte sie sich aber mit der „Göttermutter“ Hera und mit der Totengöttin Persephone. Soviel zu dem für ein Referat deines Wunsches eigentlich unabdingbaren klassischen Thematik → „Eros und Thanatos“.
Ihre Sexualität ist aber im Unterschied zu den genannten assoziiert mit der Fruchtbarkeit. Das ist die Ausgangsbasis für ihre zahlreichen Sex-Affären, die allesamt mit Nachwuchs zu tun haben, wobei die Väter eine Nebenrolle spielen. Daher wissen diese oft nichts von ihrem Glück. Es handelt sich also um eine bestimmte Auffassung von Sexualität (als Gebiet souveränen Handelns der Frau, bei dem Männer das Objekt sind und nicht umgekehrt)oder genauer: von Erotik, die nur oberflächlich betrachtet - in der reinen Erzählform - lustige und listige Fremdgehaffären sind.
Ein Teil wird wohl eine psychologische Rezeption sein und ich habe keine Ahnung, wie ich da ran gehen soll
Psychologische Rezeption? Soll das heißen, die in der Psychologie des XX. Jhdts? Die ist im Wesentlichen beeinflußt nicht aus der Mythographie der Antike (da war C.G. Jung einer der wenigen, die sich darin gründlich auskannten), sondern aus ebendieser Rezeptiongeschichte der Malerei der Renaissance und Literatur der Romantik.
Ausserdem muss ich zu den Folgenden beiden Thesen etwas sagen können. Mit Beispielen meine Meinung untermauern und so:
- Der Mythos der Aphrodite beeinflusste die offene Auslebung von Erotik in der Antike.
Diese Aufgabenstellung ist - sorry - idiotisch. Denn vielmehr umgekehrt beeinflußt spiegelt sich der jeweilige gesellschaftliche Konsens über Sexualität in den diversen Etappen des Mythos. Aber darüber gibt Platons Symposion und die Komödien des Aristophanes vielmehr her als die Mythologie der Aphrodite.
• (Die Bevölkerung der damaligen Antike sehr religiös)
Wir sprechen hier über Mythographie von 7. Jhdt v.Chr. bis mindestens 2. Jhdt n.Chr. Welche „Antike“ ist da gemeint?
• (Vorgehen der Aphrodite damals nicht umstritten, so dass das
Handeln der Menschen ja nicht falsch sein kann, so lange es im Sinne von der Liebesgöttin passiert.)
Ist das so? Gibt es eine „antike“ Literatur, wo Aphrodite-Stories als Rechtfertigung für was auch immer herangeziegen wurden?
- Aus der heutigen Sicht ist der Mythos der Aphrodite zu obszön.
Ach ja? Weißt du Beispiele dafür, daß sie als obszön betrachtet wird?
Ist das ein Grund für die schwache Verbreitung des Glaubens an die griechische Götterfamilie und ins besondere an den Mythos der Aphrodite?
Hier solltest du fragen, was das mit Götterglauben zu tun haben soll!? Wenn überhaupt (Literaturbeweise!), dann hat die christliche Sexualmoral über 2000 Jahre antike Sexualmoral restlos überspielt. Gottseidank mit Ausnahme der Kunst- und Literaturgeschichte.
• (Der Mythos der Aphrodite preiste sich mit ausschweifenden Affären.)
Siehe oben.
• (Heut zu Tage sind Frauen in der Gesellschaft nicht sonderlich anerkannt, sollten sie ein Verhalten wie Aphrodite es tat, an den Tage legen.)
Öhm … das setzt irgendwie voraus, daß in der Antike Seitensprünge von Frauen und ein Heer von Kindern mehrerer betrogener Männer das Frauenbild bestimmte!? Wenn das deine Referatgeber voraussetzen, hast du noch eine Menge Aufklärungsarbeit mit denen vor dir
Ich wäre sooo dankbar, wenn mir jemand helfen könnte, da ich überhaupt keine Ahnung habe, was ich sagen soll.
Ein paar Anstöße hast du ja jetzt. Und du hast ja noch ca. 36 Stunden Zeit
Gruß
Metapher