Rechtseinschätzung Überholen von und durch Radfahrer

Im Video ist zu lesen, daß die Polizei klarstellt, daß es dort keinen Radweg gibt.

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Ich auch. Und der Gebrauch der Hupe ist auch nicht durch irgendwelche Verkehrsregeln gerechtfertigt

Das hatte ich in meiner Antwort ja schon geschrieben.

Es ist nur der Ausschnitt eines Handyvideos (alleine das disqualifiziert den LKW Fahrer schon, gell?).

Zu erkennen ist der Führer eines langsamfahrenden Fahrzeugs („Radfahrer“):
Der Radfahrer verstößt gegen das Rechtsfahrgebot.
Der Radfahrer müsste die nachfolgenden Fahrzeuge durchfahren lassen (also Mehrzahl! - Gab es mehr als den LKW? Allerdings: Konnte der Radfahrer überhaupt sehen, ob hinter dem LKW noch ein Auto fuhr?). Das wäre durch langsameres Fahren (in Verbindung mit den durchaus vorhandenen breiten Stellen) absolut möglich gewesen, falls nicht, hätte er Anhalten müssen.
Der Radfahrer verringert mehrmals seine Geschwindigkeit ohne triftigen Grund - das darf er eigentlich. Hier nötigt er aber den LKW (Verbindung aus mittigem Fahren und langsamer Geschwindigkeit). Dieses „Nötigen“ ist aber nur umgangssprachlich haltbar. Dem Radfahrer fehlt es an Potenzial, eine „Gefahr oder Drohung mit empfindlichen Übel“ darzustellen. Somit dürfte hier nur eine vorsätzliche Behinderung vorliegen.

Nun zum zweiten Deppen.
Der LKW Fahrer würde vermutlich gerne den Radfahrer auch ohne ausreichenden Seitenabstand überholen (nicht nachzuweisen).
Er erwehrt sich des ordnungswidrigen Verhaltens des Radfahrers durch Hupen und dichtes Auffahren. Das ist so nicht zulässig. Das ordnungs- und somit rechtswidrige Verhalten des Radfahrers kann als Angriff auf den Fahrer gewertet werden, das Hupen des LKW Fahrers ist ein geeignetes Mittel zur Notwehr. Im dichten Auffahren sehe ich allerdings eine Überschreitung.
Somit halte ich das dichte Auffahren schon für ordnungswidrig, soweit beweisbar. Ich kann den realen Abstand nicht einschätzen, ebenso ist die gefahrene Geschwindigkeit „sehr niedrig“. Der erforderliche Sicherheitsabstand ist demnach „sehr gering“.
Allerdings kommt nun nochmal das StGB ins Spiel. Ein oder zweimal Hupen? OK, gedeckt. Zigfaches Hupen mit dichtem Auffahren? Nicht OK. Hier wird massiv mit „ich hau dich von der Straße weg“ gedroht, das Hupen stellt meiner Meinung auch eine tatsächliche Gewaltausübung dar (LKW Hupe gegen ungeschützte Radfahrerohren in wenigen Metern Entfernung).
Zudem benutzt der Fahrer auch noch ein verbotenes Gerät, während er es dazu in der Hand hält.

Folgende Probleme sind erkennbar:
Der Radfahrer fühlt sich im Recht und sieht sein Schutzbedürfnis in Gefahr. Er übersieht aber, dass der LKW Fahrer auch das Recht hat, mit angemessener Geschwindigkeit zu fahren und er übersieht, dass er tatsächlich ein Fahrzeugführer ist (sic: Definition Fahrrad in §63a StVZO) und die Pflicht hat, an geeigneten Stelllen (gab es) durch noch langsameres Fahren oder Stehenbleiben die nachfolgenden Fahrzeuge (also: falls mehr als der LKW warteten) durchzulassen.
Ebenso fühlt sich der LKW Fahrer im Recht und irrt auch. Sehr viele Stellen im Video eignen sich nicht zum Überholen! Wenige eignen sich, hier fährt der Radfahrer dann provozierend langsam UND mittig.
In völliger Überschreitung der eventuell möglichen Notwehr dieses ggf. als Angriff zu wertenden Verhaltens wird er dabei straffällig und begeht weitere Ordnungswidrigkeiten.

Zu parkenden Autos gilt nicht der gleiche Abstand wie beim Überholen, jedenfalls ist das Vorbeifahren an geparkten (nicht aber nur wegen der Verkehrslage anhaltenden) Fahrzeugen kein Überholen.
Für ausklappende Türen würde ich vielleicht 1m Abstand bevorraten.

Hier eine Schlüsselszene. Der Radfahrer bleibt fast stehen. Platzangebot in PKW-Breiten: Ca. 3. In Metern: Sicher über 5m.

Ich halte beide Fahrzeugführer für unreif und rechthaberisch. Siehe auch meine Antwort zur Frage.
Mich würde der „Vorspann“ zum Video interessieren. Der LKW-Fahrer fuhr ja wohl nicht dauerhaft mit in der Hand gehaltenem Handy, sondern hat das wohl erst nach einige Zeit hervorgeholt. Wie lange das wohl war? Das können wir nicht wissen. Wenn dieses „Trödeln“ und „Blockieren“ schon eine ganze Zeit lang so ging, wäre das Bild des Radfahrers in meinen Augen noch weitaus schlechter, als es jetzt schon ist.

Für mich haben alle beide ein Rad ab. Als Fahrradfahrer fahre ich in solch einer Situation rechts ran, oder links auf die Wiese. Als Autofahrer lege ich die „Beine entspannt hoch“ und bleibe hinter dem Rad. Da der Radfahrer ja ziemlich entspannt fuhr und nicht Trat,cwas das Zeug hält, gehe ich davon aus das es ihm nicht wehgetan hatte hier mal kurz zu halten. Wäre ich bei der Polizei, würde ich beide ab kassieren: Paragraph 1, gegenseitige Rücksichtnahme ist hier bei keinem der beiden zu erkennen. Alle beide nicht für den Verkehr geeignet. Tja allerdings als Mensch kann ich beider Verhalten nachvollziehen. LKW ich muss in 3 min liefern, und jetzt dieser dämliche Radfahrer vor mir. Rad, derbblödi muss doch sehen, das hier kein Platz ist und jetzt hupt der auuchnoch…
Also lehne ich mich ganz bequem in der Badewanne zurück und genieße das Video der zwei Verrückten

Richtig.
Und auf den Google-Streetview Aufnahme sieht man, dass alle typischen Linien einer Radwegmarkierung gibt, aber keine Piktogramme und keine Schilder.
Somit existiert dort faktisch kein benutzungspflichtiger Radweg. Vermutlich gab es die Schilder einmal und sie wurden demontiert, weil eine Benutzungspflicht nicht zu begründen war. Die Markierungen hat man aber belassen. Somit könnten die Markierungen einen Radweg anzeigen - dann hätte man aber Piktogramme aufmalen sollen, die anzeigen, welcher der beiden Bereiche für Radfahrer erlaubt (aber nicht benutzungspflichtig) ist.

Dass einem durchschnittlich aufmerksamen LKW Fahrer diese typischen Markierungen auffallen und das Fehlen der (notwendigen) Schilder nicht auffällt, kann passieren. Jedenfalls glaube ich, dass der LKW Fahrer der festen Überzeugung war, hier existiere ein benutzungspflichtiger Radweg, tatsächlich ist es jedoch nur ein benutzbarer Radweg ohne Pflicht (und selbst hier sage ich mal, dass da Piktogramme auf den Belag gehören!).
Bedingt durch die Parkstreifen ergibt sich hier übrigens ein Radweg, der die Gefahr beim Rechtsabbigen mindert, weil der Radweg halt weiter rechts liegt und viel, viel besser einsehbar ist als ein Radweg unmittelbar neben der Fahrspur für KfZ. Den hätte der Radfahrer eigentlich ohne große Bedenken nutzen können, wenn der Zustand einigermaßen ist (ist weder auf dem Video noch bei Google-Streetview abschließend zu beurteilen).

Mich nicht.
Der LKW-Fahrer wird wohl eine Anzeige gemacht haben. Warum sollte da nicht ermittlet werden? Es kommt doch wohl drauf an, was bei diesen Ermittlungen rauskommt.

Moin,

das kenne bzw kannte ich so nicht. Du verweist ja auf §63a StVZO nach dem Fahrräder genauso Fahrzeuge sind.
Regelmäßig fahre ich auf Landstraßen oft über lange Zeiträume LKWs mit 60km/h in Bereichen hinterher, an denen es keine direkte Überholmöglichkeit gibt. Gerne auch mal 10…15…20…Minuten . Ich habe es quasi noch nie erlebt, dass dessen Fahrer Platz machen oder andere an Ausweichstellen vorbei lassen (erst letzte Woche hat dann so ein irrer Bullifahrer irgendwann trotz Gegenverkehrs versucht zu überholen. In meinem inneren Auge sah ich schon die Fetzen fliegen. Alter war das knapp…)

Wenn es so ist wie du sagst, dann müsste es doch hier genauso Nötigung sein wie bei dem Radfahrer im Video?

VG
J~

Die Nötigung sehe ich ja gerade NICHT. Er nötigt den LKW zu langsamer Fahrweise, indem er seine Geschwindigkeit mehrmals stark verringerte (ohne triftigen Grund) - dies ist aber nur KRAFTfahrzeugen verboten.

Aber direkt danach habe ich auch geschrieben, dass der Begriff „nötigen“ nur im umgangssprachlichen Gebrauch anwendbar ist (also nicht im juristischen).

Zu einer Nötigung bedarf es einer Anwendung von Gewalt oder einer Drohung mit „empfindlichen Übel“.
Das Unterlassen des Platzmachens zum Überholen war für mich nie im Bereich einer Nötigung.
Wie kann ein Radfahrer einem LKW Gewalt antun? Oder mit empfindlichen Übel drohen? Also: Ohne Waffe in der Hand?
„Warte bloß, wenn ich jetzt stark bremse, dann zerschillt dein LKW an meinem Gepäckträger!“ - Eh, nee, das klappt nicht. Einmal Hochdruckreiniger und Lackpolitur, weg ist die Sauerei.

Damit sind auch nicht jegliche Fahrzeuge gemeint die langsamer fahren als Du selbst oder als es erlaubt ist, sondern z.B. Radfahrer, Baufahrzeuge, langsame Traktoren.
Ich meine mich zu erinnern, das man hier von weniger als 30km/h ausgeht, da gab es zumindest mal ein Urteil.

LKW fallen da also nicht darunter, nicht einmal die schnelleren Traktoren.
Zu wünschen wäre es natürlich das mal kurz angehalten wird, um andere überholen zu lassen, oft fehlt dafür aber der Platz. Außerdem hilft es nur wenigen Fahrzeugen hinter dem LKW. Ist dieser dann wieder angefahren, hat man sehr schnell wieder eine PKW-Kolonne dahinter.

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Verstöße gegen diese Regel sind mit lächerlichen 10€ billig, zusätzlich sind sie schwierig kontrollierbar.

Und dann ist da noch die Frage: Gilt das schon für „langsamer“ im Sinne v1ist < v2wunsch? Oder haben Gerichte da eine Differenzgeschwindigkeit benannt, ab der „langsamer“ so viel zu langsam ist, dass man Überholen lassen muss?

Hi,

wie schon gesagt: ich kenne die Situation aus beiden Perspektiven.

Allerdings verstehe ich die Autofahrer nicht und es scheint davon sehr viele zu geben, welche meinen, der Radfahrer könnte/solle/müsste genauso wie sie handeln und behandelt werden.

Aber diese beiden Verkehrsteilnehmer sind NICHT gleich! Als Kraftfahrzeugführer bediene ich eine potentiell lebensgefährliche Maschine. Deswegen muss man auch seine besondere Befähigung dazu nachweisen (aka Führersein machen), die einem übrigens bei Unfähigkeit auch wieder abgesprochen werden kann.
Auch der Gesetzgeber sieht das so und spricht Kraftfahrern eine Gefährdungshaftung zu. Also: obwohl sich der Kraftfahrern korrekt verhalten hat muss er ggf. haften -> https://de.wikipedia.org/wiki/Gefährdungshaftung#Fahrzeughalterhaftung

Es erstaunt mich sehr, dass sich darüber offenbar die wenigsten Kraftfahrer im klaren sind. Stattdessen wird mit Inbrunst auf nicht vorhandene, aber erträumte Rechte gepocht.

Ein Radfahrer hingegen führt keine solche Maschine, muss keine besondere Befähigung nachweisen und kann auch durchaus völlig legal etwas „bräsig im Kopp“ sein. Damit MUSS ich als Kraftfahrer doch rechnen! Gleiches Verhalten von ihm zu fordern ist doch völlig fehl am Platz?!

VG,
J~

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Also ich bin die Straße mal mit Street-View abgefahren.
Der Gehweg ist durch weiße Linien in zwei Bereiche unterteilt. An Kreuzungen sind teils Spuren einer rötlichen Markierung erkennbar, meist aber gestrichelte Linien, die dem Verlauf der durch weiße Linien abgetrennten „Zweitspur“ des Gehwegs folgen. In einem der zahlreichen Kommentare las ich von einem Anwohner „Einen Radweg gab es mal“. Vermutlich gab es einen beschilderten und somit benutzungspflichtigen Radweg, der im Zuge der Neubeurteilung dieser Pflicht „entschildert“ wurde. Du hast also noch alle Markierungen, die für einen Radweg typisch sind (und auf einigen Aufnahmen fahren auch Radfahrer auf diesem Teil des Gehwegs), aber es fehlt halt völlig jede Beschilderung.
Damit ist es dann wohl auch kein benutzungsfreier Radweg. Dazu müsste es Schilder geben, die „Radfahrer frei“ anzeigen. Es ist ein ehemaliger Radweg, der von der Stadt halbherzig zurückgebaut wurde und eine Grauzone öffnet.

Achso, da hatte ich dich wohl anders verstanden.

Zu einer Nötigung bedarf es einer Anwendung von Gewalt oder einer Drohung mit „empfindlichen Übel“.

Genau, so wie es der LKW-Fahrer tut. Er benutzt sein Fahrzeug IMHO als Waffe in dem er soo dicht auffährt, dass er im Falle nicht mehr rechtzeitig bremsen kann und den Radfahrer an/überfährt. Er bedroht den Radfahrer also um seinen Willen durchzusetzen. Genauso wie etwa bei einem Raub.

VG
J~

okay…

Naja, das ist doch keine Grauzone. Radfahrer haben Radwege zu benutzen und wenn es keine gibt, Fahrbahnen.
Das Problem dabei sehe ich lediglich in inkompetenten Kraftfahrern welche die Verkehrsregeln nicht kennen (was sie müssten) und dann der Meinung sind anderer Verkehrsteilnehmer zu verbotenen Handlungen nötigen zu dürfen. So wie offenbar dieser LKW-Fahrer im Video der ja dieses „fahr auf deinem Radweg du Affe“ (o.ä.) brüllt.

VG
J~

Ich kann mir zwar vorstellen, was du meinst, aber: es ist keine Grauzone!

Leider ist es so, dass die Informationen bzgl. den Wegen, auf den Rädern bewegt dürfen, nicht in der breiten Masse bekannt sind. Das führt dann dazu, dass bei

einem Radfahrer die Radwegbenutzung von Seiten der Autofahrer aufoktroyiert wird. Ist aber falsch, der Radfahrer darf in dem Fall den Gehweg benutzen, muss es aber nicht.

Es wäre schön, wenn auf allen Seiten endlich verinnerlicht würde, dass Räder grundsätzlich auf die Straße gehören, nur bei 3 (!!) Schildern ein Radweg benutzungspflichtig ist und dieser dann auch entsprechend freigehalten wird.

Ich habe mir die Straße auch bei Gmaps angeschaut, ja, es schaut so aus, das dort einmal ein Radweg war - der aber aus unbekannten Gründen nicht mehr ist. Ja, der Radweg hätte etwas besser zurückgebaut werden können (aber erfahrungsgemäß werden überall nur die Schilder abgeschaubt), aber auch das ist kein Grund die Regeln nicht zu kennen und als Autofahrer beim Anblick eines Radlers auf der Straße in road rage zu verfallen.

Diese ganze Situation ist bescheiden, ich bin inzwischen auf 6 Kontinenten und vielen, vielen Ländern zu Fuß. mit dem Auto und auch mit dem Rad unterwegs gewesen. Was sich hierzulande in den letzten 3 Jahren an Angressionen und Ignoranz eingeschlichen hat, ist schlimm, egal wie man sich fortbewegt, aber das ist off topic

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Ergänzung, da ich eben was von 3 Schildern schrieb:
http://bernd.sluka.de/Radfahren/rechtlich.html

Macht der Radfahrer das, kriegt er möglicherweise Probleme, da er „schneller fährt als allgemein von einem Radfahrer erwartet“ (nicht lachen, das habe ich mir nicht ausgedacht).

Was darf ich dann denn fahren, wenn ich auf der Straße unterwegs bin: so wie manche, in einer Geschwindigkeit, dass sie gerade nicht umkippen, dafür aber die ganze Straßenbreite brauchen oder wie ein halbwegs sportlicher Radler oder mit Unterstützung durch Mr. Watt im Akku >25 km/h?