Übersetzung eines Namens auf häbräisch und arabisc

Hallo Christopher,

Ich bin nur im Zweifel,
ob die Konsequenz, die du empfiehlst, also der kategorische
Verzicht auf Tattoos in den genannten Schriften, die richtige
und zwingende ist.

Nun, zur Klärung dieses Sachverhalts wäre das Brett Religionswissenschaften zu empfehlen wenn es nicht schon reichlich Artikel dazu im Archiv gäbe.

Ich bin der Ansicht, dass beim Zusammenleben unterschiedlicher
Menschen ein wichtiges Ziel darin liegen sollte, dass der
Einzelne möglichst große Handlungsfreiheit genießt.

Da wäre dann die Rückfrage, wie Du das mit dem Respekt vor den Traditionen und Befindlichkeiten anderer siehst.

Abgesehen davon kann man sich mit der Tätowierung von Hunde- und Katzennamen o.ä. auch zum Affen machen - je nachdem, was dann die Kombination der entsprechenden hebräischen Zeichen bedeutet. Wir hatten erst vor ein paar Wochen ein hübsches Beispiel in einem der Foren hier.

Es ist
kaum möglich, dabei zu verhindern, dass andere beeinträchtigt
werden, aber man kann versuchen, die Störungen auf ein Minimum
zu begrenzen und das Prinzip attraktiv zu machen, indem
niemand dauerhaft auf der Seite derer stehen muss, die die
Auswüchse der Freiheit anderer zu erdulden haben.

Was heißt das denn ganz konkret für dich in diesem Fall.
Das Judentum lehnt Tätowierungen ab, weil es eine Form der Beschädigung des Körpers ist. Von Juden würdest Du also keine Auskünfte darüber bekommen, wie das Schriftbild dieses Namens ist.
Holst Du Dir die Info dann über eine andere Schiene?

Dadurch,
dass jeder auch zu denen gehören kann, die von ihrer Freiheit
Gebrauch machen, entsteht im Idealfall eine Balance von Nutzen
und Schaden.

Und wie würde die im konkreten Fall aussehen?
Ich phantasiere mal und unterstelle, daß Du vielleicht katholisch bist. Wenn wir also eine Balance von Nutzen und Schaden herbeiführen wollen, dann würde ich als Jüdin in der katholischen Kirche am Weihwasserbecken eine Wasserschlacht veranstalten?

Diesem Prinzip folgend ist es etwa vonseiten
christlich oder areligiös geprägter Europäer geboten, den
Bemühungen von Angehörigen anderer Kulturen oder Religionen,
sich ein Umfeld zu schaffen, in dem ihre Gewohnheiten und
Sitten gedeihen können, Verständnis und ggf. Unterstützung
entgegenzubringen.

Wie großzügig vom christlich oder areligiösen geprägte Europäer.
Nur der lebt bei dieser Gesinnung seine Dominanzansprüche aus, die heißen, dass seine Weltsicht absolut zu setzen ist.
Denn der christlich oder areligiös geprägte Europäer zieht dabei nicht in Betracht, daß er Religion „privatisiert“ und andere Traditionen diese ihm selbstverständliche Trennung so nicht kennen und praktizieren. Der christlich oder areligiöse Europäer würde also möglicherweise beim Besuch einer Moschee oder Synagoge die Tätowierung unsichtbar machen und für den öffentlichen Bereich davon ausgehen, dass seine Sicht der Trennung zu gelten habe.

Wenn in einer Stadt ein hoher
Bevölkerungsanteil an, sagen wir, Muslimen lebt, ist es meiner
Ansicht nach nicht einzusehen, dass Gläubige keine adäquate
Anzahl an erreichbaren Gotteshäusern vorfinden, auch wenn
deren Bau das architektonische Empfinden mancher verletzt. Von
denjenigen, die von diesem Entgegenkommen zu Recht
profitieren, erwarte ich im Gegenzug, dass sie ebenfalls
Mäßigung und Toleranz walten lassen, wenn eine andere Gruppe
sich in einer Weise verhält, die mit den Geboten der eigenen
Kultur unvereinbar wäre. Das ist der Fall, wenn ein Jude jeden
Tag Leuten mit Tattoos in hebräischer Schrift begegnet – ein
Fall, in dem ich die Irritation so sehr verstehen kann wie die
von Nachbarn in spe einer Moschee, aber nicht weniger
überzeugt auf Duldung, und sei’s zähneknirschende, dringe und
hoffe.

Dieses Beispiel führt nicht weiter, weil der Vergleichspunkt so nicht vorhanden ist. Bei Moscheen geht es um innerreligiöse Praxis und die letzten Jahre haben gezeigt, dass für Moscheenarchitektur sehr unterschiedliche Lösungen gefunden werden konnten.

Was bringt meine Faszination für die arabische/hebräische Schrift
wenn ich gleichzeitig für die dazugehörige Kultur und ihre Regeln
ganz offensichtlich keinen Respekt habe?

Auch wenn ich um den kulturellen Kontext weiß, in den der
Gebrauch der jeweiligen Sprache und Schrift üblicherweise
eingebettet ist, kann ich die entsprechenden Zeichen unter
typografisch-künstlerischen Gesichtspunkten schön finden, und
es kann, eben im hiesigen kulturellen Kontext, die Idee
entstehen, die Schrift in einem profanen Zusammenhang zu
nutzen – wie barbarisch das Kundigen auch erscheint. Jemandem,
der so denkt, mag selbst die arabische ›Times New Roman‹ und
die hebräische ›Arial‹ als ornamentale Offenbarung erscheinen.
Ich nehme diese Denkweise nicht für mich in Anspruch, finde
sie aber nicht grundsätzlich weniger nachvollziehbar als das
Unverständnis, die Empörung von der anderen Seite. Eine naive
Faszination für eine bestimmte fremde Schrift wird wohl als
weniger tiefe Empfindung denn ein religiöses Gefühl
erscheinen, aber ich halte es für unklug, die eine gegen das
andere auszuspielen.

Nun, ich kenne viele Künstler - darunter auch solche, die Kaligrafie machen oder aber auch hebräische, religiöse Texte schreiben. Gerade der künstlerische Eigenanspruch führt dazu, daß sie sich mit den kulturellen Kontexten auseinandersetzen und damit respektvoll umgehen.

Die Ablehnung von Tätowierungen durch religiöse Juden und

Du wirst sogar unter säkularen Juden weitgehendes Unbehagen im Hinblick auf Tätowierungen finden - Stichwort Auschwitz.

Muslime ist, im historischen und kulturellen Zusammenhang
gesehen, ebenso folgerichtig und plausibel wie die weitgehende
Toleranz bzw. Indifferenz gegenüber Körpermodifikationen, die
unter vielen nicht-jüdischen und nicht-muslimischen Europäern
herrscht.

Eine Tätowierung ist eben keine Körper modifikation (siehe oben). Von daher ist das Grundverständnis ein anderes.

Ich habe kein Problem damit, wenn Nichtjuden mit Tätowierungen herumlaufen. Ich zucke gelegentlich zusammen, wenn ich mir den „Herstellungsprozeß“ vorstelle. Ich finde es aber geschmacklos und daneben, wenn jemand für seine Tätowierungen zu Symbolen aus meiner Kultur (hebräische Buchstaben) greift und diese funktionalisiert. Und noch mehr daneben finde ich das in Deutschland 60 Jahre nach der Schoah - wenn ich eben die Bilder Überlebender vor mir habe, die sich eben nicht aussuchen konnten, ob sie in Auschwitz die Nummer eintätowiert bekommen haben oder nicht.

Dem Prinzip, das ich oben angedeutet habe, ist auch
implizit, dass es beiden Seiten abverlangt, der anderen
zuzugestehen, dass sie ihre Position mit einer gewissen
Berechtigung vertritt – ohne deshalb darauf verzichten zu
müssen, auch mal verstört zurückzubleiben oder einen anderen
Weg einzuschlagen.

Klingt abstrakt sehr schön. Die Frage ist immer die praktische Umsetzbarkeit in der jeweigen Situation.

Man könnte das als eine Art ›Agree to
Differ‹-Vereinbarung bezeichnen, die nicht zuletzt Interesse
an der Gegenseite und Wissen um deren Denken voraussetzt.

Und dieses Interesse an der Gegenseite und das Wissen um deren Denken fehlt mir gelegentlich, wenn rein aufs Formale bezogen gefragt wird, wie man dies oder jenes mit hebräischen, arabischen oder sonstigen Schriftzeichen zum Ausdruck bringen kann.

Verletzt wird dieses Prinzip zweifellos durch Handlungen, die
man als Provokation und Feindseligkeit coram publico
interpretieren kann oder muss; du hast Beispiele genannt. Als
solche sehe ich ein Tattoo, oft an eher diskreter Stelle
angebracht und nur im privaten Rahmen vorgezeigt, jedoch
nicht.

Wie privat? Ich bin immer davon ausgegangen, daß Tatoos gemacht werden um sie zu zeigen, wobei es Unterschiede geben mag, was auf dem Oberarm zu sehen ist und was in intimeren Körperregionen. Mir fehlt da schlicht die praktische Erfahrung.
Beim Beispiel Tatoo wäre aber in die Diskussion einzubeziehen, dass eben nicht nur das Ergebnis „Tätowierung“, sondern eben auch der Herstellungsprozess an sich aus jüdischer Sicht problematisch ist.

Es ist vielmehr ein Beispiel für die kleinen, aber
zahlreichen Zumutungen, wie sie das Zusammentreffen von
Kulturen – neben dem Gewinn an vielem – für beide Seiten mit
sich bringen kann und denen man, meiner Meinung nach, zu
allererst gelassen begegnen sollte. Von beiden Seiten, auch
wenn’s schwerfällt.

Mir fallen vor allem Formulierungen wie diese schwer, weil sie abstrakt sehr schön, nett und tolerant klingen, was aber wenig über ihre Praxistauglichkeit im konkreten Fall sagt.
Abgesehen gibt es auch unter „Zumutungen“ gewisse Abstufungen. Und gerade das macht es dann im konkreten Fall schwierig.

Viele Grüße

Iris

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