Umgangssprache: nicht wahr, verstehst du

Hallo,

gibt es bitte ein Wort für meistens überflüssige Begriffe wie :
,nicht wahr
,oder
,verstehste
pass auf,
hör zu, usw.

Es gibt sie ja in jeder mir bekannten Sprache und sind bestenfalls im einem leichten Kopfnicken oder ‚Hmm‘ abgetan. Oft verleiht der fragende Tonfall am Ende eines Satzes ja einen schönen Klang obwohl der Begriff nur Gewohnheit ist und gar keine Bedeutung hat,
aber manches, wie z.B. „verstehst’ was ich mein“ (möglicherweise vom Englischen) geht mir auf die Nerven.
Ich vermeide diese Ausdrücke, aber habe jetzt festgestellt, dass ich sehr oft und gerne einem Satz ‚Ach, weißt Du,‘ vorausschicke.
Die Bedeutung ist: Das weißt Du wahrscheinlich nicht, ich möchte Dich davon in Kenntnis setzen.

Tja, gibt es EIN Wort? Lückenfüller sind es ja nicht immer.

Herzlichen Dank im Voraus!
Uschi Walke :o)

(möglicherweise vom Englischen) geht mir auf die Nerven.

Siehst du?

Hallo, Uschi,

gibt es bitte ein Wort für meistens überflüssige Begriffe wie

,nicht wahr
,oder
,verstehste
pass auf,
hör zu, usw.

Gesprächspartikeln?

Die ersten drei Beispiele werden auch als „tag questions“ bezeichnet:

tag-questions
Verbale Anhängsel beim Gespräch, die u. a. die Bereitschaft zum Sprecherwechsel in einem Gespräch signalisieren; meist regional unterschiedlich…
Beispiele:
„…oder?“, „…nicht wahr?“, „…gell?“, „nich?“, „eh?“

http://www.teachsam.de/deutsch/glossar_deu_t.htm#tag…

Gruß
Kreszenz

Hallo, Uschi,

zunächst einmal sollte man ein wenig auseinander halten, was du in einen Topf geworfen hast.

gibt es bitte ein Wort für meistens überflüssige Begriffe wie
,oder

Diese Wörtchen (Es sind keine Begriffe!), zu denen auch „wohl, ja, eigentlich, eben, doch, überhaupt, übrigens, usw.“ gehören, und die keineswegs überflüssig sind, sondern sowas wie das Grünzeug in einem Blumenstrauß darstellen - dadurch wird aus sieben Blumen erst ein Strauß -, heißen

Modalpartikel". Sie färben und tönen eine Aussage in emotionaler Weise.

Dazu recht ausführlich: http://www.linguistik-online.de/9_01/Heggelund.html

Diese

nicht wahr
verstehste

sind satztechnisch betrachtet satzwertige Redeeinschübe

  • „verstehste“ = Du verstehst doch, was ich sagen will?,
  • nicht wahr? = Du glaubst doch auch, dass das, was ich sage, wahr ist?

durch die man Aufmerksamkeit erwecken will, Wichtigkeiten betonen will, sich vergewissern will, dass man verstanden wurde.

Als solche sind es " rhetorische Fragen", die ein sehr beliebtes Redemittel sind. Dazu gibt es hier eine [FAQ:1312].

pass auf,
hör zu, usw.

Das nun sind " Imperative", die denselben Zweck erfüllen.

Dein „Ach, weißt du, …“ hast du ganz richtig beschrieben.

Und liebe Grüße nach down under! :wink:

Gruß Fritz

sozialer Zusammenhang?
Tach,
vielleicht weißt du das ja, Fritz, nicht wahr, ob es einen Zusammenhang gibt, gell, zwischen dem häufigen Gebrauch von solchen rhetorischen Fragen, nicht, und der sozialen Herkunft, verstehst du, weil ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, gell, dass gerade Minderbemittelte, verstehst du, solche Floskeln geradezu inflationär, weiß du, einsetzen, oder??? Es ist ja in diesem Zusammenhang interessant, nicht wahr, dass diese großen schwarzen Rapper mit der schweren Kindheit, gell, jeden Satz mit „you know I’m sayin’“ abschließen, nicht wahr?

Schön ist es auch - ich sach das jetzt mal so -, wenn Menschen jede noch so banale Aussage - das ist meine persönliche Meinung!- mit Einschüben oder Einleitungen wie „ich sach das jetzt mal ganz ehrlich“ versehen, vor allem, wenn sie eine Kamera vor der Nase haben: „Also ich sach das jetzt mal ganz ehrlich, ich fahr gerne in Urlaub.“

Ganz ehrliche Grüße

André

3 Like

o ja!
Huch André, da fällt mir meine frühere Nachbarin
ein, die es fertig brachte, fast jede Aussage
einzuleiten mit «Ich hab noch gesagt zum Mann …»!

Wahrscheinlich gab ihr das ein Gefühl verstärkter
Legitimation, etwas zu sagen.

Grüsse
Rolf

Minderbemittelte

diese floskeln helfen, über wackelige satzkonstruktionen und denkpausen hinwegzuhelfen. das betrifft minderbemittelte ebenfalls wie leute, die die sprache (noch) nicht 100% beherrschen. es dauert schon einige zeit (jahre), bis man lange sätze mit konjunktionen und verschachtelten nebensätzen flüssig und natürlich rüberbringt. da kommts schon vor, daß die gedanken im kopf schon weiter sind als die sprache im mund! bis dahin helfen diese „äh“-wörter. naja minderbemittelte erreichen den status von ausformulierter sprache eben nie, nichtmal in der muttersprache ey was schon krass ist alder.

gruß
dataf0x

Tach auch Du,

dann, das will ich mal so sagen, hör Dir mal, vielleicht, Reden von Politikern an. Die, das kann man so sagen, solche Konstruktionen und das meine lieben Freundinnen und Freunde mußte mal gesagt werde, immer wieder gerne benutzen.

Gandalf

1 Like

Kein sozialer Zusammenhang!

vielleicht weißt du das ja, Fritz, nicht wahr, ob es einen
Zusammenhang gibt, gell, zwischen dem häufigen Gebrauch von
solchen rhetorischen Fragen, nicht, und der sozialen Herkunft,

Diesen Zusammenhang, so Leid es mir tut, lieber André, sehe ich nun aber auch wirklich nicht.
Der Gebrauch von Partikeln kann doch wohl in einem Fall kunstvoll elaboriert sein, aber auch - wenn ich mich nicht irre - schlechte Angewohnheit, wie etwa Sam Hawkins „Wenn ich mich nicht irre, hihihihihihih.“

Ebenso wird man sicherlich nicht am Gebrauch von Floskeln, also an der Tasache, DASS jemand Floskeln gebraucht, erkennen können, welchen Bildungsstand einer oder eine erreicht hat, sondern allenfalls an der Art der Floskeln.

Brüllt der eine: „Scheiße!“, kann der andere: „He me miserum!“ ausrufen.
Schreit der eine: „Du kannst mich im Arsche lecken!“, flötet der andere: „Du magst mir wohl wohl im Mondschein begegnen.“

Und ein Gebildeter kann das Götzzitat als Götzzitat gebrauchen und erweist sich so als Goetheleser.

Und wenn einer oder eine eine oder ein guter Rhethoriker ist, so wird er oder sie gern ein: „Quousque tandem!“ oder „Ceterum censeum!“ in seine Rede einfließen lassen.

Ich sage immer: „Differendum est inter et inter!“

Gruß Fritz

Und ein Gebildeter kann das Götzzitat als Götzzitat gebrauchen
und erweist sich so als Goetheleser.

Hei, der Fritz, da sagt er was!
Habe ich doch meinem Sohne, als er jüngst nach dem Automobile verlangte, auch gar trefflich mit einem Götz-Zitate geantwortet! Ich knurrte wohl „Götz von Berlichingen!“ Worauf er zusammenzuckte und beleidigt dreinschaute, bis ich ihm dann mit dem entsprechenden Text mein Einverständnis und die Papiere nebst Schlüssel übergab:
„Es ist dein erster Ritt. Sei vorsichtig, Knabe! Mir wäre leid, wenn dir ein Unfall begegnen sollt’“

Zum Thema: Diese Füll-Floskeln sind in der Tat in allen Volksschichten gebräuchlich. Während der eine ein, notfalls mehrfach wiederholtes, „Äh … äh“ von sich gibt, um mit seinen einherstäubernden Gedanken den davoneilenden Fluss der Worte einzuholen, wird ein anderer ein „Will mal so sagen“ einflechten und den gleichen Zweck erreichen.

Die Nutzung also ist Gemeingut, die Ausprägung jedoch wird durchaus von der vorhandenen oder fehlenden Bildung und Wortgewandtheit beeinflusst. Jeder halt so gut er kann.

Diese Floskeln dienen somit einerseits dem Zweck, Raum für die treffende Formulierung zu schaffen, sie helfen, Autorität vorzutäuschen („Nicht wahr, Liebes?“ „Mein Mann/Meine Frau sagt immer…“ etc.). Oder solche Einschiebsel werden genutzt um zu überdecken, dass man eigentlich gar nichts zu sagen hat, blähen mit bedeutungsschwangerem Wortgeklingel eine inhaltsleere Rede formatfüllend auf (Beispiele findet man zuhauf bei denen, die ihr Gesicht so gern im Fernsehen zeigen).

Dass dabei so manche Metapher, so manche Floskel, so manches Zitat aus dem Leime geht, führt dann zu Aphorismensammlungen der Art wie man sie hier nachlesen kann: http://www.fussballersprueche.de/

Grüße
Eckard

„Es ist dein erster Ritt. Sei vorsichtig, Knabe! Mir wäre
leid, wenn dir ein Unfall begegnen sollt’“

Dazu gibt es die Variante:

Ach, da kann man nur Götz zitieren!

??? :frowning:((((

Naja! Wo viel Licht, ist auch viel Schatten!

Gruß Fritz

siehe auch Loriot
Das ist in der Tat richtig. In diesem Zusammenhang verweise ich immer wieder gerne auf die berühmte Bundestagsrede von Loriot:

Politik bedeutet, und davon sollte man ausgehen, das ist doch, ohne darum herum zu reden, in Anbetracht der Situation, in der wir uns befinden. Ich kann meinen politischen Standpunkt in wenigen Worten zusammenfassen:
Erstens das Selbstverständnis unter der Voraussetzung, zweitens und das ist es was wir unseren Wählern schuldig sind, drittens die konzentrierte Beinhaltung als Kernstück eines zukunftweisenden Parteiprogramms.

http://www.unterhaltungsspiele.com/Geschichten/bunde…

In diesem Sinne danke ich für die Aufmerksamkeit des hohlen Hauses.

André

Die Dinger heißen also irgendwie Partikeln, nicht wahr. Ich denke aber doch dass Partikeln, bewusst angewandt, eine Bedeutung haben, wenn auch eine geringe.
Was mich irritiert, ist z.B. eher, wenn ein ‚nicht wahr‘ oder ‚verstehste‘ unbewusst an jeden Satz angehängt wird. Bei der Putzfrau ist das putzig; wenn der Arzt so mit mir spricht, lauf ich so schnell wie möglich weg. Ich sehe also schon einen Zusammenhang zwischen Wortgewandtheit und sozialen Unterschieden!
Manchmal werde ich bösartig und unterbreche mit ständigen 'ja, das ist wahr, ja, ich pass auf, ja ich höre zu, ja ich weiß, ja ich versteh, usw. Dadurch wird das Gespräch, dessen Inhalt inzwischen total an mir vorbeigeht um 300 % verlängert. Nur wegen der Partikeln?
Das kann doch nicht wahr sein, nicht wahr.
Extra Dank an Kreszenz (Zenzi?) für „tag questions“! Oxford Duden übersetzt das als:
„(Ling.) (auf eine bestätigende Antwort zielendes)Frageanhängsel.“
Jetzt passt mal auf und hört mal zu! Wie heißen die Vorhängsel?

Schönes Wochenende!
Uschi Walke :o)

Hallo, Uschi,

Extra Dank an Kreszenz

gern geschehen :wink:

(Zenzi?)

Falls es sich um einen User-Nick handelt: Als „Zenzi“ hab ich noch nie gepostet :wink:

Jetzt passt mal auf und hört mal zu! Wie heißen die
Vorhängsel?

Also, weißt du, ob’s dafür einen festen Terminus gibt („pre-tag“ ist ja schon anders besetzt), kann ich nicht sagen, verstehste, aber hier ist von „Einleitungspartikeln“ die Rede:

Gambits: Gambits sind die „Schmiermittel eines Diskurses“, die zu Beginn, in der Mitte und am Ende eines jeden Gesprächsbeitrags stehen können. Gambits zeichnen sich dadurch aus, daß ihre semantische Bedeutung relativ unwichtig, ihre pragmatische, kontextuelle Bedeutung dagegen von großer Bedeutung ist. In meinen deutsch-englischen kontrastiv-pragmatischen Analysen hat sich herausgestellt, daß die deutschen Muttersprachler dazu neigen, stärker auf diejenigen Gambittypen zurückzugreifen, die sowohl ich- als auch inhaltsbezogen sind, also z.B. sog. „Einleitungspartikel“ („ja, ja also, ja so denn“), die zur Einleitung des eigenen Gesprächsbeitrags dienen oder sog. „Hervorheber“, mit denen die Bedeutsamkeit des Mitzuteilenden hervorgehoben wird („Also mein Hauptpunkt hier ist folgender“, „Was ich eigentlich sagen will, ist … im Klartext“ etc.)

http://www.spz.tu-darmstadt.de/projekt_ejournal/jg-0…

Und hier noch ein Link für Floskelfreunde und -feinde:

http://www.gehmirnichtaufdensack.de/floskeln.php?mod…

Gruß
Kreszenz

Hallo, Kreszenz! Schon wieder viiiielen Dank!

(Zenzi?)

Falls es sich um einen User-Nick handelt: Als „Zenzi“ hab ich
noch nie gepostet :wink:

Oh jeh, da bin ich aber ins Fettnäpfchen getreten! Ich habe den Kreszenz mit der Kreszentia verwechselt! Das kommt daher, dass ich das schöne Bayernland, und die deutschen Lande überhaupt, vor 30 Jahren verlassen habe. Nimm ma’s ned für übel!

Ich dank’ Dir sakrisch für die weiteren Erklärungen und die neuen Links; ich habe wirklich sehr viel nachzuholen, ohne Schmarrn!

Servus!
Uschi (Ursula, nicht Urs! :o))