Ursprung der Menschheit

mythischer Ursprung des eigenen Stammes
Hi Hannes (again),

Bin ich hier im richtigen Brett?

Wo sonst mit dieser Frage :smile:

Soweit mir bekannt ist, vertritt die Wissenschaft die Theorie
von der polyzentrischen Herkunft der Menschen.

Yep.

Hingegen finde ich in den Schöpfungsmythen immer den Bericht über eine monozentrische Abstammung.

So ist es. Ich kenne keine mythische Kosmogonie, in der es anders ist. Mythische Kosmogonien haben ja generell immer mindestens zwei Komponenten: Den Anfang der Erde - als Landschaft und Lebensraum - und den Anfang des Menschengeschlechts (Diese Komponenten sind nicht immer auch ausgedrückt).

Und dieser Anfang des Menschengeschlechts ist immer(sic!) ein Mythem über den Ursprung der eigenen Stammesgeschichte. Bestenfalls kommen noch befreundete oder befehdete Nachbarstämme vor.

Und da dieses Mythem ja gerade den Zweck hat (wie übrigens alle Mythen, auch nicht-kosmogonische! Nur um das bei den aktuellen Diskussionen hier nochmal zu betonen), der aktuellen Lebenssituation eine Existenz-Legitimation zu geben durch eine mythische (oder magische) Identifikation mit einem kosmischen Archetypus (Eliade nennt das den „mythischen Präzedenzfall“), muß der Stamm auf je eine singuläre Urgestalt zurückgeführt werden.

Die immanente Logik solcher kosmischen Mythen macht es daher notwendig, daß diese Urgestalt gerade nicht eine „historische“ ist (historische Vergangenheit ist in diesem Kontext sowieso irrelevant), denn ein historisches Ursprungspaar hätte ja wiederum Eltern usw.

Daher ist diese Urgestalt auch keineswegs immer eine menschliche. In totemistischen Ethnien bzw. Kulten ist der Stammesursprung sogar meist eben das Totemtier selbst. Daher präsentiert dieses ja auch die Stammeszugehörigkeit und damit die Stammesidentität - und meist, in sesshaften Ethnien, auch den Anspruch auf das eigene Land.

Diese legitimierende Funktion des Ursprungsmythos zeigt sich manchmal besondersa deutlich in rituellen Initiationen eines Stammesherrschers.

Wie die Vervielfältigung der Abkömmlinge aus dieser Urgestalt mythisch präsentiert wird, zeigt sich in mehreren Typen von Mythemen: Wenn es ein Paar ist, dem die Attribute „männlich/weiblich“ zukommen, dann hat das wiederum einen Ursprung in einer Zweiteilung einer primordialen Einheit. Denn die elementarste Grundstruktur in Kosmogonien ist die Spaltung einer undifferenzierten Einheit in eine polare Zweiheit.

Daher beginnen diejenigen Mythen, die diese Funktion haben, grundsätzlich mit der „Himmel & Erde“-Dualität, die sich dann in „männlich & weiblich“, „Licht & Finsternis“, „gut & böse“ in weiteren Stufen manifestiert.

Der monozentrische Ursprung ist somit die einzige Möglichkeit, die aktuelle Stammesidentität zu legitimieren - und damit zu realisieren. Und er hat auch genau diesen Zweck.

Gruß

Metapher