Urteil zur Beschneidung von Säuglingen II

hast du auch mit Männern gesprochen, die aus religiösen
Gründen als Kind beschnitten wurden und jetzt gar nicht mehr
Jude/Muslim sein wollen?

Eine fehlende Vorhaut macht niemanden zum Juden oder Moslem, auch nicht, wenn die Beschneidung seinerzeit aus religiösen Gründen vorgenommen wurde und wenn sie das äußere Zeichen der Zugehörigkeit ist. Wenigstens in Deutschland ist jedem Menschen die Wahl der Religionszugehörigkeit nach eigenem Ermessen freigestellt.

Es gibt allerdings genügend andere Gründe, nicht beschnitten sein zu wollen.

Martinus

Hallo Jo,

Hallo,

auch wenn die Erörterung des rechtlichen
Hintergrundes auf diesem Abstraktionsniveau bei den anderen
Mitdiskutanten wohl nur noch auf wenig Interesse stoßen
dürfte.

Ganz im Gegenteil, was mich angeht. Das nenne ich eine
sachbezogene, nicht religiös vernebelte Hinterfragung des
Geschehenen.

Das ist ganz sicher nicht persönlich gemeint.

Und ich bin überzeugt, da kommt noch des Pudels Kern zum Vorschein.

Do.

Moin,

Ich würde jeden, der mich ohne
meine Einwilligung körperlich kennzeichen würde, verklagen,
ganz egal wie gut dieser das aus welcher religiösen oder
sonstigen Absicht auch immer gemeint haben mag.

Schon recht, aber das hat ja nun mit meinen Erläuterungen
nichts zu tun.

Warum nicht? Mir wird langsam Angst und Bange, dass jemandem, der an mir aus religiösen Gründen ohne meine Einwilligung körperliche Modifikationen vornimmt, dies erlaubt wird, weil alles andere eine Einschränkung seiner Religionsfreiheit wäre, wo ein Richter dann erstmal abwägen muss, ob diese nicht höher zu werten ist als mein Recht auf Unversehrtheit.

Das kann ja wohl nicht sein. Und wenn es in meinem Fall nicht sein kann, warum dann im Fall eines jüdischen oder moslemischen Jungen. Gelten für diese andere Rechte?

Gruß
M.

Moin,

was natürlich beim Passah ein Problem darstellt, weil es ein
Familienfest ist. Zu welcher Familie sollte denn der kleine
Bub gehen?

Zu meiner eigenen. Wenn es außer mir und dem Jungen in dieser Familie keinen Menschen gibt, für den es irrelevant ist, ob dem Jungen die Vorhaut fehlt, dann feier ich eben mit dem Jungen allein oder mit anderen Menschen zusammen, die denken wie wir.

Stell es Dir doch so vor: Alle Familienmitglieder bekommen zu
Weihnachten Geschenke, nur der kleine xxx nicht. Was würdest
Du ihm erklären? Etwa „Ich habe bei deiner Geburt beschlossen,
dass Du erst mit 14 Geschenke bekommst.“?

Nein. ICH würde ihm was schenken.
Gruß,
M.

Hallo,

Wenigstens in Deutschland ist jedem Menschen die Wahl der Religionszugehörigkeit nach eigenem Ermessen freigestellt.

Dazu mal eine Gechichte, es gab eine Frau, die in einer christlichen Familie geboren war, fühlte sich aber später eher zum Judentum hingezogen und wollte konvertieren. Das einzige „Problem“: ihre Eltern hatten ihr den Namen Christine gegeben, was da nun überhaupt nicht passt.
Gut, das Problem liess sich durch einen Gang zum Standesamt beheben.

Eine Beschneidung ist nicht so schnell rückgängig zu machen.

Gruß
T.

Hallo Torsten,

Wenigstens in Deutschland ist jedem Menschen die Wahl der Religionszugehörigkeit nach eigenem Ermessen freigestellt.

Dazu mal eine Gechichte, es gab eine Frau, die in einer
christlichen Familie geboren war, fühlte sich aber später eher
zum Judentum hingezogen und wollte konvertieren. Das einzige
„Problem“: ihre Eltern hatten ihr den Namen Christine gegeben,
was da nun überhaupt nicht passt.

Das dürfte das allerkleinste Probelem beim Konversionsprozeß gewesen sein, denn bei der Konversion sucht sich der Kandidat / die Kandidatin einen hebräischen Namen aus, der dann für die jüdischen Dokumente bzw. den Aufruf zur Torah relevant ist.

Die Christians und Christinen verwenden den dann bevorzugt auch in anderen Alltagsbezügen. Wer den Namen dann auch amtlich verwenden will, muß noch zum Standesamt.

Viele Grüße

Iris

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Hallo Iris,

danke für die Zusatzinformation.

Gruß
Torsten

Wenn es außer mir und dem Jungen in dieser
Familie keinen Menschen gibt, für den es irrelevant ist, ob
dem Jungen die Vorhaut fehlt, dann feier ich eben mit dem
Jungen allein oder mit anderen Menschen zusammen, die denken
wie wir.

Das ist zweifelsohne ein möglicher Ansatz. Unsere Gesellschaft ist offen genug, daß sich jeder Mensch seine eigene Lebensform suchen kann.

Für andere Menschen ist dafür die Gemeinschaft wichtig, die auch (aber keineswegs nur!) im Einhalten gemeinsamer Regeln besteht. Da ist es schwer, eine Regel zu brechen, zumal eine, die möglicher Weise als zentral betrachtet wird. Denn das würde unter Umständen auch bedeuten, mit der Gemeinschaft und mit all dem zu brechen was über diese eine Regel hinaus noch dazugehört. Und wenn diese Regel eine ist, die man als gottgegeben betrachtet, könnte es auch bedeuten, mit Gott zu brechen.
DAS ist ein anderer möglicher Ansatz. Er mag in der heutigen postmodern-individualisierten Welt ein wenig altbacken wirken, für viele hat er aber dennoch eine gewissen Anziehungskraft.

Es besteht freilich keine Notwendigkeit, so zu denken, wie die, die diesen letztgenannten Ansatz bevorzugen. Doch wird man sie nie verstehen, wenn man versucht, ihnen jenen eigenen, erstgenannten nach der Devise „wenn’s bei mir geht, müßte es doch bei allen gehen“ überzustülpen, Denn wenn unsere Gesellschaft für viele Lebensformen offen ist, dann gilt das wohl auch für die, die sich an die traditionellen halten.

Martinus

Eine Beschneidung ist nicht so schnell rückgängig zu machen.

Wenn Sie mir eine Religion oder Religionsgemeinschaft nennen können, die das (analog zur Namensänerung) als Voraussetzung für einen Beitritt fordert, würde ich Ihnen Recht geben. Mir ist (noch) keine bekannt.

Martinus

Wenn Sie mir eine Religion oder Religionsgemeinschaft nennen
können, die das (analog zur Namensänerung) als Voraussetzung
für einen Beitritt fordert, würde ich Ihnen Recht geben. Mir
ist (noch) keine bekannt.

Wir können ja nicht wissen, was in 30 Jahren sein wird unter Umständen kann ein heute beschnittener Säugling dann irgendeine Religion nicht mehr ausüben. Beschneiden lassen geht hingegen immernoch.

Gruß
T.

Hallo!

Schade. Weniger das Ergebnis deiner Überlegung finde ich bedauerlich, sondern die Begründung, insbesondere deren letzter Teil. Mehrere Antwortende machten sich beträchtliche Mühe, das Thema von Bauchgefühlen zu befreien und mit geltendem Recht zu argumentieren. Gegen Traditionen - und seien sie noch so sinnfrei oder sogar schädlich - ist wohl kein Kraut gewachsen.

Irgendjemand fühlt sich zum Religionsstifter berufen und schart eine Anhängerschaft um sich, die allerlei Rituale vollzieht. So verpasst der Brandingmeister der Glaubensgemeinschaft jedem Gläubigen ein Brandmal auf den Allerwertesten. Mit dem glühenden Eisen ist die Sache absolut keimfrei und hygienisch unbedenklich. Würden die gläubigen erwachsenen Menschen die Rituale nur untereinander vollziehen oder vollziehen lassen, wäre es ihr Privatvergnügen. Käme es zu medizinischen Komplikationen, würde möglicherweise die in Anspruch genommene Krankenkasse zicken, aber grundsätzlich hindert die Gläubigen niemand an ihrem Treiben. Käme dennoch ein Staatsanwalt auf komische Ideen, würde man ihm das Grundgesetz unter die Nase halten und darlegen, wie unverzichtbar das Ritual für die Religionsausübung ist.

An Narrenfreiheit gewöhnt, bestehen die Gläubigen darauf, ihr Ritual auch an Menschen zu vollziehen, die vorher nicht gefragt werden und die sich nicht wehren können. Hundeschwänze dürfen nicht kupiert werden und Brandzeichen bei Pferden sind verboten, aber doch nicht bei Kindern, deren Eltern das Brandzeichen für die Religionsausübung als unverzichtbar ansehen…

Der nächste Religionsstifter predigt unbedingten Gehorsam. Die alltäglich mit frischem Schwung auszuführenden Ohrfeigen für die Kinder am Mittagstisch entsprechen göttlicher Weisung, sind eine wichtige Tradition und gehören zur freien Religionsausübung.

Verstehst du meine Enttäuschung?

Im Grunde ist es gar nicht kompliziert: Die Rechte des Einzelnen enden genau da, wo die Rechte anderer Menschen anfangen. Kinder sind kein Eigentum der Eltern, mit dem sie nach Belieben verfahren dürfen.

Gruß
Wolfgang

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Mal was nicht rechts-technisches, sondern was aus jüdischem, daher auch berufenem Mund

http://www.amazon.de/Eine-Vorhaut-klagt-Shalom-Ausla…

Und etwas mehr Entspannung - es geht nicht um unsere Vorhaut, die ist entweder schon ab oder wird nicht gegen den eigenen Willen entfernt.

Do

Gegen Traditionen - und
seien sie noch so sinnfrei oder sogar schädlich - ist wohl
kein Kraut gewachsen.

Sicher nicht, wenn man mit Ignoranz gegen sie vorgeht, das stimmt.

Irgendjemand fühlt sich zum Religionsstifter berufen…

Das ist die subjektive Sicht der Außenstehenden. Gegen sie ist nichts einzuwenden. Innenstehende haben naheliegender Weise einen anderen, ebenso subjektiven Blick auf ihre Religion (für gewöhnlich, daß der Stifter in der Tat berufen war und sich nicht nur so fühlte). Solange nun Außen- und Innenstehende einander nicht zugestehen, daß die andere Seite möglicher Weise auch Recht hat, wird’s mit dem gegenseitigen Respekt schwierig. Und welche Sicht nun tatsächlich stimmt, werden wir wohl erst wissen, wenn wir nach dem Ende unseres Lebens vor einem Schöpfer stehen - oder eben nicht. Bis dahin gibt es keinen wirklich objektiven Grund, die eine Weltsicht über die andere zu stellen und als einzig wahre zu postulieren.

Genau aus diesem Grund sind ja in Deutschland im Streitfall, was nun im Rahmen und Namen einer Weltanschauung anderen angetan werden darf oder nicht, die weltlichen Gerichte zuständig.

Mehrere Antwortende machten sich beträchtliche
Mühe, das Thema von Bauchgefühlen zu befreien und mit
geltendem Recht zu argumentieren.

Im Grunde ist es gar nicht kompliziert: Die Rechte des
Einzelnen enden genau da, wo die Rechte anderer Menschen
anfangen.

Offenbar ist doch zu kompliziert, um es zu verstehen. Denn Benvolio hat mir viel Geduld mehrmals klargestellt, daß es so einfach - zumindest nach geltendem Recht - eben doch nicht ist.

Martinus

Hallo Wolfgang,

Ich kann es gut nachvollziehen, dass du meine Entschlussfindung nicht mittragen willst. Ich gebe auch zu, dass es ganz viele und richtig gute Argumente gegen die Zwangsbeschneidung gibt.

Letztlich sind zwei Rechte gegeneinander abzuwägen. Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung und das Recht auf freie Religionsausübung. Was ist höher zu werten? Ich bin kein Jurist, sondern entscheide hier, so wie vermutest aus dem Bauch. Wenn du, oder jemand anders hier, zu einer andern Überzeugung kommst, dann lasse ich das ebenso gelten, weil, wie gesagt, die Entscheidung hängt am seidenen Faden.

Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung ist grundlegend, da stimme ich dir zu. Tätowierungen, Brandzeichen, Mädchenbeschneidungen, Verstümmelungen sind Tabus, die mit dem vollen Einsatz der Justiz zu ahnden sind. Ja ich stimme dir sogar bei, dass - betrachtet man die Problematik lediglich grundsätzlich - die Beschneidung von Jungen prinzipiell kein Unterschied dazu ist. Aber, und da relativiert es sich etwas, habe ich gelernt, dass es für die Betroffenen selbst, also für beschnittene Männer überhaupt kein Problem darstellt, weder erinnern sie sich an ein Trauma, noch fühlen sie sich unvollständig. Natürlich, im Internet findet man Ausnahmen.

Und dann ist da das Recht auf freie Religionsausübung. Eigentlich möchte man meinen, Gott könnte schon soviel Verständnis haben, das er warten könnte bis ein junger Jude 18 ist, bevor er beschnitten wird. Hat er auch, davon bin zumindest ich überzeugt. Aber für die jüdischen Mitbürger ist die Frage fundamental, viel stärker als es uns „Gojim“ vielleicht bewusst ist. Für sie stellt es sich dar, dass Deutschland ihre Kinder daran hindert, „richtige“ Juden zu sein. Klar, ich würde auch auf die Barrikaden steigen, würde mir die Taufe meiner Kinder verboten werden, weil, weil - nein, es fällt mir kein Beispiel ein, das nicht allzu sehr hinkt - also aus einem Grund, den ich absolut nicht einsehen kann.

Ich wäge also das Recht 1, Selbstbestimmung über den Körper gegen das Recht 2, Leben der religiösen Traditionen. Ich habe schon betont, es ist haarscharf, und nur weil der Verstoß gegen Recht 1 nach Berichten deutlich minderschwer ist und die Bedeutung von Recht 2 für die jüdischen Gemeinschaften so eminent ist, habe ich die Wertung für mich so gewonnen. Kommst du zu einem anderen Ergebnis, es sei dir umbenommen, denn Unrecht hast du dann auch nicht.

Gruß
Hardey

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Hallo,

Letztlich sind zwei Rechte gegeneinander abzuwägen. Das Recht
auf körperliche Selbstbestimmung und das Recht auf freie
Religionsausübung.

Hast du Benvolios juristische Ausführungen gar nicht erst gelesen, oder nur nicht verdaut?

Aber, und da relativiert es sich etwas,
habe ich gelernt, dass es für die Betroffenen selbst, also für
beschnittene Männer überhaupt kein Problem darstellt, weder
erinnern sie sich an ein Trauma, noch fühlen sie sich
unvollständig. Natürlich, im Internet findet man Ausnahmen.

Ich höre von alten Säcken, die in Thailand minderjährige Mädchen „beglücken“ auch öfter das Argument, es mache den Thaimädchen gar nichts aus. Was ist das denn für eine Argumentation?

Aber für die jüdischen Mitbürger ist
die Frage fundamental, viel stärker als es uns „Gojim“
vielleicht bewusst ist. Für sie stellt es sich dar, dass
Deutschland ihre Kinder daran hindert, „richtige“ Juden zu
sein.

Indem „Deutschland“ den Arzt und die Eltern straffrei belässt?
Wenn an diesem Urteil was zu meckern wäre, dann das!

Klar, ich würde auch auf die Barrikaden steigen, würde
mir die Taufe meiner Kinder verboten werden,

…bei der du ihnen ein Stück Ohr abschneidest?
Dann würde sie, zu Recht, verboten.

Gruß

Jo

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Letztlich sind zwei Rechte gegeneinander abzuwägen. Das Recht
auf körperliche Selbstbestimmung und das Recht auf freie
Religionsausübung. Was ist höher zu werten? Ich bin kein
Jurist, sondern entscheide hier, so wie vermutest aus dem
Bauch.

Weltweit sterben immer wieder Kinder an den Folgen der Religiosität ihrer Eltern und du fragst dich ernsthaft was höher zu werten ist?

Vielleicht sollte man mal diesen wunderbaren Artikel lesen:

http://www.catholicsagainstcircumcision.org/cac_comp

Die Komplikationsquote liegt bei etwa 1.5% bei Kleinkindern. Das ist verdammt viel.

Und dann können wir gern mal darübe reden ob das Recht auf freie Religionsausübung höher zu werten ist, als das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

*kopfschüttel*

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Danke, Position gefunden: Religion ist falsch
Hallo Hardey,
glücklicherweise hatte und hat diese Diskussion nicht nur den Zweck, Deine persönliche Meinungsbildung zu unterstützen. Sonst müsste ich mit tatsächlich Gedanken machen, wozu ich hier überhaupt so viel Zeit investiere. Selbstverständlich möchte ich Dir Deine Meinung nicht ausreden - aber Dich doch auf ein paar Punkte aufmerksam machen.

  1. das Urteil ist nicht"falsch" - zunächst einmal ist es sowohl von Staatsanwaltschaft wie auch von dem Beklagten (der allerdings freigesprochen wurde, wenn auch nur wegen unvermeidbaren Verbotsirrtums) keine Revision beantragt worden - d.h. beide erkennen das Urteil an. Sodann kannst Du davon ausgehen, dass sowohl der Zentralrat der Muslime wie auch der Zentralrat der Juden und die christlichen Kirchen das Urteil und seine Begründung gründlich juristisch überprüfen ließen. Hätte sich dabei eine Fehlerhaftigkeit des Urteils herausgestellt, hätte man es dem Landgericht Köln öffentlich um die Ohren gehauen.

Bezeichnenderweise werden in der von diesen gesellschaftlichen Gruppen angeleierten öffentlichen Diskussion keine oder kaum juristische Argumente von ihnen vorgebracht. Aus gutem Grund.

  1. Zu Deiner Aussage

Aber fest steht: in der Rückschau ist es nicht schlimm, zum Trauma wird es nicht.

Tatsächlich? Auch, wenn Du offensichtlich kein Experte für Kinderpsychologie bist - da hast Du sogar recht. Es wird nicht zum Trauma, es ist ein Trauma. Zur Verdeutlichung: ein Trauma ist per definitionem ein Ereignis von überwältigender Bedrohung des eigenen Lebens, der Gesundheit, körperlichen Integrität mit Gefühlen von Schrecken, Horror, Hilflosigkeit. Kannst Du Dich wenigstens ein bißchen in die Lage eines Kleinkindes versetzen, das man fixiert, dem man mit einem Skalpell zu Leibe rückt und unter Zufügung erheblicher Schmerzen ohne Betäubung (nicht einmal Lokalanästhesie) ein Stüch Gewebe entfernt - ohne dass das Kind auch nur im Geringsten weiss, was da mit ihm angestellt wird? Zur Einführung in die Problematik frühkindlicher Traumatisierung empfehle ich diesen Artikel: http://www.agsp.de/html/a34.html Natürlich beschäftigt sich der Artikel mit psychischen Traumata - aber man kann sicher ohne sich allzu weit aus dem Fenster zu lehnen davon ausgehen, dass das physische Trauma einer frühkindlichen (insbesondere postnatalen) Beschneidung ohne Narkose mit einem psychischen Trauma verbunden ist. Dass frükindliche Traumata nicht erinnert werden, ist absolut normal und kein Beleg (schon gar kein Beweis) dafür, dass sie nicht stattgefunden haben.

Da mW keine wissenschaftlichen Studien über konkrete traumatische Auswirkungen frühkindlicher Beschneidung existieren, ist das als Argument hier sinnvollerweise nicht in die Diskussion eingebracht worden. D.h. nicht, dass man einfach kackfrech behaupten kann, eine solche Traumatisierung gäbe es nicht. Das Fehlen solcher Studien ist übrigens leicht erkärlich - Eltern, die ihre Kinder einer Beschneidung ohne Narkose unterziehen, dürften kaum geneigt sein, anschließend ihre Kinder auf psychische Folgeschäden untersuchen zu lassen. Ein physisches Trauma rein zu wissenschaftlichen Zwecken auszulösen, verbietet sich aus noch naheliegenderen Gründen - dafür bräuchte man einen Dr. Mengele.

Übrigens ist es gerade dieses völlige abwegige „Argument“, das mich hier zu dieser Antwort bewogen hat.

Für das Judentum ist die Beschneidung fundamental, sie definieren sich darüber.

Das sagen viele Juden. Viele Juden sagen etwas Anderes. So oder so ist dieses Argument für eine Entscheidung über die Strafbarkeit nicht erheblich. Für die indische religiöse Bruderschaft der Thuggee war Raubmord fundamental und sie definierten sich darüber …

Und so gewichtig scheint mir nun die Kindsbeschneidung

Dass Du einen ohne medizinischen Grund ausgeführten chirurgischen Eingriff und den damit verbundenen Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit als nicht „so gewichtig“ wertest, wie es Gericht tat, ist Dein gutes Recht. Aber ich denke, Du würdest ganz anders darüber denken, wenn der Bundestag als gesundheitspolitische Maßnahme beschließen würde, dass sich alle männlichen Staatsbürger aus hygienischen Gründen beschneiden lassen müssen. Wenn Du dann in Deinem Briefkasten die Aufforderung vorfindest, Dich doch bitteschön in einer Woche beim Amtsarzt zur Durchführung der Maßnahme einzufinden - fändest Du diesen Eingriff in Dein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit dann immer noch nicht „so gewichtig“?

Und so ist zu erwarten, dass die Beschneidungspraxis fortexistiert, trotz dem Kölner Verbot.

Nicht das Kölner Landgericht verbietet Beschneidung aus rein religiösen Motiven - unsere Gesetze tun es. Das Kölner Landgericht hat lediglich festgestellt, dass sie es tun. Ansonsten - es ist auch zu erwarten, dass Diebstahl, Raub, Vergewaltigung und Mord fortexistieren, trotz gesetzlichem Verbot. Ich will diese im Unterschied zur Beschneidung aus niederen Motiven begangenen Straftaten nun keineswegs in eine Reihe mit der religiösen Beschneidung (einfache strafbare Körperverletzung, bislang wegen unvermeidbaren Verbotsirrtums straffrei) stellen, sondern auf die fehlende Stichhaltigkeit dieses Argumentes hinweisen. Ich argumentiere hier auch nicht dafür, die Gesetzeslage nicht zu ändern - aber dass gegen Gesetze verstoßen wird ist nun wirklich kein hinreichender Grund, sie zu ändern.

Ich bin also zur Überzeugung gekommen, die deutsche Justiz sollte die Beschneidung tolerieren.

Die deutsche Justiz ist an Recht und Gesetz gebunden. Sie darf nicht nach Gutdünken Gesetzesverstöße, die vor Gericht gebracht werden, tolerieren. Und das ist gut so.

Denn es muss deutlich werden: Eine Beschneidung ist die absolute Grenze, was Religionsgemeinschaften mit ihren unmündigen Mitgliedern machen dürfen

Du sprichst von „Grenze“. Diese Grenze ist aber alles andere als eindeutig. Liegt z.B. ein Brandzeichen (ein ganz klitzekleines, versteht sich …) nun diesseits oder jenseits der Grenze? Und warum? Und wenn bei Knaben die Vorhaut des Penis entfernt werden darf, warum dann nicht bei Mädchen die Klitorisvorhaut (FGM Typ Ia)? Das ist auch nicht schmerzhafter, beeinträchtigt das Sexualempfinden nicht mehr als die männliche Zirkumzisison und wird gelegentlich sogar freiwillig bei Erwachsenen als rein kosmetische Operation ausgeführt. Läge das nun diesseits oder jenseits der Grenze? Und warum?

Was Du (und nicht nur Du) offensichtlich willst, ist nicht eine „Grenze“, die sich gar nicht rechtlich definieren ließe, sondern ein Sondergesetz für Juden (und vielleicht auch noch um des lieben Friedens willen für Muslime). Ein Privileg. Sondergesetze für bestimmte religiös oder ethnisch definierte Gruppen der Bevölkerung lässt unser Grundgesetz aber nicht zu. Aus gutem Grund.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Moin,

Da mW keine wissenschaftlichen Studien über konkrete
traumatische Auswirkungen frühkindlicher Beschneidung
existieren, ist das als Argument hier sinnvollerweise nicht in
die Diskussion eingebracht worden. D.h. nicht, dass man
einfach kackfrech behaupten kann, eine solche Traumatisierung
gäbe es nicht. Das Fehlen solcher Studien ist übrigens leicht
erkärlich -

Seufz…wozu stell man hier eigentlich links ein?

http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/psycholog…

hier finden sich mehrere Verweise auf Studien z.B. zu den psychologischen Folgen der Beschneidung

und zu den medizinischen Folgen:

http://www.beschneidung-von-jungen.de/home/beschneid…

Gruß,
M.

Ich für
meinen Teil sehe - so richtig ich das Urteil im Ergebnis halte

  • in der Begründung allerdings ein Manko, insofern als die
    Religionsfreiheit des Kindes ignoriert wird

Wozu ich noch einmal anmerken möchte, dass es nicht die Aufgabe eines Gerichtes ist, allgemeine Statements zu rechtlichen oder gar politischen Fragen abzugeben. Die Religionsfreiheit des Kindes hätte das nun auch so gefundene Ergebnis lediglich untermauern können, weshalb aus richterlicher Sicht nicht auf sie eingegangen werden musste.

Zulässig wäre es aber schon gewesen, darauf in dem Urteil einzugehen. Da frage ich mich, warum das Gericht sich die Möglichkeit hat entgehen lassen, sich viel ausführlicher zu äußern. Mit der knappen Begründung, die jetzt vorliegt, taugt das Urteil kaum als Beitrag zur rechtswissenschaftlichen Diskussion. Und noch einmal wird der Spruchkörper wahrscheinlich nicht in den Genuss von so viel öffentlicher Aufmerksamkeit kommen.

Ich wollte allerdings mit
meiner Fragestellung auf etwas anderes hinaus - nämlich, dass
hier nach meiner Auffassung nicht nur verschiedene, sondern
auch identische Grundrechte verschiedener Grundrechtsträger
miteinander kollidieren (was sicherlich nicht rechtlich
irrelevant ist).

Wenn es um das „Instiut“ Religionsfreiheit geht, ist das so nicht richtig. Die Feststellung, dass auf beiden Seiten das Recht der Religionsfreiheit steht, kann unter Umständen in der Abwägung der Rechte Bedeutung erlangen. Sie löst aber keinerlei Automatismus aus, der ein bestimmtes Ergebnis nahe legt, insbesondere nicht außerhalb der Abwägung der widerstreitenden Grundrechte.

Wenn es um die Religionsfreiheit als subjektives Recht des jeweiligen Grundeigentümers geht, ist die Annahme erst recht falsch. Denn zwischen dem Recht des einen und dem des anderen besteht keine Identität; die Person des Grundrechtsträgers gehört vielmehr zu den konstituierenden Merkmalen des subjektiven Rechts. Das eine Recht ist das des einen das andere das des anderen, mögen auch beide Ausfluss des „Instituts“ der Religionsfreiheit sein.

Insofern halte ich meine oben nochmals wiederholte Frage für
durchaus beantwortbar

Nein, weil sie nicht das eigentliche rechtliche Problem spiegelt.

das Recht auf freie Religionsausübung
eines Trägers dieses Grundrechtes findet seine Schranke in dem
Recht auf negative Religionsfreiheit anderer
Grundrechtsträger.

Das stimmt aber ja gerade nicht.

Die Frage wäre mithin zu verneinen -
vorausgesetzt, dass der positiven Religionsfreiheit des einen
Grundrechtsträgers nicht ein größeres Gewicht beigemessen wird
als der negativen der anderen.

Somit meine anschließende Frage: ist diese Voraussetzung
rechtstheoretisch gegeben?

Ich verstehe nicht ganz, welche Voraussetzung (und wofür) du hier meinst.

ist ein religionsunmündiges Kind (d.h.
unter dem Alter von 12 Jahren, ab dem es das Recht auf
negative Religionsfreiheit selbst wahrzunehmen berechtigt ist)
dessenungeachtet Träger des Grundrechtes auf
Religionsfreiheit?

Ja. Juristisch heißt das Grundrechtsfähigkeit. Hiervon zu unterscheiden ist dann die Grundrechtsmündigkeit als die Fähigkeit, ein Grundrecht in allen denkbaren Fallkonstellationen entsprechend ihrer Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit ausüben zu können (BVerfGE 1999, 145). Einzelheiten hierzu sind streitig. Der gelegentliche Verweis auf die Religionsmündigkeit nach § 5 KErzG (14 Jahre) ist problematisch, weil ein Gesetz im Rang unter der Verfassung diese nicht verbindlich auslegen kann. Diese Vorschriften können daher nur als Indizien gelten.

Wenn ja, dann nehmen die Eltern dieses Recht lediglich
stellvertretend für ihre religionsunmündigen Kinder wahr.

Nein. Die Eltern können das Kind höchstens unterstützen, etwa indem sie eine Verfassungsbeschwerde erheben, weil das Kind selbst nicht grundrechtsmündig ist. Das bedeutet aber nicht, dass die Eltern die Religionsfreiheit des Kindes selbst wahrnehmen.

Wie sollte das auch aussehen? Religionsfreiheit ist das Recht, nach dem zu handeln, was als religiöse Pflicht für die jeweilige Person angenommen wird. Wenn z.B. ein Moslem meint, er müsse am Tag soundso oft beten, dann nimmt er damit sein Grundrecht auf Religionsfreiheit wahr. Es ist aber nicht einmal theoretisch möglich, dass ein anderer es für ihn wahrnimmt und ausübt. Man kann nicht stellvertretend für jemanden beten.

Konkret bedeutet das, dass beispielsweise die Beschneidung
oder auch die Taufe eines Kindes dann nicht Ausfluss der
Religionsfreiheit der Eltern ist, sondern der (positiven)
Religionsfreiheit der Kinder, die hier von den Eltern
stellvertretend für diese wahrgenommen wird - als Ausfluss des
Erziehungsrechtes der Eltern.

Beschneidung und Taufe können sehr wohl unter die Religionsfreiheit der Eltern fallen. Davon unabhängig kann es sich um das Grundrecht der Religionsfreiheit des Kindes selbst gehen. Verbietet der Staat plötzlich die Taufe, würde man juristisch ggf. sagen müssen, dass der Staat (als Adressat der Grundrechte, vgl. Art. 1 Abs. 3 GG) die Religionsfreiheit des Kindes verletzt, und wenn das Kind dann nicht grundrechtsmündig ist, können die Eltern für ihr Kind juristisch gegen das Verbot vorgehen.

wenn die rechtliche Grundlage einer Beschneidung
oder Taufe nicht das Recht auf Religionsfreiheit der Eltern
ist, sondern deren Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG,
dann unterliegt die Ausübung dieses Rechts der Ausgestaltung
der elterlichen Sorge durch das BGB - hier insbesondere §
1627, wonach die elterliche Sorge zum Wohl des Kindes
auszuüben ist.

Man darf aber das Grundgesetz nicht durch Anwendung des BGB auslegen, denn das Grundgesetz steht darüber. Abgesehen davon hat das nun mit der Ausübung der Religionsfreiheit auch nichts zu tun. Für die Eltern geht es nämlich davon unabhängig um Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG, egal ob sie selbst zudem noch in ihrer Religionsfreiheit betroffen sind oder nicht.

Dann kommen wir auch zu dem Punkt, wo hier in
diesem Fall mE der Hund begraben liegt - nämlich bei der
Frage, ob eine nicht medizinisch indizierte Beschneidung dem
Wohl des Kindes dient.

Diese Formulierung kommt aber nicht aus dem Grundgesetz, sondern aus dem BGB. Für die verfassungsrechtliche Bewertung kommt es darauf also nicht an, auch wenn die Maßstäbe im Verfassungsrecht letztlich ganz ähnlich sein werden.

Deutlich zu machen, dass es
letztlich um diese Frage geht - und dass ein Gericht in
Deutschland aufgrund der weltanschaulichen Neutralität, zu der
es verpflichtet ist, hier keine genuin religiösen Argumente in
entscheidungserheblicher Weise in Betracht ziehen darf -
erscheint mir zur Versachlichung der Diskussion schon
sinnvoll.

Das ist aber nicht richtig.

Wie ich ja kürzlich schon einmal dargelegt habe, meint Religionsfreiheit nicht etwa, dass bestimmte Menschen sich an den Lehrmeinungen bestimmter Religionen orientieren dürfen. Es geht vielmehr um den ganz persönlichen Glauben des Grundrechtsträgers, welcher nicht in den unauflösbaren Konflikt zwischen göttlichem Gebot (wie er selbst es annimmt!) und staatlichem Gesetz geraten soll. Ein Moslem, der es nicht für seine religiöse Pflicht hält, fünf Mal am Tag zu beten, kann sich daher nich auf die Religionsfreiheit berufen, wenn er es trotzdem tun will. (Er kann sich dann aber auf die allgemeine Handlungsfreiheit berufen.)

Das (weltliche) Gericht ist also berufen zu ermitteln, was der Grundrechtsträger für seine religiöse Pflicht hält. Ob die Annahme des Grundrechtsträgers dann plausibel ist oder nicht, ob sie „richtig“ oder „falsch“ ist, spielt für die gerichtliche Entscheidung keine Rolle. Darum verletzt das Gericht auch keineswegs seine Pflicht zur religiösen Neutralität, wenn es sein Urteil spricht, denn die eigene (religiöse) Meinung des Gerichts spielt überhaupt keine Rolle.

Wenn die Frage, ob religionsunmündige Kinder Grundrechtsträger
des Rechts auf Religionsfreiheit sind, mit ‚nein‘ zu
beantworten wäre, dann und nur dann wäre Rechtsgrundlage für
Beschneidung oder Taufe die Religionsfreiheit der Eltern.

Nein. Die beiden Grundrechte bestehen unabhängig voneinander.

Dann
würden in der Tat, wie Du schreibst, „verschiedene Grundrechte
verschiedener Grundrechtsträger miteinander kollidieren“ -
nämlich das Recht auf Religionsfreiheit der Eltern einerseits
und das des Kindes auf körperliche Unversehrtheit (dass es
zumindest in Bezug auf dieses Recht Grundrechtsträger ist, ist
ja zweifelsfrei) andererseits.

Dem ist auch so. Wir haben es hier jeweils mit der Religionsfreiheit und dann eben auf der einen Seite mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit und auf der anderen Seite mit dem verfassungsrechtlichen Erziehungsrecht zu tun.

Der wesentliche Unterschied ist allerdings, dass im ersten
Fall mE nicht schlüssig geltend gemacht werden kann, das
Urteil greife in die Religionsfreiheit der Eltern ein.

Doch, doch, wenn diese es als ihre religiöse Pflicht betrachten, ihr Kind beschneiden zu lassen.

Es
griffe vielmehr in das Recht der Eltern ein, das Recht auf
Religionsfreiheit der Kinder stellvertretend wahrzunehmen.

Nein, eine stellvertretende Wahrnehmung des Rechtes gibt es so, wie du das meinst, nicht.

Ein
meines Erachtens gar nicht so unwesentlicher Unterschied -
zumal in der Öffentlichkeit von sich berufen fühlenden
Funktionsträgern aus Politik und Religion penetrant und
undifferenziert von einer Einschränkung der Religionsfreiheit
schwadroniert wird.

Genau damit haben wir es ja auch zu tun. Allerdings ist „Einschränkung“ nicht dasselbe wie „Verletzung“, so dass die Aussage so relativ belanglos ist.

Moin,

Für andere Menschen ist dafür die Gemeinschaft wichtig, die
auch (aber keineswegs nur!) im Einhalten gemeinsamer Regeln
besteht. Da ist es schwer, eine Regel zu brechen, zumal eine,
die möglicher Weise als zentral betrachtet wird. Denn das
würde unter Umständen auch bedeuten, mit der Gemeinschaft und
mit all dem zu brechen was über diese eine Regel hinaus noch
dazugehört. Und wenn diese Regel eine ist, die man als
gottgegeben betrachtet, könnte es auch bedeuten, mit Gott zu
brechen.

Das ist mir schon klar. Auch dass sowas viel Mut und Einstehen für die eigene Überzeugung (gegen Tradition, Familie und vermeintliche „Gottesgebote“) erfordert und sicher nicht jeder diesen Mut aufbringt. Andererseits hat es immer wieder Menschen gegeben, die diesen Mut aufgebracht haben. Auch Juden leben nicht mehr wie zu Zeiten von Mose und Abraham. Selbst in Israel gibt es meines Wissens keine legalen Steinigungen mehr.

Aber andereseits kann gerade eine Rechtsprechung wie die aktuelle solchen Menschen den Rücken stärken. Die Frage ist, welche Signale wollen wir in unserer Gesellschaft aussenden? Die, dass Kinder den Eltern „gehören“ und ihnen mit Leib und Seele ausgeliefert sind, egal was diese mit ihnen anstellen, oder die, dass Kinder auch Menschen sind, die nur (noch) nicht imstande sind, ihre Rechte wahrzunehmen und daher jemand anders (der Staat, die Justiz) das für sie machen muss, gelegentlich auch mal gegen die eigenen Eltern.

Es besteht freilich keine Notwendigkeit, so zu denken, wie
die, die diesen letztgenannten Ansatz bevorzugen. Doch wird
man sie nie verstehen, wenn man versucht, ihnen jenen eigenen,
erstgenannten nach der Devise „wenn’s bei mir geht, müßte es
doch bei allen gehen“ überzustülpen, Denn wenn unsere
Gesellschaft für viele Lebensformen offen ist, dann gilt das
wohl auch für die, die sich an die traditionellen halten.

Das ist ein Irrtum. Ich kann viel verstehen, auch dass Menschen aus einer bestimmten Gemütslage heraus stehlen, töten oder an ihren Kindern körperliche Modifikationen vornehmen. Das heißt aber nicht, dass ich sowas auch toleriere. Wobei meiner Meinung nach jeder mit sich selbst gerne anstellen darf, was er (oder seine Religion) für richtig befindet.

Gruß
M.