Urteil zur Beschneidung von Säuglingen II

Dann habe ich möglicher Weise die falschen Stelle herausgepickt und das in der Eile übersehen. Ich hatte allerdings auch auch Zeilen wie diesen

Die Religionsfreiheit des Kindes hätte das nun auch so gefundene Ergebnis lediglich untermauern können

Wir haben es hier jeweils mit der Religionsfreiheit … zu tun.

dahingehend verstanden, daß auf der Seite des Kindes nicht nur das Recht auf körperliche Unversehrtheit sondern auch die Religionsfreiheit betroffen sei (und ich gehe davon aus, daß „Religionsfreiheit“ das Grundrecht auf „Recht auf Religiöse Selbstbestimmung“ meint - oder liege ich da falsch?).

Martinus

Hallo,

Das man für Neugeborene keine
Vollnarkose anwendet ist wie Du selbst sagst nur dem Umstand
zu verdanken, dass diese zu Risikoreich wäre für Babies unter
einem Jahr.

Zitat Paul Spiegel (2000-2006 Präsident des Zentralrats der
Juden in Deutschland)

„Das Baby wird nicht betäubt, es erhält nicht einmal eine
örtliche Narkose, denn den Bund mit Gott muss man sozusagen
bei vollem Bewusstsein vollziehen. Natürlich schreit das Baby,
natürlich tut ihm der Eingriff weh.“

Was ist koscher? Jüdischer Glaube -jüdisches Leben
Ullstein Verlag, München 2003, ISBN 3548367135 Buch anschauen

Danke für den Hinweis, aber dass religiöse Beschneidungen auch ohne Narkose durchgeführt werden, hatte ich nicht in Zweifel gezogen. Von daher ist er hier nicht weiterführend.
Ich habe die Begründung dafür angegriffen, dies sei so, weil bei so kleinen Kindern eine Narkose nicht möglich sei.

Gruß
Werner

Um so mehr sehe ich hier einen Mangel in der
Urteilsbegründung, weil das Abwägungsmaterial unvollständig
ist. Auch, wenn die Entscheidung bei Vollständigkeit nicht
anders ausfallen konnte.

Solange du akzeptierst, dass das rein juristisch gesehen nicht stimmt, habe ich nichts dagegen einzuwenden. Juristisch gesehen ist es absolut in Ordnung und auch weitgehend üblich, die Begründung auf das Wesentliche zu verkürzen. Dann werden bestimmte Aspekte entweder gar nicht angesprochen, oder sie werden benannt und ausdrücklich offen gelassen. Das kann natürlich auch bei Abwägungen so sein, wenn ein Aspekt auf das Ergebnis keinen Einfluss nimmt.

Wenn es um die Religionsfreiheit als subjektives Recht des
jeweiligen Grundeigentümers geht, ist die Annahme erst recht
falsch. Denn zwischen dem Recht des einen und dem des anderen
besteht keine Identität; die Person des Grundrechtsträgers
gehört vielmehr zu den konstituierenden Merkmalen des
subjektiven Rechts. Das eine Recht ist das des einen das
andere das des anderen, mögen auch beide Ausfluss des
„Instituts“ der Religionsfreiheit sein.

Sorry - aber das würde so doch einer willkürlichen
Rechtsprechung Tür und Tor öffnen.

Was hat denn die Nicht-Identität zweier subjektiver Rechte mit Willkür zu tun?

Es gilt ja auch noch das
Willkürverbot Art. 3 Abs. 1 GG, gestützt durch die
Rechtsprechung des BVerfG, wonach wesentlich Gleiches nicht
ungleich bzw. wesentlich Ungleiches nicht gleich behandelt
werden darf. „Identität“ ist hier gar nicht das Thema (war von
mir falsch formuliert), sondern die Wesensgleichheit des
Rechts.

Jawohl, aber auf diese Wesensgleichheit bin ich ja auch eingegangen. Ich habe doch zwei Deutungsvarianten beschrieben.

das Recht auf freie Religionsausübung
eines Trägers dieses Grundrechtes findet seine Schranke in dem
Recht auf negative Religionsfreiheit anderer
Grundrechtsträger.

Das stimmt aber ja gerade nicht.

Die Religionsfreiheit ist ja nicht nur durch Art. 4 Abs, 1, 2
garantiert, sondern auch durch Art. 136 - 141 WRV. Ich hebe
hier speziell auf Art. 136 Abs. 4 ab - „Niemand darf zu einer
kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an
religiösen Übungen […] gezwungen werden“.

Das stimmt natürlich, aber das ist nicht das, von dem ich schrieb, es stimme nicht.

Voraussetzung ist also, dass die Rechte auf Religionsfreiheit
verschiedener Grundrechtsträger als wesentlich gleich nach dem
Gleichheitsgrundsatz für sich (d.h. ohne Berücksichtigung
anderer möglicherweise ebenfalls betroffener Grundrechte) bei
einer Abwägung gleich zu werten sind.

Mit Art. 3 GG hast du nun angefangen. Den sehe ich nicht berührt.

Meine These, dass Eltern - aus dem Erziehungsrecht abgeleitet

  • bei der Beschneidung das Recht auf positive
    Religionsfreiheit ihres Kindes stellvertretend wahrnehmen,
    verneinst Du. Somit greifen sie bei der Ausübung ihrer
    Religion hier in die Religionsfreiheit des Kindes ein.

Jein. In der Grundrechtssystematik ist das so nicht möglich, weil die Grundrechte an den Staat adressiert sind (Art. 1 Abs. 3 GG).

Auf
welcher Rechtsgrundlage? Ein Eingriff in ein Grundrecht muss
ja eine Rechtsgrundlage haben.

Aber das haben wir doch schon geklärt: Die Grundrechte kollidieren hier. Die Rechtsgrundlage für den Eingriff kann bei der Religionsfreiheit ja sowieso nur ein Rechtsgut von Verfassungsrang sein.

Wenn diese Rechtsgrundlage hier
die Religionsfreiheit der Eltern ist, dann handelt es sich mE
um etwas wesentlich Gleiches wie das Recht auf
Religionsfreiheit des Kindes, das auch gleich behandelt - d.h.
bei der Abwägung gewichtet - werden muss.

Mit wesentlich gleich und ungleich sind aber die Sachverhalte gemeint, nicht die rechtlichen Bewertungen. Du vertauscht hier Tatbestand und Rechtsfolge. Mit Art. 3 GG entfernen wir uns von dem, worum es wirklich geht.

Wer schützt ggf. das Grundrecht des Kindes auf negative
Religionsfreiheit?

Tja, das ist halt immer das Problem, wenn der Grundrechtsträger nicht grundrechtsmündig ist. Es sollen ja gerade die Eltern sein, die schützen, ansonsten kann es nur der Staat, aber der muss davon erfahren, was hier ja nun auch geschehen ist.

Mir scheint, das Kölner Landgericht wollte
dieses heiße Eisen ganz bewusst gar nicht anfassen. Was nicht
verhindert hat, dass die Kirchen hier hellhörig geworden sind
und gegen das Urteil Sturm laufen. Denn wenn ein solcher
Eingriff in die Religionsfreiheit eines religionsunmündigen
Kindes unzulässig wäre auch ohne dass darüber hinaus in die
körperliche Unversehrtheit des Kindes eingegriffen wird, dann
wäre natürlich als nächstes die kindliche „Zwangstaufe“ auf
der Agenda.

Könnte man. Und leider kann man im Verfassungsrecht oft vieles begründen. Es würde aber darauf hinauslaufen, dass man die Taufe durchgehen lässt.

Nein. Die Eltern können das Kind höchstens unterstützen, etwa
indem sie eine Verfassungsbeschwerde erheben, weil das Kind
selbst nicht grundrechtsmündig ist. Das bedeutet aber nicht,
dass die Eltern die Religionsfreiheit des Kindes selbst

wahrnehmen.

Eben nicht selbst (das ist doch der springende Punkt, auf den
ich wiederholt hingewiesen habe) sondern als rechtliche
Vertreter mit entsprechenden Pflichten, Auflagen und
Beschränkungen.

Für mich gibt es zwischen deiner Formulierung und meiner keinen juristisch bedeutsamen Unterschied. „Selbst“ ist gerade nicht das Gegenteil von „als Vertreter“ (wie man übrigens an § 164 BGB sehr schön sehen kann).

Wie sollte das auch aussehen? Religionsfreiheit ist das Recht,
nach dem zu handeln, was als religiöse Pflicht für die
jeweilige Person angenommen wird. Wenn z.B. ein Moslem meint,
er müsse am Tag soundso oft beten, dann nimmt er damit sein
Grundrecht auf Religionsfreiheit wahr. Es ist aber nicht
einmal theoretisch möglich, dass ein anderer es für ihn
wahrnimmt und ausübt. Man kann nicht stellvertretend für
jemanden beten.

Wenn bei einer staatlichen Untersagung von Taufe oder
Beschneidung

die Religionsfreiheit des
Kindes verletzt

ist, dann gründet doch logischerweise auch die Ausführung von
Taufe oder Beschneidung auf der Religionsfreiheit des Kindes.
Und wer gibt die erforderliche Willenserklärung dazu ab?
Dieselben, die gegen eine Verletzung der Religionsfreiheit des
Kindes vorgehen können - die Eltern. Auf welcher
Rechtsgrundlage? Auf Grundlage ihres Erziehungsrechtes, nicht
ihrer Religionsfreiheit.

Jo.

Das Grundgesetz wird hier nicht ausgelegt, sondern Art. 6 Abs.
2 Satz 1 GG wird rechtlich ausgestaltet durch nachgeordnete
Gesetzesnormen wie hier § 1627 BGB.

Was du Ausgestaltung nennst, ist nichts anderes als eine (verbindliche) Auslegung. Darum halte ich an meiner Auffassung fest, dass das nicht stimmt.

Nun - für die Bewertung der Zulässigkeit eines Eingriffs in
das Elternrecht kommt es jedenfalls darauf an, wo das
Elternrecht seine Schranken findet. Und da griff auch das
Landgericht Köln in seiner Urteilsbegründung auf § 1627 BGB
zurück. Man könnte vielleicht sagen hilfsweise - ist doch die
dort formulierte Beschränkung durch das Kindeswohl selbst
durchaus auf verfassungsrechtliche Normen zurückführbar.

So, wie das Landgericht es schreibt, ist Das Urteil nicht vertretbar. Man kann nicht verfassungsrechtlich argumentieren, die relevante Wertung folge aus dem BGB. Das geht nur über die Feststellung, dass diese Wert auch hier gilt, aber eben nicht, weil der einfache (!) Gesetzgeber es so bestimmt hat.

Wenn die Frage, ob religionsunmündige Kinder Grundrechtsträger
des Rechts auf Religionsfreiheit sind, mit ‚nein‘ zu
beantworten wäre, dann und nur dann wäre Rechtsgrundlage für
Beschneidung oder Taufe die Religionsfreiheit der Eltern.

Nein. Die beiden Grundrechte bestehen unabhängig voneinander.

Bitte nochmal lesen: Wenn religionsunmündige Kinder hier nicht
Grundrechtsträger sind, dann bestehen hier auch gar nicht

Die beiden Grundrechte

sondern nur das der Eltern auf Religionsfreiheit. Dass eben
dies nicht der Fall ist, ist ja nun klargestellt.

Ich bleibe bei meiner Aussage. Du sagst, die Religionsfreiheit der Eltern sei nur dann Rechtsgrundlage für die Beschneidung oder Taufe, wenn das Kind keine eigene grundrechtlich verbriefte Religionsfreiheit hätte. Das stimmt nicht, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Religionsfreiheit der Eltern ist hiervon unabhängig betroffen, und genau das habe ich auch geschrieben.

Doch, doch, wenn diese es als ihre religiöse Pflicht
betrachten, ihr Kind beschneiden zu lassen.

Ich fürchte, Du konntest mich nicht überzeugen, dass der
Gehalt der grundgesetzlichen Religionsfreiheit sich darauf
erstreckt.

Damit werde ich wohl leben müssen. (Trotzdem ganz witzig, denn das schrieb mir neulich mal ein Jurist, der dann mit heutigem Fax doch aufgegeben hat und seinen Kampf einstellt…)

Allerdings möchte ich auch nicht, dass das hier so stehen bleibt, denn worauf sich ein „Gehalt“ „erstreckt“, ist keine verfassungsrechtliche Fragestellung und kann so oder so in juristische Sprache übersetzt werden. Meine Aussage lautet, dass der Schutzbereich der Religionsfreiheit eröffnet ist.

Das Institut ist in sich schon durch Art. 136 Abs.
4 WRV grundgesetzlich begrenzt.

Diese Möglichkeit habe ich bislang in der Tat außer Acht gelassen. Die mir vorliegende Literatur geht mit der WRV sehr schwammig um und gliedert sie nicht exakt in die grundrechtliche Systematik ein. Es kann also sein, dass sich deswegen - aber nur deswegen - ergibt, dass der Schutzbereich der Religionsfreiheit schon gar nicht eröffnet ist. Das ist allerdings nichts, was ich spontan zwingend finde, und es hat auch nicht die weitreichenden Konsequenzen, von denen ich denke, dass du sie daran siehst.

Wenn das Recht auf Religionsfreiheit sich auch darauf
erstreckt, an Dritten ohne deren Einwilligung chirurgische
Eingriffe vornehmen zu lassen, dann allenfalls, wenn Art. 136
Abs. 4 WRV dahingehend verstanden wird, dass - wenn dies
Eltern ihren Kindern antun - der Tatbestand, dass da jemand
„zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur
Teilnahme an religiösen Übungen […] gezwungen“ wird, nicht
erfüllt ist.

Ich verstehe ja durchaus, dass du dich von mir nicht überzeugen lassen willst, aber dann frag doch einen anderen Juristen…!? Ansonsten immer ein guter Tipp, weil wirklich tolle Juristen mitwirken: http://forum.jurawelt.com

Wobei ich noch einmal betonen muss, dass das nicht das ist, was ich geschrieben oder gemeint habe. Dass sich ein Grundrecht auf etwas „erstreckt“, ist nicht meine Wortwahl, und ich würde das am ehesten wie eine konkrete oder zumindest abstrakte Erlaubnis interpretieren. Nicht das eine noch das andere habe ich gesagt oder gemeint.

1 Like

Gab’s da auch neue Erkenntnisse?
Also von den dank Tychiades nett pointierten Persönlichkeitsprofilen der Anwesenden mal abgesehen? Mir fehlt leider die Zeit, mir die ganze Sendung anzusehen - und die Kommentare hier ermutigen auch nicht gerade dazu.

Martinus

Hallo Ralf,

ich stimme Dir zu, daß die Diskussion bei Phönix relativ unerfreulich war. Was nun Herrn Seligmann zur Diskussionsteilnahme qualifiziert außer dem Fakt, daß er Jude ist, entzieht sich mir total.

Zitat Paul Spiegel (2000-2006 Präsident des Zentralrats der
Juden in Deutschland)

„Das Baby wird nicht betäubt, es erhält nicht einmal eine
örtliche Narkose, denn den Bund mit Gott muss man sozusagen
bei vollem Bewusstsein vollziehen. Natürlich schreit das Baby,
natürlich tut ihm der Eingriff weh.“

Was ist koscher? Jüdischer Glaube -jüdisches Leben
Ullstein Verlag, München 2003, ISBN 3548367135 Buch anschauen

Dieses Buch von Paul Spiegel fand ich insgesamt unerfreulich. Ich habe mich gefragt, ob er überhaupt zur Kenntnis genommen hat, was sein Ghostwriter da in seinem Namen geschrieben hat. Ich habe mich alleine beim Lesen streckenweise vor Peinlichkeit gewunden.

Bei wem Herr Seligmann seinen Sohn beschneiden lassen hat, weiß ich nicht. Da werden oft Leute aus dem Ausland eingeflogen, aber auch die haben oft eine Doppelqualifikation (Mohel und Arzt).

Die Beschneidungen, die ich in meinem Umfeld mitbekommen habe, haben alle unter Narkose - meist lokal - stattgefunden.

Eine Freundin von mir hat als Ärztin in Jerusalem im Hadassa-Krankenhaus auf der Kinderchirurgie gearbeitet. Alle Beschneidungen dort finden unter Narkose statt, ob Voll- oder Lokal- hängt von der jeweiligen Indikation ab. Sie erinnert sich, daß sie im Vierteljahr etwa 2mal mit Komplikationen, die mit Beschneidungen in Verbindung standen, zu tun hatte - bei muslimischen Kindern wesentlich häufiger als bei jüdischen.

Die Studien, die sie dazu kennt lassen sich in zwei Gruppen teilen. Die eine geht davon aus, daß die Rate der Komplikationen zwischen 0,2 und 2 Prozent liegt - die andere daß es zwischen 2 und 10 Prozent sind.

Ich weiß auch von den Beschneidungen von Eltern aus meinem Bekanntenkreis, die in Berlin im jüdischen Krankenhaus durchgeführt wurden: Alles unter Narkose.

Viele Grüße

Iris

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PS
Ich wollte übrigens nicht sagen , dass du mich mit deinen Fragen in Ruhe lassen sollst oder so, sondern nur, dass du, wenn du dich auf mich nicht verlassen möchtest, gern andere Meinungen einholen kannst. Das war wirklich nicht böse gemeint, sondern als Tipp, deshalb ja auch der Link.

Hallo Iris,
vielen Dank für die Ergänzung und Richtigstellung. Für die, die die Sendung nicht gesehen haben: es war gerade Prof. Putzke, der darauf verwies, er habe Kenntnis von judischen Beschneidungen unter Betäubung - deren Existenz Seligmann vehement bestritt und was er zum Anlass nahm, ein weiteres Mal die Sachkompetenz Prof. Putzkes ironisch in Zweifel zu ziehen.

Aufgrund seines kategorischen Abstreitens und aufgrund des in der Sendung erwähnten Spiegel-Zitates, dass ich dann recherchiert hatte, war ich davon ausgegangen, dass Prof. Putzkes Einlassung tatsächlich nur auf Einzelfällen beruhte. Nochmals Danke für die Klarstellung.

Seligmann war wirklich zum Fremdschämen. Auch wenn Prof. Putzke der einzige Beschneidungsgegner in der Runde war und damit die Contra-Position entsprechend selten zu Wort kam - ich hätte mir und den Juden Deutschlands sehr einen kompetenteren jüdischen Vertreter gewünscht.

Freundliche Grüße,
Ralf

Sondergesetz
Hallo

Sondergesetze für bestimmte religiös oder ethnisch definierte Gruppen der Bevölkerung lässt unser Grundgesetz aber nicht zu.

Aber beim Schächten gibt es das doch? Vielleicht nicht gerade Sonder_gesetz_, aber zumindestens eine Sonderregelung?

Viele Grüße

Ich wollte übrigens nicht sagen , dass du mich mit deinen
Fragen in Ruhe lassen sollst oder so, sondern nur, dass du,
wenn du dich auf mich nicht verlassen möchtest, gern andere
Meinungen einholen kannst. Das war wirklich nicht böse
gemeint, sondern als Tipp, deshalb ja auch der Link.

Das habe ich auch nicht so verstanden. Nochmals vielen Dank für Deine Zeit und Deine Mühe. Im Wesentlichen habe ich hier keine offenen Fragen mehr.

Ich denke, wenn ich Bedarf an weiterer juristischer Vertiefung habe, werde ich mich zunächst einmal eingehend mit Holm Putzkes Veröffentlichungen beschäftigen
https://www.aerzteblatt.de/archiv/61273
http://www.holmputzke.de/images/stories/pdf/2008_msc…
http://www.holmputzke.de/images/stories/pdf/2008_med…

  • der Mann hat gestern ziemlich Eindruck auf mich gemacht. Bei Verständnisproblemen werde ich gerne auf Deine kompetente Hilfe zurückgreifen.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Ralf,

ich fand Professor Putzke und den islamischen Gesprächspartner von ihrer Gesprächskultur und wie sie sich auf andere Beiträge bezogen haben am sympathischsten.

ich hätte mir und den Juden Deutschlands sehr einen
kompetenteren jüdischen Vertreter gewünscht.

Ja, ich auch - und die gibt es durchaus. Aber das Problem bei „öffentlichen Juden“ ist, daß sie von der nicht-jüdischen Öffentlichkeit für kompetent in allem, was mehr oder weniger weitläufig mit jüdisch zu tun hat, gehalten werden, egal ob es Israel, jüdische Geschichte, jüdische Philosophie, Religion, Literaturen oder was auch immer ist.

Und die jüdischen Promis der A-Klasse haben großenteil Schwierigkeiten sich dem zu entziehen und zu sagen, daß sie vom Thema XY eben keine Ahnung haben. Ich nenne das bei mir das „jüdische Diva Syndrom“.

Und da Seligmann seit einiger Zeit Herausgeber der „Jewish Voice of Germany“ ist, der es um die Außenwahrnehmung jüdischen Lebens in Deutschland geht, deshalb hat er jede Menge Kontakte zu Medienleuten.

Und so wie viele Leute meinen, sie seien Experten für Schulfragen, weil sie selber mal in die Schule gegangen sind, so scheinen manche zu denken, sie seien Experten in Fragen in Sachen Beschneidung, weil sie selber beschnitten worden sind :wink:

Aber einen positiven Nebeneffekt hat die Debatte innerjüdisch:
Es werden verstärkt Beschneidungswitze erzählt.

Viele Grüße

Iris

positive Nebeneffekte
Hallo Iris,

Aber einen positiven Nebeneffekt hat die Debatte innerjüdisch:
Es werden verstärkt Beschneidungswitze erzählt.

Das glaub ich. Ich glaube auch, das würde den Hamsterraddiskussionen hier sicher mal wieder Boden unter die Füße bringen. In der internationalen Blogger und Twitter Szene wiederholt sich ebenso alles bis zum Erbrechen. Aber hübsche Zynismen finden sich hier und da. Z.B.

„Stellt euch vor, Beschneidung wäre ein rein islamisches Thema.“

Besonders in der amerikanischen Szene traut man sich - im Gegensatz zu Schland - dem Thema die historische Vogelperspektive zu verpassen:

„Vielleicht könnten jene, die der kriminellen Beschneidung überführt wurden, gezwungen werden, einen gelben Stern zu tragen?“
Oder
„Es ist nun wieder ein Verbrechen, im Reich ein Jude zu sein.“

Schöne Grüße
Metapher

Holm Putzke

Ich denke, wenn ich Bedarf an weiterer juristischer Vertiefung
habe, werde ich mich zunächst einmal eingehend mit Holm
Putzkes Veröffentlichungen beschäftigen

Hier hast du seine ganze Timeline:
http://www.holmputzke.de/index.php?option=com_conten…

Mich würde unter anderm auch die Motivation interessieren, sich gerade in dieses Thema mit einem solchen Impetus zu werfen, wie Putzke das tut.

Gruß
Metapher

Oder liege ich da daneben?

ja, …

Nachdem Sie danach genau das bestätigen, was ich oben schrieb, nämlich daß es NICHTS mit der Religionsfreiheit des Kindes zu tun hat, lag ich wohl doch nicht so falsch.

Martinus

Moin,

Besonders in der amerikanischen Szene traut man sich - im
Gegensatz zu Schland - dem Thema die historische
Vogelperspektive zu verpassen:

„Vielleicht könnten jene, die der kriminellen Beschneidung
überführt wurden, gezwungen werden, einen gelben Stern zu
tragen?“
Oder
„Es ist nun wieder ein Verbrechen, im Reich ein Jude zu sein.“

Man ist vielleicht auch nur ungeniert dämlicher. Mir sind letztendlich sollte unhaltbaren Idiotien lieber als wenn durch die Medien geistern würde:

„Jüdische Jungen genießen im Reich mal wieder nicht die gleichen Rechte wie andere Kinder“.

Gruß
M.

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Hallo

Aber beim Schächten gibt es das doch? Vielleicht nicht gerade
Sonder_gesetz_, aber zumindestens eine Sonderregelung?

nein, es gibt eine Ausnahmeregelung. Sie kann (bei Erfüllung entsprechender, ziemlich hoher Auflagen) im Einzelfall auf Antrag erteilt werden.

§ 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG spricht nicht von Juden oder Muslimen, sondern von „Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften […], denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen“. Das ist aber nur die wichtigste Voraussetzung für die Ausnahmegenehmigung.

Zur Rechtslage s. Urteil des BVerwG 3 C 30.05 vom 23.11.2006

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Iris,

ich fand Professor Putzke und den islamischen Gesprächspartner
von ihrer Gesprächskultur und wie sie sich auf andere Beiträge
bezogen haben am sympathischsten.

da bin ich völlig Deiner Meinung.

Aber das Problem bei
„öffentlichen Juden“ ist, daß sie von der nicht-jüdischen
Öffentlichkeit für kompetent in allem, was mehr oder weniger
weitläufig mit jüdisch zu tun hat, gehalten werden, egal ob es
Israel, jüdische Geschichte, jüdische Philosophie, Religion,
Literaturen oder was auch immer ist.

Es gibt Schlimmeres. Z.B. wenn im öffentlichen Diskurs mit Vertretern des Buddhismus in Deutschland ein prominenter vietnamesischer ‚Abt‘ aus Frankfurt, der wegen sexueller Übergriffe aus der Deutschen Buddhistischen Ordensgemeinschaft ausgeschlossen wurde, den Buddhisten gibt. Oder noch besser gleich ein evangelischer Theologe wie der unvermeidliche Prof. von Brück.

Und da Seligmann seit einiger Zeit Herausgeber der „Jewish
Voice of Germany“ ist, der es um die Außenwahrnehmung
jüdischen Lebens in Deutschland geht, deshalb hat er jede
Menge Kontakte zu Medienleuten.

Um daran anzuknüpfen und noch ein wenig mehr offtopic zu werden - ich bin äußerst gespannt, wie das Thema in ‚Der Semit‘ aufgegriffen werden wird. Eine Zeitschrift, die zwar unzweifelhaft eine Minderheitenposition vertritt, aber doch für Außenstehende das Bild, dass man sich so von Juden in Deutschland macht, etwas bunter und weniger holzschnittartig macht. Bezeichnend gerade in dieser Hinsicht, dass Melzers Zeitschrift von den Mainstream-Medien nahezu krampfhaft ignoriert wird - man möchte sich ja nicht seine bewährten Klischees verderben.

Aber einen positiven Nebeneffekt hat die Debatte innerjüdisch:
Es werden verstärkt Beschneidungswitze erzählt.

Why are Jews circumcised? Because a Jewish woman wouldn’t touch anything that doesn’t have at least 10% off …

Freundliche Grüße,
Ralf

1 Like

Hallo Martinus,

Oder liege ich da daneben?

ja, …

Nachdem Sie danach genau das bestätigen, was ich oben schrieb,

Ich schrieb genau - (Du mußt schon vollständig zitieren sonst
wird Deine Gegenhaltung zur Lüge)
ja, wie alle welch hier die religiöse Komponente der Sicht des Urteils forcieren.

nämlich daß es NICHTS mit der Religionsfreiheit des Kindes zu
tun hat, lag ich wohl doch nicht so falsch.

liegst Du daneben in dem Sinne, daß es hier weder um die
Religionsfreiheit des Kindes (wo könnte die sich auch darstellen)
noch um die der „Sorgeberechtigten“ (die machen sich wohl
mehr Sorge um sich selbst)geht.
Körperverletzung(besonders irreversible) darf rechtlich nie ,
jawohl nie, in Abwägung zu Religionsfreiheit gebracht werden wenn
Fremdeinwirkung vorliegt.
Da gibt es keine graduellen Grenzen, bei denen dies erlaubt wäre.
Wehret den Anfängen…!!

Gruß VIKTOR

1 Like

Hier hast du seine ganze Timeline:
http://www.holmputzke.de/index.php?option=com_conten…

Danke - ich hatte mich da vor allem an den Zeitschriftenaufsätzen orientiert, die auch für ein Nichtfachpublikum (speziell Mediziner) geschrieben sind.

Mich würde unter anderm auch die Motivation interessieren,
sich gerade in dieses Thema mit einem solchen Impetus zu
werfen, wie Putzke das tut.

Nun - ich kann natürlich nicht für ihn sprechen, aber zumindest ich finde die Frage, wie weit Eingriffe aufgrund des Rechts auf Religionsfreiheit in die Grundrechte Anderer zulässig sind, ein äußerst spannendes Thema von grundsätzlicher Bedeutung - gerade in einer Gesellschaft mit rapide abnehmender religiöser Konformität.

Das ist ja auch der Wind, der den großen christlichen Kirchen ins Gesicht bläst und für mich die naheliegendste Erklärung für ihr auf den ersten Blick etwas überraschendes Engagement in dieser Angelegenheit. Die Annahme, sie würden sich hier als Nichtbetroffene für die Belange von Juden und Muslimen engagieren, ist ja doch sehr blauäugig.

Ansonsten - eine monomane Fixierung ist das bei Putzke ja nicht, wenn man sich seine Veröffentlichungsliste - und da nicht nur die Zeitschriftenaufsätze - anschaut.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo,

Ich denke, wenn ich Bedarf an weiterer juristischer Vertiefung
habe, werde ich mich zunächst einmal eingehend mit Holm
Putzkes Veröffentlichungen beschäftigen

Du hast dies aber bisher auch ganz gut hin bekommen ohne
„vertiefte“ (unverständliche ?) Juristerei.

  • der Mann hat gestern ziemlich Eindruck auf mich gemacht.

Mag sein, aber dies sollte nie ein Kriterium dafür sein ,Erkenntnise
zu modifizieren.Man kann durch lange Abhandlungen über zig Seiten
ein Problem auch zerreden, so daß es nicht mehr erkennbar wird.
Gruß VIKTOR

Nachdem ich nur auf das „Weder“ abhob, und wir da einer Meinung sind, paßt ja alles.

Martinus