Verquaster Schreibstil

Ich habe immer an den Zuwachs des Wissens zum Großen und
Ganzen geglaubt.

Das ist im Kern das altehrwürdige epistemologische „Modell der Wissensrepräsentation“ der Aufklärung: Organisiertheit, Fortschritt, Ganzheit
Klar, dass dieses Modell begriffliche Doppeldeutigkeiten und „falsche Entlehnungen“ nur als Mängel sieht - und nicht auch als den Wissenserwerb begünstigende Faktoren.

Aber es ist heute nicht mehr das einzige Modell, und zumindest im Bereich der Sozial- und Kulturwissenschaften inzwischen wohl auch nur noch ein ziemlich randständiges.

Gruß
FBH

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Korrigierte Links

Beide Fehler 404.

Sorry, mein Fehler, hier sind die vollständigen Links:

http://www.beck-shop.de/fachbuch/leseprobe/978342335…

http://web514.linus.servertools24.de/wordpress/wp-co…

Hier ist eine Einführung in die Grundgedanken von Mead:

http://www.ploecher.de/2009/12-PA-L1-09/Marvin%2BAnn…

PS. Hier ist ein eigener Text über Piaget (Ausschnitt aus einem viel längeren Script):

_Zur Darstellung der sensomotorischen Stufe greift Wilber vorwiegend auf Piaget zurück, von dem dieser Begriff auch herrührt. Diese Stufe umfasst die ersten zwei Lebensjahre. Noch in „Eros, Kosmos, Logos“ geht er mit Piaget und anderen davon aus, dass das Neugeborene mit einem vollständig ungespaltenen Bewusstsein ausgestattet ist, in welchem sich allmählich erste Differenzen zwischen Selbst- und Fremdbereichen herausbilden. Zwischen dem fünften und neunten Lebensmonat tritt ein Entwicklungsschub ein: das Kind beginnt seinen Körper von Fremdgegenständen zu unterscheiden.

Nach etwa anderthalb Jahren hat das Kind ein Körper-Ich entwickelt, aber noch kein annähernd ausgereiftes Ich-Gefühl. Es kann nämlich oberhalb der Ebene seiner Selbst- und Fremdkörperwahrnehmung, also auf der Ebene der geistigen Interpretation der Objektwelt immer noch nicht hinreichend Selbst und Anderes auseinanderhalten: „… die geistigen Bilder und Symbole (sind) zunächst mit der Außenwelt verschmolzen und werden ihr gleichgesetzt …“ Piaget nennt diese Art der Objektbeziehung ‘egozentrisch’: die Dinge der Außenwelt stehen hier in magischer Beziehung zum Ich, richten sich nach diesem, indem sie den Wünschen des Ich Folge leisten. „… die Dinge folgen uns“, schreibt Piaget, „und wir brauchen uns nur zu bewegen, schon gehen sie mit; die Dinge - der Wind, die Wolken, die Nacht etc. - bemerken uns und gehorchen uns; der Mond, die Straßenlaternen etc. schicken uns Träume, ‘um uns zu ärgern’ oder aus dergleichen Gründen.“

Mit diesen Voraussetzungen tritt das etwa zweijährige Kind in die von Piaget wiederum so benannte präoperationale Phase ein. Nun kann aufgrund der Fortentwicklung der sprachlichen Kompetenz allmählich auch die kognitive Kompetenz fortschreiten. Ab dem fünften Lebensjahr geschieht ein Wandel vor allem im magischen Verhältnis zwischen dem kindlichen Subjekt und seiner Objektwelt: ausgehend von der Einsicht, dass die Dinge doch nicht dem eigenen Ich untertan sind, verlagert das Kind die magische Dominanz in eine andere Person. Es beginnt jetzt Mythen zu bilden, was zeigt, dass es im wesentlichen in die intersubjektive Struktur hineingewachsen ist: es versucht, die objektive Welt unter den magischen Schirm einer dominanten (realen oder fiktiven) Gestalt zu stellen, deren Ego nicht mit dem eigenen zusammenfällt. So erfährt die ursprüngliche Egozentrik eine erhebliche Differenzierung: das Kind, in der nachödipalen Entwicklung zu einem Element der sozialen Sphäre geworden, kann nun auch in ein anderes - reales oder fiktives - Ego die Quelle magischer Kraft hineinprojizieren. Gerade diese Operation macht die eigentliche Grundstruktur des mythischen Denkens aus; sie tritt zu der ursprünglichen magischen Egozentrik hinzu und gibt dieser einen übergreifenden Kontext. ‘Egozentrisch’ ist auch die mythische Struktur noch insofern, als es ja stets Personen, Individuen, Egos sind, welche den Dreh- und Angelpunkt des mythischen Weltgeschehens bilden.

Auf solcher Grundlage beginnt nun in Wilbers bzw. Piagets Entwicklungstheorie die konkret-operationale Stufe, die im Regelfall spätestens mit dem dreizehnten Lebensjahr abgeschlossen sein wird. Auf ihr macht das Kind den wichtigen Schritt vom egozentrischen zum - wie Wilber es nennt - soziozentrischen Denken. Es lernt nun über Rollenidentitäten zu verfügen und, was Voraussetzung dafür ist, auch den Standpunkt anderer Subjekte einzunehmen: „Erst mit dem Emergieren des konkret-operationalen Denkens kann das Kind seine egozentrische Perspektive transzendieren und sich in andere hinversetzen … Von da an ist die Ich-Identität nicht mehr egozentrisch, sondern soziozentrisch.“

Auf dieser Stufe hat das Kind jene psychische Struktur ausgebildet, die im Instanzenmodell Freuds als Über-Ich bezeichnet wird. Die im Verlauf der ödipalen Phase verinnerlichten sozialen Normen leiten das Kind zu einem gruppenorientierten moralischen Handeln an, ohne dass es sich der äußerlichen Quelle dieser Handlungsnormen bewusst wäre - seine Identität hat sich intersubjektiv verfeinert, sein Ich ist nun weitgehend ein soziales. Lacan spricht in diesem Zusammenhang vom Eingetretensein des Subjekts in die ‘Symbolische Ordnung’.

Auf der konkret-operationalen Stufe kann aber noch keine Rede von einer voll ausgebildeten, d.h. eigenverantwortlichen moralischen Kompetenz sein, denn eine Gruppenmoral ist etwas ganz anderes als das Vermögen, in differenzierter und relativ unabhängiger Weise moralische Entscheidungen zu treffen. Während die Gruppenidentität erfordert, die Handlungen strikt nach den Kriterien der Gruppennormen auszurichten, vermag auf der nächsthöheren Stufe, der formalreflexiven (ab dem 12. Lebensjahr), das Individuum aus dieser Begrenzung herauszutreten und Standpunkte einzunehmen, die sowohl jenseits des Persönlichen als auch jenseits des sozialen Umfeldes liegen, aus welchem die verinnerlichten Gruppennormen herrühren. Dieser Übergang vollzieht sich also auf der ethischen Ebene „von der soziozentrischen zur weltzentrischen Perspektive und (bezeichnet) damit die Fähigkeit, sich von der eigenen egozentrischen und ethnozentrischen Eingebundenheit zu distanzieren, um sich klarzumachen, was für alle Völker und nicht nur das eigene gerecht wäre.“

Parallel zu diesem Entwicklungsschritt differenziert sich die logisch-mathematische Kompetenz: die äußerst wichtige hypothetische Schlussform ‘wenn - dann’ wird möglich. Piaget fasst diese Errungenschaft so zusammen: „… von dem Augenblick an, da das Sujekt fähig wird, hypothetisch-deduktiv zu denken, d.h.: a) auf Grund von einfachen Annahmen, die mit der Wirklichkeit oder mit dem, was das Subjekt wirklich glaubt, in keiner notwendigen Beziehung stehen, und b) indem es der Notwendigkeit des Schlusses als solchem …, im Gegensatz zur Übereinstimmung seiner Folgerungen mit der Erfahrung, vertraut.“ Damit ist das Subjekt idealerweise in der Lage, eine Perspektive einzunehmen, die nicht nur das Feld persönlicher Präferenzen, sondern auch gruppeninterner Verbindlichkeiten überschreitet, so dass die Interessen und Motive anderer Individuen und anderer Gruppen gesehen und berücksichtigt werden können. Zugleich - und dies besagt vornehmlich der Term ‘formalreflexiv’ - kann das Subjekt auf die eigenen Präferenzen und die seiner Gruppe kritisch reflektieren, was natürlich voraussetzt, dass es dabei nach Kriterien operiert, die der Ebene der unmittelbaren Gruppennormen noch übergeordnet ist; an diesen Kriterien werden die persönlichen und gesellschaftlichen Einstellungen, Werte und Institutionen dann gemessen._

Dank.
Den beleidigten Ladenthin habe ich ja schon hier.

"Die Eingangsfrage, warum die Pädagogik eine eigene Methodik behalten wird, kann nun be
antwortet werden: Weil die Pädagogik sich nur jenen Prozessen widmet, die nicht kausal zu
erklären, aber zugleich nicht beliebig sind – nämlich Bildsamkeit und Geltung

Da hatte ich mir ja eine interessante Synthese versprochen und war entsprechend enttäuscht.

Den Rest nehme ich mir vor.
Danke.