Warum ist dieser Hass gegen Juden ?

Hallo,
man stelle sich vor, in Berlin rotten sich christliche Fundamentalisten zusammen ( nein , die Rede ist nicht vom ökumenischen Kirchentag :wink:), ziehen randalierend durch die Straßen zur Synogoge, um sie zu plündern und dann in Brand stecken. Mitläufer grölen Beifall, Volksfeststimmung wie in Hoyerswerda.

Die Täter sind bekannt und haben schwere Strafen zu erwarten. Da greift der Bundeskanzler (selbst ein christlicher Fundi, eine Art Kreuzung aus George Bush und Kardinal Ratzinger) höchstpersönlich ein und sorgt für ein skandalös mildes Urteil: die Täter müssen lediglich für den Wiederaufbau der Synagoge aufkommen.

Da reisst dem Erzbischof von Köln der Geduldsfaden und er schaltet sich ein, droht dem Bundeskanzler sämtliche Höllenstrafen an und forert in barschem Ton - völlige Straffreiheit für die Täter und das Verbot des Wiederaufbaus der Synagoge. Der Kanzler kneift den Schwanz ein und gehorcht.

So etwas kann natürlich nicht passieren - ist aber so ähnlich schon einmal passiert, und zwar 388. Hoyerswerda hieß Kallinikum, der ‚Bundeskanzler‘ war Theodosius „der Große“ und der Erzbischof (von Mailand, nicht von Köln) war der heilige Ambrosius, der älteste und vielleicht wichtigste der vier großen Kirchenlehrer.

Ich habe zwar geschrieben,

Zu ernsthaften Ausschreitungen (so weit ich es überblicke) kam
es tatsächlich erst nach dem Jahr 1000

  • aber das heisst nicht, dass es vorher gar keine gab. „Ernsthafte Ausschreitungen“ hieß in diesem Zusammenhang „in großem Stil organisierte Menschenjagd“. Sicherlich ein verfehlter Ausdruck, Entschuldigung.

Das geschilderte Ereignis war keineswegs ein isolierter Einzelfall - es erlangte lediglich besondere Prominenz, weil es zu Heiligenvita (nicht Legende!) des Ambrosius gehört. Wenn man z.B. Deschners „pseudowissenschaftlichen Schmarren“ gelesen hat, dann weiss man solche Dinge und versteigt sich nicht zu Behauptungen wie

hier existiert der Antisemitismus (schlimm genug)
quasi nur als theoretischer-theologischer Topos.

Sorry wegen der Schärfe - aber die Diffamierung von Deschners „Kriminalgeschichte“ als „pseudowissenschaftlicher Schmarren“ ging mir über die Hutschnur.

Sapere aude,
Ralf