Sicherlich nicht. Die Darstellung ist in allen Details realistisch, so dass es keinerlei Anlass gibt, hier etwas „Künstlerisches“ im Sinn der Moderne einzufügen.
Derartige einfache Hauben findet man schon; aus der hohlen Hand treten mir zwei im Alpenraum vor Augen, die allerdings beide aus dem frühen Barock stammen: Die Jesuitenkirche in Innsbruck und die Basilika in Tirano.
Aus dem oberschwäbischen Barock (der mir angestammterweise näher ist) die Kirchen der Abteien Weingarten und Weissenau, beide um etwa 1720.
Verspieltere Hauben aus dem eigentlichen Rokoko, die aber nur durch Aufsetzen einer Laterne aus einer Konstruktion abgeleitet sind, die der abgebildeten sonst genau entspricht, an der Wieskirche und in Birnau; die auskragenden, mehrfach gegliederten „Zwiebeln“ wie in Steinhausen und Rot an der Rot und die einfachen Zwiebeln wie an der Friedrichshafener Schlosskirche sind Bauformen, die im Barock auch, aber nicht ausschließlich vorkommen.
Steinhausen ist übrigens zwar für heillose Überziehung des Budgets am bekanntesten geworden, aber so ganz selten war das nicht, dass am Schluss das Geld ausging. Da wäre es nicht auszuschließen (aber auch nicht das einzige denkbare Motiv), dass bei der abgebildeten Kirche ursprünglich auch zwei Laternen auf den Turmhauben sitzen sollten, die dann eingespart wurden, als man sah, dass das Geld hinten und vorne nicht langt.
Je länger ich mir das anschaue, desto mehr entsteht mir aber der Eindruck, dass ich mit „Rokoko“ ein bissele voreilig war und die Bauzeit wohl eher etwas früher im Barock lag, vielleicht sowas wie 1700.
Schöne Grüße
MM