Betreuung lt §§1896 ff BGB

hallo ihr,

diese frage paßt zwar genauso gut ins rechts-brett - aber mir kommt es eher auf den psychologisch/medizinischen aspekt an.

also angenommen, ein (junger) mensch wäre psychisch nicht in lage, sich selbst zu versorgen oder seine interessen wahrzunehmen, weil er seelisch krank ist, sich wieder in situationen bringt, aus denen nicht nur er nur außerordendlich schmerzhaft wieder herauskommt (was ihm meisten egal ist und ihn höchsten in seiner haltung bestätigt), sondern auch seine umgebung, die ihm helfen will - wäre es machbar/sinnvoll, diesen jungen menschen unter betreuung stellen und ihn therapieren zu lassen?

würde die betreuung eine dringend notwendige (jetzt aber abgelehnte) therapie möglich machen?

und wenn ja, wie wird gewährleistet, daß die betreuung nur temporär ist, d.h. daß das ziel dieser aktion wirklich sein soll, dem jungen menschen zu einem mündigen, selbständigen und am besten auch zu einem erfüllten glücklichen leben zu verhelfen?

wie müßte man vorgehen?

wer darf sowas beantragen?

danke schon mal für eure antworten.
ann

hallo annja

Auszug aus dem Betreuungsrecht:

§ 1896 BGB

Bestellung eines Betreuers

(1) Kann ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen,

geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen,

so bestellt das Vormundschaftsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für

ihn einen Betreuer. Den Antrag kann auch ein Geschäftsunfähiger stellen. Soweit der

Volljährige aufgrund einer körperlichen Behinderung seine Angelegenheiten nicht besorgen

kann, darf der Betreuer nur auf Antrag des Volljährigen bestellt werden, es sei denn,

dass dieser seinen Willen nicht kundtun kann.

Grundsatz der Erforderlichkeit bei der Betreuerbestellung

Die Betreuung stellt eine wichtige Hilfe für die Betroffenen dar. Sie kann von ihnen aber auch

als Eingriff empfunden werden, zumal wenn sie mit der Bestellung nicht einverstanden sind.

Für alle Bereiche des Betreuungsrechts gilt daher der Grundsatz der Erforderlichkeit. Dieser

bezieht sich

• auf das „Ob“ einer Betreuerbestellung

• auf den Umfang des Aufgabenkreises des Betreuers

• auf die Auswirkungen der gerichtlichen Maßnahme

• auf die Dauer der Anordnung.

http://www.betreuungsrecht.org/html/betreuungsrecht…

liebe Grüße

schiwa

hallo annja

wer?

hallo schiwa,

Auszug aus dem Betreuungsrecht:

§ 1896 BGB

den gesetzestext kenne ich und kann ihn nachlesen. ich wollte aber hier etwas aus der praxis erfahren.

gruß
ann

Hallo, Ann,

die Betreuung könnt ggf. noch erreicht werden, aber

würde die betreuung eine dringend notwendige (jetzt aber
abgelehnte) therapie möglich machen?

hiermit dürfte es schwierig werden. (Psycho)-Therapie ohne Mitwirkung, ja sogar gegen den Willen des Patienten?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das erfolgreich sein kann.

Gruß
Eckard

hallo eckard,

die Betreuung könnt ggf. noch erreicht werden, aber (…)

(…) (Psycho)-Therapie ohne
Mitwirkung, ja sogar gegen den Willen des Patienten?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass das erfolgreich sein kann.

deshalb genau frage ich ja.
aber betreuung ohne behandlung wäre doch nur verwahrung! und was hätte das denn für einen sinn?

liebe grüße
ann

Hallo Ann,
ich bin mir nicht sicher, ob Du die richtige Vorstellung von einer Betreuung hast!
Ein Betreuer/eine Betreuerin besorgt für den Betreuten die Rechtsgeschäfte in den Bereichen, für die er/sie bestellt ist. Mit Therapie(!) hat das zunächst mal überhaupt nichts zu tun. Betreuer sind häufig Sozialarbeiter/pädagogen, oder Juristen und damit ohne entsprechende Zusatzausbildung auch gar nicht in der Lage und nicht berechtigt, irgendeine Therapie durchzuführen.
Du solltest Dir also zunächst mal überlegen, ob es Dir im betreffenden Fall primär um BETREUUNG in bestimmten Bereichen geht (kann der betreffende z.B. nicht mit seinem Geld umgehen, kann er die Tragweite von Geschäften, die er abschließt, nicht begreifen?..), oder ob es sich um einen Menschen handelt, der dringend eine THERAPIE braucht (z.B. bei Drogenabhängigkeit).
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es kommt natürlich vor, dass Menschen, die unter Betreuung stehen, eine Therapie machen, aber zunächst mal muss man die beiden Bereiche trennen. Dass über eine Betreuung eine Therapie erzwungen wird, halte ich erstens für unwahrscheinlich und zweitens für unsinnig. Eine Therapie macht m.E. nur Sinn, wenn sie freiwillig ist, auch wenn das für Angehörige und Freunde oft bitter ist.
Grundsätzlich würde ich es für wichtig halten, dass die möglichen Schritte mit dem Betroffenen besprochen und einvernehmlich geregelt werden. Eine Betreuung auf Grundlage eines Zwanges ist eine sehr heikle Sache und die Erfolgsaussichten sind viel geringer, als wenn die Betreuung auf freiwilliger Basis erfolgt.
Hoffe, ich konnte weiterhelfen.
Viele Grüße
Jens

ja, du hast recht, jens
ich hatte gedacht, die betreuung dient dazu, menschen zu helfen, die selbst nicht in der lage dazu sind und birgt demzufolge die möglichkeit, körper und seele die erforderliche behandlung angedeihen zu lassen. aber es geht wohl wirklich nur um verwahrung.

danke für deine antwort.

ann

Hallo!
Zunächst würde ich empfehlen, den Sozialpsychiatrischen Dienst im Ort
zu kontaktieren und Dich über Hilfemöglichkeiten zu informieren.

Eine Betreuung dient ja in erster Linie dazu, dem Betreuten ein
selbstständiges Leben mit einem gewissen Sicherheitsnetz zu
ermöglichen, falls er z.B. aufgrund einer vorrübergehenden
psychischen Dekompensation bei einer Psychose oder einer Manie oder
aber dauerhaft (z.B. Demenz) nicht dazu in der Lage wäre.

Zu den Aufgaben eines gesetzlichen Betreuers kann auch die
Gesundheitsfürsorge und damit die Unterbringung in einer
psychiatrischen Klinik gegen den Willen des Patienten bedeuten. Dies
ist prinzipiell denkbar, aber nur auf sehr seltene Fälle beschränkt.
Beispiele wären z.B. ein Patient mit Schizophrenie innerhalb einer
akuten psychotischen Episode (wenn er z.B. aufgrund der Erkrankung
nicht mehr isst oder trinkt oder sich oder andere gefährdet). Der
Betreuer regelt aber in diesem Fall die Einweisung in eine Klinik
gerade weil der Betreute eigentlich ausserhalb der
Krankheitsphase weiss, dass ihm die Behandung hilft (z.B. durch die
Medikation). Ausserhalb der akuten Gefährdung (aber bestehender
Krankheitssymptomatik) wäre aber keine Einweisung gegen den Willen
möglich. Grundsätzlich sollte eine Behandlung gegen den Willen auf
ganz wenige Einzelbereiche beschränkt bleiben.

Zu berücksichtigen ist dabei auch die Aussicht auf Erfolg. Patienten
mit Persönlichkeitsstörungen oder aber Suchtprobleme sind ganz
offensichtlich „krank“, leiden aber nicht unbedingt darunter. Hier
wird sehr selten eine Einweisung über das Betreuungsgesetz erfolgen.
Noch seltener wird unter diesen Bedingungen eine sinnvolle Therapie
möglich werden.

Somit wäre wahrscheinlich eben eher eine Hilfe für die Angehörigen
bzw. überhaupt eine Beratung, ob denn eine psychiatrisch relevante
Erkrankung vorliegt sinnvoll. Weiter wäre ggf. ein Besuch des
Sozialpsychiatrischen Dienstes bei dem Betroffenen möglich, um eine
nähere Beurteilung zu ermöglichen. Dann kann ggf. auch eine direkte
Einweisung ohne Betreuung angezeigt sein. Diese kann letztlich von
jedem Arzt nach PsychKG mit einem ärztlichen Zeugnis bei begründetem
Anlass erfolgen. Die Kriterien dafür sind aber eben auch die AKUTE
Eigen- oder Fremdgefährdung, d.h. in aller Regel die akute
Selbstmordgefahr. Nicht aber etwas ständige Selbstmordgedanken oder
aber ständiger Alkohol- oder Drogenkonsum. Auch wenn dies langfristig
vielleicht tödlich verläuft.

Martin

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

vielen dank! *
hallo martin,

dann werde ich mal mit dem sozialpsychatrischen dienst versuchen.
vielleicht bringt uns das ja weiter.

schöne grüße
ann

Hi Ann!

Vorab: Um eine Art „Brainstorming“ zu produzieren, habe ich die anderen Antworten noch nicht gelesen. Ich mache es aber im Anschluß zu meinem Posting.

wäre es machbar/sinnvoll,
diesen jungen menschen unter betreuung stellen und ihn
therapieren zu lassen?

Ich würde es auf jeden Fall tun. Als ich die Ausbildung zur Krankenschwester machte (in München, nämlich), hatten wir Einsatz in der Psychiatrie. Und dort wurde uns eingebläut, daß als Patient kommt dort nicht nur wer von einem (Haus-, sog. Allgemein) Arzt eingewiesen wird, sondern auch wer für sich selbt oder seiner Umgebung eine Gefährdung darstellt (zB. Gewalt anwendet). Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als uns ein (für mich unglaublichen) Beispiel für Einweisung in einer psychiatrische Klinik genannt wurde: Wer 1000 mal bei Schwarzfahren erwischt wird, kommt ein Aufnahmegespräch durchaus in Frage!!! (Eine andere Möglichkeit in einem psych. Krankenhaus eingewiesen zu werden ist, durch das sog. „Zwangseinweisung“. Das darf nur einen Richter machen und entlassen wird der Pat. erst, wenn der Richter es ebenfalls zustimmt. Aber da liegen andere Motiven zugrunde und es ist ein anderes Thema).

würde die betreuung eine dringend notwendige (jetzt aber
abgelehnte) therapie möglich machen?

Ich glaube im Rahmen der Betreuung wird eh eine Therapie durchgeführt, oder???

und wenn ja, wie wird gewährleistet, daß die betreuung nur
temporär ist, d.h. daß das ziel dieser aktion wirklich sein
soll, dem jungen menschen zu einem mündigen, selbständigen und
am besten auch zu einem erfüllten glücklichen leben zu
verhelfen?

Das Ziel einer jeglichen Therapie ist, der Mensch genesen zu lassen. Wenn das erreicht wird, steht der Entlassung nichts mehr im Wege. Das kannst du aber ansprechen, wenn Du zu diesem Termin gehst (siehe Unten)

Anders, wenn der Patient in die forensische Abteilung eingewiesen wird: Evtl hat er dann eine Strafe zu sitzen… Es werden immer wieder „Test“ (zB u.a. im Form von Gesprächen) durchgeführt. Und in dessen Rahmen wird seitens mehrere Fachleute aus veschiedenen „Gebieten“ entschieden, ob er aus dem krankenhaus entlassen werden kann/darf/soll oder nicht.

wie müßte man vorgehen?

An Deiner Stelle würde ich mich in das nächstgelegene Bezirkskrankenhaus anmelden und um ein Termin bitten. Und dort kannst du dann, mit einem Artz (auch anonym) diesen Fall genauer besprechen. Dafür hätte ich mir eine Liste aufgestellt, mit genauer Angaben wo was wann und wie geschah, damit stichfeste Hinweise/Beispiele vorhanden sind. Und auch dann kannst du das o.g. mit dem behandelnden Arzt besprechen.

wer darf sowas beantragen?

Jeder Mensch, der so etwas beobachtet. Was gemacht wird entscheiden ja eh die Ärzten.

danke schon mal für eure antworten.

Gerne! Ich hoffe ich habe ein bißchen weiter geholfen!

Schöne Grüße aus Nürnberg
Helena
PS dia auch damals gelernt hat, daß in der BRD jedes 3. belegte Krankenhaus-Bett, in der psychiatrie ist.

Betreueraufgaben

ich hatte gedacht, die betreuung dient dazu, menschen zu
helfen, die selbst nicht in der lage dazu sind und birgt
demzufolge die möglichkeit, körper und seele die erforderliche
behandlung angedeihen zu lassen. aber es geht wohl wirklich
nur um verwahrung.

Nein! Ein Betreuer hat kurz gesagt die Aufgabe, Dinge, die der Betreute nicht allein regeln kann, für und so weit als möglich mit ihm zu regeln. Je nach Aufgabenkreis des Betreuers gehören da auch medizinische Dinge zu, häufig der Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung, der Vermögenssorge, der Vertretung bei Behörden usw.! Wie weit der Aufgabenbereich geht, hängt von der Hilfsbedürftigkeit sowie den daraus resultierenden Auflagen des entsprechenden Gerichts ab. Mit Aufbewahrung hat das wahrlich nichts zu tun!

Renate