Papa ante portas

heute sehe ich im tv, wie johannes paul zwo vor der heiligen pforte kniet und die aufmacht. dazu der redaktuer lax: „das tor ist normalerweise zugemauert.“

ja, aber wieso? und warum ist das so bedeutend?

dazu vielleicht, daß ich n evangelschen bin… :smile:

frohe weihnacht allen anderen aber trotzdem.

henner

Habe die gleiche Frage
Hallo Experten,

mich interessiert die Antwort auf diese
Frage ebenfalls!

habe an Neujahr in den Nachrichten gehört,
daß der Papst jetzt sogar noch eine zweite
heilige Pforte geöffnet hat. Offensichtlich ist das ja von großer Bedeutung für die Katholiken, da ständig etwas darüber in den Nachrichten kommt.

Also, was hat das mit den heiligen Pforten auf sich?
Welche Bedeutung haben sie? Wieso werden sie
dann wieder zugemauert?

Es wird hier doch einige Experten geben, die
der Allgemeinbildung von uns
Nicht-Katholiken ein wenig auf die Sprünge helfen können?

Viele Grüsse,
Lisa

Hallo zusammen,
die Öffnung der Heiligen Pforte wird alle 25 Jahre durch den Pontifex vollzogen. diese Öffnung läutet den Anfang eines Heiligen Jahres ein. Doch zuvor die Entstehungsgeschichte des Heiligen Jahrs: Im Dezember 1299 wurden die Bevölkerung von Rom von heftigen Ängsten wegen des bevorstehenden Jahrhundertwechsels gebeutelt. Die Römer zogen zum Papst und flehten darum vor möglichem Weltuntergang und dem daraufhin wohl unvermeidlichen Gericht Gottes bewahrt zu werden. Der Papst suchte nach einer Möglichkeit die panischen Menschen zu beruhigen. Bei seinen jüdischen Glaubensbrüdern wurde er bei der suche nach einer Lösung fündig. Diese zelebrierten nämlich alle 49 Jahre ein Jubeljahr, zu diesem man Sklaven freiließ oder Schulden erließ. Der Papst schnappte sich die Idee und baute sie gemäß den Anforderungen seiner Schäfchen um. Er erklärte das Jahr 1300 zum (ersten) Heiligen Jahr und versprach allen Gläubigen die in diesem Jahr in einer der vier römischen Hauptkirchen wallfahren würden den Erlass ihrer Sünden (gebeichtete und ungebeichtete). Da an einen Heiligen Jahr die Welt wohl schwerlich untergehen könnte, beruhigten sich die Bewohner Roms und freuten sich auf das Heilige Jahr. Dem Papst gefiel seine „Erfindung“ und so sollte zu jedem Jahrhundertwechsel so ein Heiliges jahr stattfinden. Jedoch bereits im Jahr 1475 änderte man die 100-Jahre-Regel und befand, dass der Event alle 25 Jahre gefeiert werden solle. Es entstand ein regelrechter „Ablasshandel“, den nicht alle Gläubigen konnten es sich leisten, mal schnell nach Rom zu wallfahren. Martin Luther stieß die Anmaßung der römischen Kirche, den Gläubigen Seligkeit zu verkaufen zu wollen bitter auf. Er nahm dies als Anlass für seine Reformation.

Gruß

Markus Trippacher

Hallo,
vielen Dank für die ausführliche Antwort.
War sehr interessant zu lesen! Ich wußte gar nicht, daß es das mit der Weltuntergangshysterie damals schon gegeben hat. Dachte immer, das wäre eine „neuzeitliche Erscheinung“.
Vielen Dank nochmal,
Lisa

Ablaß nicht gleich Sündenvergebung
Hallo Lisa, Hallo Markus,

daß es oft behauptet wird, macht die Sache nicht wahrer: Ablaß ist nicht gleich Sündenvergebung. Vor einiger Zeit hat Gerd Wagner das Thema erläutert - ich habe seinen Beitrag im Archiv ausgegraben und füge ihn nachstehend an. Er erläutert m.E. recht gut die Sache.
Unbestritten ist, daß im Mittelalter mit dem Ablaßbegriff viel Schindluder getrieben wurde, der schließlich in der Reformation gipfelte. Ich bin katholisch, aber zu Luthers Zeiten wäre ich wohl auch Protestant geworden.
Gruß
Martin.
Hier der Beitrag von Gerd:
Ein Ablaß ist grundsätzlich eine Form der Buße: Wenn ich jemanden etwas Böses getan habe, dann muß ich das bereuen und wieder gutmachen oder es zumindest versuchen. Nur dann ist eine Beichte überahupt sinnvoll (und möglich). In vielen Fällen kann ich aber etwas Böses gar nicht mehr gut machen, z.B. weil der Betroffene nicht mehr lebt oder der angerichtete Schaden nicht mehr zu reparieren ist. Und manche Dinge kann man zwar an der Oberfläche reparieren, aber der Beziehungsschaden geht halt doch viel tiefer und ist vielleicht gar nicht mehr zu beheben, z.B. ein Treuebruch.
Hier kommt nun die Buße im kath. Sinne ins Spiel: Eben weil ich menschlich gesehen nichts mehr gut machen kann, lege ich die „Wiedergutmachung“ in Gottes Hände, indem ich z.B. eine bestimmte Zeit lang ein Gebet verrichte: So kam es übrigens zu den klischeehaften „drei Vaterunser und zehn Ave Maria“, die keinen Sinn machen, wo man sie einfach nur runterleiert. Der Ablaß war und ist ürsprünglich nichts anderes: Ich gebe als Buße Geld, damit damit jemand an meiner Stelle etwas Gutes tut. Dass das im ausgehenden Mittelalter dann zu recht seltsamen Praktiken führte, ist sehr, sehr bedauerlich und wurde von Luther mit Recht angeklagt. Inzwischen ist die Kirche da aber auch ein Stück weiter.
Ablaß zum Heiligen Jahr würde dann bedeuten: Als Buße unternehme ich eine Wallfahrt nach Rom um damit vor Gott und der Kirche deutlich zu machen, dass ich aus menschlicher Kraft manche Dinge nicht mehr gut machen kann, mir es aber ein sehr ernstes Anliegen ist, dies in Gottes Hände zu legen.

Hallo Martin,
es lag mir fern in meinem Artikel die Begriffe Ablass und Sündenvergebung absichtlich zu verwechseln. Ich bin vielmehr erst durch Deinen Artikel auf den bedeutenden Unterschied der Worte gebracht worden. Vielen Dank für die Erläuterung.

Markus