Ende der befristeten Rente, wer zahlt weiter?

Guten Abend,

heute habe ich mal einen fiktiven Fall, der mir so im Kopfe umherspukt…
Betrifft zwar auch die Rente…aber meines erachtens mehr Arbeitsamt/Jobcenter und daher habe ich die Frage mal an diesem Brett plaziert…

Felix Fleissig hat 20 Jahre gearbeitet…

Anfang 2008 erhielt er die fristgemäße Kündigung zum 30.6.2008
Da er in einem sensiblen Bereich gearbeitet hat, wurde er sofort, jedoch wideruflich, freigestellt.
Er meldete sich ordnungsgemäß bei der Agentur, diese stellte auch seinen Anspruch auf 1 Jahr ALG1 ab 1.7.2008 fest.

Da Felix Fleissig ein paar gesundheitliche Probleme hatte, schickte ihn die Agentur zum Amtsarzt um seine Leistungsfähigkeit beurteilen zu können. Dieser Dok stellte Leistungsfähigkeit von unter 3 Std./tgl für die Dauer von mindestens 1/2 Jahr fest und riet Felix Fleissig doch mal in ein Krankenhaus zu gehen, zumal er ja freigestellt wäre und die Zeit dazu hätte…

Also begab er sich im Mai 2008 in eine Klinik, da er nur widerruflich freigestellt war, schickte er seinem Noch-AG die AU…

Von Mai 2008 - November 2009 war Felix dann AU und erhielt nach den 6 Wochen EntgFz 72 Wochen Krankengeld.

Kurz vor Ende des Krankengeldbezuges im September 2009 stellte Felix dann auf Anraten seiner Ärzte einen Rentenantrag. Da dieser bis Ende des Krankengeldbezuges noch nicht beschieden war, beantragte und bekam er ab November 2009 ALG1 nach § 125 SGB III.

Im Februar 2010 wurde ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend zum Dezember 2008 bewilligt (–> 7 Monate nach Erkrankungsbeginn)…
Die Nachzahlung der Rente von Dezember 2008 - Februar 2010 ging an die Krankenkasse bzw. die Arbeitsagentur, die ja für die Zeiträume gezahlt hatten…

So weit…so gut… nun läuft die Rente wegen voller Erwerbsminderung am 31.12.2011 aus. Ein Verlängerungsantrag ist gestellt, die behandelnden Ärzte sehen Felix nicht wieder arbeiten…

Was ist aber nun wenn:
die DRV bis 31.12.2011 nicht feststellt, dass die Erwerbsminderung fortbesteht. Entweder, weil sie sich noch gar nicht geäussert haben oder weil sie abgelehnt haben und Felix gegen diese Entscheidung klagen wird…

Woher bekommt Felix seinen Lebensunterhalt? Muss er, falls er am 31.12.2011 noch keinen rechtskräftigen Bescheid hat am 2.1.2012 zur Arbeitsagentur und wieder ALG 1 nach § 125 SGB III beantragen (oder normales ALG1)? Wenn ja, wird dann der alte Verdienst als Grundlage genommen? Ist die Krankenkasse mit Krankengeldzahlungen dran (denke eher nicht, wenn ich § 48 Absatz 2 SGB V richtig verstehe, trotz neuerlichen 3 Jahres Zeitraums)…
Oder tritt der „worst case“ ein und Felix muss zum JobCenter und ALG2 beantragen?

Vielen Dank für Eure Einschätzungen im fiktiven Fall des Felix Fleissig :smile:

Gruß
MG

Entweder Alg nach § 125 SGB III oder Krankengeld.
Hi!

nun läuft die Rente wegen voller Erwerbsminderung am 31.12.2011 aus. Ein Verlängerungsantrag ist gestellt, die behandelnden Ärzte sehen Felix nicht wieder arbeiten…

Was ist aber nun wenn, die DRV bis 31.12.2011 nicht feststellt, dass die Erwerbsminderung fortbesteht. Entweder, weil sie sich noch gar nicht geäußert haben oder weil sie abgelehnt haben und Felix gegen diese Entscheidung klagen wird?
Woher bekommt Felix seinen Lebensunterhalt?

Entweder wieder von der Krankenkasse (Krankengeld) oder wieder von der Arbeitsagentur (Alg I).
Warum ich mir nicht sicher bin, was von beidem – siehe weiter unten mehr dazu! –, gehe ich im Folgenden erstmal davon aus, dass die AA zuständig ist, und sage erstmal dazu was:

Muss er, falls er am 31.12.2011 noch keinen rechtskräftigen Bescheid hat, am 02.01.2012 zur Arbeitsagentur

Müssen nicht, aber wenn kein KRG-Anspruch besteht (s. u.), ist das sicherlich ratsam.

und wieder Alg I nach § 125 SGB III beantragen (oder normales Alg I)?

Der Unterschied, den Du hier konstruierst (und den man evtl. durchaus auch meiner Formulierungsweise entnehmen könnte), existiert nicht! Beantragt wird/werden kann immer nur „normales“ Alg – weil ein anderes gar nicht existiert.
Der Ausdruck „Alg nach § 125 (SGB III)“ bedeutet nur, dass bei einem arbeitslosen Alg-I-Berechtigten, der schon länger krank ist und/oder bei dem seitens des (nichtmedizinischen) Arbeitsvermittlers eine (ggf.) weitere Arbeitsunfähigkeit bzw. „Minderung der Leistungsfähigkeit“ von mind. sechs Monaten Dauer (vgl. § 125 (1) S. 1 SGB III) erwartet wird, geprüft wird (Einleitung der Prüfung von besagtem AV via Ärztlichem Dienst), ob das Alg unter erleichterten Bedingungen (z. B. keine oder nur eingeschränkte Verfügbarkeit/Bewerbungen/sonstige Mitwirkungspflichten/o. Ä. notwendig, um Alg zu beziehen) gezahlt werden kann. Dies wäre eben dann der Fall, wenn der ÄD das Vorliegen von § 125 (also der dauerhaften Leistungsminderung auf dem üblichen Arbeitsmarkt) bejahen würde.

Hinweis: Solange § 125 noch in der Prüfung ist, wird der Arbeitslose wie ein De-facto-125er behandelt.

Wenn ja, wird dann der alte Verdienst als Grundlage genommen?

Nein, aufgrund der Tatsache, dass innerhalb des sog. Bemessungszeitraums Rente bezogen wurde, welche nie in die Berechnung des Bemessungsentgeltes miteinfließt, weil kein sv-pflichtiges Arbeitsentgelt (siehe beide Male Abs. 1), muss/wird hier eine sog. fiktive Bemessung erfolgen.

Hinweis: Die Höhe der genannten Qualifikationsstufen ist nicht öffentlich und direkt bei der AA zu erfragen.

Ist die Krankenkasse mit Krankengeldzahlungen dran (denke eher nicht, wenn ich § 48 (2) SGB V richtig verstehe, trotz neuerlichen 3-Jahres-Zeitraums)…

Du verstehst ihn schon richtig, nur setzt dies voraus, dass die (von Dir zwar nicht explizit erwähnte, aber nach 72* Wo. KRG-Bezug immer folgende) Aussteuerung rechtlich weiterhin Bestand hat bzw. anders ausgedrückt:

Ob diese Aussteuerung (müsste nach Deinen Ausführungen im Nov. 2009 erfolgt sein)
– rein formal/rechtlich trotz der weit rückwirkenden Rentenbewilligung (bis Dez. 2008) noch Bestand hat oder ob
– Felix Status bei der KK aufgrund dieser Rückwirkung vielleicht nicht nur de facto, sondern auch de jure der einer Person ist, die letztendlich nur ein paar Monate (nämlich von Mai bis November 2008), deutlich unter der Höchstanspruchsdauer von 72* Wo., KRG bezogen hat und damit, jetzt nach (vorübergehendem) Auslaufen der Rente, grundsätzlich auch noch einen weiteren KRG-Anspruch (sofern ab 01.01.2012 wieder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht werden),
weiß ich aber leider nicht, weil nicht mein Gebiet. Da ein bestehender KRG-Anspruch jedoch immer vorrangig ist vor einem bestehenden Alg-I-Anspruch (über dessen Procedere ich oben ja bereits Auskunft gegeben hatte), solltest Du die Rechtslage bzgl. Aussteuerung (weiter gültig) oder nicht unbedingt doch noch im Brett „Versicherungen“ abklären!
Und für den Fall, dass ab 01.01.2012 wirklich kein KRG-Anspruch besteht, steht alles andere Wissenswerte hier in meinem Artikel. 8) Falls doch nicht: gerne nochmal nachfragen! :smile:

Oder tritt der „worst case“ ein und Felix muss zum JobCenter und Alg II beantragen?

Diese Sorge kann ich Felix wohl nehmen, da die Zeit der Rente aller Wahrscheinlichkeit nach sv-pflichtig war (Danke für die Nennung von vollständigen Zeiträumen! Normalerweise muss ich die bei den UPs erst mühsam erfragen, bevor ich diese Frage beantworten kann…) und Felix damit die allererste Alg-I-Anspruchsvoraussetzung erfüllt, nämlich die Anwartschaftszeit in der Rahmenfrist (zwölf Monate SV-Pflicht innerhalb von zwei Jahren).

LG
Jadzia

*) Bitte niemand davon irritiert sein, dass hier immer von 72 Wo. KRG die Rede ist, im SGB V (so auch im verlinkten § 48) aber fast immer von 78 Wo. KRG! Das liegt daran, dass bei Letzterem rein formaljuristisch zur De-facto-Bezugsdauer immer noch die 6 Wo. Lohnfortzahlung vom AG hinzugezählt werden.

HAllo Jadzia,

DANKE für die ausführliche Antwort!

Bringt mich in meinen Gedankenspielen weiter!

Lieben Gruß
MG

Hallo Jadzia,

der schon länger krank

ist und/oder bei dem seitens des (nichtmedizinischen)
Arbeitsvermittlers eine (ggf.) weitere Arbeitsunfähigkeit bzw.
„Minderung der Leistungsfähigkeit“ von mind. sechs Monaten
Dauer (vgl. § 125 (1) S. 1 SGB III) erwartet wird,
geprüft wird (Einleitung der Prüfung von besagtem AV via
Ärztlichem Dienst), ob das Alg unter erleichterten Bedingungen
(z. B. keine oder nur eingeschränkte
Verfügbarkeit/Bewerbungen/sonstige
Mitwirkungspflichten/o. Ä. notwendig, um Alg zu
beziehen) gezahlt werden kann. Dies wäre eben dann der Fall,
wenn der ÄD das Vorliegen von § 125 (also der dauerhaften
Leistungsminderung auf dem üblichen Arbeitsmarkt) bejahen
würde.

Das ist hier aber nicht ganz zutreffend. denn lt. UP ist der (Verlängerungs-) Antrag bereits gestellt.
Und dann ist es der AA lt. ständiger Rechtsprechung des BSG mindestens seit 1999 verwehrt, eine eigene medizinische feststellung zu treffen. Auch wenn das manche AA’en nicht wahrhaben wollen und es in manchen Richtlinien falsch dargestellt wird, muß ALG I bei gestelltem Rentenantrag ohne medizinische Prüfung des MDA durch die AA’en gezahlt werden, sofern noch ein Anspruch vorhanden ist.

Hinweis: Solange § 125 noch in der Prüfung ist, wird der
Arbeitslose wie ein De-facto-125er behandelt.

Liebe Jadzia, da wirst Du durch die unbarmherzige Praxis vieler AA’en leider widerlegt. So wird zB in Ba-Wü regelmäßig bei Berufung auf § 125 SGB III unter Vorlage entsprechender ärztlicher Bescheinigungen und Nachweis eines gestellten, aber noch nicht rechtskräftig entschiedenen Rentenantrags das ALG I gestrichen.

&Tschüß
Wolfgang

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Bzgl. Alg nach § 125 SGB III.
Hi!

Das ist hier aber nicht ganz zutreffend. denn lt. UP ist der (Verlängerungs-) Antrag bereits gestellt.
Und dann ist es der AA lt. ständiger Rechtsprechung des BSG mindestens seit 1999 verwehrt, eine eigene medizinische Feststellung zu treffen.

Ah, okay. Das wusste ich nicht. Danke für die Info!
(Zu meiner Verteidigung: Ich in der Leistungsabteilung muss das ja auch nicht wissen, sondern die Arbeitsvermittler. 8) Ich war bislang schlicht davon ausgegangen, dass es bei Verlängerungsanträgen zwischen AV und ÄD kein anderes Procedere gibt als das übliche, ohne dass es meinen Anteil an der Sache (die Alg-Bewilligung und -Auszahlung) irgendwie tangiert hätte oder tangieren würde.)

Auch wenn das manche AA’en nicht wahrhaben wollen und es in manchen Richtlinien falsch dargestellt wird, muß ALG I bei gestelltem Rentenantrag ohne medizinische Prüfung des MDA durch die AA’en gezahlt werden, sofern noch ein Anspruch vorhanden ist.

Das ist mir selbstverständlich bekannt (und geht ja auch sowohl aus § 125 SGB III hervor als auch auch dessen Durchführungsanweisung (DA); von daher ist mir nicht ganz klar, von welchen „Richtlinien“ Du hier sprichst). Und bei Verlängerungsanträgen, wie hier im UP, wäre eine Neubegutachtung seitens des ÄD – entgegen dem, was ich in meinem vorherigen Artikel schrieb – dann sicherlich auch nicht durchzuführen! Das ist (jetzt) unstrittig.

Hinweis: Solange § 125 noch in der Prüfung ist, wird der Arbeitslose wie ein De-facto-125er behandelt.

Liebe Jadzia, da wirst Du durch die unbarmherzige Praxis vieler AA’en leider widerlegt.

Ich kann grundsätzlich erstmal nur von meiner eigenen sprechen. Und hier ist es genauso, wie’s sein soll und wie ich geschrieben habe: Alg würde gezahlt. Alles andere wäre nicht rechtens (Praxis in BW hin oder her)!

So wird zB in Ba-Wü regelmäßig bei Berufung auf § 125 SGB III unter Vorlage entsprechender ärztlicher Bescheinigungen und Nachweis eines gestellten, aber noch nicht rechtskräftig entschiedenen Rentenantrags das ALG I gestrichen.

Das wäre ja nachweislich falsch.
Zum Glück ist BW nur ein Bundesland bzw. korrekter: eine Regionaldirektion. Das lässt für die anderen noch hoffen…

LG
Jadzia

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