Frage zur indirekten Rede

Moin Moin,

unten gibt es ja schon eine Frage zur indireketen Rede. Den Unterschied zwischen den zwei Konjunktiv-Formen habe ich verstanden. Aber beim Formulieren eines Textes war ich mir neulich bei einer Sache nicht sicher. Beispiel:

Er erwiederte, dass er zu spät gekommen sei, weil er verschlafen hat.

Ist dieser Satz so richtig? Oder muss es unbedingt heißen …weil er verschlafen habe?

Die indirekte Rede verwendet man ja, weil es sich aus der Sicht der Zuhörer eher um eine Behauptung handelt, nicht um eine bestätigte Tatsache. Was ist aber, wenn in der Aussage eine eindeutig richtige und unbezweifelte Tatsache enthalten ist. Beispiel:

Er sei deswegen zu spät gekommen, weil die Firma so weit entfernt vom Stadtzentrum liegt.

Angenommen, die Firma liegt ganz offensichtlich weit vom Stadtzentrum entfernt, kann dieser Satz tatsächlich als richtig angesehen werden?

Viele Grüße
Ultra

Hallo, Ultra,

Er erwiederte, dass er zu spät gekommen sei, weil er
verschlafen hat.

Basteln wir uns daraus doch einmal eine direkte Rede:
Er erwiderte: „Ich bin zu spät gekommen, weil ich verschlafen habe.“
Und jetzt lautet die Regel, dass in der indirekten Rede der Indikativ durc h den Konjunktiv zu ersetzen ist.
Also muß es heißen:
Er erwiderte, er sei zu spät gekommen, weil er verschlafen habe.

Er sei deswegen zu spät gekommen, weil die Firma so weit
entfernt vom Stadtzentrum liegt.

Auch hier ist auch im Nebensatz der Konjunktiv erforderlich, denn es wird ja seine Aussage wiedergegeben - also „liege“.
Gruß
Eckard

Hallo, Ultra,

Eckard hat schon die richtigen Formen genannt. Da habe ich nichts hinzuzufügen.

Die indirekte Rede verwendet man ja, weil es sich aus der Sicht der Zuhörer eher um eine Behauptung handelt, nicht um eine bestätigte Tatsache.

Das ist, wenn man die ursprüngliche Verwendung des Konjunktivs 1 zugrunde legt, nicht so.

Die indirekte Rede, in der vornehmlich der Konjunktiv 1 benutzt wird, bedeutet nur: Hier spricht nicht der, der das als Erster gesagt hat, sondern ein zweiter, der das gehört hat, gibt das Gesagte wieder; und das ganz ohne etwas über wahr oder falsch zu sagen.

Was ist aber, wenn in der Aussage eine eindeutig richtige und unbezweifelte Tatsache enthalten.

Nun hat sich aber in der Tat, seit der Konjunktiv 1 und die indirekte Rede aus dem allgemeinen Bewusstsein verschwindet und vor allem sein und ihr korrekter Gebrauch stark zurück gegangen sind, eine neue Verwendung eingeschlichen, bei der auch der Konjunktiv II, der Irrealis, gleich mitverbraten wurde.

Man könnte diese Verwendung den „subjektiven Gebrauch der Konjunktive“ nennen; parallel zum subjektiven Gebrauch der Modalverben.

Dabei wird eine gehörte und wiedergegebene Information im Indikativ wieder gegeben:

Hans sagt: "Peter hat angerufen und gesagt, er ist krank.

Durch diese Konstruktion drückt Hans aus: Ich glaube, was Peter sagte.

Nimmt Hans aber den Konjunktiv 1, so drückt er damit aus, dass er nichts über den Wahrheitsgehalt der Aussage Peters sagt, sondern nur wiedergibt, was er gehört hat.

Hans sagt: „Peter hat angerufen und gesagt, er sei krank.“

Formuliert Hans aber: „Peter hat angerufen und gesagt, er wäre krank.“, so drückt er aus: Peter sagt das, aber ihr wisst ja, Peter ist ein hartgesottener Lügner und er schwänzt bloß mal wieder.

Diese Art zu reden ist schon so verbreitet, dass sie Eingang in Lehrbücher für „Deutsch als Fremdsprache“ Einzug gehalten hat.
Z. B. „Sprachkurs Deutsch Band 3“.

Er sei deswegen zu spät gekommen, weil die Firma so weit entfernt vom Stadtzentrum liegt.
Angenommen, die Firma liegt ganz offensichtlich weit vom Stadtzentrum entfernt, kann dieser Satz tatsächlich als richtig angesehen werden?

Dies wäre Fall 1 der von mir dargestellten, aber eben nicht die eigentliche Bedeutung der indirekten Rede.

Gruß Fritz

ergaenzend moechte ich noch erklaeren…

er sei zu spaet gekommen, da die firma am rand der stadt liege.[du berichtest einem dritten, was dir der zuspaetkommer:smile: als entschuldigung gesagt hat.]

er sei zu spaet gekommen, weil die firma am rand der stadt liegt.
[moegliches zitat eines dritten]

dein dialogpartner[irgendwer] stellt also fest, jemand ist zu spaet gekommen. dein dialogpartner begruendet dies damit, dass die firma am rand der stadt liegt.

oder wie fritzsss beispiel von perters krankheit…

wenn du hier den konjunktiv verwendest, distanzierst du dich von dieser aussage und gibst nur das weiter, was dir gesagt wurde.

mfg:smile:
rene

Falsche indirekte Rede am Fernsehen
Du bist unsicher, weil du praktisch nie, vor allem am Fernshen nicht,
eine korrekte indirekte Rede hörst. Der Konjunktiv im Zitat scheint
ausgestorben zu sein. Ich jedenfalls habe gestern einen
konjunktivfreien Fernsehabend erlebt. Für Mitmenschen, welche die
sprachliche Inkompetenz von Moderatoren und Drehbuchautoren nicht
hinnehmen wollen, habe ich hier einige dieser falschen indirekten
Reden - sie stehen im Indikativ statt im Konjunktiv - festgehalten:

Er hat behauptet, dass er nichts damit zu tun hatte.
Die Gestapo befahl, mein Vater muss seine Kunstwerke abliefern.
Meine Mutter sagt immer über mich, ich bin viel zu blöd, um aufgeregt
zu sein.
Meine Frau fragte mich auch, ob ich tatsächlich so deppert bin.
Wunderlich hat gesagt, er hat den Liederabend seines Lebens gesungen.
Matula hat gesagt, er geht jetzt nach Hause und legt sich schlafen.
Der Verwaltungsrat teilt mit, dass sich Scania auf dem Höhepunkt
befindet und eine Fusion mit MAN keinen Sinn macht.

Korrekt lauten obige Zitate so (K I = Konjunktiv I, K II = Konjunktiv
II):

Er hat behauptet, dass er nichts damit zu tun gehabt habe (K I).
Er behauptete (Präteritum), dass er nichts damit zu tun gehabt hätte
(K II).
Die Gestapo befahl, mein Vater müsste (K II) seine Kunstwerke
abliefern.
Meine Mutter sagt immer über mich, ich sei (K I) viel zu blöd, um
aufgeregt zu sein.
Meine Frau fragte mich auch, ob ich tatsächlich so deppert wäre (K
II).
Wunderlich sagte (Präteritum), er hätte (K II) den Liederabend seines
Lebens gesungen.
Matula hat gesagt, er gehe (K I) jetzt nach Hause und lege sich
schlafen (K I). Matula sagte (Präteritum), er ginge (K II) jetzt nach
Hause und würde sich schlafen legen (K II).
Der Verwaltungsrat teilt mit, dass sich Scania auf dem Höhepunkt
befinde (K I) und eine Fusion mit MAN keinen Sinn mache (K I).