Hallo!
Erstens mal vorweg: gesetzliche Toleranzen gibt es (entgegen der anderslautenden und weitverbreiteten Meinung) nicht, weder in Österreich noch in Deutschland. Wenn du in einer 40km/h Begrenzung 55km/h gefahren bist, dann sind das einmal grundsätzlich 15km/h zu schnell. Lastet dir die zuständige Behörde jetzt nur 10km/h an Übertretung an, dann ist das ein Entgegenkommen im Rahmen des Ermessens.
Der Strafrahmen bei einer Geschwindigkeitsübertretung geht bis 726,- Euro. Eine Organstrafverfügung oder Anonymverfügung mit 43,- ist nicht hoch. Übrigens gehören die österreichischen Verkehrsstrafen im europäischen Vergleich zu den niedrigsten überhaupt. Also persönlich habe ich überhaupt kein Verständnis für dein Jammern, zumal dir bekannt ist, dass eine Geschwindigkeitsübertretung nunmal nicht erlaubt ist, eine Strafsanktion nach sich zieht und du die Möglichkeit gehabt hast, die Geschwindigkeitsbeschränkung einzuhalten.
Aber jetzt mal das Juristische:
Du bist jedenfalls nicht verpflichtet, diese Organstraf- oder Anonymverfügung zu zahlen.Zahlst du das nicht, dann wird die Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren einleiten, in dem du auch gehört wirst.
Hier kommt jetzt mein Hinweis: nach österreichischem Recht ist der Zulassungsbesitzer verpflichtet der Behörde darüber Auskunft zu geben, wer ein Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat und zwar auch dann, wenn er sich selbst belasten würde. Wird diese Auskunft verweigert, dann ist dies ein eigener Verwaltungsstraftatbestand. Entgegen dem Abkommen zwischen Österreich und Deutschland vollstrecken die deutschen Behörden aber keine österreichischen Verwaltungsstrafen wegen Verletzung der Lenkerauskunftspflicht, weil, so die durchaus nachvollziehbare Ansicht Deutschlands, diese Bestimmung gegen den ordre public, nämlich den Grundsatz, sich als Beschuldigter nicht selbst belasten zu müssen, verstößt.
Daher geht folgendes: Man zahlt die Anonymverfügung nicht. Die Behörde leitet nun ein Verwaltungsstrafverfahren ein. Entweder sie erlässt zunächst im abgekürzten Verfahren eine sog. „Strafverfügung“. Gegen die müsste man einen Einspruch machen mit der Begründung, dass man das Fahrzeug nicht gelenkt hat (allgemein darf man ja als Beschuldigter lügen). Die Behörde wird dann eine Lenkerauskunft einholen, die man verweigert. Wenn die Behörde gleich ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren einleitet (also ohne Strafverfügung) wird sie gleich eine Lenkerauskunft einholen, die man verweigert.
Dies hat zur Konsequenz: gibt es keine Zeugen, die einem bei der Geschwindigkeitsübertretung gesehen haben (wie zB einen Gendarmen), dann kann die Geschwindigkeitsübertretung dem Lenker nicht nachgewiesen werden (um Motorradfahrer nämlich auch zu erwischen blitzen österreichische Radargeräte immer von hinten, nie von vorne) und dieses Verfahren wird eingestellt. Ein weiteres Verfahren wird aber eingeleitet werden und wahrscheinlich mit einem „Straferkenntnis“ enden (das ist ein Verwaltungsstrafbescheid), nämlich wegen Verletzung der Auskunftspflicht. Diese Straferkenntnis wird aber von deutschen Behörden aus oben genannten Gründen nicht vollstreckt! Mit diesem Trick kann man sich also elegant aus der Affäre ziehen, wobei so ein Straferkenntnis natürlich in Österreich (drei Jahre lang) vollstreckbar bleibt, was unangenehm sein kann, wenn einem dann an Ort und Stelle sein Auto gepfändet wird. Es macht daher nur Sinn, wenn man drei Jahre ab Rechtskraft des Straferkenntnisses nicht mehr nach Österreich fährt.
Um sich den Aufwand zu sparen, kann man natürlich auch einfach die 43,-Euro zahlen.
Gruß
Tom